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27Ü willen Handschellen; seinen Hals drückt ein eisernes Geschmeide, und den Kopf überragt eine Gerte mit einem Glöckchen, damit seine An wesenheit immer leicht zu ermitteln sey. Bei dem geringsten Verge hen wird ein Neger seines Weihes beraubt, und man zwingt ihn, der Zuchtmeister feiner Kameraden zu werden. Die Negerin ist be ständigen Demüthigungen und Unbilden aller Art ausgesetzt; man schont wever ihrer Schamhaftigkeit, noch der Schwäche ihres Ge schlechtes. Wird sie nach einer schweren Niederkunft Mutter, so muß sie schnell wieder genesen; Venn der Pflanzer kann nicht lange warten. Nach wenigen Tagen arbeitet sie wieder, und wehe ihr, wenn sie aus Er schöpfung oder mütterlicher Sorgfalt etwas lässiger wird! Die Peitsche des Treibers saust und läßt eine tiefe Spur auf ihren Schultern. Wenn ein vagabundirendcr Neger entdeckt wird und zu entflie hen sucht, so schießt man ihm eine Kugel nach, die ihn verwundet oder tödtet. Selbst Hunde sind zu dieser furchtbaren Jagd abgerichtct, und ihre Wildheit ist so groß, daß sie den Flüchtling oft erwürgen. Sobald man einen entlaufenen Neger gefangen hat, gönnt man ihm, sey er auch todesmüde oder mit Wunden bedeckt, keinen Augenblick Ruhe. Er wird an einer Kette, die an seinem Halse befestigt ist, sofort nach der Wohnung seines Herrn geschleppt." Solche Scenen wiederholen sich Tag für Tag, selbst in den volk reichsten Städten eines Landes, das so stolz ist auf seine Freiheit, seine Intelligenz uns seine Philanthropie. Doch wir müssen noch einige Thatsachen anführcn, uni das Gemälde zu vollenden. „Ein Pflanzer, Namens Neilly, der mehrere seiner Kleidungs stücke plötzlich vermißte, klagte einen Sklaven einer benachbarten Pflanzung als den Dieb an. Ein paar Tage später begegneten Neilly und sein Bruder diesem Neger; sogleich schickten die beiden Pflanzer sich an, dem verdächtigen Sklaven ohne alle rechtliche Form eine derbe Züchtigung aufzulegcn; dieser aber kam ihnen zuvor, zog sein Messer und stieß es Herrn Neilly in die Brust, der eine Stunde später den Geist aufgab. Der Neger wurde sogleich vor einen Friedensrichter geführt, der, da er sich von ungefähr sechzig Personen umgeben sah, diese Leute zu einer Art von Jury bildete und als Präsident des wunderlichen Tribunals über die Art der Bestrafung des Schuldigen abstimmcn ließ. Man entschied, daß er lebendig ver brannt werden sollte. Zu diesem Zwecke wurde er an einen Baum gebunden und eine große Menge Tannzapfen um ihn her aufge- schüttct, die man in Brand steckte. Vergebens erhoben einige Indi viduen zu Gunsten des Unglücklichen ihre Stimme; er mußte zu Asche verbrennen. Eine noch schauderhaftere Erecution erzählt der „Alton Tele graph" von Illinois. Ein unglücklicher entlaufener Neger, Namens Mackintosh, wurde von einem die Runde machenden Offizier ver haftet, wehrte sich aber verzweifelt und schlug den Offizier todt. Sogleich ergriff die Menge den Flüchtling und verbrannte ihn (am 28. April I8»6) mitten in der Stadt Saint-Louis (in Missouri). Eine Todesstille — sagt der Erzähler — herrschte unter der Menge, während die Nachrichter den Holzstoß um das Opfer aufschüttcten. Der Neger sprach anfänglich nichts; als aber die Flamme um ihn her auflvdcrte, stöhnte er kläglich und versuchte, zu singen und zu beten; dann senkte er den Kopf auf die Brust und betete schweigend. Man glaubte ihn todt; sein Auge war erstarrt, und seine Lippen waren verkalkt. Von Mitleid ergriffen, wollte ein Zuschauer durch einen Büchsenschuß seine Qualen enden. — Was soll das? riefen Andere; er lebt ja nicht mehr! — „Ja, ja, ich noch leben", rief so gleich der arme Neger; „ich nicht todt, ich leiden entsetzlich — todt schießen, ach bitte todt schießen!" Aber eine Stimme erhob sich und sprach in gebietendem Tone: „Nein, hier darf nicht geschossen wer den! Besser wäre eS, man mäßigte das Feuer, damit Vie Qual des Kerls sich