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388 hunderts hinabgehcn, um einen Europäer in Abpssinien zu finden. Dieser war der Arzt Poncet, den der Konsul von Frankreich schickte, um eine Hautkrankheit des Königs von Eondar zu heilen. Poncet erfüllte den Zweck seiner Mission und reiste mit allen Auszeichnun gen, die dem Retter des Fürsten gebührten, durch das Land. Ein gewisser Lenoir du Roule wollte 1704 sein Glück versuchen, wurde aber in Sennaar, Vor dem Palaste des Königs dieses Landes, mit seinem ganzen Gefolge ermordet. Von Roule bis Bruce ist eine neue Lücke; aber seit dem Letzteren haben viele Reisende nach Abyssi- nien sich gewendet und über dieses Land geschrieben. Dennoch ist es Keinem gelungen, etwas Besseres und Gründlicheres zu liefern, als der berühmte Schottische Wanderer. Das vornehmste Verdienst der Herren Combes und Tamisier besteht darin, daß sie Bruce einige mal kopirt, und ihr größter Fehler darin, daß sie ihn nicht öfter kopirt haben. Bruce drang über Tigre in Abpssinien vor, setzte über den Takaffv, einen Zufluß des Ml, überstieg das Gebirge La- malm.on, wanderte über das Hochland Woggora und erreichte Gon- dar. Der dortige Fürst empfing ibn mit Wohlwollen und versorgte ihn mit Allem, was ihm zu Erforschung des Landes nöthig war. Brgce besuchte den See Tasna, das bedeutendste Stillwaffer in diesen Bergen, und glaubte in der Nachbarschaft des Dorfes Ghisch die Quelle des Nils zu entdecken. Es war in der That die Quelle des sogenannten Blauen Nils (lialw-ei-b^rnk); aber die Quelle des Weißen Nils (ltLÜr-el-Lbjusb), die wichtigste und entfernteste, blieb und bleibt noch zu entdecken übrig. Salt, der nächste nach Bruce, folgte zweimal der Rcise-Rouic seines Vorgängers; aber durch die Gefahren, die Letzterer bestanden hatte, gewarnt, hütete er sich, über Sennaar zurückzukehren und dem Sande der Libyschen Wüste sich anzuvertrauen. Seine Wanderungen gingen nicht über Tigrö hinaus, und sein Buch enthält mehr Kom mentare als Entdeckungen. Aber die Details, welche Salt giebt, sind fein aufgefaßt, und seinen Beobachtungen fehlt cs nicht an Schärfe. An Salt's Reisen knüpfen sich dte von Lord Valentia, Nathanael Pearce und Coffin: die beiden Letzteren ließen sich um 1810 im Lande nieder. Cosfin lebt noch: an eine Abpssinierin ver- hcirathct, wohnt er abwechselnd in Adua, Dewra-Damo und Gon- dar. In den letzten sechs Jahrcn sind die Reisen in diese Afrika nischen Hochländer beinahe ununterbrochen auf einander gefolgt. Viel Neues und Interessantes über Abpssinien verdanken wir besonders dem gelehrten Deutschen Geologen und Mineralogen Rüppell und dem Deutschen Naturforscher Schimper. Am wenigsten bekannt bis auf die neueste Zeit blieben die süd lichen Regionen Abpssiniens. Im Norden von Anhängen des Reiches Gondar, im Süden von den Staaten Central-Afrika's be- gränzt und säst an allen Punkten von einem Gürtel unabhängiger Stämme, den Galla's, Saumali's oder Adcl's, umgeben, ist dieser Theil Abpssiniens dem mächtigen Könige von Schoa unter- than. Weder Bruce noch seine Nachfolger sind bis hierher vorge drungen. Die Herren Combes und Tamisier haben dieses Land zwar betreten, aber nur auf dem über Maffua und die Zwischen- Tafelländer führenden Wege; sie glaubien nicht, einen Zug durch das Land Adel wagen zu dürfen, um einen der südlich von Bab-el-Man- deb liegenden Arabischen Häfen zu erreichen. Man hatte ihnen diese Gegenden als unwegsam und voll dringender Gefahren geschildert. Es blieb zu erkunden übrig, wie viel Wahrheit an der Sache sep; und dieses Problem reizte den Unternehmungsgeist des Herrn Röchet d'Höricourt, der fast in demselben Augenblick, als der junge Dufey diesen Weg einschlug, um Schoa zu verlassen, ein Gleiches that, um nach Schoa zu kommen. Dufcp ist aus seiner Heimkehr in Arabien gestorben und