Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22j Sgr. (! Thlr.) oiertelsährlich, Z Tdlr. für daS ganze Iadr, ebne Er- bödung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man rrännmrrirt auf dieses Literatur-Klatt in Berlin in der Expedition der Illg. Pr. TtaatS-Zeitung (Friedriche,1r. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande dei den Wodllödl. Post-Äemtern. Literatur des Auslandes. 1/ 117 Berlin, Mittwoch den 2S. September 1841. England. Die Fortschritte der Industrie. (Nach der k'oDeixu ^u:»rterly HevieHv.) Der Bericht, den Herr Jobard über die Französische Gcwerb- AuSstellung von 183S abgestaltet hat, ist dem K-önige der Belgier gewidmet und beginnt mit einer schmeichelhaften Lobpreisung der bedeutenden Fortschritte des Belgischen GewerbflcißeS, insbesondere der Eisenbahnen. Zn einer vorzüglich gut geschriebenen Einleitung spricht der Verfasser über die Erfindungen der alten und neuen Zeit; natürlicherweise verleitet ihn seine Tendenz zu einer übertriebenen Schätzung der letzteren; dann folgt eine Aufzählung der gewerblichen Fortschritte Frankreichs. Wir wollen den Berichterstatter durch alle Stufen seiner Einleitung begleiten und unseren Lesern die Gegen stände von allgemeinem Interesse ans der Pariser Gcwerb-AuSfiellung vorsühren. Sehr zu bedauern ist es, baß in England und Deutschland nichts dieser Französischen Ecwerb-AuSsteilung Aehnlichcs besteht; der Gewcrb-Verein in London ist nur eine armselige Annäherung an diesrlbe und im Lande selbst fast unbekannt. Solch' eine Ausstellung aller Erzeugnisse der Gewerke und der Manufakturen deS Landes klärt das Publikum über den Werth eines Artikels auf, belehrt es über die wichtigen Fragen der eigenen Production, macht es mit dem geringeren Kostcnprcise, der besseren Qualität oder Daucrhaf. tigkeit der Gegenstände bekannt, setzt dem überihenernven Händler eine Schranke, belebt Len Wetteifer der Gewerbtreibenden und ist doch sicher mindestens eben so erbaulich wie eine Ausstellung von feiten Ochsen, Hämmeln und Schweinen auf den Lichmärklen zu Smichfield. Die genaue Kenntniß von dem Werthe und den Fort- schritten des FabrikwesenS, die unmittelbare Besichtigung aller ge werblichen Leistringen, der dadurch angeregte Erfindungsgeist und die Aufforderung zum «elbstvenken müssen auf die Civilisation des Volkes von dem größten Erfolg sepn. Unter den gegenwärtigen Umständen, ist aber kaum zu hoffen, daß England irgend eine in socialer Hin sicht veredelnd wirkende Einrichtung von Frankreich entlehnen möchte; beide Länder waren in ter letzten Zeit nur mit kriegerischen Vor bereitungen beschäftigt, und ihr Zurückbleiben in Fortschritten muß natürlich im Verhältniß zu den auf militairische Anstalten verwen deten Kräften stehen. Der Krieg hemmt jede Fortbildung bei gleich civiltsirlen Nationen, wenn auch daS Schwert oft der Verbreiter Ler Wissenschaft ist, sobald eine Ungleichheit in der natürlichen Be gabung der Völker stattfindet, lieber die Griechen fällt Herr Jobard in seiner Vorrede ganz schmählich her und spricht ihnen durchaus jcvc Betriebsamkeit ab; er thul ihnen aber damit großes Unrecht, denn sollten wir das Volk nennen, das über alle andere damalige Nationen durch technischen Verstand hervorragte, so müßten wir den Griechen zweifelsohne diese Ehre zuerkennen. Schon Juvenal, obgleich er sie der Quacksalberei beschuldigt, preist doch ihre ver schiedenartigen Talente. Trachten, Würscl, Näh- und Stecknadeln, Kämme, Alles wird durch aus voll ihm verworfen, und doch sollte Herr Jobard bedenken, daß der in Pompeji aufgcfunLene falsche Würfel, wenigstens was diese Gattung anbetrifft, sehr viel mechanischen Sinn verrätb. Betrachten wir nur die uns jetzt freilich sehr einfach scheinende Nähnadel; sie ist eigentlich ciN-Wunderwerk des GewerbflcißeS, denn zu diesem so unbedeutenden Stifte ist die seltene Vereinigung von Maß, Schärfe und Geschmcivigkcit im kleinsten Raum erforderlich. Da wir nun nach Allem, was unS die alten Schriftsteller berichten, annehmeu müssen, daß dieselbe schon bei den Griechen sehr sein gearbeitet wurde, so werden dadurch die gerühmten Fortschritte der neueren Zeit ziemlich in Zweifel gestellt. Wir geben zu, daß Vieles bei den Griechen noch sehr ungeschickt war; sie kannten den Grundsatz noch nicht, daß Schnelligkeit die Kräfte ersetzen könne. Unsere Kanonen kugeln sind ihren Mauerbrechern vorzuziehcn, doch können wir un möglich die Schraube deS Archimcdcs für eine so unbedeutende Er findung halten, wie sie eS nach der Ansicht unseres Berichterstatters sepn soll. Wenn es auch keine Wassermühle ist, so ist sie doch sehr schätzbar als WasserhcbungSmaschine, und der, welcher die Quadratur deS Zirkels auf die Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem Durchmesser und der Peripherie zurücksührte, verdient wohl mit Achtung von denen genannt zu