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hcit! Die Lumpen lochen sicherlich und schmoren vom ge- stohlcnc» Wildprct das Jägcrrcckfl!*) Diese Mahlzeit soll ihnen versalzen werden! Und eilig durchquert der Jagd- gchilfe die Thalsohle und steigt am jenseitigen Hang au. Durch deu Wald rauscht iu langen Stößen der an- wachsendc Sturniun'nd, die Baume beugen sich ächzend, und schwere Dropsen schlagen knisternd auf das Geäst: das Wetter ist da, eiu Sausen nnd Brausen erfüllt den breiten Thalkcsscl. Ein langer Fcuerstrahl zuckt hernieder — ein furchtbares Prasseln: der Blitz hat eingeschlagcn, hell flammt der getroffene Baum im sturmduchtosteu Tann auf, und schwerer Donner rollt in den tiefhängenden Wolken. Ein schauerliches Wetter für eiucu pfadlosen Anstieg, aber dennoch ist der rasch aufwärts strebende Jäger nm das Blitzlicht froh, das ab nnd zn eine kurze Orieutiruug ermöglicht; eine schaurige Wcgbelcuchtuug. Es ist gut, daß der brausende Sturm jegliches Geräusch verschlingt; der Jäger athmct schwer vor Anstrengung, die Hohe mög- lichst rasch zn gewinnen, nnd in der Finsternis; ist cs nn- vcrmcidlich, daß der Pfadsuchendc Steinchen in's iliollcn bringt, ans dürre Zweige tritt, an Baumstämme stößt. Vom Thalc heraus klingt der wimmernde Ton der Glocken: Wettergclänte I Ein schaurig Gelle» durch die Nacht, vermischt mit dem Burren der entfesselten Winds braut. Schweißtriefend, zitternd vor Anstrengung hat der Jäger die Hohe erreicht, und steht nun verschnaufend an der Waldgrenze. In schrägen Strichen schlägt der Sturm wind den Gewitterregen über die Rodung, nnd peitscht das Buschwerk und Farrcngestrüpp auf deu Bodeu nieder. Seppel zögert unwillkürlich, das doch einigermaßen Schutz bietende Aanmdach der Schirmfichtcn zu verlassen. Zudem ist es so finster heroben, daß kam» die Hand vor den Angcn zn sehen ist. Wo die Dicnsthütte liegt, muß erratheu werden, zn sehen ist sie nicht. Die Wilderer haben sicherlich des tobenden Sturmes wegcu die Hüttcnthür geschlossen. Was nun? Rother Flammenschein glüht plötzlich durch die Finstcr- uiß; unwillkürlich duckt sich der Jäger und tritt in den Wald zurück. In höchster Spannung blickt er hinüber; eö ist ein kräftig unterhaltenes Herdfcucr in der Diensthütte, nnd eben tritt ein Mensch trotz des Unwetters ans der Hütte, durch deren offene Thüre der Feuerschein glüht. Der Kerl thut, als wäre er zn Hanse dort! Wer die Burschen wohl sein mögen? Verwegene Leute sind es, dcuu Zaghafte okkupircu keine Diensthüttc und respektircn königliches Diensthvlz. Der Bnrsch tritt in die Hütte zurück und schließt die Thüre, wodurch auch der Schein des Herdfencrs verschwindet. Dichte Finsternis; verhüllt den Hang. Am Maldsaum stehen zu blcibeu hat keiueu Siuu, der Jäger allein kann aber auch nicht viel ansrichtcn. Immer hin kann er sich aber der Persönlichkeiten vergewissern. Mühsam schleicht er der Hütte näher, sorglich mit' den Füßen tastend. Unbarmherzig schlägt der ergrimmte Nacht- Himmel die Ncgcnmassen herab, Alles durchnässend, was in ihren Bereich kommt. Merkwürdig, daß man durch die Hüttcufcustcr keinen Lichtschimmer wahruchmcu kann! — Sorten die Kerle die Fensterbalken geschlossen haben? Dann ist cs aber doch sehr sorglos, ab uuo zn die Thüre offen zn lassen, und durch das Herdfcucr die Auwcscuheit zu verratheu. Soll Seppel die Thüre ciurcuucu? Wird nicht viel nützen, cs steht ja einer gegen mehrere Wilderer, die eine Ueberrnmpclnng schwer rächen werden! Der Jäger hat sich platt auf deu nassen Boden ge legt, nnd sucht sich kriechend der Hütte zu nähern. Ein