verlängerte!" Das Ungeheuer, das solches sprach, soll eine Gerichtsperson gewesen seyn. Der Sklave erhob jetzt ein gellen des Jammergeschrei; aber seine Henker waren unempfindlich: erstarb nach fünfzehn Minuten; die Glieder lösten sich einzeln von seinem Körper und fielen eines um das andere in die Gluth." Die Annalen der südlichen Staaten der Union wimmeln von Gräueln und Schandthaten dieser Art. Gegen Ende des Jahres I8Z7 verbreitete sich das Gerücht von einer Empörung, die am Rothen Flusse (in Lousiana) ausbrechen sollte; man ergriff sogleich neun Sklaven und drei freie farbige Leute und hing sie ohne irgend eine vorgängige Prozeßform an den Galgen. Ein paar Monate vorher wurde ein Sklave in Arkansas auf gleiche Weise ergriffen und lebendig getödtet. (Schluß folgt.) Schweden. Hammerich's Volksbilder aus dem nördlichen Schweden. (Fortsetzung.) Eine Jagdpartie und Scenen auf der Bärenjagd. Meine zweite Tour war eine Jagdtour. In Begleitung eines der Prediger, des Bruch-Inspektors und eines Studenten ging ich eines Abends mit der Büchse auf dem Rücken in den wilden Wald hinaus. Malerisch stand per Hohlkirschenstrauch mit seinen weißen Blüthen an Dalarne's ruhigem See. „Sehen Sie die Schwäne da draußen?" rief der Prediger, „aber die meisten sind schon fort, sie sind nur im Wmtcr hier; gegen den Sommer ziehen sie nach den großen, unzugänglichen, quellenreichen und umbuschten Moosen in Finnmark und brüten dort ihre Eier an der Gluth der Mitternachts sonne aus." Unterdeß waren wir zu einem Bauer gekommen, bei dem wir die Nacht zubringen wollten, um zeitig am Morgen mitten in den Wälvern zu seyn. Er bot uns freundlich sein „Gottes Friede" zum Willkommen, beklagte aber nur, daß er für solche Herren nicht ge hörig Raum hätte. „Ei was", sagte der Bruch-Inspektor, „leg' mir ein Kiffen hier auf die Bank und stecke die jungen Herren in das Kuhhaus, so denke ich, wir werden schon Platz haben." — „Ja, wenn die Herren eS nehmen wollen, wie es einmal^ ist, so sollen sie mir willkommen seyn, aber Sie sehen, daß die Stube, in der ich hier stehe, Alles ist, was ich besitze!" Er beeilte sich nun, unser Nacht lager zurecht zu machen. Die Stube, in der wir uns befanden, war wirklich seine einzige, da sie das ganze Haus einnahm; das schräge Dach war ihre Decke, der Ofen und Schornstein eins, so daß es Sommer unv Winter heiß war; die Leute aber schliefen in Koien längs den Wänden. „Und nun", begann unser Wirth wieder, „zün den wir unsre Pfeifen an, und lassen uns, ehe es Nacht wird, noch ein Feuer anzünden, um uns zu erwärmen; denn die jungen Herren müssen wissen, cs wirv kalt, wo sic liegen sollen, und Mond und Sterne werden in hocheigener Person Ihnen zu Bett leuchten und gute Nacht wünschen kommen. — Den Dänischen Herrn hörte ich vorher nach den Bären fragen; davon kann ich ihm etwas mit- theilen, da die Bärenjagd von Kindesbeinen an mein Lieblingstreiben war. Er und der Luchs und der Wolf sind unsere Raubthiere hier in den Bergen, und es lohnt schon, sich von solchen Gästen zu befreien; er ist eine schlaue Krabate mit zehn Männer Stärke und Verstand von zwölf, sagt der Dalkarl, unv sieht es für eine Ehrensache an, sich mit ihm zu versuchen, seine Haut als Siegeszeichen heim zu bringen unv sein Blut zu trinken. Doch ist eS gut, daß, wenn man mit ihm ins Handgemenge kommt, er nur seine Zähne und nicht seine Tatzen gebraucht, die weit gefährlicher sind; es kommt daher, spricht der Bauer, daß Gott es ihm verboten hat, sie gegen Men schen zu gebrauchen. Er ist von zweifacher Art, entweder der braune, oder der weiße, der Silberbär, wie sie ihn nennen. Man jagt ihn eigentlich im Winter, denn dann ist er am fettesten; er sucht sich als dann unter einem der Felsblöcke im Walde ein gutes Loch, erweitert dies mit seinen Klauen, stopft es mit Moos aus, unv nun ist vie Bären höhle fertig. Bisweilen ist sie offen (ein Korb), bisweilen verschlossen; hier ist seiner Frau