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Kanals tetlnehmen könnten, eine durchgehende Wasserstraße durch Fortsetzung des Kanals Saale-Leipzig bis Riesa und später nach der Oder in Schlesien sobald als möglich ange- strebt werden." Nun hat, wie schon ange meldet, auch die Handelskammer zu Chemnitz die Kanal-Frage einer Beratung unterzogen und einstimmig der Ansicht Ausdruck ge- geben, die Kammer müsse dafür eintreten, daß, wenn in Sachsen eine Erweiterung des WafferstraßennetzcS in Aussicht genommen werde, auch das Erzgebirge und somit Chem nitz Anschluß an das Kanalnetz erhalte, sei eü etwa durch einen Kanal, der im Anschluß an die projektirte Wasserstraße Leipzig-Riesa südlich von Wurzen parallel mit der Mulde bis nach Wechselburg und weiter bis nach Chemnitz geführt würde, oder durch eine Wasserstraße, die von Riesa über Döbeln ge legt und aus der Jahna, der Mulde und der Zschopau gespeist würde. Zur Begründung dieser Forderung wurde insbesondere betont, daß sich, namentlich im Falle der Ausführung des preußischen Kanal-ProjekteS, der Anschluß des Erzgebirges an das Kanalnetz zu einer wesentlichen Bedingung für die Weiterexistenz eines großen Teiles der Industrie des Chem nitzer Handelskammerbezirks gestalten würde, der für seine Rohstoffbezüge ganz auf teure Bahnfrachten angewiesen sei. Die Kammer beschloß dementsprechend, die StaatSregierung auf ihre Wünsche aufmerksam zu machen und sie zu ersuchen, Erhebungen über die Mög lichkeit und beste Art der Durchführung einer Wasserstraße aufstellen zu lasten, die Chem nitz mit der Elbe oder mit dem projektierten Kanal Leipzig-Riesa verbinde. Zugleich er bot sie sich der Regierung gegenüber, einen Teil der durch die Ausarbeitung eines Kanal- Projektes entstehenden Kosten zu tragen. läßt Oberlicht in die Räume eindringeu. Besonderen praktischen Wert haben die mit Blätterkapttälen gezierten, die Lichtöffnung umgebenden Säulen, indem um die eigentliche Tragkonstruktion (sogenannte V-Eisenbogen) Ummantelungen angebracht sind, die außer ihrem schönen Anblick den Zweck haben, das Esten bei einem etwa ausbrechenden Brande vor allzugroßer Erhitzung, die plötzliches Einstürzen des ganzen Gebäudes Hervorrufen könnte, zu schützen. Die Haupttreppe besteht aus Schmiedeeisen mit hölzernen Trittstufen, und in allen Geschaffen befinden sich Hydranten der Hochdruckwafferleitung mit Schläuchen, sowie mehrere Ausgänge, sodaß bei einem Feuerausbruch der Gefahr in jeder Beziehung vorgebeugt ist. Das ganze Warenhaus wird mit dem älteren Reifegerste'schen Geschäfts hause gemeinsam durch eine Niederdruckdampf heizung, deren Heizkörper durch ihren Anstrich einen recht gefälligen Anblick gewähren, erwärmt. Der Entwurf, die Maurer- und Zimmerarbeiten, sowie die technische Leitung sind vom Herrn Baumeister Louis Bartel und die übrigen Bauarbeiten meist von hiesigen Gewerbetreibenden ausgeführt worden. Die Firma Kellermann, Chemnitz, hat die schmiedeeiserne Treppe und die in Grimma schon mehrfach eingeführte Firma: Max Hammer, L.-Plagwitz, die Zentralheizung geliefert. Der Bau legt Zeugnis davon ab, daß man zu der Entwickelung unseres örtlichen Geschäftsverkehrs Zutrauen besitzt und ist ein Beweis großen Unternehmungsgeistes. Vermischte Nachrichten. * In der bei Graz gelegenen Ortschaft KalSdorf, an der gleichnamigen Südbahn, station, ereignete sich ein erschütternder Vorfall. In der Gendarmerie-Kaserne erschien vor mittags der 16jährige Frankl und zeigte an, daß Wilderer die 14jährige Tochter des Försters Herunter erschossen hätten. Er habe den Schuß gekört, dann einige Männer hinter dem Försterhause weglausen sehen und endlich das Mädchen im Hausflur mit zerschmettertem Kopf tot