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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheine., jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag L Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme : Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens 14. Jahrgang. Mittwoch, den 26. August 1903. Nr. 102. U«kü«digungen r Für Inserenten der Amt-Hauptmann» schast Grimma 10 Pfg. die7fünfge» spalten« Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg Bei Wiederholungen Rabatt- Bezugspreis r Frei in4 Hau- durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei 'ins HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljäh« ach. OrtMa-tt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, GroMinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. fLerlag und Druck: Sü«z L E«le, Naunhof. Redaktio«: Robert Günz, Naunhof. Mit zwei Beiblätter«: Illustriertes Tonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letzter« «lle 14 Lage. Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf die dieses Jahr besonders fühlbar gewordene Feldmausplage werden die hiesigen Feldbesitzer zur sofortigen Ergreifung von Maßregeln zur Ver tilgung der Feldmäuse bei einer Strafe von 100 Mark Geld oder entsprechender Haft angehalten. Die Wahl der Mittel bleibt dem Einzelnen überlasten, jedoch dürfen vergiftete Körner nur in die tiefer gehenden Falllöcher, nicht aber in die seichteren, soge nannten Tcharrlöcher gebracht werden. Naunhof, am 25. August 1903. Der Bürgermeister. Igel. Eine Wehrsteuer scheint in Aussicht zu stehen. Vielleicht im Zusammenhang mit diesem dem neuen Kriegs minister Preußens zugeschriebenen Plan dürsten die jetzt auffallend häufigen Erörterungen namentlich konservativer Blätter über die Schwierigkeit, den Offiziersbedarf zu decken, gebracht werden. Denn in der oft offiziös bedienten „Köln. Ztg." wird zur Begründung der Forderung einer Wehrsteuer ausgeführt: „Nicht um Geld allein handelt es sich hierbei und nicht allein um Erhöhung der Pension, sondern darum, daß denjenigen Offizieren, welche vorzeitig und bei voller geistiger und körperlicher Arbeitskraft das Heer zu verlassen genötigt sind, nun Ge legenheit geboten wird, sei es in der Heeres verwaltung, sei es im Staats-oder Gemeinde dienste mehr als dieses bisher der Fall war, Verwendung zu finden. Seit Jahrzehnten hat die Milärverwaltung die Ueberzeugung gewonnen, daß ein tüchtiges Unteroffizierkorps nur dann zu erhalten ist, wenn für die Zivilanstellung der Unteroffiziere gesorgt wird, und schon nach zwölfjähriger Militärdienstzeit können die Unteroffiziere in die Zivilver waltung übertreten, in welcher den fähigem Männern noch eine lohnende Zukunft in Aussicht steht. Was für die Unteroffiziere längst für Recht erkannt ist, das muß auch für tue Offiziere geschehen, denn eine un gemeine Härte ist es, die Offiziere nach 20 bis 25 jähriger Dienstzeit berufslos auf die Straße zu werfen und sie gezwungenem Müßiggänge auszusitzen. Wird hier nicht von Grund aus Abhilfe erfolgen, so werden in Zukunft eine Menge von geeigneten jungen Männern der OffizierSlaufbahn fern bleiben, bald wird sich zum Schaden des inneren Wertes die Zusammensetzung unseres Offiziers körpers ändern und abgesehen von den Söhnen der alten Militärfamilten werden sich der Offizierlaufbahn meist nur solche junge Männer widmen, deren Eltern mit großem Geldbeutel gesegnet find. Dann wird noch mehr als bisher die ganze Lebenshaltung der Offiziere gesteigert werden, trotz aller Bestimmungen wird immer mehr Luxus und Wohlleben im Heere sich einbürgern und