hat nur eilfertig niedergeschricbcne Noten hinterlassen; Herr Röchet d'Höricourt aber hat'ein genaues Tagebuch gehalten, das uns vorliegt und bas er hcrauSgeben will. Diesem noch ungedruckten Dokumente entlehnen wir die folgenden Details. Am 2S. Februar 1839 in Suez angclangt, verweilte Herr Röchet hier nur so lange, bis er ein Arabisches Kaik gefunden hatte, das ihn nach Mocha brachte. Diese Schifffahrt auf Barkcn ohne Verdeck ist etwas gefährlich; aber sie gewährt den Vortheil, daß man die Küstenlandschaft besser schauen und rekognoszircn kann. Auch ist die Ueberfahrt auf diesen Barkcn ungleich wohlfeiler, als auf den Britischen Paketböten; Herr Röchet kam für 29 Talari's (ein Ta lari zu 8 Franken gerechnet) von Suez nach Mocha. Die verschie denen Stapelplätzc des Arabischen Küstenlandes folgten einander bald vor seinen Augen. Er sah El-Torra, ein verödetes,, von Kop ten bewohntes Dörfchen, dessen Hafen aber in der kaufmännischen Bewegung Indiens gegen Europa eine Rolle spielen wird; er be rührte Jamdo, die Station der nach Medina sich begebenden Pilger, und erreichte am iz. April Dschidda, die bedeutendste Stadt am Arabischen Golfe. Der Verkehr scheint hier nicht im Steigen zu sepn; das Einkommen von den Zöllen, welches im Jahre 1831 ungefähr 480,000 Talari's (2,100,000 Franken) betrug, hat im Jahre 1838 nur 200,000 Talari's betragen. Zu Dschidda wechselte Herr Röchet sein Fahrzeug und lief, nachdem er vor Hodeida geankert, in den Hafen von Mocha ein, wo er einen Monat lang verweilen sollte. Diese ganze Linie des Arabischen Küstenlandes ist schon zu bekannt und zu ost beschrieben worden, als daß wir uns länger bei derselben aushaltcn möchten: eilen wir also, Herrn Röchet auf sein wahres Terrain zu folgen. Während seines Aufenthalts in Mocha zog unser Reisender über die Mittel zur Fortsetzung seiner Reise Erkundigungen ein. Unter den Marschrouten nach Schoa -nannte man ihm die über das Land der Adel's als die kürzeste, aber auch als die unsicherste. Arabische Karawanen zogen von Zeit zu Zeit dieses Weges, man erinnerte sich aber keines Europäers, der ihn betreten haben sollte. Diese Be trachtung war so weit entfernt, unseren Reisenden anderes Sinnes zu machen, daß sie ihn vielmehr in seinem Vorhaben befestigte. Er miethete eine Barke und fuhr in drei Tagen über die Meerenge Bab-el-Mandeb zur Afrikanischen Küste hinüber. Der Anblick der Landschaft hatte nichts Ermuthigendes; nie zeigte sich ein öderes Sandgcstade den Blicken. (Fortsetzung folgt.) England. Die Englische Expedition gegen Konstantinopel im Jahre 1807. (Nach Ali so »'s „Geschichte von IZurooq -c-") Seit vielen Jahren war man gewohnt, die Englische Seemacht höher als alle andere Seemächte zu stellen. Eine Seeschlacht von ihnen geliefert, hieß so viel, als: sie haben einen Seesieg erfochten. Während der ganzen Französischen Revolution, vor und während Napoleon's Herrschaft, suchten die Franzosen nur selten mit dem furchtbaren feindlichen Meer-Ungeheuer zusammenzutreffen, und ihm entkommen zu sepn, galt ihnen für cm Glück, für einen Sieg. Mochte der Französische Admiral noch so geschickt, mochten seine Seeleute noch so tapfer sepn, geschlagen mußten sic werden. Wie im ersten Jtaliänischen Feldzug Bonaparte's die Franzosen gegen die Oesterreicher, so waren im ganzen Laufe des Revolutionskrieges die Engländer gegen die Franzosen gestellt. Die Engländer betrach teten ihre Unternehmungen als eine mühevolle Arbeit, den Feind zu jagen, zu schlagen, zu vernichten, als eine Waidmanns-Arbeit, bei welcher, wie bei jeder Jagd, einzelne Gefahren und Unglückssälle vorkommen, aber wo das Thier, es mag Hase oder Löwe heißen, erlegt wird. Die goldene Kette der Englischen Siege") ward nur einmal durch das Jahr 1807 zerrissen. Drei Erpeditionen liefen in diesem Jahre schmachvoll für