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444 «hmung der letzten Krisen seines stürmischen Nachbars widerstanden. Diese Thatsache ist für sich allein von glücklicher Vorbedeutung, es ist ein Lebenszeichen, ein Beweis von Individualität. Die Königin Christine unterliegt einem Aufstande, während der Thron der Donna Maria durch Ergebenheit und Achtling aufrecht er halten wird. Die eraltirte Spanische Partei spaltet sich, und die Portugiesischen Constitutionellen vereinigen sich mit den Chartisten; cs ist gleichgültig, auf welchem Wege es geschieht: sich von fremdem Ein flüsse los machen, heißt den ersten Schritt zur wahren Freiheit thun. Der Abschluß der mit dem heiligen Stuhl eingeleiteten Negotiationen durch den Vicomte da Careira zeigt einen noch nützlicheren Fortschritt. Die Einigung Portugals mit Rom kann der neuen Regierung den Weg zur Erlangung seiner Nationalität bahnen. Die gemäßigten Constitutionellen besitzen seit 4 Jahren die Macht, welche sie anfangs alleilt, und dann mit den Chartisten vereinigt, ausgeübt haben. Es äst wahr, daß die Freunde der Ordnung, wie sie sich nennen, selten die Macht haben, die Ordnung zu erhallen; sie wissen nicht die Er hebung der Auflagen fest zu stellen, die Finanzen sind sehr armselig hestellt, und die administrative und richterliche Bestechlichkeit hört nicht auf, die Gesellschaft langsam aufzuzehren. Man kann nicht sagen, was das in Wirklichkeit für eine verworrene und schwankende Macht ist, welche sich durch die Schwäche ihrer Feinde erhält; we nigstens ist sie sanfter und gemäßigter Art, indem sie nur zu leben begehrt. Diese Regierung wurde constitutionell sepn, wenn man die Constitution befolgte, und könnte sich populär nennen, wenn der jetzige Zustand nicht das Volk von jeder Theiluahme an den öffentlichen An gelegenheiten fern hielte; wie er aber auch sepn mag, so muß man doch seine Erhaltung wünschen; die Dauer ist das erste Element der Kraft und Moralität. (Fortsetzung folgt.) . C h i n a. Der Chinesische i>lomsvur. Von Pater Hyacinth.") In China kennt man nur eine Zeitung, die während meines DortseynS unter dem Titel stEii-bso (bing-pao), d. h. Bote der Residenz, in Peking herauskam.") Diese Zeitung hat hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer äußeren Einrichtung mit den in Europa erscheinenden politischen Blättern nur geringe Aehnlichkeit. Im Innern des Palastes zu Peking befindet sich das Kabinet des Kaiserlichen Staatsraths, der aus vier Ministern und zwei Vice- Ministern besteht. Die Berichte und Vorstellurmen, welche von den höchsten Kollegien in der Residenz und von den Regierungs-Behörden der Provinzen an den Kaiser ergehen, kommen zuerst in jenes Kabi- uet, wo die Minister den Inhalt der Papiere prüfen und sie dann mit Beifügung eines schriftlichen Gutachtens dem Kaiser vorlegen. Hat Se. Majestät diese Papiere von Ihrer Seite geprüft und Aber den Inhalt Beschlüsse gefaßt, so ivandern sie zwei Tage später in das Kriegs-Comite, und von da, sofern sie zur Bekanntmachung geeignet, wiederum in das Lokal des Staatsraths. Diese Papiere sind die RegierungS-Akten, aus denen in der Folge die offizielle Reichsgeschichte kompilirt wird; daher haben sämmiliche Behörden und Kaiser!. Institute in Peking die Verpflichtung, alltäglich in das Kaiser!. Kabinet Personen zu schicken, welche von den Urkunden, die der Kaiser unterschrieben hat, Abschriften anfcrtigen, um sie dann in den Archiven aufzubewahren. Dieselbe Verpflichtung ruht auf allen Behörden der Provinzen; zu diesem Ende sind in Peking sech zehn