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einen Menschen, der sich dem Teufel ergeben, nicht tückisch genug sand), ihn von hinten kopfüber in die Tiefe, so daß er unter rem Mühlrade durchging und athemlos, mit zerschmetterten Gliedern und zum Tode verwunvet, auf der anderen Seite der Mühle herauskam. Hier fand man ibn auf dem Grase auSgestreckt, die Gelenke zerbrochen, regungslos und im Begriff, seinen Geist aufzugcbcn. Dennoch brachte er noch sechs Monate auf dem Krankenbette zu, bis er den tiefen Verletzungen, die seine Brust und sein Rückgrat durch das Mühlrad erlitten batten, unterlag. Ich hab' es dir wohl vorhergesagt, mein armer Mann, sagte seine Frau an seinem Todbctte, daß Georges« dich einst verderben werde. Es giebt keinen Eeorgeon! rief der Sterbende; ich weiß so wenig, wie mir dies Unglück zugcstoßcn ist, als ich von allem Uebri- gen weiß, dessen man mich beschuldigt. Das tragische Ende Mounp's ist nie hinreichend erklärt worden. Nicht Ungeschicklichkeit, sondern nur die Absicht des Selbstmordes könnte als Grund dieses Sturzes angesehen werden. Ein einziger Blick auf Mounp's Mühle würde Sie überzeugen, daß cs bei der größten Ungeschicklichkeit unmöglich ist, so ins Rad zu gcralten, und daß man, wenn man sich nicht mit Gewalt hincinstürzt, sich auch bei dem mächtigsten Zudrange des Wassers leicht an den Brückcnpsählen sesthalicn kann. Alles würde erklärlich sepn, wenn Mounp betrunken gewesen wäre, doch er betrank sich nie. Hatte er keinen Feind, keinen Erben, keinen Nebenbuhler? fragte mein Begleiter voll Menschenfreundlichkeit, um mich aus diesen Zweifeln zu reißen. Wohl hatte er deren mehr als einen. Johanna Mounp war schön wie ein Engel und körperlich so zart gebaut, wie ihr Mann. Sie war klein, schlank, weiß wie eine Narzisse ihrer Wiese. Da sie stets unter dem hohen Bäumen lebte, die das Thal üppig grünend umschatteten, so hatte sie Nacken und Arme vor dem Sonnenbrände bewahrt; und wenn sic dcs Sonntags ihr weißes Kleid anzog und ihre geblümte Schürze umband, so schien sie vielmehr ein Landmäd chen aus der Oper zu scpn, als eine Müllerin von Berrp. Dazu war ihre Stimme zart, und in ihrem Wesen zeigte sich eine gewisse Grazie. Man hätte glauben sollen, diese Achnlichkeit des Körper baus würde die beiden Gatte» nur inniger an einander schließen; doch leider muß ich berichten, raß Madame Mounp einen ungeschlach ten, schwarzen, heiseren und krausköpfigen Müllerknecht ihrem Mann verzog, gegen welchen dieser jedoch nie die geringste Eifersucht zeigte. Auch dies war eine cigcnthümlichc Seite des Charakters unseres Freundes. Er hatte kein dumpfes Vorurthcil iu Betreff der ehr lichen Ehe. Er glaubte sich nicht verpflichtet oder berechtigt, seine Frau zu hassen, zu beleidigen, zu schlagen, zu morden, weil sie ihm untreu war. Er sprach oft über dies Vcrhältniß zu uns. Jobanna ist weit jünger als ich, sagte er, sie ist schönend ich habe sie stets vernachlässigt. Scheltet mich nicht darum. Ich liebe sie von ganzem Herzen, doch mehr lieb' ich die Jagd. Die Jagt, seht ihr, meine Kinder, wer sich der crgicbt, der kann sich keiner anderen Lust mehr ergebe». Wenn ihr verliebt, wenn ihr eifersüchtig sepd, schenkt mir eure Flinten und eure Hunde, ihr werdet die schlechtesten Schützen von der Wistt sepn. — Sonach ist nicht anzuncbmen, daß er durch einen Nebenbuhler getödtet worden. Auch ist dies Niemand in den Sinn ge kommen. Johanna konnte durch den Tod ihres Mannes nur verlieren. Was ist demnach Ihre Meinung in Betreff dieses Todes? Ich glaube, Mounp war somnambül, oder er litt an einer an deren ähnlichen krankhaften Erreglichkcit, und er wurde plötzlich von einem Ausbruch derselben überrascht, als er die Schaufel seiner Mühle hob. In jedem Falle war sein Ende gehcimnißvoll, wie sein Leben, und es giebt noch jetzt nicht einen unserer Bauern, der seinen Tov nicht einem Kampfe mit dem heimtückischen Geiste, dem Teufel der Jagd, dem