aufgefunden. Ein Gendarmerie- Postenführer begab sich mit dem Burschen in das Forsthaus und fand das Mädchen in einer Blutlache liegen. Ein aus unmittelbarer Nähe abgegebener Schrotschuß hatte dem Mädchen die Schädeldecke abgerissen, daß das Gehirn frei zutage trat. Der Förster war eben in Graz, die Geschwister waren in der Schule und die Dienstmagd hatte sich einer Besorgung wegen außer Hause begeben. Als die Magd von ihrem Botengang zurück kam und sah, was vorgefallen war, fiel sie in eine schwere Ohnmacht aus der sie nach drei Stunden noch nicht erwacht war. Der Gendarm, dem die Anzeige der Burschen von Anfang an nicht glaubwürdig vorkam, nahm ihn in ein scharfes Verhör und brachte ihn zum Geständnis, daß er das Mädchen erschaffen habe. Er will das Mädchen besucht und bei dieser Gelegenheit einem Schrank ein Gewehr entnommen und ohne zu wissen, daß es geladen war, damit gespielt haben, bis der Schuß losging und das mit jFegen der Stube beschäftigte Mädchen traf. Die Ruhe und Besonnenheit, mit der der Bursche nach der Tat die Irreführung versuchte und der unheimliche Gleichmut, den er an den Tag legt, lassen schlimmere Schuld vermuten. * Auf dem Pariser Nordbahnhof wurde Graf Arenberg, der Sohn des in Pari- wohnenden Fürsten Urenberg, plötzlich wahn- sinnig. Er warf seine Kleider ab, führte einen Negertanz auf und verlangte dem Direktor der Oper vorgeführt zu werden. Man brachte ihn in eine Heilanstalt. * Den tollkühnen Seemann Kapitän Boß, einen Deutschen, hat sein Schicksal erreicht. In einem aus einem auSgehölten Baumstamm bestehenden Kanoe wollte er eine Reise um die Erde machen und hatte auch glücklich den ungeheuren Stillen Ozean von San Franzisko in Nordamerika bi« Sydney in Australien durchmessen. Hier htelt er sich längere Zeit auf, erwarb sich durch Halten von Vorträgen seinen Unterhalt und ließ sein gebrechliches Fahrzeug ausbessern. Dann stattete er Neuseeland einen Besuch ab und verließ in Anwesenheit einer Menge Schaulustiger den Hafen von Auckland. Jetzt wird gemeldet, daß die Nußschale an dem gefährlichen Rangttoto. Riff gescheitert ist. Ob Kapitän Voß selbst am Leben geblieben ist, wird in der Meldung nicht gesagt. * Ein in seiner Art wohl einzig da stehender Konsumverein ist, wie das russische Blatt „Dalny Wostok" („Ferner Osten") mitteilt, auf der Station Buchatu der Ost chinesischen Bahn auf die Anregung des Stationschefs von den Beamten und Agenten der Eisenbahn gegründet worden. Von den verschiedenen Methoden, die zur Erlangung von Waren angewandt werden, soll besonders eine angeführt werden, die sich ausnehmender Beliebtheit erfreut. Kommt ein Güterzug an, so kommandiert der Stationschef: „Fünf Kisten mit Eiern sind für den Konsumverein abzuladen!" Der Befehl wird erfüllt, und die Eier werden unter die Mitglieder des Vereins verteilt. Fehlt es an Fischen, so erteilt der Stationschef den Befehl, von dem nächsten Zuge sieben Kisten mit Fischen ab- zuladen, und dem Mangel ist abgeholfen. In besonders dringenden Fällen scheut sich der Verein auch nicht, ganze Waggons für seine Bedürfnisse loskuppeln zu lassen. So wurde z. B. am 30. Juni auf Befehl des Gehilfen des Stationschefs ein von Charbin nach Hailar bestimmter Waggon mit Zucker zurückbehalten und der Zucker gleich an Ort und Stelle an einen Kaufmann verkauft. Diese Art, über fremdes Eigentum zu ver fügen, war zu eigenartig, um nicht die Auf merksamkeit der Obrigkeit zu erregen. Sie griff ein, beschlagnahmte den verkauften Zucker und traf Anordnungen, um ähnliche Operationen für die Zukunft unmöglich zu machen. Aas Getränk -er Kinder. Wem die Gesundheit und das blühende Gedeihen seiner Kinder am Herzen liegt, der sehe streng darauf, daß sie keinen