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544 zu stricken, während diejenigen seiner Kameraden, weiche Schuhe hatten, sie auSdesserten. Was die militairische Unterweisung solcher Truppen betrifft, so ist sie fast keine, oder kaum, wie man leicht begreifen wirv. Der Sultan hat Instruktoren von allen Nationen kommen lassen. Diese Offiziere kennen sich nicht, noch besuchen sie sich, und jeder übt die Truppen abgesondert, nach verschiedenen Metboden; gut bezahlt und vollkommen unabhängig, find sie außerdem nichts in der Armee; sie haben darin keinen Grad, kein Ansehen, und haben selbst nicht die Lehrfreiheit, die ihnen nothwrndig ist °) Die un- wissenden Obersten, zu stolz um cinzuwilligen, die Wissenschaft der Christen zu lernen, und unfähig, den Soldaten zu befehlen, was sie gelernt haben, hemmen beständig di^ Instruktoren in ihren Plänen. Wenn nur beim Borübergehcn des Sultans der Gruß wohl auSge- führt wird, so ist dem genügt, was sie verlangen; das Uebrige scheint ihnen unnütz. Wenn eine Revüe ist, so stellt man die Truppen auf folgende Weise auf: die kleinsten und am schlechtesten gekleideten Leute werden in die mittlere Reihe gestellt, so daß die vorderste, die nur aus den auserlesensten Soldaten besteht, eine ziemlich regelmäßige Fronte zeigt. Die Kavallerie verfährt aus dieselbe Weise, indem sic in das erste Glied die Leute und Pferde, welche am besten «quipirt, stellt, und Mahmud, der vor seinen Truppen, die er mit Stolz betrachtete, vorüberging, trat in das Scrai ein, überzeugt, daß eS in Europa keine schönere Armee gebe, als die seinige. Der Zustand der Marine ist nicht weniger beklagenSwerth. Diese so gerühmte Flotte, glänzend..bloß durch den mißverstandenen LuruS der kupfernen Kanonen, und durch die neue Malerei, mit welcher sie geschmückt ist, hat nur eine junge und unerfahrene Mannschaft, deren Eristenz unaufhörlich durch die Unwissenheit der Anführer bloßgestellt ist. In jedem Augenblick erfährt man, daß Schiffe durch die unverzeihlichsten Fehler zu Grunde gegangen sind, und man würde sich weigern, an die Beispiele von Unerfahrenheit, die man erzählt, zu glaube», wenn sic nicht von allen Europäern, welche auf den Schiffen deS Großhcrrn gefahren sind, bestätigt worden wären. Wenn auf dem Meere z. B. ein Fahrzeug von einem hef. tigen Sturm überrascht wird, so ziehen sich die Offiziere zurück, um ruhig ihre Pfeife zu rauche»; die Matrosen als Fatalisten steigen herab, um sich zu bergen und Allah anzurufen, so daß allein der Bootsmann auf dem Verdecke bleibt, der mit einer ganz musel männischen Geduld wartet, bis der Sturm zu Ende ist. Man kann danach von der Art urihcilen, wie Alles am Bord geschieht. DaS See-Arsenal, das die schönste Lage in der Welt hat, zeigt über- all Unordnung und Verwirrung. Da wir in dem Kommandanten einer Fregatte einen lungen Effendi, mit welchem wir von Gallipoli ge kommen waren, wicdergcfunden hatten, so wurden wir durch ihn ge führt und zugelassen, die Flotte zu besichtigen, welche am folgenden Morgen absegelte, um sich zum Pascha von Aegypten zu begeben, so wie di« Schiffswerften, wo diese Abfahrt die größte Thätigkeit her- - vorrief. (Schluß folgt.) China. Der Orientalist Pauthier und einige Proben seiner Uebcrsetzungsweise. Im Jahr» 1839 erschien Herrn Pauthier'S kramen mmbo- «ligue üos fuit« roncornant I'lnü«. Diese Uebersktzunq aus vcni Chinesischen ist in dein Londoner ^-äatic Sournal (Mai, 1841), ohne Zweifel durch Jemand, dein nur die Fülle des Stoffes und das bunte Gcmengsel von Chinesischen und Sanskrit-Wörtern imponirte, also beurtheilt worden: „Es ist dies ein Werk, für welches