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Naunhofer Nachrichten OrtMla-tt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain f Fuchshain, GroWeinber^, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r Frei inS HauS durch Austräger M. 1.20 vierteljährl-ch. Frei fing HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljäh» »ich. Mit zwei Beiblätter«: Illustrierte- SoemtagSblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Lag«. s Ankündigung«» t sL erlag und Druck: 5 Für Jnserentm der Amtshauptmann- GA«z L Gnle, Naunhof. schäft Grimma 10 Pfg. die"fünfge. / spalten« Zeile, an erster Stelle und Redaktion: für Auswärtige 12 Pfg. Naderi Glinz, Nannhaf. f Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheine, jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum des nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 101. Sonntag, den 23. August 1903. 14. Jahrgang. Am 18. .dieses Monats ist in Threna ein Hund verendet, welcher nach der vorge nommenen Sektion tollwutkrank gewesen ist. Da von diesem Hunde auch andere Hunde im Orte und der Umgegend gebissen worden sein können, sieht sich die König!. Amtshauptmannschaft veranlaßt auf Grund von § 38 des Reichsge'etzes bett, die Abwehr und die Unterdrückung von Viehseuchen vom in Verbindung mit 8 20 der Instruktion zur Aufführung der 19 bis 29 dieses Ge setzes vom 27. Juni 1895 für die als gefährdet zu betrachtenden Ortschaften und Fluren Threna, Fuchshain, Belgershain, Köhra, Seifertshain, Naunhof, Lind hardt und Erdmannshain einschließlich des Ritterguts Belgershain mit Köhra und Lindhardt auf die Zeit bis mit 20. November 1903 die Hundesperre hiermit anzuordnen. Diese Maßregel legt den Hundebesitzern in den genannten Orten die Verpflichtung auf, ihre Hunde während der Dauer der Sperre fest anzulegen und ohne polizeiliche Genehmigung aus dem gefährdeten Bezirke nicht auszuführen. Der Fest legung gleichzuachten, ist das Führen der Hunde mit einem sicheren Maulkorb an der Leine. Die Benutzung der Hunde zum Ziehen, die Verwendung von Hirtenhunden zur Begleitung der Herde, von Fleischerhunden zum Treiben von Vieh und von Jagdhunden bei der Jagd ist unter der Bedingung gestattet, daß die Zughunde fest angeschirrt, mit einem sicheren Maul korbe versehen und außer der Zeit des Gebrauchs festgelegt, die übrigen oben bezeichneten Hunde aber außer der Zeit des Gebrauchs sestgelegt oder, mit einem sicheren Maulkorbe versehen an der Leine geführt werden. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Sperrmaßregeln oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen werden nach §§ 65 oder66 deS obenerwähnten Reichsgesetzes vom beziehungsweise § 328 des Reichsstrafgesetzbuchs geahndet werden. Grimma, den 2t. August 1903. Königliche Amtshauptmannschaft. Häni chen. Bekanntmachung. Noch immer ist eine Anzahl Hausbesitzer mit der Legung der Hausleitungen im Rückstände, obwohl von Seiten dec Gasanstalt seiner Zeit der Hausanschluß gelegt worden ist. In ihrem eigenen Interesse werden diese Interessenten angehalten, bis zum 15. September diese Leitungen legen zu lassen, da um diese Zeit die letzte Quote Gasuhren von der Firma Neider in Döbeln gesetzt werden wird. Bei späterer Fertigstellung der Leitungen erfolgt datz Setzen der Gasuhren durch die Gasanstalt selbst und kann in diesem Falle eine bestimmte Zusage über den Zeitpunkt de» Setzens nicht gegeben werden, da der GaSmrister dann im Betriebe unabkömmlich sei« wird. Naunhof, am 20. August 1903. Der Bürgermeister. Ist el. Bekanntmachung. Durch das Verenden eines tollwutkranken Hundes in Threna ist auch über Naunhof die Hundesperre auf die Zeit vom LI. August bis LV. November ISVS angeordnet worden. Dicse Maßregel legt den Hundebesitzern die Verpflichtung auf, ihre Hunde während der Dauer der Sperre fest anzulegen und ohne besondere polizeiliche Genehmigung aus dem gefährdeten Bezirke nicht auszuführen. Der Festlegung gleichzuachten ist das Führen der mit einem sicheren Maulkorb versehenen Hunde an der Leine. Die Benutzung der Hunde zum Ziehen, die Verwendung von Hirtenhunden zur Begleitung der Herde, von Fleischerhunden zum Treiben von Vieh und von Jagdhunden bei der Jagd ist unter der Bedingung gestattet, daß die Zughunde fest angeschirrt, mit einem sicheren Maulkorbe ver sehen und außer der Zeit des Gebrauchs sestgelegt, die übrigen oben bezeichneten Hunde aber außer der Zeit des Gebrauchs festgelegt oder mit einem sicheren Maulkorbe versehen — an der Leine geführt werden. