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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumcrationS- Pres» 224 Sgr. Tklr.) merreljührlich, Z Tblr. für Las zrnze Jahr, ohne Er- HS düng, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man prinumerirt auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expeditton der Allg. Pr. StaatS-Zeitung (FriedrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wobllöbi. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 122. Berlin, Montag den 11. Oktober 1841. Ostindien. Ucbersicht der Mindischcn Literatur. Nach dem Dänischen Orientalisten Westergaard.") Die Altindische Literatur, oder der ganze Schatz von Geistcs- werkrn, welche Süd. Asten in mehr als zwei Jahrtausenden hervor, gebracht hat, war nebst den Völkerschaften, welche diese Schätze besaßen, für das gelehrte und gebildete Europa bis vor ungefähr einem halben Hundert Jahre so gut wie gänzlich unbekannt. Ent fernt von uns durch Lage, politische, religiöse und sprachliche Ver schiedenheit, konnten diese Nationen nicht einmal durch Hanbels- Verbiudnngen uns näher gebracht werden, da die Europäischen Kaufleute, welche in Indien neue Quellen des Reichthums suchten und fanden, lange Zeit die Politik befolgten, alle Aufklärungen und Mittheilungen über jene Gegenden so lange als möglich zurückzu halten, um dadurch alle Konkurrenz zu verhindern. Erst als Vie Engländer in Indien große Landstrecken erhielten, als viele Englische Beamte, die in Folge ihrer gründlicheren wissenschaftlichen Erziehung den Sinn für Gelehrsamkeit und Wissenschaft besaßen, auf das Schicksal des Landes Einfluß erhielten, eröffnete sich für Europa die Aussicht, den Indischen Volksstamm, Indische Sprache und Weisheit kennen zu lernen; in den wenigen Jabrzehnden, die seit diesem Zeit punkt verflossen sind, hat die Europäische Wissenschaftlichkeit schon so große Eroberungen in jener Literatur gemacht, daß die Kenntniß Ihrer poetischen, philosophischen, philologischen und gelehrten Reich, thümer mehr und mehr von gebildeten Europäern gesucht zn werden beginnt, und während einige der lichtvollsten Köpfe sich mit uner müdlichem Fleiß in diese neu entdeckten geistigen Gebiete vertiefen, horcht die Menge mit immer steigender Spannung den Resultaten ihrer Forschungen. Die Sprache, in welcher die Altindische Literatur geschrieben ist, heißt das Sanskrit, welches, wie bekannt, zwar jetzt längst aus- gestorben, aber.doch die Mutter aller Spracharten Hindvstans ist und von den Indiern als die Mundart der Götter angesehen und als die Quelle aller Bildung und Gelehrsamkeit von ihnen gepflegt wird. Auch in der Literatur machte die Kastcn-Eintheilung der Indier sich geltend; sie rief nämlich die Trennung zwischen der heiligen und profanen Literatur hervor: die Drabminen sollten allein die erste studiren, aber bei Todesstrafe durfte die vierte Kaste nichts selbst davon lesen, unv nur besondere Gnade war es, wenn sie Erlaubniß erhielt, etwas davon vorlesen zu hören. Die vier heilige» Vedas. An der Spitze der ganzen Literatur der Indier stehen die vier heiligen Vedas, auf welche sich nicht nur ihre Literatur, sondern auch ihre ganze politische -Verfassung gründet. Sie werden als eine Offenbarung ibres obersten Gottes Brahma angesehen; nachdem sic einige Zeit durch mündliche Neberlieferung bewahrt worden waren, wurden sie gesammelt von Vjasa — ein Name, der nichts Anderes bedeutet als Sammler, — dem so viele andere Werke beigelegt werden, weshalb er auch mit Hinsicht auf die VedaS Veda-Vjasa, d i. der Veda-Sammler, genannt wird. Jedes der vier Vedas be steht aus zwei Haupttheilen, von denen der erste MantraS heißt, meistens Hymnen und Gebete zu allen Gottheiten vorzüglich in Be. ziehung aus die Verrichtungen deS täglichen Lebens enthält, während der andere Theil, Brahmana, dagegen mehr theologische Vor schriften umfaßt, sich über KoSmogome, das Wesen und die Thate» der Götter verbreitet und den eigentlichen Glaubens-Artikel bildet. An diese beiden, besonders aber an den letzten Theil, schließt sich «ine Reihe von Abhandlungen, UpanischadaS, welche die eigent liche Theologie der VedaS ausmachen. DaS Verhältnis) zwischen diesen Vedas ist folgendes: das erste, Rigveda, enthält metrische Hymnen an alle Gottheiten und soll laut gesprochen werden; daS zweit«, Jadschurveda, handelt in 86 prosaischen Abschnitten die 'I Westergaard Kat steh in der neueren Zett durch seine in Kopenhagen, na» vielen orientalischen Studien und nach manchen im Orient selbst unter nommenen Forschungen, vublizirtcn Schriften einen so vortkcilhasteu Ruf in der Danis»,,; gelehrten Welt erworben, daß cs dem Deutschen Publikum gewiß interessant semi wird, seine DarstellungSwcisc kennen zu lernen, die noch das^ besondere Verdienst Kat, eben so populair-saßlich als übersichtlich zu sepu- Seine kürzlich in Vonn erschienenen