Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrZnumerneionj- Prei« 2'2i Sgr. sz ;hlr.) viertcliäbrlich, Z 2HIr. für da» ganze Jahr, ob ne Er, Höhung, in allen Lheilm der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prLnumtnrt gus diese« Litcrarur Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. StaaiS-Zeitung (FriednviSstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den WohUdbl. Post-Acmlern. Literatur des Auslandes. 123. Berlin, Mittwoch den 13. Oktober 1841. England. Malerei und Gemäldehändler in England. *) Daß man uns zwingt, zwei Worte wie diese zusammenzustellen! Einst hieß es, Malerei und Poesie sepen Geschwister; der Himmel selbst schien sie vereint zu haben, und kein Mensch dachte daran, sie zu scheiden. Welch' eine Umwandlung! Heute sagt man: Malerei und Gemäldehändler. Das Unglück führt uns seltsame Gefährten zu, heißt das Sprüchwort; doch Glück und Reichthum geben uns deren noch seltsamere. Wenn einst ein wahrer Kenner des Erhabenen in der Kunst ein schönes Gemälde besaß, man würde ihn eben so leicht bewogen haben, seine Seele als das Kunstwerk für feiles Geld los zuschlagen; heutzutage sind die wahren Kenner eben nur die, welche sich in Besitz des Kunstwerks setzen, um durch den Handel mir dem selben zu gewinnen, die Gemäldehändler. Mit einem Worte, früher waren Kenner und Liebhaber eine und dieselbe Person; jetzt sind ffe getrennt, und zwar unterscheiden sie sich dadurch , daß der Kenner nur danach fragt, wie viel ihm ein Bild einbringt, der Liebhaber nur, was es ihm kostet. Alles dies ist sehr natürlich, und wir denken die Gründe davon später auseinanderzusetzen. Zunächst gestatte man uns, einen Augen blick der holden Betrachtung uachzühängen, dir in uns aufstrigi, wenn wir dies Doppelgestirn, Malerei und Gemäldehändler, nur mit poetisch satirischem Bilde anschauen. Die Malerei auf der einen Leite Hand in Hand mit der Poesie, der Gemäldehandel auf der anderen Seite Hand in Hand mit dem gewöhnlichen kaulmänmschen Markten und Feilschen. Doch was vereint unsere Zeit nicht Alles! Ein König rief bei einer gewissen Gelegenheit: „Wir geruhen, den Königlichen Wunsch zu haben, trunken zu sepn", und es wählte nicht lange, so war er es. So geruht unsere Zeil jetzt, sich nicht um das Poetische, Philosophische, Kritische, Phantassereiche- und Phantastische bei den Gemälden kümmern zu wollen, sondern um das kansmännisch Ersprießliche; daher diese Bereinigung, und wir beabsichtigen, unseren Lesern eine einfache, ziemlich trockene Darstellung veffen zu geben, wodurch sie entstanden ist und wohin sie geführt bat. Der Reichihum und die Bildung sind in den letzten Zähren so rasch gestiegen und haben sich so allgemein verbreitet, daß der Kunst- grschmack zu einer Wissenschaft geworden ist, welche Talent und Fleiß verlangt, und so geschieht es sehr leicht, baß der Millionair von dem Geldlosesten, der seine Mühe weniger gespart hat, übertroffen wird. Wie daher durch den Fortschritt der Wissenschaft Barbier und Chirurg zweierlei geworden ist, so haben durch den Fortschritt des Geschmacks »nd des ReichthumS Kunstliebhaber und Kunstkenner aufgedörl, danelbe zu sepn. Beim Beginn dieses Jahrhunderts gab cS zwei oder drei Personen in London, von denen cS öffentlich bekannt war, daß sie mit Kunst werken Handel trieben; sie hatten nur ein geringes Kapital in ihrem Geschält, nnd der Kreis ihrer Speculationen war sehr eng. Jetzt muß sich ihre Anzahl auf einige Hundert belaufen, und Manche von ihnen besitzen ein Betriebs-Kapital von zehn- bis zwanzigtansenv Pfund. Woodburn, Norton, Smith, Woovin, Emerson nennen sich Kunsthändler, und der Glanz, der in ihren Behausungen herrscht, kann mit der höchsten Pracht, von der die Häuser des ersten Ranges erfüllt,sind, wetteifern. ES ist unmöglich, wenn man nicht eine Ge legenheit gefunden hat, in das Reich dieser Personen selbst einzu« dringen, sich 'inen Begriff zu machen von den Schätzen, die sie zu- sammcndrängen; die herrlichsten Gemälde, der feinste Marmor, die ausgesuchtesten Bronze-Statuen, die seltensten Gemmen und die werthvvllsten Zeichnungen vereinigen sich bter; ihr ganzes Streben geht darauf hinaus, Alles, was von Kunstwerken begehrenSwerth ist, es mag in England oder im Ausland feil sepn, zu erreichen, und so führen sie beständig auS Holland, Deutschland, Frankreich, Spanien nnd Italien, vom ganzen Kontinent Alles uns herüber, was selten und werthvoll genug scheint, um Kauflustige herbeizulocken. So ver größert sich ihr Vorrath oft bis in« Unglaubliche. Wir kennen ein Beispiel, wo der Bestand sich auf mehr als zweitausend Gemälde ') Die Deutsche Viertel)ahrS-Swrisr brachte tn einen, ihrer Ickten Helle «Avril —Juni unter der lieber,chrift! „Der Kunsthandel in Deutschland" «nun Artikel von gant ähnlicher Tenbeni, ans welchen wir hier verweise». Dun d-r Picgenßand von sehr nahe „liegendem Interesse seo, be weist dessen gleichzeitige