immer mehr werden die Söhne der alten soliden Familien dem Heere fern bleiben müssen, weil sie nicht mehr die Mittel haben, die teure Laufbahn zu ergreifen. Dieser Gefahr durch ein neues Versorgung-- System oorzubeugcn, wird eine der schwierigsten Aufgaben des Kriegsministeriums sein und für alle Zukunft wird sich derjenige Kriegs minister den Dank des Heeres erwerben, welchem eS gelingt, diese Frage zu lösen. Die durch ein neues Gesetz hervorgerufenen Mehrkosten können zum größten Teil durch eine Wehrsteuer aufgebracht werden. Seit vielen Jahren verlangen mehrere Millionen von alten Soldalten, daß endlich die vom Dienst befreiten und voll erwerbsfähigen Männer zur Wehrsteuer herangezogen werden. Mit Recht verlangen die alten Soldaten, daß nicht sie allein die Last des Dienstes tragen, aber auch dieses gerechte Verlangen der alten Soldaten, welches schon im Jahre 1895 in einer Eingabe des Kyffhäuser-Kricger- verbandes zur Kenntnis des Reichstags und der Regierung kam, ist im Kriegsministerium bis jetzt unberücksichtigt geblieben." Bekanntlich sind die Meinungen über eine Wehrsteuer sehr geteilt. Aber die Frage des Offiziersersatzes, wenngleich sie für Sachsen nicht allzu brennend, erheischt doch eine Er wägung, ob mit diesem Mittel eine Besserung der gegenwärtigen Zustände herbeigeführt werden kann. Daß es für einen Offizier äußerst hart ist, nach einer Anzahl Dienst- jahre mit einer unzureichenden Pension ent lassen zu werden, liegt auf der Hand. Viel leicht könnte manches in dieser Richtung ge schehen, wenn man vor der Ernennung zum Offizier recht streng verfahren würde und alle Elemente ausschlösse, die nicht die sichere Gewähr bieten, daß ihre Kräfte für längere Zeit ausgenutzt werden können. Auszuscheiden wären vor allen Dingen Leute wie der Fähnrich Hüssener. König Peter I. ox. Wie König Peter I. von Serbien sich auf seinem Thron einzuleven sucht, schil dert der Belgrader Berichterstatter der „Daily Mail in einem längeren Artikelt der ange sichts der Verhältnisse in Serbien von be- sonderem Interesse ist: „Der „Rote Peter", der noch vor kurzem ein Demokrat, ja seiner Ueberzeugung nach fast ein Sozialist war, versteht es, einen Thron elnzunehmen und zu regieren, ohne zu viel von seinen früheren Grundsätzen zu opfern. Peter I., ist „König, aber er regiert nicht." Er ist sehr klug und zeigt ein lebhaftes Interesse für fast jeden Verwaltungszweig. Er befragt die Minister über die genauesten Einzelheiten, läßt sie aber frei handeln und versucht nie, sie in ihren Handlungen zu beeinflussen. Er präsi diert jeder Ministerkonferenz, nimmt an den Debatten teil und äußert rückhaltlos seine Meinung, läßt die verantwortlichen Minister aber über Fragen der gewöhnlichen Staats geschäfte selbst entscheiden. Ebenso drückt er keinen Wunsch inbezug auf Ernennungen oder Entlassungen aus. Alle an den König gerichteten Briefe von Personen, die Stellung m öffentlichen Aemtern suchen, werden den Abteilungschefs ohne eine Aeußerung des Königs überwiesen, auch die Briefe seiner Verwandten. Wenigstens 300 Vettern und Basen des Königs, die seit Peters Thron besteigung ihre Verwandtschaft mit den Kara- georgiewitsch herausgefunden und daraus Anspruch auf schöne Stellungen abgeleitet haben, mußten erfahren, daß der König „leider" die Anstellungen ganz in die Hände seiner Minister gelegt hat. Eine andere Eigenschaft des Königs ist es, daß er sich auf keine Weise in die Parteipolitik mischt, aber er verliert keine Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß die jetzt in Serbien so scharf geführten Parteikämpfe nicht zur