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Beilage zu Nr. 64 -er Sächsischen ElVzeitung. Schandau, Sonnabend, den 5. Juni 1897. Feuilleton. 12) Uni Glanz und Ruhm. Novelle von F. Sutau. 12. Die Generalin und Hildegard waren nickt Weiler erstaunt, das) der General ohne Luise und ihrem Sohu hcimkehrte. Sie hatten cs kaum anders erwartet, nnd auch sie konnte» sich eines leisen Triumph'- nicht erwehren libcr dieses Scheitern seiner Pläne. Wie ein finsterer, ruheloser Geist schlich er seit der erfolglosen Ncife im Hanse nmher. Das Bild der jungen Mutter, mit dem schöne» Knabe» a»f dem Arm, verfolgte ih» »»attfhörlich. Er zermarterte sei» Hirn mit Pläne», die ih» z» scincm Ziele führe» sollte», n»d durch all diese Gcdaukc» da tönte wieder nnd wieder eine feste rnhige Stimme: Ich gehe nicht mit Dir, nie und nimmer, denn Georg wollte cs nicht nnd er musste sich sage«, bah diese Stimme all seine Pläne zu mchle machte, bah es nicht in seiner Macht stand, de» Wille» eines Francnherzcn z» beugen, das dein Gedanken einer großen Liebe geweiht. — Bon dem Zng der Begeisterung, der wie ein erfrischender Hanch i» dieser Zeit durch das von Napoleon I. gcknechlclc Deutschland ging, der alle Herzen mit forliiß, um für die Befreiung des Vaterlandes Opfer zn bringen, schien Nichts an das Ohr des allen Generals zu dringe». Verschlösse» »nd verbittert verbrachte er seine Tage, mir dem eine» Gedanken nachhängend, sein Enkelkind zn sich heran z» ziehe». Hildegard »nd die Generalin aber vernahmen die Kunde von der Erhebung des Vaterlandes. Die Biiefe Benno'S durchwehte der Helle Klaug jugendlicher Begeisterung, kühnen Hoffens, aber auch der Sehnsucht und Liebe. — Mit wehem Herzen las Hildegard diese Biiefe. Wie gerne wäre sie seinem Nnf gefolgt, überall hi», aber wemi sic in das blasse Antlitz ihrer blinden Muller schaule, dann erstarb alles Hoffen nnd Sehnen in ihrem Innern. Für sic gab es mir die eine Mission jetzt, die lheure Kranke zn pflegen nnd ihre trüben Tage, so viel in ihrem schwachen Kräften stand, zu erheitern, alle anderen Wünsche mußte» schweigen. Und nun hatte Bcnno geschrieben, daß er nach Wald« selbe' lonimcn wolle, seine geliebte Brant hcimznsühren. Vorbercilnngcn bedürfe es nicht, mit den reichen Mitteln, die ihm jetzt zn Gebote ständen, hätte er das neue Heim anfs Behaglichste anSgcstaltcl, cs fehlte Nichts darin, als die geliebte Fran. Wie oft hatte Hildegard diesen Brief schon gelesen nnd de» Kopf sich zcrgiübclt, wie nnd was sic ihm anlworlcn sollte. Auch heute saß sic mit solchen Gedanken, den Brief in der Hand, in einem der düsterste» Winkel des vcrwildcrtt» Parkes. Thräne a»f Thränc fiel auf den Brief. Das höchste Glück, mm war cs ihr so nahe mid sie wagte nicht, die Hand danach anoznstrcckcn, wagte nicht, der heißgeliebten Stimme zu folge». „Ach, dürfte ich sic mir einmal wieder hören, mir einmal eine lichte frohe Stnndc haben," seufzte sic, und drückte den Brief des Geliebte» a» die Lippe», „dürfte ich ihm mir einmal wieder sagen, wie trcn nnd