Blitzstrahl zeigt zur rechten Zeit, daß Seppel vor der Hütte angclangt ist, und sofort verbirgt er sich hinter *^»Jägcrrccht" nennt nmn vom Aufbruch Herz, Leber und Lunge ocS erlegten Wildes. einem Strunk in nächster Nähe öcrselven. Freilich bietet der Strnnk für den Moment, daß die Hüttenthüre geöffnet wird nnd das Licht ans die nächste Umgebung fällt, nur eine sehr nothdürfligc Deckung. Hier heißt es, so gut cs geht, ans der Paß liegen; naß ist der Seppel bis ans die Knochen, cs hat keinerlei Bedeutung mehr, ob er auch noch schlammig durch das aufgcweichtc Erdreich der Rodung wird. Den nächsten Donner läßt der Jäger verhallen, dann rnft er schwach wie ans weiter Ferne: „Huuupp!" Nichts rührt sich, nur das Klatsche» des Gewitter regens ist hörbar. Etwas stärker ertönt der Rnf: „Hnunpp!" Das Stimmengemurmcl in der Hütte verstummt uud die Thür wird etwas geöffnet, wie wenn Jemand in die Wcttcrnacht hiuaushorchcii will. „Hnpp I Tschinnj!" Ein kurzes Flüstern in der Hütte, und eine Gestalt schiebt sich durch die Thüre, um genauer zu horchen. Wieder ertönt der Lockruf des balzenden SpiclhahueS, und die schwarze Gestalt antwortet im selben Gelvck; ein erneutes Horche«, aber durch das Sturmgebrnus ist kein weiteres Signal zn vernehmen. Noch einmal läßt der Bursch vor der Hütte, deren Thür er hinter sich zngezvgcn, ein „Tschinnj!" ertönen, aber der Lockruf bleibt uubeaut- wortet. Das ist auffällig: es muß Eiuer, der zur Baude gehört, unterwegs sein, nnd den Weg durch die Fiusteruiß verfehlt haben. Sein Balzruf zu dieser längst der Hahn balz entrückten Zeit kündet seine Zugehörigkeit: aber wo steckt der Meusch? Er muß irre gegangen sein. Eine zweite Gestalt schiebt sich dnrch den geöffneten Thürspalt nnd fragt: „Kommt Einer nach? War 's Signal richtig?" „Nicht ganz, aber der Valzrnf war richtig!" Der zweite Mann tritt wieder zurück, indeß der eine nochmals den Balzrnf ertönen läßt. Ein neuer Blitzstrahl erhellt den Haug, von fahlgelbem Licht übergossen ist die Rodung. Der eine Mann hat im Nu die hinter dem Strnnk liegende Gestalt erblickt, mid stößt eine» Warnnngsschrci aus. Im selben Augenblick gibt der Jäger Fener, der Mann stürzt zusammen. Der Schrei ist gehört worden, die Thür fliegt auf, die Wilderer sprmgeu mit breuuendcu Scheiten hervor, deren flackernder Schein die Dnnkclheit grancnhaft erhellt. Wild stürze» sich die Kerle auf deu Jäger, desse» zweiter Schuß fehl geht. Iu hageldichte» Hieben zischen die flammenden Prügel hernieder ans den Jäger — ein Schrei der Verzweiflung — Stimmengewirr — ein rasches Häm mern — ei» teuflisches Gelächter — quilscheude schwere Tritte über die durchnäßte Roduugsfläche, uud schwarze Nacht tritt wieder ihre Herrschaft an. — Iu der Hütte verglimmt laugsnm das.Herdfcucr, uud im ferne» West znckt es ma»chmal »och auf: Wetterleuchte» als ersterbendes Ende des Unwetters. Im Geschrösf seufzt es unheimlich, und im leisen Windhauch schütteln sich die Fichten, Lärchen und Föhren die Tropfen aus den Achten. (Fvrtschnnq fvlqt.) Der MMernachtskuß. Sylvestercrzählung von L. von Ditfnrth. (Nachdruck verboten.; ind, wir sind doch auch mit vou der Parthie?" sagt der Herr Assessor, indem er in die behaglich dnrch- wärmte Wohnstnbe seiner Fran tritt. Hastig ent ledigte er sich des schiieebestänbtcn Ueberrockcs und nähert sich händereibend dem Ofen. „Soll's denn wirklich Ernst werden mit dem Shlvester- ulk?" fragt die kleine Frau Assessor, mit de» strahlend- rotheu Bäckchen, uud den übermüthig blitzende» Angcn, in die der dnrchkältcte Herr Gemahl nur allzugerne seine