Bohnenkaffee zu trinken bekommen, weil dieser nach ärzt licher Ansicht den kindlichen Organismus schädigt. — Für die Kleinen ist Kathreiner« Malzkaffee, der gerade auf jugendliche und zarte Organismen die wohltätigste Wir« kung ausübt, ein überaus bekömm liche» Getränk, da« von vielen Aerzten empfohlen wird. Die Erfahrung lehrt, daß KathreiyerS Malzkaffee mit Milch gekocht schon nach kurzer Gewöhnung das Lieblings« getränt unserer Kleinen bildet, bei dem sie prächtig gedeihen. Leipziger Börse vo« «. Ottoder «X«. Bericht von George Steyer, BankgefchSst, L«tp,,g. ! ReichSbank-DiSkont 4'/. 3°/, Deutsche ReichSanleihe . . . SO,SO 3'/,7° „ ... 102,- 37a Preußische ConsolS .... SO,60 37,7° „ .... 101,80 37, Sächsische Rente .... 88,25 37,7° , Anleihe .... WO,50 4°/, Leipziger Stadtanleihe . . . 104,50 47<> Leipz. Hypotheken.Bank-Pfandbriefe. 8.IV. 103,— 37,7« ErblSnd. Pfandbriefe . . . 100,10 37,7a Landwirtsch. Pfandbriefe . . 98,80 47« » - 104,70 47. Sächs. Bodenkred. Pfandbrief« 8. IV . 108,— Allgem. Deutsche Eredit-A. Akt. . . 174,— ManSfelder Kuxe 754,— Stöhr Spinnerei-Akt. . . . 161,— Große Leipziger Straßenbahn-Akt. . 147,75 Leipziger Elektr. Straßenbahn-Akt. . 71,— Hugo Schneiders Akt 118,75 Kredit- und Sparbank-Akt. , . . . S6.75 Astronomischer Kalender. Sonntag, de« 11. Oktober 1903 Sonnenaufgang Sonnenuntergang Mondaufgang Monduntergang 6 Uhr 8 Min. 5 Uhr 14 Mi«. 6 Uhr 52 Mi«. 9 Uhr 4 «in. Temperatur in Naunhof. Stand de» Quecksilbers «ach «eaumur Datum Tiefster Stand Kälte ; Wärme Höchster Stand Kälte I Wärme 9. Oktober 9 18 10. „ 6 14 SmWb.-.ZchlaWehmrkt. Leipzig, am 8. Oktober 1908. Bezeichnung Tier- gattung 71 66 68 3 64 5. gering gen. Kähe u. Kalben Bullen: i, vollfleisch, höchst. Schlackt- 70 wertes 57 Schaf«: Schweine 48 67 63 4. 5. 54 45 57 54 58 53 ausländisch« klein« wenig gut entwickelte jüng.z Kühe und Kalben 4. mäßig genährte Kühe u. Kalben genähte. . . . Kälber: i. feinst« Mast- (Vollmilch- Mast)und beste Saugkälber 2. mittlere Mast, und gute Saugkälber 3. geringere Saugkälber 4. ältere gering genährte (Fresser) — 1. Mastlämmer und jüngeres Masthammel !38 2. ältere Masthammel 35 3. mäßig genährte Hammel u.! Schafe (Märzschafe) 1. vollfleischige der feineren Raffen u. deren Kreuzungen! im Alter b. zu 1'/« Jahren 2. fleischige - 3. gering entwickelte, sowie Saum und Eber — 2. mäßig genährte jünger« und gut genährte ältere . nährte ält. — gering genährte jed. Alter« — vollfleischige, auSgemästete Kalben höchsten Schlachtw. — vollfleischige, auSgemästete! Kühe höchsten Schlachtwer- teS biS zu 7 Jahrm ältere auSgemästete Kühe Ochsen: 1. vollst., auSgemäst höchsten Schlachtwertes b. zu 6 Jahr. — 2. junge fleischige,nicht auSgem. ! — ältere auSgemästete — 3. mäßig genährte junge, ge- ,4. Kalben 1 u-Kühe: !2. Das neue Warenhaus in Grimma. Ueber da« neuerbaute Warenhaus in Grimma berichten die dortigen Nachrichten: In die Reihe der in letzter Zeit in unserer Stadt entstandenen verschiedenen größeren Geschäftshäuser hat sich das von Herrn Kaufmann Max Reifegerste in der Langen straße neuerbaute Warenhaus gestellt. Dieses unter der Bezeichnung „Grimmaer Waren haus" errichtete Gebäude ist ein für Grimma interessanter Bau und der erste seiner Art. Er ist von großer Ausdehnung, Licht and Luft sind ihm in Fülle zugeführt. Die feuerpolizeilichen Vorsichtsmaßregeln sind in jeder Beziehung in praktischer Weise getroffen. Die ganze Straßenschauseite des Erd- und Obergeschosses wird von einer gleichen, je 7 Meter breiten und ebenso hohen, lichtgebenden Fläche gebildet, die mit mächtigen Spiegel glasscheiben in Eichenholzrahmen ausgesetzt ist. Starke Mauerpfeiler rechts und links tragen die Last der Vorderfront und teilweise der Balkenlagen und de« Daches. Die Fenster des 2. Obergeschosses weisen entsprechende Größenverhältnisse auf. Die weiten Geschäfts räume im Erd« und Obergeschoß erstrecken sich in einer Breite von 9 Metern und der beträchtlichen Tiefe von 24 Metern. Besonders reizvoll wirkt die schmucke Treppena nlage, die, obwohl sie im Hinteren Teile liegt, dem Besucher günstig ins Auge fällt. Eine 3 Meter breite und 13 Meter lange Deckenöffnung wird von geschmackvollem Eisenzeländer umrahmt und Aas vierte HeVot. Roman von Reinhold Ortmann. 