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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumcraiiön«. Preis 22j Sgr. THIr.) vienchähriich, z Tblr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin , für die Man rrönumerirt auf dieses Lüeramr-Ilatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. SiaatS-Jeitung (FriedrichSslr. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wobllöbl. Poß-Aemiern. Literatur des Auslandes. 88. Berlin, Freitag den 23. Juli 1841. Arabien. Die Araber und ihr Einfluß auf die Völker des Mittelalters. So sehr auch der Fleiß der Orientalisten seit Jahrhunderten bemüht war, das Arabische Leden in seinem Zusammenhänge und seiner Bedeutung für die Weltgeschichte zu. prüfen und zu beleuchten, so ist es ihm doch nicht gelungen, von allen Seiten in das zauber volle Kulturgebäude dieses großartigen Volkes zu dringen, noch viel weniger, daraus mit reicher Beute an Aufklärung zurückzukehren. Nur wo der Trommelschlag der Kriege, wo das Geräusch prunkender Thaten den Sinn der Forscher reizte, "sehen wir das Muhammedanische Weltreich ziemlich klar vor uns liegen; dagegen ist von der schönen Werkstätte der Arabischen Bildung kaum noch der Schleier gelüstet. „Dieses", sagt ein großer Deutscher Historiker, „ist die größte und fühlbarste Lücke, die in der Weltgeschichte, insofern ste die Geschichte der Bildung der Menschheit darstellt, sich vielleicht findet. Die Ge schichte des sogenannten Mittelalters in dem gewöhnlichen Sinne.... was ist sie weiter, als nur die Rückseite des Gemäldes, von dem die Arabische Welt die glänzende Vorderseite darbietct? Was war die Mo narchie Karl's des Großen gegen die seines Zeitgenossen Harun des Gerechten?.... WaS Aachen und Paris gegen Baßra und Bagdad? Was die Kenntnisse, die Gelehrsamkeit der Mönche gegen die vielseitige Bildung der Arabischen Gelehrten?" so Heeren. Und auch er selbst hat den Zoll seiner Bewunderung nicht nach der rechten Stätte geführt. Nicht Bagdad und Baßra, und nicht Harun Al Raschid sind es, welche die Geistesgröße der Sarazenen rapräsenliren, sondern das Arabische Spanien, Cordova und seine Abbarrahman und Almanzor besonders sind es, die das Herz der Nachwelt rühren und erfreuen, während die ersteren meist, ncoen einzelnen Zügen erha benen Wirkens, nur durch ein Ucbermaß von Glanz das Auge blenden und es nur noch das deutlich sehen lassen, daß von Bagdad aus sich die Entnervung und Entsittlichung über Vas große Reich verbreitete. Nachmalige Oberhirten des Christenthums studirten in Cordova, kranke Königinnen und verwundete Könige zogen dorthin, sich Genesung und Unterhaltung suchend, und man muß im Ganzen wie im Emzel- nen bei dcw Spanischen Sarazenen das große Geheimniß bewundern, mit welchem sie so lange das Schöne und Nützliche zu verbinden wußten, daß selbst, nachdem sie von den christlichen Fürsten besiegt waren, sie dennoch willige Schüler an ihnen fanden. Nach dem Vorausgeschickten werden wir gewiß vielen Lesern nicht lästig fallen, Wenn wir einen kleinen Beitrag zur Kulturgeschichte des Mittelalters hier liefern, in welchem die Araber, und besonders die in Spanien, von ihrer verdienstlichen Seite vorgeführt werden. Es wirb ein Blick auf dieses Volk in jener Zeit um so mehr überraschen, je mehr es heute jede Spur der Achnlichkeit mit seinem früheren Selbst ver- . loren hat und je weniger in der Ruine noch der frühere bewunderns- werthe Organismus,zu erkennen ist. Wir benutzen bei unserer Arbeit Murphp's lli«u,r)- »f rke mufiometau lRnpno in und Almak- kari's Werk von Pascual de GopavgoS. Oft ist cs das Schiksal von Männern gewesen, deren Fähig keiten und Forschungen für die Menschheit höchst wohlthälig geworden sind, daß von ihren Zeitgenossen ihre Bemühungen nicht nach Verdienst geschätzt und ihre Zwecke und Absichten nicht verstanden worden sind; auch die Nachwelt hat in vielen Fällen ihren wichtigen Leistungen nicht volle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Aehnlich ist es den Arabern ergangen. Ihr Eifer für die Pflege der Wissenschaft ist, statt in den folgenden Jahrhunderten Dank zu ärndtcn, nicht allein vergessen worden, ausgenommen von einigen vcrgleichungsweisc weni gen ausgezeichneten Kennern des Morgenlandes; sondern man hat die Araber sogar beschuldigt, den Verfall und daS Verderben der Literatur verursacht zu haben. Beim Wiederaufleben der Wissen schaften war cs bei den Gelehrt?» —. Petrarka selbst nicht ausge nommen — Mode, sie als die Verderber der Wissenschaften zu be trachten, als ein grausames kriegerisches Volk, der schönen Literatur feindlich. Diese schweren Beschuldigungen sind von späteren Schrift stellern wiederholt worden; aber mit wie wenig Gerechtigkeit, wirb eine flüchtige Durchsicht der nachfolgenden Seiten leicht zeigen. Der von vielen der Chalifen den Wissenschaften gewährte Schutz, die Auszeichnungen und Belohnungen, welche sie Männern der