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Sperrmaßregeln oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen werden nach 65 bez. 66 des Reichsgesetzes vom ^-^^0 bez. nach § 328 des Reichsstrafgesetzbuchs geahndet werden. Naunhof, am 22. August 1903. Der Humbert-Prozest Der Bürgermeister Igel. wird, je mehr er sich dem Ende nähert, wie der interessanter. Allgemeine Beachtung fand namentlich der Schluß der Anklagerede des Generalanwalts Blondel, der in schärfsten Worten mit den Angeklagten ins Gericht giüg und mit großer Klarheit den ganzen Schwindel beleuchtete. Im besonderen ging er auf die Riesengauneret über, welche die Angeklagten mit der Rente Viagere voll führt hätten, und behandelte die Rolle, welche die einzelnen Angeklagten dabei gespielt hätten. Blondel wies auf die Hauptrollen hin, die Therese und Frcderic Humbert gespielt haben. Dieser habe den Grund zu einer ungeheuren Betrügerei gelegt. Therese habe mit allen Mitteln sehr reich zu werden ge« sucht. Beide begannen zusammen mit Romain und Emilie Daurignac ein Räuberunternehmen. Blondel faßte dann das Vorgehen der Hum berts vom moralischen, sozialen und materiellen Standpunkt zusammen. Der der öffentlichen Moral zugefügte Schaden bestehe in der Verhöhnung der Justiz durch 17 Jahre lange Prozeßführung zu Gunsten einer gar nicht existierenden Partei. Die Geschworenen würden ihre soziale Aufgabe mit Verständnis und Festigkeit erfüllen. Sie würden den Angeklagten zeigen, daß das Pariser Gericht sich durch ihre Winkelzüge nicht habe täuschen lassen, und durch ihre Verurteilung der Wahr- heit und der Gerechtigkeit, die solange miß achtet gewesen seien, den Sieg sichern. Dem Generalanwalt wird am Schluß seiner Rede von den Zuschauern Beifall gespendet. Mit höchster Spannung erwartet man nach dem Strafantrage des Generalanwalts das Plaidoyer des Verteidigers Labori, des Rechtsbeistandes der Familie Humbert. Unter Totenstille begann er seine Rede, über die im Voraus schon so viel ge redet worden war, da niemand sich vorher sagen konnte, welchen Standpunkt der be rühmte Verteidiger in der heiklen Affäre einnehmen werde. Labori drückte sich zunächst über das Geheimnis der Therese Humbert aus. Er sagte: Wenn Frau Therese Humbert ihm auch ihr grausames Geheimnis verraten habe, so könne er doch keine Sicherheit für die Wahrheit ihrer Aus sagen übernehmen, da er absolut keine Zeit hatte, sie zu prüfen. Er selbst könne das Geheimnis jetzt noch nicht verraten, da Therese sich den Zeitpunkt Vorbehalten habe, in dem sie sprechen wolle. Labori fährt dann fort: Man kann die ganze Erbschaftsgeschichte nicht für einen völlig frei erfundenen Schwindel halten, denn um sie in allen Stücken zu er finden, dazu gehöre die Phantasie eines Balzac. Der Staatsanwalt fragte heute sehr großmütig nach , den Vergehen, die die Hum berts begangen haben sollen, auch die Richter fragten während der Verhandlungen stets nach dem Verbleib der Millionen und der Crawfords. Madame Humbert behauptete stets, daß die Millionen und die Crawfords existieren. Es ist nicht ihre Sache, die Exi stenz derselben zu beweisen, eS ist hingegen wohl die Sache der Staatsanwaltschaft, zu beweisen, daß diese nicht existieren. Labori führt dann weiter aus: Die Justizbehörden hätten kein Recht, jetzt so hochmütig nach den Millionen zu fragen, an welche er selbst seit 20 Jahren geglaubt hätte, denn in der Tat sei an der Wahrheit der ErbschaftS- geschichte schon viel früher gezweifelt worden. Im Jahre 1895 führte eine Pariser Zeitung eine hiesige Kampagne gegen die Humberts, im Jahre 1898 sprach Waldeck-Rousseau das berühmte Wort von der größten Schwindelei des Jahrhunderts, aber trotz alledem faßten die Gerichte keinen Verdacht und fuhren fort, ihr Urteil in den langwierigen Prozessen der Humberts zu fällen und die Berufungen in allen Instanzen zu verhandeln. Labori be sprach sodann die Rechtsfrage, wobei er an führte, daß eine Fälschung im juristischen Sinne nicht vorliege. Die Fortsetzung des PlaidoyerS wurde auf Donnerstag vertagt und die Sitzung geschloffen. Streik in Crimmitschau. 