kltuiiooo Imn'mo »oux-rlt«- haben ihm auch Lie Aufmerksamkeit und Thcilnahme der Deutschen Gelehrte» er- worden- verschiedenen Arten Opfer und Opfergebräuche ab und soll nur leise gemurmelt werden, während das dritte, Samaveda, welches für daö heiligste angesehen wird und aus lyrischen Gebeten besteht, mit musikalischer Modulation gesungen wird. Diese drei Vedas sind unstreitig die ältesten, und sie haben ein sehr hohes Alter. Der gelehrte Engländer H. T. Colebrooke, der sich um die Kritik der Vedas sehr verdient gemacht hat, setzt nach einer Art Kalender, die sich in einem derselben findet, das Alter ihrer frühesten Stücke auf ungefähr 1400 vor Christi, welches auch durch ihre veraltete und schwierige Sprache bestätigt wird, die so gar für viele der eingeborenen Gelehrten unverständlich ist. DaS vierte Veda, Atharvaveda, das schon durch die Sprachform ge nugsam einen späteren Ursprung vcrräih, enthält eine Sammlung von mehr als 7t)0 Hymnen und wird bisweilen ein Inbegriff aller Vedas genannt. Lange Zeit zweifelte man, ob die Vedas noch vor handen wären, bis endlich Oberst Polier eine vollständige Abschrift derselben aus Jeyepoor mitbrachte, welche jetzt in It Folio-Bänden im Britischen Museum zu London aufbewahrt wird. Hiervon ist nur noch wenig herausgegeben, und unsere ganze Kenntniß her VedaS schulden wir zum großen Theil dem vorgenannten Coiebrooke und dem berühmten und aufgeklärten Hindu Rammohun Roy, der in seinen Streitschriften mit den Indischen Brahminen und christ lichen Missionairen von verschiedenen Theilen derselben Uebersetzungen geliefert hat. Zahlreiche Kommentatoren suchten die VedaS zu erklären und zu verdolmetschen, und Colebrooke sandte I8l6 eine Auswahl von 2ll solchen Werken nach London. Endlich hat man ein Glossarium, Nirukta genannt, welches auch zu den heiligen Büchern gerechnet wird; dieses enthält eine Erklärung über dunkle und schwierige Sätze in den Beda«. °) Mythen und Sagengeschichte. Als ein fünftes Veda bezeichnet man bisweilen Jtihasa und die Pu ranen; sie enthalten die mythische Sagcngeschichte der In- vier, und eine andere Geschichte haben die Indier eigentlich bis auf die neuere Zeit nie gehabt, so daß e« nur einzelne Punkte in der Historie und Zeitrechnung dieses Volkes gicbt, welche wir mit einiger Sicher heit bestimmen können. Das genannte Werk Jtihasa besteht au« zwei großen Gedichten, Ramajana und Mahabharata, welche beide über einen großen Theil von Asien allgemein bekannt und geschätzt und theilweise auch von Europäischen Gelehrten herauLsegeden und übersetzt sind. Das erste derselben, Ramajana, das dem Dichter Balmiki °°) zu- gcschrieben wird, erzählt die Lhaten, welche Ajobhja's °°°) Herrscher Rama ausführte, namentlich den Zug nach Lanka (Ceilon) gegen den Riesenkönig Ravanas, der sein Weib Sita entführt hatte. ES enthält sehr viele interessante Beschreibungen von Ländern und Städten, Sitten und Gebräuchen, Opfern und Ceremonien, Helven- thaten und anderen Handlungen von Göttern und Menschen. ES ist etwa so lang, wie die Jliave und Odyssee zusammengenommen. Unter den einzelnen Episoden verdient besonders die malerische Schilderung vom Niedcrsteigen des Flusse« Ganges aus dem Him mel erwähnt zu werden, welches Bruchstück im ersten Band von Schlcgel'S Indischer Bibliothek übersetzt ist. Derselbe Gegenstand, den dies Werk behandelt, hat auch den Stoff zu einer Menge anderer Gedichte geliefert, von denen Raghu vansa von Kalidasa, der im ersten Jahrhundert vor ChristnS lebte, und das spätere Raghava-Pandaja von Kaviradscha ld. i. Dichterkönig) genannt zu wert-en verdienen. ') Wir müssen noch einen literarische« Betrug erwähnen, Ler in den vor hergeaangenen Jahrhunderten mit den VeLaS verübt wurde. Es tun, nämlich nach Frankreich eine Schrift mit dem Titel Ezourvcdan: (Ler Tamulifchcn Form für Ja» schurved a), welche «IS von einem hundert,akrigen Brak Minen übersetz! ausgegebc» wurde. Sie kam zuletzt in Voltaire s Heinde, Ler aus dieser, wie man glaubte, uralten Schriet eine Menge Dogmen heraus- kramte, um ähnliche Lehrsätze im neuen Testament herabzuseven. Nan dem, was svätcr aufgeklärt wurde, ist Liefe Schrift wahrscheinlich von dem be rühmten Jesuiten Roberto de Nobili verfaßt, Ler ungefäbr men lebte und Lessen originale Handschrift im Sanskrit man mit einer Französtschen lieber setzuna im MifsionS-Kollegium zu Poudicher» sand- Es ist wahrscheinlich, daß dies letztere Werk entstanden ist, um die Indische Religion zu bekämpfen und so dem Ckristcnthum den Weg zu bahnen. Wie jene Framostschc lieber setzung jedoch nach Europa gekommen ist, weiß man noch nicht. ") Derselbe wird für den Erfinder deS heroischen Versmaßes gehalten, dessen Zusammenhang und Verwandtschaft mit dem nordischen Fvrnvrdaiag schon Schmidthcuner in seiner 1828 hcrausgegebcnen Ursprachlckre ngchge- wicscn hat. D. i Laß Uneinnehmbare; Las jetzige Sude.