Kinderbett und seine eigene Winterstube. Ehe er sich einlagert, geht er sich dick und voll an Waldbeeren fressen, zuletzt'setzt er einen Zapfen vor die Höhle mit einem Klump Fich tenreis und legt sich nun zu Bett, doch in milden Vorwintern erst eine Weile außerhalb. Wirv er nicht gestört, so daß er Ruhe hat, recht an den Tatzen zu saugen, so ist er viel runder, wenn er wieder aufsteht, als da er sich einlegte; doch wenn ein Jäger Kunde von ihm bekommt, so hat er selten Ruhe. Beim ersten Schnee geht sein Feind aus, sucht seine Spur, und wenn er diese gefunden hat, macht er eine große Kreis tour um die Gegend, innerhalb welcher sie alle liegen müssen; Vies nennt man, ihn einringen over einholmcn. Nach dem zweiten Schnee wiederholt der Jäger dasselbe und weiß nun ungefähr, wo der Herr sich aufhält. Er spannt sich alSdann Schneeschuhe an den Fuß, nimmt den Stab in die Hand, die Büchse ans den Nücke» und sucht genauer nach. Doch erwacht der Herr, denn er hat einen leichten Schlaf, dann wehe seinem Feinde; der Bär ist ein wüthendes und reißendes Thier. So kenne ich zwei Finnen, hier aus dem Finnwalde, die vor einigen Jahren auf die Jagd gingen; der Bär fuhr auf, der Eine schoß, aber fehlte, und zu allem Unglück springt sein Schneeschuh; er stellte sich nun an wie todt, das einzige Rettungsmittel; der Bär kam herzu, beroch ihn und merkte, daß er noch athme; er hantirte ihn ein we nig und ging darauf fort, um ein Loch für seinen Raub zu graben. Unterdcß kam sein Kamerad hinzu, sah ihn,nicht und schoß ohne Bedenken, aber fehlte, da ward der Bär ernstlich grimmig, er kehrte sich zu dem, der noch dalag, erfaßte ihn und schund, wie die Schläch ter pflegen, dem sündigen Manne die Haut vom Ko^fe, auf den Nacken herab, darauf nahm er ihn bei den Beinen und stieß ihn gegen den Schnee, und nun erst schrie der Mensch; sein Kamerad konnte es nicht aushalten, länger Zeugp der Grausamkeit zu seyn, sprang, ohne weiter zu überlegen, hinzu und schnitt dem Bären glücklich mit seinem Messer die Kehle durch. Die Begebenheit machte übrigens des gemißhanvelten Finnen Glück; Alle schenkten ihm etwas, der Eine dies, der Andere das, und da er wieder geheilt war, hatte er genug, um sich einen Hof zu kaufen. — Wenn das Frühjahr kommt und der Bär aus der Höhle geht, pflegt er zuerst nur ganz wenig zu fressen, am liebsten Ameisen, und gewöhnt sich so nach und nach, wieder etwas zu sich zu nehmen. Im Allgemeinen thut er den Menschen nichts zu Leide, unv sie lassen ihn veSbalb auch in Frieden; wird er aber blutdürstig und thut er dem Vieh Schaden, dann werden große Klapperjagden (Skallgänge) auf ihn angestellt. Doch einen meiner geehrten Herren Gäste sehe ich schon cinnickcn, cs ist Schla fenszeit, darum gute Nacht, meine Herren!" Hiermit klopfte der Inspektor seine Pfeife aus und bereitete seine Lagerstätte; es war uns richtig prophezeit, in der Außenbude, in der wir lagen, boten Mond unv Sterne uns gute Nacht. Am anveren Morgen waren wir mit der Sonne auf, nahmen nur einen Schluck aus der Jagdflaschc und zogen mit ver Büchse auf dem Rücken in die großen Waldungen hinaus. Es war eine herrliche Tour; die Vögel sangen ihren süßen guten Morgen, wie Glockenklang tönte das Bellen ver Jagdhunde durch das Gebirge; wir suchten besonders Kreuzwege auf, wo wir das Meiste erwarten konnten, und verfolgten des Wildes Spur mit gespanntem Hahn durch Felsen und. Moose, doch wir bekamen nicht viel. Einmal stand ich unter einer Rtesenfichte, ich erblickte ein geschäftiges Eichhörnchen auf und nieder klettern, und nur ein Schuß, so wäre es gefallen; doch der echte Jäger mag immer über den Schützen lachen, ich konnte mich nicht überwinden, das behende kleine Geschöpf zu schießen. Oft raschelte eS in den Büschen vor den Hunden, aber Vas Dickicht hinderte uns, zu zielen, und wir schossen meistens fehl. Gegen Mittag sammelten wir uns und machten an einer Außenkante des Waldes bei einer Aussicht