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Wöchentlich erscheinen drei Nummeri,. PrSnumerationS- Preis 22i Sgr. (j Thtr.) viertetiZhriich, 3 Thtr. sür daS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumerirt aus dieses Literatur-Diatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. StaatS-Zeitung (FriedrichSsir. Nr. 72); in der Pronin, so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Posi-Actmern. Literatur des Auslandes. 84. Berlin, Mittwoch den 14. Juli 1841. England. Die Eisenbahn von London nach Manchester. Die Araber sagten zu Muhammed'S Zeit: „Welches ist der beste Platz auf dieser Wells — Der Sattel eines schnellen Pferdes." Sie ließen es sich damals nicht einfallen, daß man mit etwas Master und Feuer einen unbedeutenden, kaum merklichen Dampf hervorbringen und dadurch ein Mittel finden würde, die Schnelligkeit des Rostes bei Hiob"), welches den Naum verschlingt, zu übertreffen und den ganzen Tag über mit so außerordentlicher Schnelligkeit forlzueilen, daß fie kein Pferd auch nur eine Viertelstunde auShälten würde; sie dachten nicht daran, daß der Mensch, Thaler auSfüllend und Berge durchbrechend, sich auf der Erde eine gerade Straße, wie die des Vogels in der Lust, bahnen und daß er eben so schnell wie der wandernde Vogel auf einem einzigen Wagenzuge die Bewohner einer Ortschaft mit ihren Heerden, Möbeln, Vorräthen, kurz das ganze Reich eines Patriarchen von einem Orte nach einem anderen ver setzen würde. Wer weiß, was späterhin menschliche Wissenschaft und Industrie leisten werden, da sie bis zu diesem Wege der Entdeckungen getrieben sind und jetzt durch die ganze Macht des gegenseitigen Ver kehrs unterstützt werden? Die Eisenbahn von London nach Manchester, über Birmingham, mit Nebenbahnen über Liverpool von der einen und über LcedS von der anderen Seite und unterbrochen fortgehend bis Lancaster, ent hält zwischen ihren beiden äußersten Punkten eine Strecke von we nigstens 2S0 Englischen Meilen (VS Meilen auf einen Grad gerechnet) und bringt die wichtigsten Handelsstädte Englands mit einander in Verbindung. Dieses ist unstreitig eines der größten, schönsten und nützlichsten Werke, dessen der Mensch sich rühmen kann. ES scheint auch, als ob die Gründer desselben, in gerechtem Stolze auf ein solches Werk, sein Andenken für die kommenden Jahrhunderte durch ein unverwüstliches Denkmal haben erhalten wollen. Das Eingangs- Thor am Abfahrtsplatze in London ist eine Art Triumphbogen, in Aegyptischem Geschmack, obschon zum Theil von Ionischen Säulen getragen, aber in so kolossalen Verhältnissen und mit so ungeheuren Granitblöckcn erbaut, daß seine imposante Festigkeit allen Stürmen und Unfällen eben sowohl, als der langsamen und unwiderstehlichen Zerstörung der Zeit, zu trotzen scheint. Ich brauche nicht zu sagen, daß die Gebäude am Abfahrtsplatze auf überraschende Weise ihrer Bestimmung-entsprechen, und daß die Bedienung in allen ihren Zweigen mit so viel Ordnung und Schnellig keit geschieht, als man nur irgend sich denken kann. In der zweck mäßigen Benutzung der Zeit, des Raumes und der Kraft haben unsere überseeischen Stammverwandten eine Erfahrung und Gewandt heit, welche sie selten trügt. Die Beamten und Diener sind übrigens einer strengen, unbeugsamen Zucht unterworfen, welche, wie man mir sagte, wie bei der Armee, selbst bis zu körperlicher Züchtigung geht. Aber eine Einrichtung, weiche man der Verwaltung Vieser Bahn nicht genug Dank wissen kann, ist, daß sie die ganze Bedie nung frei gegeben hat. Jedweder Beamte, selbst ein Packknecht, würde den Augenblick verabschiedet werden, wenn er von den Rei senden auch nur das kleinste Trinkgeld annähme. Diese Ordnung sticht wunderbar ab gegen den in ganz England üblichen Gebrauch, zumal bei den öffentlichen Fuhrwerken, wo die kleinste einem Rei senden erwiesene Gefälligkeit, selbst wenn er sie nicht fordert oder sogar ablehnt, tarirt und so gebieterisch wie baS gesetzmäßigste Recht gefordert wird. Das ist ein 'Vorthcil, welchen die Eisenbahn zu der Geldersparniß, hinsichts der Plätze, und zu der größeren und kost bareren Zeitersparniß noch obenein gewährt. Zu der ehedem so langen und jetzt so kurzen Reise nach Man chester wählte ich vorzugsweise den Wagenzug der Briespost (ebe mml), welche auf den kleinen Mittelstationen nicht anhält und so wenigstens um eine Stunde gegen die anderen Züge im Vorthcil ist. Sic geht von London um w Uhr Morgens ab, um Abends 7 Uhr in Manchester anzulangcn, so daß^ wenn man ruhig zu Hause ge frühstückt hat, man einige achtzig Stunden weit vom Hause entfernt zu Mittag speist. Das Thermometer ist um drei Grav gefallen, um so viel weiter ist man nördlich, und die Uhr, welche man, Morgens genau gestellt, mitbringt, geht Abends eine Viertelstunde vor, um so ) D»e Stelle, auf welche hier angesvlelt ist, sindet sich Hieb zg, r4 und beißt eigentlich, es schlürft den Boden, für: eS raffel ihn lm fchnellücn Lau»e mit sich fort viel ist 'man mehr nach Westen gerückt. Obgleich diese Dricfpost nur bei den großen Vcrbindungspunkten anhält, so wird die Postbesor gung doch nichtsdestoweniger an allen Durchgangs-Orten vollzogen, und zwar ohne anzuhalten oder langsamer zu fahren. Einer der Wagen ist zum Bürcau eingerichtet, mit Tischen, Stühlen und selbst Betten für die Rückfahrt, welche in der Nacht stattfindet. Die Beamten besorgen ihre Geschäfte ganz eigentlich im Fluge. In einem kleinen Behälter von Blech werfen sie das Paket, welches sie in dem auf ihrem Wege liegenden Post-Bürcau lassen wollen und welches ein Beamter aus diesem Orte erwartet, auf die Straße, während sie mit einem Netz, das sie wie auf einem Flusse mit sich führen, das Paket, welches für sic bestimmt ist, auffischen und zu sich ziehen. Der Postdienst geschieht auf diese Weise von der Abfahrt bis zur Ankunft, so daß alle Zwischenpunkte bedient werden, ohne der Schnelligkeit der Verbindung zwischen den äußersten Punkten zu schaden; und diese Schnelligkeit ist so groß, daß ein nach Man chester geschriebener Brief in vierunvzwanzig Stunden seine Antwort erhält. Die Abfahrt von London geschieht nicht auf die gewöhnliche Weise. Schwierigkeiten des Bodens oder vielleicht Beweggründe der Sicherheit haben eine Entfernung der Lokomotiven bis auf zwei Meilen von dem Einsteigcplatze veranlaßt. Man durchläuft diesen Zwischenraum wie durch ein magisches Mittel. Die Wagen gehen von selbst und laufen auf den Schienen, ohne daß man weiß, was sie treibt. Alles das ist jedoch nur natürliche Zauberei, und hier ist die Erklärung des Wunders. Der Wagenzug steigt auf eine schräge Ebene und wird von einem starken Tau gezogen, welches eine feste Maschine auf der Höhe dieser schrägen Ebene über eine lange Reihe von Walzen auf ebener Erde Hinrollen läßt. Dies ist ein sehr einfaches, geistreiches und glücklich angewandte» Verfahren. Noch, besser hat man es auf der Bahn von Blackwall gemacht. Da ist keine schräge Ebene, und die zu durchlaufende Strecke ist gegen fünf Meilen. Eine ungeheure feste Maschine von vierhundert Pferde Kraft, welche am Anfänge der Eisenbahn (rail-rva>) steht und ebenfalls ein Tau über Walzen rollt, schnellt den Wagenzug bis an das äußerste Ende der Bahn fort. Der Vortheil dieses Verfahrens besteht nicht allein in ver Ersparung der Lokomotiven und der Entfernung der Unglücksfälle, welche sie veranlassen können, sondern auch in der Leichtigkeit der Schienen und der ganzen Construction der Bahn, welche nicht so fest zu seyn braucht, weil sie nicht das beträchtliche Gewicht der bewegenden Maschinen zu tragen hat. Was die Kunst verständigen bei der Bahn von Blackwall am meisten bewundern, ist ein galvanischer, durch eine unterirdische Leitung agirendcr Tele graph, mittelst dessen man in demselben Moment von einem Ende der Linie bis zum anderen die Befehle zur Abfahrt, die Nach richt der Ankunft und alle Mittheilungen, welche den Dienst angchen, hinübersenbet. Man macht jetzt Versuche, das Verfahren von Black- wall auf einer größeren Strecke anzuwendcn, das heißt, die Con struction eincr Eisenbahn viel weniger kostbar zu machen und der Leitung derselben eine vollkommenere Regelmäßigkeit und Sicherheit zu geben. Zurückgekehrt von dieser kleinen Erkursion in Gedanken, finden wir uns an die Lokomotive befestigt, dann durch den Raum gerissen und dreißig Engl. Meilen in der Stunde durchfliegen. Das ist die Schnelligkeit eine» Pferdes, welches im Wettrennen den Preis ge winnt. Gemächlich auf einem breiten und weichen Lehnstuhl fitzend, ohne Rütteln, ohne Stoßen, ohne Schwanken und Wanken, sieht man sich dahinrollen, in dem Rahmen der Wagenthür ein bewegte» Panorama, dessen Ansichten sich mit jeder Sekunde verändern und unaufhörlich erneuern. Man sieht nach einander vorübcrflicgcn Städte, Berge, Schlösser, Dörfer, Meiereien, welche auf den Seiten der Hügel, in den Tiefen der Thäler, in der Abwechselung eines unübersehbaren Landes zerstreut liegen. Ich hatte zu meiner Reise einen jener Tage, an welchen Sonnenschein mit Regen wechselt und welche daher die Gegenstände in ihrer vortheilhaftcstcn Beleuchtung erscheinen lassen; so hatte ich denn in einer Ausdehnung, welche fast die Breite von ganz England ausmacht, Gelegenheit, zu sehen, was diese» so gerühmte Land ist. Man sieht dort weit mehr Wiesen als Ackerland; und das an» einem sehr einfachen Grunde: in einem Lande, wo Fleisch die ge wöhnliche Nahrung ist, viel mehr als Brod, selbst für den ärmeren Theil der Bevölkerung, muß man auch weit mehr Vieh füttern als Getraide säen; dcr Boden und da» Klima scheinen außerdem beide