innig ich ihn liebe." Nanschle es da nicht in den Tanncnhcckeli wie von znrückgcbvgcnc» Zweigen! Hildegard blickte nnf, es kam plötzlich über sic wie das Nahen süßesten Glückes. In den Tannen wnrdcn die Zweige atiscinandcrgcbogcn nnd i» dem Nahmen des dnnklc» Grüns erblickte sic das schöne männ liche Antlitz dcö Geliebten, wie co sich suchend hcrvorbengtc, und nun trat er hcranS aus dem Schalten der Bäume, im Hellen Sonncuglanz stand die hohe riltcilichc Gestalt vor ihr. „Benno! Bcnno! Bist Dn cö wirklich!" jubelte sic auf im namcnloscn Glücke. „Ja ich bin es, mein Lieb," erwiderte Bcnno, mit zärtlicher bebender Stimme. „Meine Sehnsucht war so groß, Deine Antwort nnf mcincu Brief blicb so lange aus, da entschloß ich mich schnell, schwang mich auf meinen Nappm und nun bi» ich hier, »nd denke nicht allein wieder heimziikchrc». Aber nmi komm nnd laß Dich erst einmal ordentlich betrachte»; lange gcnng habe ich diese» Anblick entbehrt." Beide setzten sich ans eine halbverfallene Stcinbnnk, prüfend schaute Bcnno i» da« blasse Gesicht seiner Braut. Wie betroffen legte er dann plötzlich die Hand über die Angcn. DaS war ja kaum noch ein Schalte» von der Hildegard früherer Tage. Blcich, vergiäml waren die einst so liebliche» Züge, »in die Mundwinkel hallen sich liefe Fallen des Kummers eingcgrabe» nnd durch das dunkel blonde Haar zogen sich einzelne weiße Fäden; ach daö grelle Tagslickst beleuchtete mibnrmhcrzig alle diese bösen Vcrrälhcr entschwundener Jugend. Vielleicht, weil» sic sich wicdcrgeschcn bei Abcud im milden Kcrzenschcin und Hildegard ihm gegenüber getreten wäre, in eleganter Toilette, mit strahlenden Auge», ein Lächeln ans de» Lippen, wäre es wohl anders nnd besser gewesen, und der Zug von Eutlätischtlng hätte nicht wie jetzt auf stimm Antlitz geruht. — Schauten nicht die Vögel spöttisch herab auf das so ungleiche Paar und die altcn ehrwürdige» Bämuc, schüttelte» sic nicht bedenklich die Acstc? — Er in voller ManncSblüthc, in der glänzenden Uniform und neben ihm daö blasse verblühte Mädchen, in dem fast ärmlichen, verwaschene» Kattnnklcide. Sollte sic wirklich mit ihm ziehen als seine Gattin? Mit gesenkte» Blicke» lauschte sic seine» Worten, die ihr die Zukunft i» de» lichtesten Farbe» schilderten. Wohl wäre co schön gewesen, mit ihm z» gehen; die ganze Fülle sonnigen Glücks sich über sich ei schließen zu lassen — wenn die Schatten nicht gewesen wären, die ihres Lebens Sonnen niibarmhcrzig verdunkelten. Es war ein nnendlich harter Kampf, den Hildegard kämpfte, und mir schwer nnd zögernd kam daö Wort über ihrcLtppc»: „Ich kann Dir nicht folge», Benno, jetzt nicht. Du weißt eS ja, die Mama ist erblindet, sie kann ohne mich nicht mehr leben. Ich darf, ich kann sie mcht verlassen." „Dn willst nicht mit mir gehen!" stannncltc Bcnno In höchster Erregung. „Dn willst nicht, Hildegard!" „O Benno, sieh mich nicht so drohend an, ich kann, ich darf nicht — die Pflichten —" „Sprich nicht von Pflichten, das sind leere Worte, die da verstummen müssen, wo die