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384 dienen. Richt, wenn man mich auf unstatthafte Weise lobt, erweist man mir einen Dienst; man schadet mir im Gegentheil dadurch; ich bin sehr unzufrieden mit dem, was die Journale bis jetzt in dieser Beziehung geihan haben. Wenn Sie gezwungen sind, Strenge an zuwenden, müssen Sie doch gerecht sepn, weil Sie in diesem Falle die Verantwortlichkeit Ihrer Stellung mir gegenüber übernehmen." „Ich hoffe, daß Sie eS nicht so wie Herr Fouch« machen wer den, der alle Härten auf meine Rechnung setzte und sich die Gnaden bezeigungen zueignete. Gehen Sie gut mit den Schriftstellern um; man hat sie gegen mich erbittert, indem man ihnen gesagt hat, daß ich sie nicht liebe; man hat dabei eine böse Absicht gehabt. ES sind nützliche Leute, die man immer auszeichnen muß, weil sie die Ehre Frankreichs sind." „Um die Polizei gut zu versehen, muß man ohne Leidenschaften sepn. Hüten Sie sich vor allem Haffe. Hören Sie Alles, und sprechen Sie nicht eher, als bis Sie der Vernunft Zeit gelassen haben, sich geltend zu machen. Lassen Sie sich nicht durch Ihre Büreau-ChefS leiten. Hören Sie dieselben, aber auch diese müssen Sie anhören und keiner anderen Leitung folgen, als derjenigen, welche Sie ihnen nach meiner Angabe vorschreiben. Ich wiederhole Ihnen, daß Sie FouchL müssen beaufsichtigen lassen. Ich habe noch eine besondere Rechnung mit ihm abzumachen; ich will nicht, daß er mir entschlüpfe, ehe sie in Richtigkeit gebracht ist, und wenn er sich nicht innerhalb acht Tagen gutwillig dazu versteht, so soll man etwas erleben." Das Publikum war nicht weuig verwundert, als cs in dem offiziellen Journal die Ernennung des Herzogs von Novigo zum Polizei-Minister las. Die Verwunderung und die Bestürzung wür den nicht größer gewesen sepn, wenn Napolcon'S Wahl auf den Persischen Gesandten gefallen wäre. Es war nur von Verbannung und Verhaftung die Rede. Andererseits machte die Ungnade des Herzogs von Otranto einen schlechten Eindruck auf alle Beamten, die auS der Revolutionszeit datirtcn. Aber der Kaiser fing es sehr geschickt an, sie zu beruhigen, indem er die Ungnade milderte durch Berufung des abgesetzten Ministers zum General-Gouvernement von Rom, welche ihm durch folgenden Brief im ,Moniteur" ange zeigt wurde: „Herr Herzog, die Dienste, die Sie uns bei verschiedenen vor kommenden Gelegenheiten erwiesen haben, bewegen uns, Ihnen das Gouvernement von Rom anzuvertrauen. Wir erwarten, daß Sie auch in Ihrem neuen Posten fortfahrcn werden, uns Beweise Ihres Eifers für unseren Dienst und Ihrer Anhänglichkeit an unsere Person zu geben." Fouchö nahm seine neue Würde mit verstellter Freude an; in seiner Antwort an den Kaiser bediente er sich desselben Stils: „Sire, dankbar nehme ich das Gouvernement von Rom an, zu dem die Güte Ew. Majestät mich in Anerkennung der schwachen Dienste, die ich so glücklich war, Ihnen zu leisten; befördert hat. Ich darf indeß Ew. Majestät nicht verhehlen, daß es mich in ho hem Grade schmerzt, mich von Ihrer Person entfernen zu müssen- Ich verliere das Glück und die Belehrung, die ich täglich aus Ihrer Unterhaltung schöpfte. Wenn etwas meinen Kummer mildern kann, so ist es der Gedanke, daß ich durch meine unbedingte Erge bung in den Willen Ew. Majestät den stärksten Beweis einer grän- zenlosen Ergebenheit gegen Ihre erhabene Person gebe." Napoleon kannte FouchL sehr gut. Der Herzog von Otranto sagte nie sein letztes Wort und ließ sich nicht leicht durchschauen. Er war einer von den Männern, die sich nie ganz beseitigen lassen, weil sie immer mit dem