werden, die cs nach zweitauscnb- jährigen Versuchen noch nicht dahin gebracht haben, den stumpfcw Winkel in drei Theile zu theilen oder den Kubus zu verdoppeln. Die Uhr, geben wir zu, ist eine der herrlichsten Trophäen des neueren ErfittvungsgeisteS, wiewohl Homcr vermuthlich Uhrwerk kannte; doch auch die Wasseruhr konnte schon ziemlich genau rcgulirt werden. Wenigstens preist Zobarv die Töpferarbeit der Alten; die Acgpptische ist nie erreicht worden unv wird es vielleicht niemals werden; Wedgwood muß den Etruskischen Vasen jede Trefflichkeit zucrkcnncn, und er hätte seine zierlichen Formen noch durch einige aus der un verkauften Athanasischcn Sammlung vermehren können, die ganz neue Vasen enthält, selbst für Augen, die schon lange an Griechische und Aegpptlsche Formen gewohnt sind. Auch Juvenal'S gewebter Wind ist keine unelegante Beschreibung seiner, auserlesener Arbeit in Linnen, wo nicht in Seide. Die Anführung des Epaminondas zum Beweise der Dürftigkeit der Garverobe bei den Alten scheint unS ein schlecht gewähltes Beispiel, da EpaminonvaS erstens ein Thebancr, zweitens ein armer Mann war, und als solcher nicht der Einzige, dem eS begegnete, daß er im Bett bleiben mußte, wenn seine Kleider in dcr Wäsche waren. Jobard räumt den Griechen die Meisterschaft in der Philosophie, Literatur, Baukunst und Skulptur ein und weist uns die dcmüthige Stelle bloßer Schüler und Nachahmer in diesen Zweigen an; aber, ruft er aus, sie entdeckten nicht den Druck, den Dampf, das Pulver, die Spinnmaschine, die Eisenbahnen, das Gaslicht, die Doppelschleusen, den Luftballon, dcu Telegraphen, die Post, den Kompaß und Ame rika, die Chemie, die Anatomie, die Chirurgie, die Algebra, die deskriptive Geometrie, das Dczimal-Systcm, die Geologie, die Sta tistik, die Noten, den Tppcnguß, das Zink, die Platina, den Nickel, den Spiegel, die Steinkohle, die Lichtbilder, den Galvanismus, den Filz, die Branvcr, das Diamanischncioen, das Fernrohr, das Mi kroskop, die Kugelgestalt der Erve und ihre ganze Oberfläche. Arago würde den Dampf hiervon auSnchmcn, der, wie cr glaubt, schon den alten Aegpptrrn bekannt war. Es ist auch die Frage, ob nicht schon elwaS den Eisenbahnen Aehnlichcs bei Len Alten ryi- stirte; Las Gas aber kannten sie allerdings nicht. Dagegen sieht wievcr dcr Flug des Dädalus gar sehr nach Kenntnis der Luftschiff fahrt auS. WaS den Kompaß betrifft, so waren die Eigenschaften des Magnets wenigstens bekannt, wenn man sie auch nicht auf Lie Schiffahrt anwcndcte; indeß scheint die seltsame Geschichte von AbariS, dcr vermittelst eines Pfeils um die Wclt herum fuhr, bei Hcrodot ä, ZO, auf einen Schiffskompaß binzndentcn; auch wird derselbe als vermittelst deS PseilcS wahrsagend geschildert. Die Schiffe des Al- cinouS, die von einer solchen Kraft beseelt waren, daß sie in der finstersten Nacht ihren Weg fanden, deuten ebenfalls sehr aus den Kompaß bin. JamblicbuS erzählt unS auch vöin Abaris, daß Py thagoras ihm den goldcncn Pfeil stahl, der seinem Wege als Richte dirnic; vermuthlich ist darunter nichts als ein vergoldeter Magnet zu verstehen. China kannte den Kompaß schon seit uralten Zeiten. In der Chemie können die Aegppter nicht unerfahren gewesen sepn. und die atomistische Theorie, dcr größte Triumph dieser Wissen schaft, ist vermuthlich von sehr hohem Alter. Für die Anatomie, in soweit es sich um die äußere Kcnnlniß der richtigen Muskel-Confi- guratiou handelt, sprechen die Elginschcn Marmortafeln, und den Äegpptcru konnte sie nicht unbekannt sepn, da schon das Einbalsa- miren sie zu näheren Untersuchungen des menschlichen Körpers geführt haben muß. Die einfache Wundarzncikunst Homer'S konnte auf dem Schlachtscldc nicht viel verbessert werden. Die Algebra ist offenbar das Werk der Araber. In dcr gemischten Geometrie sind wir aller dings weiter vorgerückt, aber in der reinen sind unsere Fortschritte sehr gering; die Dezimalbrüchc indeß und die Logarithmen sind ein bedeutender Schritt. Die Geologie muß noch erst fester begründet werden, ehe sie unS etwas Wesentliches nützen kann. Zu eincm voll kommenen Geologen ist auch ein solcher Verein von ausgezeichneten Fähigkeiten erforderlich, daß man sehr zweifeln darf, ob die Schlüffe dieser Wissenschaft fürs erste auf Glauben Anspruch haben werden. In Ler Statistik geschah im Altcrthum wenig, im Vergleich mit unse-- rcn Ermittelungen, und die Philanthropie Ler Statistik, ein im Christenthum wurzelndes Prinzip, ist jedenfalls nur ein Produkt unserer Zeit. Das Wcchselgeschäft, ein Erzeugnis! der jüdischen Er findungskraft, vielleicht daS Resultat dcr Verfolgung, welche dazu trieb, dem Geld diese Schattengestalt zu geben, muß den Phöniziern in allen Ländern bekannt gewesen sepn. Golo und Silber konnte nicht immer anwendbar sepn, und der Tauschhandel muß zu Wechsel» oder etwas Achnlichem geführt haben. (Fortsetzung folgt.)