Literatur gaben, die sehr große Zahl ihrer Schriften, zusammen mit den zahl reichen Schulen und der Pracht ihrer Baukunst, — alles dies möge uns rechtfertigen, wenn wir sie beinahe den Griechen und Römern glcichstellen. Die beiden zuletzt genannten Völker, daS wird gern zugegeben) übertrafen die Araber; doch dürfen Letztere wagen, mit den Römern um den Vorzug zu streiten. Denn diese waren nur in der Literatur ausgezeichnet, wogegen jene Arznei, Naturgeschichte, Astronomie und Mathematik mit Erfolg betrieben. Aber die ausge zeichnete Vortrefflichkeit der Römer in der schönen Literatur — ihr Livius, Cicero, Horaz, Virgil, Terenz — lassen uns die Verdienste der Sarazenen in Pflege der "Wissenschaften fast vergessen. Wir haben schon gesehen, mit welchem Eifer die Araber das Studium der Lite ratur und Wissenschaften trieben; aber noch haben wir den Einfluß ihrer Literatur auf die der Neueren nicht gezeigt. Es bleibt also der Versuch zu machen, die Größe der Verbindlichkeit festzustellen, welche Europa gegen sic hat; nicht allein in Betreff des Einflusses der Arabischen Literatur auf die Wiederbelebung und Pflege der Wissenschaften, sondern auch wegen der Erfindungen, welche wir vorzugsweise dem Scharfsinn und der Betriebsamkeit der Araber verdanken. Während bei ihnen Literatur, Künste und Wissenschaften mit dem größten Erfolge getrieben wurden, war Europa in die dichteste Finsternis gehüllt, besonders vom siebenten bis zum elften Jahrhun dert; geistliche Studien allein wurden hier getrieben: die Griechen konnten Euklid und Ptolomäus nicht mehr lesen, und die Lateiner verstanden sogar ihre alte spräche nicht mehr. Die Schulen der Christen ertönten nur von Fragen in Betreff des Gregorianischen Gesanges oder Streitigkeiten in Beziehung auf die Zeit der Feier des Osterfestes; während die Araber in Afrika, Spanien und den Königreichen Neapel und Sicilien alle Wissenschaften trieben und die Ueberrcste des Griechischen Wissens bewahrten. Von diesem Zu stande der Barbarei wurde Europa durch die Mauren von Afrika und Spanien befreit. °) Während des neunten Jahrhunderts wurde, nach dem einstim migen Zeugniß der Geschichtsschreiber, in Spanien jede Wissenschaft angebant: die Eingebornen jenes Landes, durch die mächtigen Waffen der Moslem unterworfen, hatten keinen anderen Trost, als die Lite ratur ihrer Besieger anzunchmen und zu pflegen. Wirklich ergaben sie sich den Arabischen Studien in kurzer Zeit so eifrig, daß Alvaro von Cordova, welcher in der Mitte des neunten Jahrhunderts blühte, einige Ursache hatte, übcr den unmäßigen Arabismus seiner Lands leute zu klagen, weil ihr Eifer für Sprache und Gelehrsamkeit der Araber die Lateinische Sprache in Vergessenheit kommen ließ und einige von ihnen veranlaßte, dem Christenthume zu entsagen. °°) Am Ende wurde die Arabische Sprache so vorherrschend, daß Johann von Sevilla, welcher wegen der Heiligkeit seines Wandels nicht weniger berühmt war, als wegen seiner Kenntnisse, eS nöthig fand, die heilige Schrift mit einem katholischen Kommentar, in Arabischer Sprache, zum Besten seiner Landsleute herauszugcbcn. Einige Jahre später wurde eine Sammlung von Kirchen-Gesetzen in Arabischer Sprache veranstaltet, zum Gebrauche der Spanischen Kirche. Diese wird noch unter den Handschriften in der Bibliothek des EScurial aufbcwahrt. °°°) Wenngleich nun dieser literarische Verkehr zwischen den Arabern und Spaniern sich, in einigen Fällen, der Religion der Letzteren verderblich erwies, so war er doch, im Ganzen, auf die große Ge- sammtheit von wohlthätigem Einfluß; und daher kann er als der Anfang der neueren Literatur betrachtet werden. Im zehnten Jahr hundert, welches insbesondere als das Jahrhundert der Barbarei und Unwissenheit gedrandmarkt wird, konnte Spanien sich mehrerer ausgezeichneter Mathematiker rühmen. Unter diesen waren Aiton, Bischof von Ausona (Vique in Catalonien), Lupito von Barcelona, welcher in der Astronomie bedeutend war, und ein gewisser Joseph, welcher sich in der Arithmetik auszeichnete. Ihre Berühmtheit war so groß, daß Franzosen, Jtaliäner, Engländer und Deutsche sich nach Spanien wandten, um daselbst die mathematischen Wissenschaften zu studiren. . ,. , Der erste Philosoph, von dem bekannt ist, daß er die Halbinsel -> Andres, wen. II. »u. 1«, ß. "> ES scheint, paß ße ßch der Arabischen'Sprache nicht allein zum ae- wölmUchen Gebrauche bedienten, sondern auch die Schonbeiteu Arabischer Werke studirten. — elomno «ullüniuti, volummu ntnnt AlvtU'o die Arader haustg) uvisti^ eruetttiir... . I>e>ieiuut tioüexio vix iuveumtlir uNU<i ex Ulilivua domioulti Illlktwrv) kalutätoriil« trslri ratio»al>iliter stirixere litenik. Lt re;»eriüx ichuque unmery mistti- Uttoes turl'sn, gut eraüitv vordoNtttl pünlpnm expliket elc." Andres, WM. 15. I'U- 1M, 1M. Nr. I6l8. (Lie ist in Kufischer Schrift geschrieben unr» wurde 10S7 n- Chr- G- beendet- Castri, wm. 1. i»p. 241, 542.