Strome der treibenden Begebenheiten schwimmen. Gerade aber darum wollte ihn der Kaiser von Paris entfernen. Fouche wußte, daß er der strengsten Aufsicht unterworfen werden würde, und suchte begierig jeden Vorwand auf, der sein längeres Verweilen in der Hauptstadt rechtfertigen konnte. Oeffentlich machte er große Zurüstungen zu seiner Abreise nach Rom, obgleich er wußte, daß er nie dorthin gehen würde. Als er vom Ministerium der aus wärtigen Angelegenheiten durchaus keine Instructionen empfing, so bat er den Prinzen von Neuchatel, mit dem er immer im besten Einverständniß gelebt hatte, den Kaiser um seine Abschieds-Audieüz anzugehen. Dieser ließ ihm mündlich antworten, Se. Majestät habe noch keinen Tag festgesetzt; zur Vermeidung des öffentlichen Ge schwätzes scheine es aber passend, daß er sich einstweilen auf eine seiner Besitzungen begebe. Die Instructionen, die er wünsche, wür den ihm baldigst zugefertigt werden. Fauche begab sich auf sein prächtiges Schloß Ferneres. Kaum war er hier eingetrossen, als ihm ein Verwandter seiner Frau die Nachricht überbrachte, daß er am folgenden Morgen verhaftet oder doch einer strengen Aufsicht unterworfen werden würde, und daß seine Papiere mit Beschlag belegt werben sollten. Die Nachricht war, obwohl übertrieben, doch gegründet; sie rührte von einem Manne her, welcher dem Privat-Kabinet des Kaisers angehörtc und der dem Herzoge von Otranto treu ergeben war. Augenblicklich brachte dieser alle wichtige Papiere in Sicherheit. Am folgenden Morgen erhielt er von Madame Hamelin die Nachricht, Savarp habe dem Kaiser angezcigt, daß er seine geheime Korrespondenz und seine vertraulichen Mittheltungcn aus dem Hotel des Ministeriums entführt habe. Einige Stunden später meldete ihm endlich noch ein Bedienter, daß ein Wagen mit dem Kaiserlichen Wappen in der Schloß-Allee bemerkt worden sep. Fünf Minuten später ließ sich der Fürst von Neuchatel melden; er war allein. (Schluß folgt.) Arabien. Spanien und die Araber. Wenn derjenige, von dem der Artikel „die Araber und ihr Ein fluß auf die Völker des Mittelalters" in Nr. 88 u. 89 d. Bl. her- rührt, durch das günstige, auf tiefe Sachkunde gegründete Urtheil des Herrn v. Grünenthal in Nr. 93 d. Bl. geehrt und erfreut wird, so hält er vor Allem für Pflicht, zu erklären, daß außer der Einleitung die Arbeit auS dem dort genannten Englischen Werke des Murphp frei und mit steter Vergleichung der Quellen übersetzt ist. Dieses treffliche Werk, woran die besten Englischen Orientallsten gearbeitet haben, war die ergiebigste Vorarbeit für die GeschichtSwerke der Deutschen Gelehrten Aschbach, Lembke, Schlosser, Rehm rc., und wir glauben die Billigung der Deutschen Leser zu erhalten, wenn wir eS bald in einer vollständigen, berichtigten und mit Ergänzungen ver sehenen Uebersetzung weiter verbreiten. Es dürste eine solche Ge schichte der Araber in Spanien um so willkommener sepn, als von den genannten Gelehrten nur Lembke die Arader im Originale gelesen, sein Werk aber leider seit 1831 bei den ersten Ommijaden stehen bleibt"), Murphp aber seine ganz aus Quellenstudium hervorgegangenen Nach richten dis zum Untergange der Maurischen Herrschaft führt. Die geistreichen und gelehrten Bemerkungen, die Herr v. G- hinsichtlich des Verdienstes der Araber macht, haben die Leser dieses Blattes zum Theil einem argen Schreibfehler von unserer Seite zu verdanken. Es muß nämlich Nr. 89 S. 353 heißen: „aber dies ist nicht das Einzige." Jeder, der mit der Arabischen Literatur, wenn auch nur durch Uebersetzungen, vertraut ist, wird gern der Behauptung des