Wohlfahrt des Landes führen können. Er übt auch keinen direkten Einfluß auf die auswärtige Politik des Landes aus. Sein Privatleben hat sich seit seiner Thronbesteig ung kaum geändert. Er lebt ebenso einfach und demokratisch wie in Genf und beobachtet die Hofetikette nur, so lange sie nicht seinen demokratischen Ueberzeugungen widerspricht. Er steht jeden Morgen um fünf Uhr aus und fährt mit Begleitung eines Adjutanten in die Umgebung Belgrads. Um 7 Uhr kehrt er zurück und um 8 Uhr beginnt die Tagesarbeit. Zuerst empfängt er seinen Privatsekretär, der ihm seine Briefe und die übrige Post vorlegt. Dann stattet der Polizeipräfekt von Belgrad seinen Bericht ab, der den König über alle wichtigen und interessanten Vorkommnisse innerhalb der Stadt zu unterrichten hat. Ihm folgt der Adjutant, der gleichzeitig als Hoimarschall fungiert, und schließlich der Chef des könig lichen Haushalts. Der letztere muß täglich Rechnung legen über alles Geld, das auf Rechnung der Zivilliste ausgegeben worden ist. Der König prüft jeden Posten sorgfältig. Auf seine Anregung ist die doppelte Büch führung im königlichen Haushalt eingeführt worden. Um 10 Uhr besucht ihn sein lebenslänglicher Freund Oberst M/.rquiS de Rose, mit dem er Privatangelegenheiten be spricht. Der Marquis ist jetzt der Gast deü Königs und war des Königs Schulfreund und Kriegsgefährte. Seitdem er vor sechs Jahren den französischen Dienst quittierte, ist er fast ständig mit Peter zusammen gewesen. Nachher empfängt der König die Minister oder andere Personen, die eine Audienz nach gesucht haben, oder liest die Zeitungen, fast alle serbischen und einige deutsche und fran zösische. Um r/zl Uhr wird da» Frühstück serviert, an dem der Marquis de Rose und einige Offiziere des Haushalts teilnehmen. Es besteht hauptsächlich aus serbischen und französischen Gerichten. Der König trinkt wegen einer inneren Krankheit, die jetzt all mählich verschwindet, nur Mineralwasser. Um 1 Uhr zieht er sich in seine Privat- gemächcr zurück, wo er bis 3 Uhr bleibt, und dann empfängt er wieder den Privat sekretär. Manchmal macht er vor dem Diner um 7 Uhr noch eine Fahrt durch die Stadt. Das Diner dauert selten länger als eine Stunde, und nachher liest der König meist Bücher über finanzielle oder militärische Themen. Auch für die Industrie interessiert er sich sehr, und er bemüht sich darum, daß fremde Kapitalisten ihr Geld in Serbien an legen. Er ist ein vorzüglicher Schütze, hat aber sonst keine besondere Neigung für einen Sport. Peter I. wird gewöhnlich für einen gutmütigen und energischen Mann mit großer Fähigkeit zum Herrschen und bewunderns werter Fähigkeit gehalten ..." Lord Salisbury Salisbury ist am Sonnabend um 9 Uhr 15 Minuten abends auf seinem Schlosse Hatfield im Alter von 73 Jahren gestorben. Mit Salisbury ist einer der in der modernen Zeitgeschichte am meisten genannten und für sein Vaterland auch mit Grund vielgecühmten Staatsmänner dahtngeschieden. Das Schwergewicht seiner staatsmännischen Verdienste liegt in dem Einflüsse, den er auf die Gestaltung der innerpolitischen Verhältnisse der vereinigten Königreiche von Großbritannien und Irland genommen hat. In den großen Weltereignissen, an denen teilzunehmen und mitzuwirken er berufen war, wird sein Name überschüttet von seinem genialen Vor gänger DiSraeli, dem einzigen Lord of Bea consfield, wurde sein Name und sein Ein fluß in den Hintergrund gedrängt durch die stürmckche und großzügige Jmperialpolitik seines Nachfolger als Führer der britischen Nation Chamberlain. Es war eine heiße Zeil, schwerer innerer Kämpfe und gefähr