die Britischen Waffen ab; cs war der Zug nach Buenos-Apres, der nach Alerandrien und der nach den Dar danellen. Am La Plata-Strome wurden sie von den verachteten Spaniern geschlagen, am Nil von Mehmed Ali und im Marmora- Meere durch die Geschicklichkeit eines Französischen Gesandten. Die Zeiten haben sich geändert! Derjenige Mehmed Ali, welcher am Morgen seiner Herrschaft eine Land- und Seemacht Britaniens be siegte und Tausende von tapferen Kriegern zu Gefangenen machte, muß jetzt, auf dem Gipfel seiner Macht, vor einigen feindlichen Schiffen die Segel streichen; und in derjenigen Stadt, wo man vor 33 Jahren den Leoparden verhöhnte und verjagte, weiß man nicht anders, als daß die Sultanin von England die mächtigste Dame im Serai ist. Unter den genannten drei Erpeditionen hat keine vielleicht für den Beobachter der Weltbünde! mehr Interesse, als diejenige, welche im ersten Monat des Jahres 1807 das Aegäische Meer zum Schau platz hatte. Sie zeigt, wie Muth und Entschlossenheit oft an der Unvorsichtigkeit eines Augenblickes scheitern, wie auf der anderen Seite der Verstand und die geschickt angewcndete Kraft eines Ein zelnen den Lauf der Begebenheiten hemmen und ihm eine rückgängige Richtung geben können. Die Beschränktheit des Englischen Admirals Duckworth und die Geschicklichkeit Sebastiani's haben viel dazu beigetragen, der damaligen Welt ein Gepräge aufzukrücken, das sie sechs Jahre lang auf unnatürliche Weise trug. Wir lassen jetzt über jene Epifode des Jahres 1807, die zwar in diesen Blättern schon der Gegenstand mehrfacher Darstellungen, jedoch niemals so vom eigentlich historischen Standpunkt aufgefaßt war, den Geschichtschreiber Alison selbst sprechen- Nachdem er auseinandcrgesetzt, wie Rußland, den furchtbaren Feind vor seiner Thür sehend, England zu einer Diversion in den Dardanellen auffordcrtc, wo die Türken so eben in Allianz mit Frank reich den Krieg gegen Rußland begannen, fährt er fort: „Rußland wendete sich zu diesem Ende an die Britische Re gierung, und diese fand sich geneigt, zu zeigen, daß sie gern mit ihren Waffen die allgemeine Sache unterstütze. Es wurden sonach Befehle an Sir John Duckworth gegeben, durch die Dardanellen zu brechen und die Ottomanischc Hauptstadt mit einem Bombardement zu bedrohen, wenn man nicht von der Französischen Allianz abgehe. Der Hellespont, welcher seit den Tagen Homer's und seit dem Trojanischen Kriege bis jetzt der Schauplatz der wichtigsten Ereig nisse, welche das Schicksal Europa's und Asiens betrafen, gewesen war, wird durch die schmale Enge gebildet, durch welche die Wogen des Schwarzen Meeres vermittelst des Marmora-MeercS sich in das Mittelmeer ergießen. Seine Breite variirt zwischen 2 und 3 Engl. Meilen; doch seine Länge hat beinahe 30 Engl. Meilen, und die vielen Landspitzen, welche sich j„ seinen Strom erstrecken, sind zur Aufstellung von Batterieen sehr günstig. Seine Mr sind zwar weniger abschüssig und weniger schön als die des Bosporus, doch erregen beide in der Geschichte das höchste Interesse. Niemand kann durch diese beiden Meerengen fahren, ohne sich im Geiste die Thatrn des Ajar und Achilles, deren Gräber noch an dem Eingänge des Hellcsponts stehen, die Liebe Hero's und Leanvcr's, die merkwürdigen Kämpfe, deren Schauplatz er während des Byzantinischen Reiches war, das glühende Gemälde des Lateinischen Kreuzzuges, das Gibbon entworfen hat, vorzustellen und sich an die rührenden Verse zu er innern, die Byron an seinen klassischen Ufern gesungen hat. Die Befeßigungswerke diefer wichtigen Meerenge, die man mit Recht das eigentliche Thor von Konstantinopel nennt, waren gänzlich verfallen. Die Schlösser auf der Europäischen und Asiatischen Seite ') Wir glauben, daß dieser Ausdruck nicht unvastend ist, denn Gold war allerdings bei den Siegen der Engländer öfters nöthig.