Liebe redet; aber sic redet eben nicht bei Dir, sie schweigt, sic ist verstummt. Denn wenn Du mich lieblest, dauii würdest Du jubelnd die Stunde begrüßen, die nnS endlich vereinen soll!" Hildegard schwieg, nur ein lieftraurigcr Blick ihrer schönen blanen Angen ruhte voll auf dem Geliebte«, und diesen erfaßte ein nnendlichcS Mitleidcn, als sie so vor ihm saß in dem schlichten Kleide, das liebe Gesicht so blaß nnd vergrämt. Ach, wo war die Jugend, das Glück, was ihm einst in diesen Zügen geleuchtet, geblieben? Schwindet Alles, Alles so schnell dahin in der Well? Wird da nicht anch die Liebe einst enden? Wird nicht, wenn ihm Hilde gard jetzt nicht folgte, ihr Bild aus seinem Herzen schwinde», — gicbt cs nicht junge schöne lebensfrohe Mädchen genug auf der Welt, die dieses blasse, vergrämte Bild daraus Verdi äugen konnten? Wie erschreckt von solchen Gedanken erfaßte er leidenschaftlich ihre beiden Hände. „Hildegard, ich beschwöre Dich bei unserer Licbe, laß mich nickt allein znrückkehrcn!" rief er fast angstvoll. „Wenn Du Dick) weigerst, wcuu Du jetzt nicht mit mir gehst, dann, dann . . . ." Er verstummte, den» was jetzt vor seinen Blicken a»f- slieg, war ein so fremdes Bild; so ganz anders, wie dasjenige, das ihm vorgcschwebl ans dem Wege hierher, wo Hildcgard als seine kleine Hansfrau so unendlich lieblich vor seinen geistige» A»gc» gestanden Halle. „Wie gerne folgte ich Dir," stammelte diese jetzt, „ich liebe Dich ja nnendlich, aber meine Mnllcr, meine blinde arme Mutter!" Sieh, dort kommt sie. —" „Mag sic dann die Entscheidung treffen," erwiderte Bcnno finster. Die Generalin kam, auf einen Stock gestützt, langsam den Weg herauf. „Wer ist bei Dir, Hildcgard?" fragte sic, „ich hörte eine fremde Stimme." Benno eilte ihr entgegen und küßte ihr respektvoll die Hand. „Ich bin es, gnädige Fran," sagte er. „Sic sind cs, Benno! Ach, nnd Sic sind gekommen, Hildegard zn holen, und ich bleibe dann allein hier. — O Gott, allein mit ihm." Ein lciscS Zittern ging durch die zarte hinfällige Gestalt. Hildegard schlang die Arme nm die Mnllcr. „Ich gchc nichl von Dir, Mama, ich verlasse Dich nickst," flüsterte sic. „Nein, mein Kind, Dn wirst Bcnno folgen, cr führt Dich wieder zunick in daö volle reiche Lebe». — Wenn Du jetzt nicht mit ihm gehst, dann glaube mir, koinnil cr nie mals wicdcr. Geh, folge ihm, zögere nicht! Dein ganzes LcbcnSglück darfst Du mir nicht opfern." In Benno'S Angen leuchtete cs auf bei diese» Worte». Er breitete die Arme a»ö. „Hildegard! Meine Geliebte! Linn hast Dn es gehört, Deine Mnllcr selbst hcißt Dich mir folgen." Hildegard lchiile den Kopf an seine Brnst. „Ich kann nichl, Bcnno, bei allem Glück an Deiner Scile würde ich doch leine frohe Stnndc haben, dicsc rührende Gestalt, die nicincr so schr bedarf, würde fortwährend wie ein stiller Vorwnrf mir vor Ange» sichen. O wende Dich nichl so finster von mir, Bcnno, Gcliebkcr! Sei barinhcrzig, verzeih' mir." Angstvoll schalste sic zn ihm ans; cö lag ei» so cigencr kalter Ausdruck in seinen Blicken, als