Behandlung »nd säst übereinstimmende Auslassung m beiden Landern. beläuft, unter denen sich die besten Stücke der Niederländischen, Französischen, Jtaliäuischen und Spanischen Schulen befinden; dazu kommen über hundert Bronze- und Marmor-Statuen, Kupferstiche, Holzschnitte, merkwürdige Vasen, ausgezeichnete Arbeiten in Porzellan und Glas, seltene Kameen und werthvollc Juwelen; die prunksüch tige Zeit Ludwig's XlV. und vie einfachen Neste des klassischen AlterthnmS machen hierbei aus Beachtung gleiche Ansprüche. In einer zweiten Handlung, die in dieser Art unbedingt die interessan teste Sammlung der Welt enthält, wird der Werth der vorräthigen Etruskischen Altcrthümcr auf zwanzigtausend Pfund geschätzt. Doch wir wollen nur vom Gemäldehandel sprechen, wie er sich in England gestaltet hat. In diesem Geschäftszweige begegnen wir Personen aus den höchsten und niedrigsten Ständen. Edelleute, welche sich Sammlungen anlegen, kaufen selten nach ihrem eigenen Urtheil; sie geben gewöhnlich einem der berühmten Gemäldehändler, die wir eben genannt Haden, den Auftrag, für sie auszuwählen, und zahlen ihm für seine Bemühung gewisse Prozente; und wenn sic ein Stück ihrer Sammlung zu veräußern oder umzutauschen wünschen, so geht das. Geschäft ebenfalls durch ihn. Auf das Unheil dieser Leute kann man sich insofern gewöhnlich verlassen, als sie durch fort dauernde Beobachtung den Charakter der verschiedenen Schulen und Meister scharf erkannt haben und somit schwieriger zu täuschen sind. Auch gelten Einige von ihnen als Orakel in Hinsicht der einen oder der anderen Schule. Go steht Wovdin z. B. im Ruse der Untrüg- lichkeit in Betreff der Holländischen Schule, Norton erfreut sich der gleichen Berühmtheit in Betreff der Jtaliäuischen. Als allgemeine Kunstlichter gelten z. B. dir Herren Woodburn und Smith, von denen der Erstere für mehrere der herrlichsten Gemälde-Sammlungen des Königreichs die Auswahl getroffen hat; des Letzteren Katalog aber, der mehrere Bänve umfaßt, ist ein unschätzbares Werk, weil er di« Beschreibung und Geschichte aller in irgend einer Rücksicht be rühmter Gemälde der Welt enthält. Bevor ein Gemälde in der Gallerie ausgestellt wird, hat es verschiedene Hände zu durchlaufen, welche dafür Sorge tragen, daß seine natürliche» Vorzüge auf daS glänzendste hervortrelen. Wenn es aus Leinwand gemalt ist, so wird es zuerst auSgespauzzt und dem nächst geglättet: diese Vorkehrung ist oft von großer Wichtigkeit und verlangt so viele Geschicklichkeit, daß Einzelne um der Ausübung dieser Kunst willen einen besonderen Nus erhalten haben und sogar Gemälde aus dem Ausland geschickt bekommen. Ergiebt sich beerbet, daß'die Farben an einzelnen Stellen gelitten haben oder ganz fehlen, was besonders bei den alten Meistern oft der Fall ist, so kommt das Kunstwerk zunächst zu dem Reiniger, welcher durch gewisse Kunst griffe den Schmutz davon abnimmt und es seiner ursprünglichen Gestalt so nabe als möglich bringt. Hierauf tritt die Kunst des Ausbcuerers ein, der jedoch gewöhnlich mit eem Reiniger eine und dieselbe Person ist. Der Ausbessercr muß erstens selbst ein geschickter Maler sepn und bedarf ferner noch einer großen Umsicht und lange» Uebung. Die AuSbessermraSkuiist ist zu hoher Vollkommenheit ge diehen und befchäftigt manchen sehr geachteten Künstler. Einige von ihnen haben einen großen Ruf bekommen durch die Geschicklichkeit, mit der sie verblichene Farben wieder anffrischen „ Lücken aussüllkn, Nisse verdecken, und sic beziehen ein ungewöhnlich großes Honorar dafür. Auch schlagen sie selbst ihre Verdienste nicht allzu gering an. Einer der bedeutendste» von ihnen war von einem Herzog, der als wohlwollender Beschützer der Kunst berühmt war, zur Ausbesserung einiger Bilder auf das Land berufen worden. Alles ging scbr gut, bis man den Maler zu Mittag ersuchte, sich in das Zimmer des Ver walters zu begeben. Es ist nicht möglich, die Erbitterung, mit der ihn diese Verletzung seiner Ehre erfüllte, zu schildern. In dem große» Gelühl, daß er in seiner Art eben so ausgezeichnet war, als lein hochfürstlicher Gönner, erklärte er den staunenden Dienern, daß er in seinem eigenen Hause nie mit weniger als vier Wachskerzen speise und ein Diener ihm zu Gebot« stehe. Hierauf l*sahl er, seine Sachen zusammenzupackcn, und in wenigen Mümten hatte er das Schloß verlassen, um nie in dasselbe zurückzukehren. BateS, du Jardin, ^Farrer und Samuel Woodin sind der Stolz dieser Kunst. Es ist fast unglaublich, wie viel die Gemälde oft durch ein geschicktes Ausspan ne», Reinigen und Ausbessern gewinnen. WaS ursprünglich nicht viel besser anssah, als ein beflecktes'Stück Leinwand, erscheint dann, als ob es eben vom Pinsel käme, oder als ob e« stets durch die sorgsamste Pflege bewacht, nie verletzt worden wäre. Dies sind die Prozesse, durch welche die Werke her alten Meister erst zu voll kommener Geltung gelangt!!, und nicht selten geschieht es, daß ein