Post-Expedienten anwesend, welche die vom Kaiser!. Kabinette zur öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Urkunden drucken lassen und sie sofort an die Obrigkeiten der einzelnen Provinzen verschicken. Damit aber auch das Polk von dem Verlaufe der Kaiserlichen An gelegenheiten Kcnntniß erhalte, so läßt die Regierung obenerwähnte Kopieen in ihrer Vollständigkeit in Peking dem Druck übergeben. Den Inhalt der von uns beschriebenen Zeitung bilden also ver schiedene Dokumente, welche die obersten Civil- und Militair-Be- hörden, ungleichen die Statthalter der Provinzen, die militairischen Chefs und andere irgend einer besonderen Branche vorstehende Beamten dem Kaiser zur Bestätigung oder zur Kenntnißnahmc vorlegcn. Die Vorstellungen und Berichte'betreffen größtentheils Anstellung, Beför derung oder Versetzung höherer und niederer Würdenträger vom Civil- und Militair-Fache, gerichtliche Untersuchungen, zu denen ver- brecherische Beamte gezogen, und Straf-Urtheile, die über sie ver hängt worden, Einrichtungen im Kaiser!. Haushalt und Ereignisse verschiedener Art. In diese Zeitung wird fast Alles ausgenommen, was man in Europäischen Kabinetten als Geheimnisse der Regierung betrachtet, selbst die Verhandlungen mit fremden Gesandten, wie auS den bekannt gemachten diplomatischen Papieren zu ersehen, welche auf die im Jahre 18ZV nach Peking gekommene Britische Gesandt- schäft sich beziehen. Zuweilen werden Privat-Vorstellungen hoher Würdenträger, worin sic ihre Ansichien über politische Zeitumstände oder über die Maßregeln, die das Gouvernement in Betreff derselben ergriffen, gehorsamst entwickeln und darlegen, mit ausgenommen. In den Eingaben der Statthalter sind dann und wann Ereignisse der physischen und moralischen Welt verzeichnet, die für den Beobachter der Natur und des Menschenlebens großes Interesse Haden. ') Aus Lessen Lrrrrion eto. ") Der Pater konnte dreist sagen, daß sie auch vor seinem Dortsenn so betitelt worden sc» und fortwährend diesen Titel führt. Die Zeitung von Peking erscheint gedruckt und geschrieben. Alle Urkunden werden am Tage nach ihrer Bekanntmachung im Kaiser!. Kabinette in dieselbe cingerückt. Sie erscheint jeden Tag — die ge schriebene in einem Hefte von 8 bis 12 Blättern in Duodez; die gedruckte aber auf einem ganzen Blatte, bisweilen mit einem Bei blatte. Man kann auf unbestimmte Zeit, auch auf einen Monat und einige Tage pränumeriren. Ein Zurücktreten von der Pränumeration ist immer gestattet, und das Geld wird nur für die schon empfan genen Nummern bezahlt. Der Pränumerations-Preis beträgt für jeden Monat nur 14 Unzen Silber, was nach unserem Gelbe vier Thaler ausmacht. Der Lohn für die Ablieferung der Blätter ist dabei mit eingerechnet. Auch kann man für emen geringen Preis die Zeitung bekommen, um sie einmal, zu lesen; aber in solchem Falle wird sic öfter spät abgeliefert, weil eine und dieselbe Nummer in mehreren Häusern zirkulirt. Diese Zeitung ist die einzige in ganz China. Zeitschriften, die Literatur, Kunst oder Wissenschaft zum Gegenstand hätten, darf man im Chinesischen Reiche nicht suchen. Mannigfaltiges. — Geistiges Eigenthum in Frankreich. Wie sehr dasselbe hier durch das Gesetz geschützt werde, geht unter Anderem aus nach stehendem Urtel des Handels-Tribunals von Paris hervor, bei welchem uns der Richter sogar etwas zu weit in ver Ausdehnung des Eigen- thumsrechtcs zu gehen scheint. In diesem Urtel heißt es nämlich: „In Betracht, daß der Kläger, Herr Leon de Tcssiöres Bois- bertrand, Direktor des Journals Vabiner so ksecure ist, welches alle