wäre alle Licbe für sic jäh crloschc» bei ihm. „Du wirst mich nicht vergesse», Bemio! D» wirst mir Deine Licbe bewahren!" stammelte sic dann noch. „Wenn Dn cö für Deine Pflicht hältst, hier zn bleiben, ntt» so will ich Dich nicht wankend machen in Deinem hohen Pflichtgefühl," erwiderte Benno mit eisiger Stimme. „Ich kann gehen nnd sogleich! Lebe wohl! Hildcgard! Der Traum von einem glücklichen trauten Heim, von lieben Angcn, die mich dort frcimdlich glüßc», cr mag verwehen! Viel leicht ist cö besser so, der Soldat dais solchen Träumen nicht nachhängcn, besonders jetzt, wo überall sich die Kricgcs- wolkcu auflhürmen!" Sei» K»ß streifte kühl und flüchtig ihre Stirn. Hildcgard zuckle zusammen, sollte das der Abschied sein, vielleicht für alle Zeit? — Sie hörte, wie im wüsten Traum besangen, daß cr sich jetzt von ihrer Mnllcr empfahl, — daun ging cr hoch aufgerickstet davon, nicht einmal daö stolze Hanpl zurück- wcndcnd. Mit einem Blick voll Verzweifln»» schaute Hildegard ihm nach, und die ganze Wnclst tiefste» SeelcuschmerzeS erfaßte sic. „Bemio! Bcnno!" rief sie im herzzerreißenden Ton, nnd warf sich, als cr ihrem Nus nicht Folge leistete, mit einem wehen Aufschrei in die Arme ihrer Mutter. — Dieser Schrei aber drang doch zu dem Herzen dcö slolzcu gekränkten Mannes, sein Fuß zögerte, weiter zn schreiten. Er wandte sich nm, und sein düsterer Blick ruhte noch ein mal auf Hildcgard, wie sic dort in den Armen ihrer Mnllcr lchiile. Die alle Muller strcifle mit den zitternden Fingern liebkosend über den Scheitel dcö jungen Mädchen, indem sie leise Nöslende Worte flüsterte. Es war ein unendlich wchmüthigcö Bild, die goldenen Sonnenstrahlen zitterten darüber hin nnd die dunklen Tanne» rauschlc» so melancholisch; imanslöschlich grub es sich ein in das Herz dcö junge» Officicr, aber de» gckc linkte» Stolz Benno'S vermochte cö nicht zn besänftigen. Wie mit tausend Stimmen lockte es ihn fort aus dem düsteren Park; fort zn frohen Menschen, wo Helle Angcn lachten nnd rosige Lippen ihn grüßten. Hier war ja alles Lebe» erstorben, ans den dunklen feuchten Wegen wehte cs ihn an wie Grabcölnft, nnd diese beiden trauernden Fraucngcstatten glichen sie nicht abgeschie denen Geislern, die da keinen Theil mehr halten an den Freuden deö Lebens? Am Parklhor hielt Benno'S Bursche die noch gesattelten Pferdc. Er warf sich darauf uud das feurige Noß trug ihn mit Windeseile davon. Und wie er so dahin ritt in dem Helle» Sonnenschein des InnitagcS, tanchte» zwei lachende Mädchcnangen vor ihm ans, in welche cr geschaut ans dem Wege hierher, wo er eine kurze Nast gehalten, ans dem Gute der Eltern eines Freundes von ihm. Wie ei» paar Sterne leuchteten diese Angcn vor ihm her, als wollten sie ihm den Weg zeigen znm Glück, zur Helle» Lebensfreude. Und als die lanc Sommernacht angebrochen, da hielt sein müde gehetztes Noß wicdcr vor dem jetzt hell erlcuchlcle» Landhanse, welches cr in der Morgenfrühe verlassen. Die Thürc» des großen Saales, die in einen Garten hinauSführlcn, waren gastlich