47 Isa schüttelte in ihrer eigensinnigen Art den Kopf, und trotz der sichtlichen Ungeduld ihrer Mutter rührte sie sich nicht von der Stelle. „Wenn ich nur wüßte, Mama, warum Du von Mer kers Widerstand fortwährend wie von etwas ganz Unvermeid lichem und Selbstverständlichem sprichst. Ich empfinde das nach gerade fast als eine Beleidigung, welche Du Hellmut anthust. Darf dieser Herr Merker denn überhaupt wagen, etwas an einem Manne auszusetzen, dem Du selber so bereitwillig und freudig Deinen Segen gegeben hast?" „O, vielleicht wäre ihm gerade daSein ausreichender Grund, Einspruch zu erheben. Und ein Geschäftsmann, wie er, pflegt ja ohne dies die Dinge stets aus ganz anderen Gesichtspunkten zu betrachten." „Nun, dann bin ich erst recht neugierig, diese Gesichtspunkte aus seinem eigenen Munde kennen zu lernen," beharrte Isa trotzig. „Daß es ihm Vergnügen macht, mich zu ärgern und mir Unangenehmes anzuthun, weiß ich ja längst. Aber wenn ich ihm so verhaßt und widerwärtig bin, sollte es ihn meiner Meinung nach doch mit ganz besonderer Befriedigung erfüllen, nun endlich seines sauren Amtes und jeder weiteren Sorge um mein Wohl enthoben zu werden. Wahrhaftig, ich für meine Person hä(te ihm dies längst von Herzen gern gestattet." Sie lachte in über mütiger Sorglosigkeit hell auf. Die Kommerzienrätin aber, welche die wohlbekannte, klare und harte Stimme bereits in einem der anstoßenden Zimmer zu vernehmen glaubte, war nahe daran, über die Hartnäckigkeit ihres eigenwilligen Kindes wirkliche Thränen zu vergießen. „Und wenn Du ihm nun keineswegs verhaßt und widerwärtig wärest, Isa, sondern wenn er im Gegenteil, aber, mein Gott, ist es denn in der That notwendig, daß ich Dir eine lange Reihe von Grün- den anführen muß für meine Bitte? Kannst Du Dich nicht ent schließen, Deiner Mutter auch ohnedies zu willfahren?" Sie lief voll verzweifelter Unruhe im Zimmer umher, und einer solchen Beschwörung konnte das junge Mädchen natürlich nicht widerstehen. Aber es wurde ihr noch immer schwer, die bevorstehende Unterredung ebenso ernsthaft zu nehmen, wie die Kommerzienrätin. ^Wenn Dir meine Anwesenheit so viel Sorge bereitet, werde ich selbstverständlich gehen, Du gute, zaghafte Herzensmama," sagte sie schmeichelnd, „aber aus Furcht vor dem Herrn Vor mund thue ich's gewiß nicht; und ich werde mir mein Glück von ihm nicht zerstören lassen, auch wenn ihm die Gesetze hundert- mal mehr Macht dazu gäben, als er sie in Wirklichkeit besitzt." Sie drückte noch einen raschen Kuß auf den Mund der Kommer zienrätin und schlüpfte hinaus. Es war die höchste Zeit dazu gewesen, denn fast gleichzeitig hatte durch die entgegengesetzte Thür Karl Merker das Zimmer betreten. Isa hörte noch ganz deutlich, wie er in seiner gewohn ten, höflich gemessenen Weise ihre Mutter begrüßte, und für einen Augenblick wandelte sie die Versuchung an, hinter dem Thür vorhang stehen zu bleiben und zu lauschen. Am Ende war ihr doch gerade diesmal eine gewisse Berechtigung dazu nicht zu bestreiten, denn um nichts Geringeres, als um die Entscheidung über ihre eigene Zukunft und um das Glück oder Unglück ihres ganzen weiteren Lebens sollte cs sich ja