viclgesürchteten Georgeon der Gegend, zuschricde. Ich sagte Ihnen, daß unser Landvolk seine Mährchcn hat, wie jedes andere, und daß die Deutschen kein Monopol darauf haben. Ich könnte Ihnen noch erschrecklichere Geschichten erzählen, doch es ist zu spät für diese Nacht. Guten Abend. George Sand. Ostindien. Die Bewohner der Nikobaren-Inseln, von Rosen. (Schluß.) Im Ackerbau haben die Nikobaren fast eben so wenig Fortschritte gemacht, wie in den Kunstfertigkeiten. Kornbau ist unter ihnen nicht sehr bekannt. Sie nähren sich vornehmlich von ihren Kokusbäumcn und der Frucht des Caldera-BaumcS, die beide zu den ursprünglichen Produkten der Insel gehören. Außerdem bauen sie JamS, Bananen und Zuckerrohr, doch haben sie keine regelmäßige Pflanzungen; wo sie einen vortheilbasten Platz finden, wenn auch mitten in einem Walte und noch so weit von ihren Häusern, da setzen sie so viele Pflanzen, als sie glauben, daß der Bedarf ihrer Familie erfordert. Spaten haben sic nicht; das dünne Ende ihres Hiebmcffers oder ein spitzes Holz erstattet ihnen diesen Mangel. — Während unseres Aufenthaltes auf den Inseln wurden jedoch einige Einwohner auf unseren Reis bau aufmerksam und begehrten Saatkörner von uns, die sie nebst Samen von verschiedenen Indischen Küchengcwächscn erhielten. Künste darf man nicht erwarten, bei den Nikobaren zu finden. Das Einzige, was man hierher rechnen könnte, ist eine Art Flötcn- spiel, welches Einige unter ihnen lernen. Die Flöte besteht aus einem Gliebe eines dünnen Bambusrohres, in dem S bis N Löcher angebracht sind; vicseS halten sie auf dieselbe Weise unter die Lippen, wie man aut einer Europäischen Flöte bläst, und bringen nicht unangenehme Töne hervor, die aber eigentlich nichts Anderes sind als eine Art wildes Zwitschern und kaum den Namen Musik verdienen. ES kamen überhaupt nur 2 Flötenspieler an den Hafen. Dies waren beides junge Menschen uns sie konnten mit Recht unter die schönsten Nikoba ren gerechnet werden, welche Meinung sie auch selbst von sich zu haben schienen. Wenn sie sich bei unS einfandcn, waren sie immer sehr sorgfältig gemalt und gewöhnlich mit Laubkränzen geschmückt, ob schon sie keine Kleiber hatten. Kaum sahen sie uns heraustrctcn, so setzten sie sich in Positur und begannen zu spielen, nicht um eine Gabe zu erhalten, sondern — wie es schien — um uns zu überraschen und zu unterhalten; denn da sie nie Einen von uns sich mit Musik hatten befassen sehen, glaubten sie ohne Zweifel, ihre Leistungen müßten uns etwas NeucS unv Ungewöhnliches sepn, und man sah deutlich, daß sie unter dem Spiel von Zeit zu Zeit zu den Zuhörern schielten, gleichsam um ihnen ihre Bewunberung abzulauern. Einzelne Industriezweige werden von den Nikobaren betrieben, aber nur in sehr eingeschränktem Grade. Sie Haben sich etwas auf die Schmiedckunst gelegt, so daß sie im Stande sind, ihre eigenen Spccre zu verfertigen, so wie die Eisen, mit denen sie Fische stechen, unv die unseren Äalhakcn gleichen. Ihre Messer zum Hauen sind uugefäht eine Elle lang und gewöhnlich ohne Griff; ihre Aerte glei chest unscrcn Zunmcrärtcn. Auf der Jnscl Chowri verfertigen die Einwohner eine Art grobe Thongeräthe, die einen allgemeinen Handels-Artikel auf den Inseln ausmachcn. Einige von diesen Ge schirren sind von bedeutender Größe, so daß das Viertel eines aus gewachsenen Schweines gut in ihnen gekocht werden kann; übrigens sind sie schlecht gebrannt und nie glasirt. Kleine und große Geschirre haben dieselbe Figur, sie gleichen einer durchgeschnittcncn Kokusschale. Alle Nikobaren verstehen Körbe zu flechten, wozu sie den auswendigen Theil von Ratang oder Spanischem Rohr gebrauchen. Diese Körbe sind einfach, aber stark und zu ihren häuslichen Ver richtungen sehr paffend; sowohl die größeren als die kleineren werden wie ein offener ausgespcrrtcr Sack geformt, und sie haben keinen Deckel. Man braucht sie vornehmlich, um Hühner darin zu tragen; dann zieht man eine