geöffnet, fröhliche Menscheii wogten in dem hell erlcnchtclcn Nam» auf n»d nieder, heitere Tanzmnsik ertönte, und da waren sie ja auch, die Hellen Ange». Bcilno lehnte an der Saallhür nnd unablässig verfolgten seine Blicke eine schlanke Müdchcngcstalt im weißen Kleide, frische Nosen in den blonden Locken. Wie ein Bild des Frühlings, der Jngcnd und der Licbe, dachte Benno, welch ein Contrast mit dem düsteren Bilde im Park zu Waldfeldc. Allcö was hier vor seine» trüben Blicken sich erschloß, athmcle LcbcuSlnst nnd Frcndc. Sollte cr davon ausgeschlossen sein, weil er dort in Waldfeldc cin bleiches, »erbleichtes Mädchen zurück- gelassen hatte, die er einst seine Braut genannt? Warum war sic ihm nicht gefolgt, sic trng allein Schnld daran, wenn er ihrer nicht mehr gedachte, wenn er anderen lichtcrcru Erschciunngcn sich znwandle nnd in Hellen jungen Mädchcn- angcn Vergessen und Gcncsnng suchte. Und gar sein und anmnlhig verstand cs die Besitzerin der Hellen Augen, den Freund ihres BrndcrS Konrad von Felder» zu fcsscl» und sein lranrigeö Gcmüth zu erheitern. Plötzlich stand sic vor ihm nnd grüßte ihn so herz innig. „DaS ist schön, das ist lieb von Ihnen, daß Sic den Wcg wieder zn uns gefunden haben nnd meine» Geburts tag noch ei» wenig milfciern löiincii," sagte sic, Benno die kleine Hand entgegen streckend. „Ihr Geburtstag ist heute?" rief Bcuno, und blickte traumverloren in daö liebliche rosige Gesicht Liua'o von Felder». „Allerdings, nicin GcbnrtSlag ist Henle! Habe» Ihnen die Binnie» nicht verrathcn, als Sic hcnte in dcr Morgen frühe davon ritte», was für cin wichtiger Tag heute sei, und daß co bitter Unrecht war, davonznreilen. Freilich, Sie haben eine Braut!" „Ich bitte, schweige» Sic davon," nntcrbrach sie Bcnno finster. — Ich — ich habe keine Brant mehr —" Fast erschrak er vor seinen eigene» Worte». Sollte de»» wirklich dcr Traum, das Glück langer Jahre in einer Stnndc vcrwcht sein. — Hatte Hildcgard nicht das Nccht, trotz nllcdcm an seine Liebe und Treue zn glauben? In Lina's Angcn Halle cS aber hell anfgclcnchtet bei seinen Worten, und jetzt ruhte ihr Blick voller Thcilnahme auf Beuno. „Die Fröhlichkeit hier, die Tanzmusik wird Ihnen wch thun," sagte sic mit weicher Stimme. „O nein, nein, sie thnl mir wohl," erwiderte Benno. „Zcrstrcnnng, fröhliche Gcsichtcr, gerade daö lhut mir Noth. Darf ich um den nächsten Tanz bitten?" Mil lieblichem Errölhe» sagte ihm Lina denselben zu. Und daun flogen sic dahin im Tanz, nnd wie cr so daö junge Mädchen in de» Armen hielt nnd die heiteren Tcmz- wciscn ihn umranschtcn, da überkam cö ihn wic cin Nansch von Lebenslust und Freude. „Vergiß! Vergiß!" schiene» ihul die fröhlichen Klänge znznrufcn, „daö Lebe» ist reich nnd schön, lerne mir daö Glück erfassen; cs ist Dir so nahe! War cö wirklich wahres Glück, was ihn ans Lina's Angcn aulachte, oder war cs anch mir cin Trani», ans dcni cr erwachen würde elender denn zuvor. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. — Ein Scheusal in Menschengestalt ist dcr Arbeiter Karius in Querfurt. Erst 2-l Jahre alt, ist cr schon scit scincr Schulzeit säst sortgesetzt wegen Bedrohungen, Mißhandlungen, Körperverletzung, Thierquälcrcicn nnd anderen Rohheiten mit dein Strafgesetze in Conslict und erst in ZwangS-Erzichung dann im Gefängnis, gewesen. Zwei Jahre lang war er auch verhcirathet, aber diese Ehe wurde wegen barbarischer Mißhandlung seiner Fran wieder geschieden. Dann heiralhele er zum zweiten Male, nnd zwar seine Wirthschafterin; doch konnte cr den drcijähr. (unehelichen) Jungen, den diese mit in die Ehe brachte, nicht ansstchcn, nnd für das arme Kind wnroe daö halbe Jahr, während dessen der Angeklagte sein Stiefvater war, eine ununterbrochene Leidens- zeit; nnanögesctzt schlug, trat, Puffte und stieß er daö Kind, sodaß schließlich sich andere Lcntc inS Mittel legten und ihn anzcigten, woraus dcr rohe Mcnsch einen Monat Gefängnis, erhielt. Danach trieb er cö aber um so toller, und wenn die arme Mutter sich ihres Kindes annehmen wollte, erhielt auch sie Prügel und Schimpsreden. Im Februar wollte der Unmensch endlich das Kind ganz mnS Leben bringen und schob — weil cr cinmal gelescn hatte, daß jemand an einer verschluckten Nadel gestorben sei — dem Kinde einen sechs Centünetcr langen Nagel in den Schlund. Jedoch fand die Mutter den Nagel im Stuhlgange wieder. Da nahm der Ange klagte einen noch längeren Nagel, stieß ihn, diesmal mit dcr Spitze voran, dem Kinde abermals in den Schlund, und nach zwei Tagen' war cs infolge der erlittenen LungcmVerletzmlgcn eine Leiche. Der geständige Angeklagte, der gleichmüthig zu einen, Mitgefangenen gesagt: „Mehr als den Kopf können sie mir doch nicht abhackcn!" wurde zu zehn Jahren ZnchlhanS (wegen des ersten Mordversuchs) und zum Tode verurthcilt. — In Wiesbaden überlieferte kürzlich eine Dame ihren schwer erkrankten Papagei dem dortigen Kreisthierarzt Iw. Kampmann zur Behandlung. Obwohl dem Thier die sorgfältigste Behandlung zu Theil wurde, konnte eS nicht gerettet werden. Um die Todesnrsache sestzu- stellcn, nahm Herr Iw. Kampmann eine Section der Nogelleiche vor. Hierbei fand er in den, Magen des Papageis einen Brillanten, der indcß den Tod des Tlüeres nicht herbeigesührt hat. Den Brillanten hatte die Herrin deS Papageis längst an einem ihrer Ohrringe vermißt, und alles Suchen nach ihm Ivar vergeblich gewesen. Daß dcr Papagei, der seiner Besitzerin fast täglich auf die Schulter flog und mit den Ohrringen spielte, dcr Dieb gewesen sei, und daß cr den Brillanten verschluckt haben könne, daran hatte sie nicht gedacht. Sie war daher nicht wenig erstaunt, als sie das vermißte Kleinod wieder erhielt. — Eine gesnnde Insel. Das Durchschnittsalter der Bewohner von Helgoland ist nach I)r. Lindemann auf etwa 60 Jahre berechnet, während eS in den Großstädten nur etwa 30 Jahre beträgt. Bei den N Sterbefällcn in dcr Zeit vom I. Januar bis 3l. März d. I. betrug das Durchschnittsalter sogar 71 Jahre; wahrlich ein gutes Zeichen für den kräftigen Menschenschlag und das gesnnde Klima dieser Insel,