Herrn v. G. beistimmcn; und wenn man auch leugnen muß, daß der Araber Verdienst um das heroische Epos groß genug sep, um eine Vergleichung mit den klassischen und neueren Dichtungen dieser Gattung aushalten zu können, so wird man doch eingestehen müssen, daß der Roman, die Romanze und jene elegische, erotische, ritterliche Verherrlichung weiblicher Vorzüge im Mittelalter von ihnen ausgegangen. Nicht so unbedingt deistimmen möchten wir der Annahme, daß die Vertreibung der Araber aus Spanien der hauptsächliche oder gar alleinige Grund des Verfalles ihrer Bildung sep. Diese Ver treibung hat nothwendig den Verfall Spaniens herbeiführen müssen °°), aber nicht den der Vertriebenen. Auch die Hugenotten und die Las- karis wurden von der heimatlichen Erde gejagt; aber sie nahmen, zum Schaden der unklugen Verfolger und zur Wohlfahrt der Länder, die ihnen gastliche Aufnahme boten, Kunst, Gewcrbfleiß und Gelehr samkeit mit ins neue Vaterland. Auf der anderen Seite müßte man von den Arabern des Orients, die nicht vertrieben worden, erwar ten, daß sich bei ihnen wenigstens ein geringer Grad ihrer früheren Bildung erhalten habe. Jedoch diese find so wenig die Araber deS Almamun, wie die heutigen Bewohner Griechenlands die Griechen des PcrikleS sind. Wohl war Nord-Afrika unter den Aglabiden und Edrisivcn reich an Kunst, Wissenschaft und Betriebsamkeit; wohl waren Feß und Marokko noch im löten Jahrhundert voll von ehrwürdigen Ueber- restcn Arabischer Kultur; aber die hereinbrechende Despotie der Türken und die ununterbrochenen Kämpfe der Araberstämme dagegen und unter sich selbst mußten Land und Volk verwildern. Durch die Despotie der Philippe ist die Arabische Bildung in Spanien, und durch die Despotie der Mohammedanischen Herrscher ist sie im Mor genlande und Nord-Afrika zerstört worden. Lt. Mannigfaltiges. — Ein Tagesbefehl Bonaparte'S gegen den Liebes- Harm. Ein tapferer Soldat von der ersten Compagnie der Garde- Grenadiere, Namens Jerome Gerdau, hatte sich am l l. Mai 1801, kurz nachdem daS Heer von einem siegreichen Felvzuge zurückgekehrt war, durch einen Flintenschuß den Tod gegeben, weil er bei seiner Rückkehr die Geliebte, die er in der Heimat verlassen, mit einem Anderen verheirathet fand. Es wurde darauf bei der Garde Folgen des bekannt gemacht: Tagesbefehl. St. Cloud, 22. Floreal, Jahr IX der Republik (tz. Mai E). Der Grenadier Gerdau hat sich in Folge eines Liebesverhält nisses den Tod gegeben. Er war im Uebrigen ein gutes Subjekt. Es ist dies das zweite Ereigniß dieser Art, das beim Armee-Corps seit einem Monat sich zugetragcn. Der erste Konsul befiehlt, in den Tagesbefehl der Garde zu setzen: Daß ein Soldat den Schmerz und die Melancholie der Leidenschaften muß zu überwinden wissen; daß eben so viel wahrer Muth darin liegt, ein Seelpnlcidcn mit Aus dauer zu ertragen, als unter dem Feuer einer Batterie ungedührt zu bleiben. Dem Harm sich ohne Widerstand überlassen, sich den Tod geben, um ihm zu entgehen, heißt so viel, als das Schlachtfeld verlassen, ehe man besiegt worden. Gez- Bonaparte. Contrasignirt: Bossi« res. Der Tagesbefehl that seine Wirkung; von dem Tage an kam kein Selbstmord wieder in der Armee vor- . Aus den Zeitungen ist bekannt, daß Lembke in Spanien verweilt und t>w dort mehr den Ereignissen der Zeit bingiebl. Fürs erste ist wohl schwer lich eine Fortsepung von seiner eigenen Hand zu erwarten ") „Und ode liegt Granad' an selbstgeschlageneu Wunden " HerauSgegeben von der Expedition der Mg. Preuß. Staats-Zeitung. Redigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A, W. Hayn.