die Erforscher der Geschichte und Alterthümer China'S und Indiens dem gelehrten Verfasser tief verpflichtet sepn müssen. ES ist eine treue Ucber- fetzung Chinesischer Quellen, welche historische Notizen über den Verkehr China'S mit Indien und den Ländern jenseit deS JnvuS enthalten, mit reichhaltigen Noten, die, wo cs nölhig, Origmal- Terte cntbaltcn und von großcr Gelehrsamkeit, tiefer Forschung und Vielem Scharfsinn zeigen." Nun hat aber kürzlich Professor Stanislas Julien in Paris, der ols genauer und gewissenhafter Ucbcrsctzer aus dem Chinesischen »och Wenige seines Gleichen gehabt, cin kxumon critigne >In So Illinois, relniive^ ü l'tnüo etn. in Druck gegeben, worin er auS hundertundvierzig Beispielen äußerst gründlich und be friedigend darihut, daß Herr Pauthier nicht bloß in der Wahl der Bedeutungen sehr unkritisch, unmcihodisch und flüchtig zu Werke acht, sondern sogar über alle Regeln der grammatischen Struktur sich hinwegsetzt, wodurch denn seine Ueberscyung als cin fast ununtcr- brochcneS Gewcbe von Verirrungen und Verstößen erscheint, die östcr ganz unverzeihlicher, ja unerklärlicher Art sind. Da gewisse Deutsche Glätter die obige Britische Empfehlung des Pauthicrschen Buches frommgläubig nachgcschriebcn haben, so wirv eS nicht überflüssig sepn, wenn wir au-S der reichen Fundgrube aller jener bulli und i-Innller-i Einiges mitthcilen. Herr Julien über- setzt Z. B-: „Diel? ist die allgemeine Uebcrsicht, die ich von Indien grbcn kann." — Herr Pauthier: „Das Land ist hier eine große sandige Ebene!" — Hr. Julien: „Die Berechnungen der Empsäng- »iß und Geburt Buddha'S, der Zeit, als er Buddha ward, und als er ins Nirwana einging, unterscheiden sich in der Bestimmung der Tage und Monate." — Hr. Pauthier: „Was die Empfängniß Buddha'S, seine Geburt, den Austritt auS seiner Familie, seinen Ein gang ins Nirwana, die Sonne und den Mond (!) betrifft, so kann dies Alles nur in unregelmäßigen Ausdrücken (!) dargelegt werden, da man sich gezwungen sieht, nur aus zweiter Hand davon zu reden!" — Hr. Julien: „Einige gehen ganz unbekleidet." — Hr. Pauthier: „Einige habcn nur Kleider von der Form des ThauS (! kn, ine la — Hr. Julien: „Wohlhabende Haustier und große seßhafte Kaufleute tragen" keinen anderen Schmuck, als Armbänder." — Hr. Pauthier: „Die reichen Kaufleute und Großhändler verkaufen nur Gegenstände deS LuruS." (!) — Hr. Julien: Biele Leute gehen daarsuß." — Herr Pauthier: „Die Menschen sind diesen Lappalien sehr zugc- than." (!!!) — Hr. Julien: „Sie Haden lange Nasen und große Augen." — Hr. Pauthier: „Sie schmücken ihre Nase mit große» Ohrgehängen." (!) — Hr. Julien: „Ein Feldherr, der auf einem Slrkiiwagcn fitzt, erhält den Oberbefehl." — Hr. Pauthier: „Die Einem sitzen ruhig und reglos auf einem Kriegs, wagen und halte» sich in gewisser Entfernung." (!) — Hr. Julien: „Bei Verhören läßt man dem Verbrecher keine Ruthen« streiche oder Stockprügel geben, um sein Grständniß zu erzwingen." — Hr. Pauthier: „Die Ursache dieses Brauches ist, daß die Einsperrung des Verbrechers zu seiner Züchtigung nichts hinzufügen würde." (!!!) — Herr Julien: „Wenn der Angeklagte aufrichtig bekennt, so fällt man einen gerechten, seiner That angemessenen Spruch." — Hr. Pauchier: „Um ein Ge- ständniß zu erlangen, bcdicnt man sich eines Stückes Holz, das Platt, gleichförmig und in der Mitte hohl ist." (!!!) — Bei vielen dieser Fehler muß man aus eine genügende Motivirung gänzlich Verzicht leisten. Mannigfaltiges. — Schelling in Berlin. Wir habcn in der vorletzten Nummer dieses Blattes von der Aufmerksamkeit gesprochen, mit der man jetzt in Frankreich — allerdings nur