7000 bis 8000 Textilarbeiter sind aus ständig. Die Würfel sind gefallen! Eine folgenschwere Katastrophe, die mit allen Mitteln seit etwa drei Wochen verhütet wurde, ist nunmehr doch noch für Crimmitschau hereingebrochen. Nachdem am Donnerstag ein letzter Versuch zur Einigung beider Parteien unter Vorsitz des Stadtrats Dr. Pusch unternommen wurde, der leider resultat los verlief, waren für Donnerstag abend fünf große Textilarbeiterversammlungen mit der gleichen Tagesordnung : „Die Zurück weisung der von den Arbeitern gebotenen Friedenshand, die Ablehnung des Einigungs amtes und wie stellt sich die Arbeiterschaft hierzu?" einberufen worden. Schon lange vor Beginn der Riesenversammlungen, die von annähernd 6000 Personen besucht sein mochten, waren die fünf Versammlungssäle überfüllt und mußten teilweise polizeilich ab gesperrt werden. Leider ist es zu bedauerlichen Vorgängen gekommen, denn vier Versamm lungen wurden polizeilich aufgelöst! Die Aufsichtsbehörde hatte bestimmt, daß keine auswärtigen Redner auftteten sollten, trotzdem meldeten sich im'Odeum-Saale, im Saale des Deutschen Hauses und im Saale des Gesellschaftshauses solche zum Worte, so daß die Aufsichtsbeamten zu der erwähnten Maß nahme griffen. Die Versammlungen waren kaum erst eröffnet, als auch schon die Auf lösung erfolgte. Die größte Versammlung fand im „Hotel Adler" statt. Auch die Behörden haben alles versucht um den Ausstand noch in letzter Stunde zu verhindern. Der Vorsitzende de» Gewerbe gerichts, Herr Stadtrat Dr. Pusch hat, nach dem der Fabrikantenoerein das Eingreifen des Gewerbegerichtö abgelehnt hatte, mit Arbeitern au« verschiedenen Betrieben Rück sprache genommen, um deren Wünsche kennen zu lernen. Bei diesen Zusammenkünften waren alle von dem Wunsche erfüllt, daß es nicht zum Streik komme, ja man würde die Arbeit fortsetzen, wenn die Fabrikanten den Arbeitern entgegenkommen würden. Unter Zuziehung der Lohnkommission wurden als dann die Wünsche der Arbeiter in folgende Punkte zusammcngefaßt: 1) Erstreben des 10stündigen Arbeitstages für die gesamte Textilindustrie durch die beiderseitigen Ver bandsvorstände, wünschenswert ist die gesetz liche Re gelung; 2) einheitliche Arbeitszeit für hier von früh 6 — 12 Uhr, von '/z2—6 Uhr abends, * Mndige Frühstückspause und Sonnabends Schluß um 5 Uhr; 3) Bei behaltung des Lohnes für die in festem Lohn stehenden Arbeiter und Erhöhung des Lohnes um 6 Proz. (erste Forderung 10 Proz.) für Akkordarbeiter; 4) die ausgesprochenen Kün digungen gelten als nicht geschehen und 5) finden keine Maßregelungen statt. Diese Wünsche legte sodann Herr Stadtrat Pusch dem ebenfalls im „Adler" anwesenden Vor stand des Spinner- und Fabrikantenvereins vor, der seinerseits als äußerstes Zugeständ nis sein Einverständnis mit dem 1. Punkt erklärte und 2. die bisher einstündige Mittags pause um ' i Stunde verlängerte. Bei der nun erfolgten Aussprache ermahnte Herr Stabtrat Dr. Pusch die Arbeiter auf das eingehendste und dringendste, die Vorschläge des Fabrikantenvereins im Interesse des allgemeinen Wohls und der Industrie an zunehmen und so den Ausstand zu vermeiden, der ja für die Arbeiter von den schwersten Folgen begleitet sein werde. Die Arbeiter blieben trotzdem aus ihren Forderungen stehen und lehnten es ab, für ihre Person auf die Vorschläge der Fabrikanten einzugehen. Mit lebhaftem Bedauern über den resultatlosen Verlauf schloß Herr Stadtrat Dr. Pusch die Versammlung, dabei noch darauf hinweisend, daß die Mehrzahl der Arbeiter den Streik nicht wolle und in denselben nur gezwungen eintrete. Die Crimmitschauer Fabrikanten sagen dagegen in einem öffentlichen Aufruf, daß die wohl erwogenen Interessen der gesummten Textilindustrie gebieterisch die Ablehnung der Forderung des TextilarbeiterverbandeS erfordern. Die Arbeiterschaft — so heißt es — wird sich kaum klar gemacht haben, welche tief einschneidende Wirkungen ihre Forderungen im Gefolge haben. Die Textilindustrie Crimmitschaus und Umgebung bezahlt jährlich 4 800000 Mark Lohn. Diese Summe erhöht sich bei Einführung des Zehnstundentages um 4 80000 Mark. Die Verzinsung und Ab schreibung der festgelegten Werte würde sich ebenfalls um 10 Prozent, und die Produktions kosten würden sich um weitere 380 000 Mark erhöhen. Insgesamt würde die hiesige Textil industrie um mindestens eine Million Mk. teurer arbeiten, wobei noch zu beachten ist,