da drinnen handeln. Aber sie blieb trotz dieser naheliegenden Erwägung nicht an ihrem verführerischen Platze und schickte sich eben an, ihr eigenes Zim mer aufzusuchen, als ein langsam näher kommender, sporenklir render Schritt sie voll freudiger Hoffnung dem verheißungsvol len Klange entgegeneilen ließ. Aber nicht der, welchen sie er- wartet hatte, war es, der da in der nächsten Minute ihr ge genüberstand ; und ein gutmütiges Lächeln glitt über das ernste Gesicht des jungen Hedmondt, als er die Enttäuschung in ihren Mienen sah. „Ich gebe einen schlechten Ersatzmann ab, nicht wahr, Isa?" sagte er in der liebenswürdig-treuherzigen Art, die jedermann sogleich für ihn zu gewinnen pflegte, „aber ich komme doch we nigstens nicht mit völlig leeren Händen. Denke Dir die größte Zahl, welche das menschliche Begriffsvermögen sich vorzustellen vermag, multipliziere sie mit hunderttausend und Du wirst an nähernd die Summe der Grüße und der noch süßeren Dinge er halten, welche ein gewisser Jemand Dir durch mich senden läßt." „Du hast ihn also gesehen, Kurt? Und der schlechte Mann hat Dir gesagt, weshalb ich ihn gestern während des ganzen Tages erwarten mußte?" „Was kann einen Soldaten verhindern, zu seinem Liebchen zu eilen, wenn nicht des Dienstes unerbittlich strenge Pflicht? Er muß gestern sogar sehr hart gearbeitet haben, der arme Hellmut, denn er sah abgespannt und angegriffen aus, als ich ihm um elj Uhr abends aus der Straße begegnete." „ Um Gottes willen, Kurt, er war doch nicht etwa krank ?" „Sicherlich nicht, denn so viel ich weiß, ist Krankheit ein Be griff, der in seinem Wörterbuche überhaupt nicht vorkommt. Aber vielleicht hatte er ein wenig Verdruß gehabt. Es ist ja ein sehr schönes Ding um die glänzende Karriere, welche sich ihm da durch seine Versetzung erschlossen bat, doch ganz ohne Dornen ist sie keineswegs. Mitunter ist es da eben nicht viel anders, alS ob der Herr Hauptmann noch einmal auf der Schulbank säße." Isa atmete auf, und der Schatten von Sorge auf ihrem schö nen Gesicht machte rasch der vorigen neckischen Heiterkeit Platz. „Nun, wenn eS nichts weiter ist als das, so hat er seinen Ver druß schon deshalb hundertmal verdient, weil er nicht gekommen ist, ihn von mir wegplaudern zu kaffen. Hat er Dir auch gesagt, wann ich ihn heute erwarten darf?" „Nein; denn er konnte auch für heute nicht nach eigenem Wil len über seine Zeit verfügen. Aber wenn es sich ermöglichen läßt, kommt er gewiß. Wys bedarf es dazu unter Liebenden erst einer besonderen Versicherung." Isa mochte doch wohl der Meinung sein, daß eine solche Versicherung nicht gerade von Uebel wäre, denn ihre frischen Lip pen schürzten sich zu einer kleinen Schmollmiene. Da sie aber ihrem Vetter ins Gesicht sah, erkannte sie, daß dem jungen Offi zier doch noch etwas anderes auf dem Herzen liegen mußte, al- oie Bestellung der Grüße seines glücklicheren Freunde«. „Ma- Hast Du, Kurt?" fragte sie. „Ist auch Dir etwas Unangenehme- widerfahren?" „Wenn das auf meinem Gesicht gestanden haben sollte, so hat mein Gesicht gelogen," erwiderte er, sich energisch zusam mennehmend. „Widerfahren ist mir allerdings etwaS; aber nicht- Schlimmes, sondern im Gegenteil etwas Angenehmes, Ehren volles und Erstrebenswertes. Ich bin zur Teilnahme an einer militärischen UebungSreise kommandiert worden, und e» ist so gut wie ausgemacht, daß ich ein langersehnte- Sternchen voo derselben heimtragen werde." „DaS ist ja vortrefflich! Ich wünsche Dir Glück dazu. Und die UebungSreise, ist sie lang?" „Das kommt auf die Auffassung an, mein liebe- BäSchen,denn wir messen die Zeit eben nicht alle mit dem gleichen Maße. Gech- Wochen stnd aber wohl al- keine Ewigkeit zu bezeichn«».* 108,20