dünne Zweigwictc durch bas Flechlwerk an dem offenen Theil und schnürt ihn so zusammen. Auf ihre Schwcintröqe verwenden die Nikobaren einen Fleiß, der von der Wichtigkeit der Thiere zeugt, für die diese Gefäße bestimmt sind. Sie gleichen ungefähr den Trögen, welche die Finnlappen nach Kopenhagen bringen, aber sic sind etwas tiefer, von schönem Holz ansgehauen, inwenvig um den obersten Rand mit Schnitzwcrk verziert, und von jedem Ende geht ein runver von vemsclbcn Stück Holz ausgeschnittener Zapfen auS, bcr zum Henkel dient. Der Bau der Kanoes ist die allgemeine Beschäftigung aller Einwohner, und wenn inan die eigenthümliche Einrichtung dieser Böte betrachtet, muß man gestehen, daß dazu ein nicht geringer Grad von Geschicklichkeit erfordert wirb. Religionsbegrisfc und Sprache. Die Nikobaren scheinen nicht den mindesten Begriff von einem höchsten Wesen zu haben, auch findet man keine Götzenbilder unter ihnen. Ihre ganze Ahnung von einer unsichtbaren Well besteht im Glauben an das Dasepn böser und guter Geister, Evi, denen sie das Gute und Schlimme zuschrei- den, was sie trifft. Sie denken sich dieselben meistens unter mensch- licher Gestalt. So soll z. B. im Monde ein altes Weib mit einem natürlichen und einem Elcphantcubein stehen; sie ist es, welche ihnen die abscheuliche Krankheit Elephantiasis zusührt. Uebrigens ist Alles von diesen Evi erfüllt. Der einzige Götzendienst, den sie ihnen barbringen, geschieht, um Unglück abzuwcnbeu. Dann schlachten sie gewöhnlich ein Schwein und richten eine Mahlzeit an, wozu Freunde und Nachbarn geladen werdcn. Einige wenige Ceremonien werden bei solchen Gelegenheiten vorgenommcn, unter anderen auch, daß mau aus Baumstämmen eine Art Fahrzeug von der Größe eines mittelmäßigen Kanoes macht, welches man mit Masten, Segeln u. s. w. versieht; man führt es nachher im Aufzuge auf die See hinaus und läßt es von den; Winde oder der Strömung treiben. Sie haben auch keinen Begriff von der Unsterblichkeit der Seele und von deren Zustand nach dem Tode. Sie glauben bloß, daß die Seele des Tobten sich Z Monate in der Nähe des Hauses aufhält, in welchem ber Mensch wohnte; nach dieser Zeit geht sie nach weit fortliegenben Orten und kchrt nie mehr zurück. Ihre Priester (Manuöna) stchcn ihren Festen vor und verrich ten die Ceremonien. Sie bedienen sich auch ihrer bei Krankheiten, da sie sich für Aerztc ausgebcn. Als ein Zeichen ihrer Würde tra gen dieselben gewöhnlich ein oder mehrere Schnüre Perlen, von einer schwarzen Holzart verfertigt, um den Hals. Ihre Priestcrwürde geht meistens vom Later auf den Sohn durch Erbschaft über; dock kann jeder diese Würbe erreichen, wcnn ein Priester cs übernehmen will, ihn zu erziehen. So viel ich habe erfahren können, besteht diese Erziehung in Folgendem: Der Cleve zieht zum Lehrer hin, wo er zuerst seinen Körper, nicht durch Fasten, Enthaltsamkeit und dcrgl., sondern durch eine feinere Lebensart, als die er gewöhnt war, vor- dcreiten muß; hierzu gehört, daß er nicht Fleisch und Fische essen darf, die als geringere Kost betrachtet werden, und er sich vorzüglich von Hühnerfleisch ernähren muß. Nach Verlauf einiger Zeit, wenn ber Eleve auf die erste Probe'gestellt werben soll, malt der Lchrcr eine Menge grotcske Figuren von Thicrcn, Bögeln unb Fischen auf gewisse Blätter, besonbcrS aus das ledcrartige Produkt desNibong- BaumeS. Der Eleve erhält nun Befehl, sich allein in der Hütte aufzuhaltcn, wo der Fußboden an der Stelle seines LagcrS mit meh reren Löchern durchbohrt wird. Der Lehrer hält ihm diese Thiere beständig vor Augen, steckt sie ihm zuletzt unter den Kopf, wenn er sich schlafen legt, und verläßt ihn mit dem Befehl,'daß, so ost er in der Nacht erwacht, er durch die im Boden angebrachten Löcher gucken soll, wo er grause Gestalten von Menschen und Thieren sich bewegen sehen würde. Erklärt er am Morgen, nichts gesehen zu haben, so werden neue Figurcn gemalt und die erwähnten Eercruo-