fünf Tage in 4° zum Preise von 48 Fr. jährlich erscheint; In Betracht, daß der Herr Boulü kürzlich die erste Nummer eines Journales gleicher Art und desselben Formates, das zweimal wöchentlich zum Preise von Z8 Fr. erscheint, unter dem Titel vabüwk liclörnire herausgab; Daß er in dieser Nummer ankündigt, das kabinet litteraire konkurrire mit dem kabinet sie locture und dem Voleur; Daß er einen Prospektus vertheilte, wo er im Vergleiche mit diesen beiden Journalen die angeblichen Vortheile des kabinet litte- rnire aufzählt und Ankündigungen in diesem Sinne in die kre^ue und das sournal ste-i Vedat!, cingerückt hat; In Betracht, daß der Titel eines Journals ein Eigcnthum konstituirt, welchem weder direkt noch indirekt Eintrag gcthan werden darf; Daß der Titel kabinet litteraire, welchen Boul.' seinem Jour nal gegeben, ein Synonym des Titels kabiner «le lectnre, von dem er eine offenbare Nachahmung ist, und daß Boul.', indem ^cr das Wort kabiner unverändert gelassen, sich daraus beschränkt hat, daS Substacktiv so lecture in das Adjektiv litteraire zu verwandeln; °) Daß hierdurch dem Eigenthume des Klägers Eintrag geschieht und cs augenscheinlich die Absicht Boule's ist, wie aus seinen An kündigungen und Prospektus hervorgeht, eine deloyale Konkur renz mit dem kabinet äe loecure hcrzustellcn, welche daS Gericht nicht dulden darf; Daß außerdem ein verursachter Nachthcil vortiegt, für welchen Boule Entschädigung zu leisten hat; Aus diesen Gründen und anderen nach Recht und Billigkeit, die zur gehörigen Zeit und am gehörigen Orte darzulegen sind; Wird dem gedachten Herrn Boule untersagt, Hinführo dem Journal, welches er publizirt, dcn Titel kabiner litteraire zu geben und irgend einen Prospektus zu publiziren, in welchem er seinem Journal diese Bezeichnung giebt, bei Strafe von SO Fr. für jede Contravention, und für dcn verursachten Schaden den Herrn Boule zu 10,000 Fr. Entschädigung verurtheilt zu sehen rc. rc." Nachdem dieses Urtel unterm I. Juli d. I. gefällt war, legte der Ve.rurtheilte dagegen Appellation ein und setzte die Herausgabe seines kabinet litteraire fort. Das Tribunal fällte darauf unterm 2S. August in zweiter Instanz ein neues Urtel, worin es zwar die in dem ersten angcdrohete Strafe fallen ließ, jedoch dcn Ausspruch bestätigte, daß sich Boule einer deloyalen Handlung schuldig ge macht, und daß er binnen 24 Stunden nach Jnsinuirung dieses Urtels, bei einer Strafe von SO Fr., den Titel seines Journals zu verändern habe, wobei dem Kläger frei steht, das Urtel auf Kosten des Beklagten in drei verschiedene Zeitungen einrjüken zu lassen und der Letztere in die Prozeßkostcn verurtheilt wird. — Und bei dieser .Entscheidung ist es verblieben, trotzdem daß der Advokat des Boule in zweiter Instanz ausführlich nachzuweisen suchte, daß die Wörter „Lektüre" und „literarisch" zwei ganz verschiedenen Begriffen zur Bezeichnung dienen, indem das Erstere Alles umfasse, was irgend gelesen werde, also auch Kunstbcrichte, wissenschaftliche Abhandlun gen rc., das Letztere dagegen (im Französischen Sinne) nur auf die sogenannte schöne Literatur sich beziehe. ') Der Rickt-r scheint hier von der irrigen Meinung ausgegang-n zu segn, lecture und litteraire seyen aus einem und demselben Wurzeiwort gebildet. Das mit dem 30sten d. M- z» Ende gehende Abonne ment wird Denjenigen in Erinnerung gebracht, die in dein regelmäßigen Empfange dieser Blätter keine Unterbrechung erleiden wollen. HerauSgegcben von der Expedition der Mlg. Preuß. Staats-Zeitung. Redigier von Z. Leh mann. Gedruckt bei A. W. Hayn.