licher auswärtiger Verwickelungen, in der Robert Artur Talbot Cecil Marqis von Salisbury teils an der Leitung der Staats angelegenheiten Englands teilnahm, zum großen Teile selbst diese Leitung der StaatS- geschäfte besorgte. Von den drei großen Epochen in der Geschichte seines Wirkens, der Zeit des russisch-türkischen Krieges von 1877—78, des Kampfes um die irische Homerule in der Zeit von 1880—86 und des TranSvaalkriegeS, ist es die Zeit der innerpolitischen Kämpfe, aus der die politische Persönlichkeit Salisburys uns am bedeutensten entgegentritt. Rundschau. — Der Wechsel im Reichsschatzamt. Wie von allen Seiten bestätigt wird, ist der Reichsschatz-Sekretär Freiherr von Thielmann amtsmüde und will von seinem Posten zurück treten. Der Staatssekretär war früher deutscher Botschafter in Washington und ist von dort auf diesen Platz berufen, den er nur eine kürzere Reihe von Jahren inne gehabt hat. Wenn gesagt wird, weil er die Durchführung der geplanten neuen Finanz» Reform für das Reich — das heißt /die Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Bundesstaaten — nicht mehr vertreten wolle, ist das kaum zutreffend. Das Amt des Reichsschatz-Sekretärs ist eben ein ganz eigenartiges, indem es keiner seiner bisherigen Inhaber allzu lange ausgehalten hat. Der Grund liegt darin, daß der Staatssekretär des Reichsschatzamtes sich nicht recht geltend machen kann. Er soll gewissermaßen den Reichsfinanzminister darstellen, ist es aber nicht. Die Einnahmen des Reiches find indirekter Art, sie werden gesetzlich festgelegt und eine besodere Finanzpolitik kann also nicht weiter getrieben werden. — Zur „Kaiser-Insel-Angelegenheit" hoben in der Redaktion des sozialdemokratischen Berliner „Vorwärts" zwei Haussuchungen stattgefunden, um zu ermitteln, von wem die bekannten berüchtigten Mitteilungen des ge nannten Blattes stammten. Es ist aber kein Manuskript gefunden, lediglich einzelne Exemplare der betreffenden Nummern sind beschlagnahmt. Vermutlich wird eine staatS- anwaltliche Anklage den Abschluß der ganzen Affäre bilden, wenigstens berichtet das der „Vorwärts". Ein Ruhmesstück war diese Angelegenheit nun gerade nicht ; im Auslande ist solche Geschichten-Erzählyng schwer möglich. — Wie der „Vorwärts" mitteilt, ist dec verantwortliche Redakteur deS Blattes, Genosse Leid, am Sonnabend nachmittag in seiner Wohnung verhaftet worden und zwar wegen des mit Majestätsbeleidigung verbundenen groben Unfugs, der in dem Artikel von der „Kaiferinsel" erblickt wird. Gegenüber der Erklärung der „Nordd. Allgem. Ztg.", daß Herr v. Trotha von dem Projekt des Schloß- daueS nichts wisse, schreibt der „Vorwärts": Diese Erklärung ist für uns wichtiger als man ahnt. Sollte Herr v. Trotha, den wir als den Zeugen und Vermittler angesprochen haben, wirklich der „Nordd. Allgem. Ztg." versichert haben, daß ihm von dem Projekt nicht das Geringste bekannt ist, so fordern wir, da nunmehr die Angelegenheit ein erheblich öffentliches Interesse beansprucht, die Staatsanwaltschaft auf, gegen uns wegen Beleidigung des Hofmarschalls v. Trotha einzuschreiten. Dann können wir nicht nur Herrn v. Trotha als Zeugen laden und die Angelegenheit gerichtlich zur völligen Auf klärung bringen, sondern wir bieten auch der Staatsanwaltschaft einen Weg, sich von der unmöglichen ersten Anklage zurückzuziehen. Wir halten in jedem Punkte unsere Mit teilungen aufrecht und betonen insbesondere gegenüber einer denunziatortschen Presse, daß die von uns für den Plan angebenen Einzel heiten und Motive (Absperrung, Reichstags- Wahlkreis usw. lediglich der höfischen Begrün- !