von Seiten der geistigen Elite, denn von der Menge der Sprecher und Schreibenden kann hierbei nicht die Rede sepn — den Bewegungen deS philosophischen Gedanken» in Deutschland folgt. Einen neuen Beweis hiervon finden wir in einer der uns eben zu Gesicht kommenden neuesten Nummern der auch in unserem Magazin schon mehrfach erwähnten religiöS- 'polilischen Pariser Zcitschritt „ko 8mneur". ES beginnt dieses Blatt mit einem Artikel, der die Ucbcrschrift trägt: „8cbeUmg ü lierlm", und in dessen Eingang eS heißt: „Wenn irgend etwas geeignet scheint, die Geistes-Richtungen Deutschlands zu bezeichnen, so ist eS sicherlich vaS allgemeine Interesse, welches dort in diesem Augenblicke die in unserer Uederschrtft angeveutrle Thatsache erregt. Herr von Schelling ist zu Anfang des Monaco Oktober in Berlin «»gekommen. ES ist dies kein politisches Ercigniß; e« wird keine unmittelbare Folgcn wcder in der inneren Verwaltung noch in den auswärtigen Verhältnlffcn Preußens oder Deutschlands haben; kein staatsmännischer Ehrgeiz, kein matcricllcS Interesse ist dabei bctheiligt. Ein Denker ist es, vcr an dcn intellektuellcn Heerd Deutschlands und einer Schule gegenüber tritt, die lange, so zu sagen, das Scepter des Gedankens geführt, und vcr hier ein neues, wenig gesauntes, ungeduldig er- wartctes System auseinandersetzen will, welches in seinem Prinzip und seiner Methode demjenigen des berühmten Professors entgegen gesetzt ist, dessen Lehrcr und Vorgänger er gewesen. ES ist der rein geistige Einfluß einer großen Persönlichkeit, der sich mit einer an deren Macht gleicher Art in Berührung und ohne Zweifel auch in Opposition setzen will. WaS wird diese neue Combination und der Konflikt, der unstreitig daraus hcrvorgehcn wird, für Folgen Habens Welchem jener beiden Prinzipien, jener beiden Geister wird der Sieg verbleibens Und wird die Nation, nachdem sie zuerst in der Philo sophie, demnächst aber auch in allen anderen Sphären der geistigen Thätigkeit, durch den Gedanken Kant'S, Fichte's, Schelling'S und Hcgel'S nach einander sich hat die Richtung geben lassen, zum zweiten mal« von Schelling einen nenen Impuls erhaltens Dies »st die Frage, die jcyt in Deutschland nicht bloß die Philosophen «x prn- tn^o, sondern auch alle andere denkende Männer, alle „Gebildete" °) intcrcssirt, aufrcgt, ja in leidenschaftliche Bewegung setzt, ganz so, wic «s bei uns ein Gesetz über die Presse ober eine Wahl-Reform thun würde." — Die Französische Zeitschrift sucht demnächst ihren Lesern zu erklären, «S scp im Grunde ganz daffelb«: die große Frage über das Vor- oder Nückschreiten der Menschheit — was hier wie dort, in Frankreich wie in Deutschland, die Gemächer in Bewegung setze, wenn es auch unter völlig vcrschicdencn Formen zur Erscheinung komme. „Aber", fährt sie fort, „gerade diese Verschiedenheit in der Einheit ist eS, welche zu beobachten ungemein interessant ist; ja, nichts könnte die intellektuelle Gränzlinir, die uns von den Deutschen scheidet, besser bezeichnen, als die Begierde, mit der diese der Erörte- rnng von Fragen beiwohnen, deren bloßer Wortlaut für die unge heure Majorität unserer Journal-Leser wie SanSkrit klingen würde." — Natürlich find die Leser des 8omenr in dieser Majorität nicht enthallcn, und für sie denkt dieses Journal nun auch cincn fortlau fenden Bericht über Yen Aufenthalt, die Vorlesungen und dir Wirk samkeit SchcUing's in Berlin zu geben. ') Wir habcn diese Details von den Instruktoren selbst. ') Der 8-meur gebraucht diese- Deutsche Wort. Hcrausgcgcbcu von der Erpedilion der Allg. Preuß. Siaats-Zciiung. Redigirl vow 3- Lehmann. Setruckt bei A. W. Hayn.