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Naunhofer Nachrichten am Tage des Erschtivos Freitag, den 11. September 1903. 14. Jahrgang. A«kS*bi»img«r ALr Inserenten da Amtlhauptauma- schast Srimma 10 Pfg. die fünf,- spalten« Zeile, an erst« Stelle »nd für «ußwSrtige 12 Pfg. Bei Diedaholungm Rabatt. Berngsprei» t Frei ins HauS durch AuStrSg« Ml. 1.20 vierteljährlich. Frei finS Hau« durch die Post Mk. 1.30 viateljähnich. Die Naunhof« Nachrichten «scheine., jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage«. Schluß der «n»riaenannabine n Nr. 109. " Ortsb,'la.tt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Bencha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain Fuchshain, GroWeinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. tBerlag und Druck: Gü«z L E«le, Nemmhsf. Redaktion: Robert Gü«z, Nammhaf. Mit zwei veiblätte«: Illustriertes «ountagSblatt und La«»wirtsch«ftlich- »Ma««. Letztere «ll« II La«». Freitas StMsemeiilderatsßhung. Ein gutes Buch für alle in den sozial-politischen Bewegungen unserer Tage. In den gewaltigen sozial-politischen Be wegungen unserer Zeit sich zurecht zu finden, das ist für einen einfachen Mann, ja sogar für manchen erfahrenen ZettungSleser nicht ganz leicht. Da haben wir zunächst eine ziemliche Menge von Parteien als: Zentrum, konservative Partei, Bund der Landwirte, Bauernbund, national-liberale Partei, christlich soziale, national-soziale, deutsch-soziale Reform partei, freisinnige Volkspartei, deutsche Volks- Partei oder demokratische Partei, und endlich sozial-demokratische Partei. Was wollen diese Parteien, wie unterscheiden sie sich von einander, wie stehen sie zu Kaiser und Reich, zum König u. engern Vaterland, zur Kirche und zum Christentum, zur Schulfcage, zu den größten sozialen Fragen unserer Zeit u. s. f. Darüber muß sich ein gebildeter Mann, eis Bürger, der bewußt mit wählen und nicht zu dem sogenannten „Stimmvieh" ge hören will, klar sein. Dazu kommen dann die Fragen selbst, z. B. Kartell der Ordnungs parteien, direkte oder indirekte Wahlen, Reichs tags- und Landtagswahlrecht, längere oder kürzere Legislaturperioden, Ausnahmegesetze, Umsturzgesetze, unlauterer Wettbewerb,Termin geschäft, Arbeiterschutz, Arbeiterverficherung, Wandergewerbe, Warenhäuser, Geschäfts ordnung des Reichstags und des Landtags u. s. f. in einer langen Reihe, in einer Fülle, daß doch nicht gleich jeder eine Antwort sich geben kann und in der Sache klar ist — Endlich hat man auf diesem Gebiete eine Menge Fremdwörter und Kunstausdrücke, die zu verdeutschen nicht gut möglich «st, die so nach und nach aufgekommen find, deren Bedeutung wieder nicht immer gleich jedem zur Hand ist, die man aber wieder auf der anderen Seite verstehen muß, wenn man Zeitungen, ja wenn man sein kleines Pro- vinzialblatt mit Nutzen lesen und in politischen Dingen ein vernünftige» Wort mit reden will. Genannt seien z. B. nur: Amende ment, Absolutismus, Apanage, Chauvinismus, Bimetallismus, Exportprämien, Fusion, Fraktion, Initiative, Koalition, Kompetenz, Indemnität, Obstruktion, u. s. f. Man könnte leicht 50 Seiten füllen, sie vorzu führen und zu erklären. Wer sich da nun nach einer Hilfe und nach Rot umschaut — und e» gehört das fast zur Pflicht für jeden Staatsbürger — dem sei dringend ein kleines, billiges Buch empfohlen. Es trägt den Titel: Ratgeber für die Konservativen im deutschen Reiche, herausgegeben im Auftrage und unter Mitwirkung der Leitung der Konservativen Partei. Dieses klare, einfache und doch um fassende Buch gibt genügend Aufschluß über die verschiedenen politischen Parteien und über alle sozialen und politischen Fragen unserer Tage und enthält außerdem noch ein völlig genügendes Verzeichnis aller im politischen Leben vorkommenden Fremdwörter und Fach ausdrücke, dazu die Verfassung des deutschen Reiches und der Geschäftsordnung für den Reichstag im Auszugs. Sagt aber jemand, ich bin kein Konservativer, ich gehöre nicht und will dieser Partei gar nicht angehören u. s. f., so sei noch beigefügt, daß das Buch zwar die Grundsätze der Konservativen, d. h staats« erhaltenden Partei in kurzen knappen Sätzen darlegt, aber sonst völlig objektiv, d. h. in diesem Falle nicht voir einseitigem Partei standpunkte aus geschrieben ist, und ohne all« Ausfälle gegen andere Parteien. Auch einer, der zur liberalen, ja selbst einer, der zur sozialdemokratischen Partei gehört, wird e» mit Nutzen gebrauchen. Zu beziehen ist dieser Ratgeber au« dem Verlag von Reimar Zobbing in Letpziq- Reudnitz, Gerichtsweg 2, zum Preise von 60 Pfennig durch die Buchhandlung von Ganz u. Eule. (8vd.) Verschwörung gegen Peter I. Anders kann man die Belgrader Vorgänge kaum noch nennen; jedenfalls wird der neue Serbenkönlg alle Mühe haben, den „Thron seiner Väter" von all der Blutschuld rein zu waschen, mit der ihn seine Anhänger ihm übergeben haben. Denn die an dem Feldzug gegen die ehemaligen Verschwörer beteiligten Offiziere wollen, unbekümmert um den Aus gang der Rischer Untersuchung, ihre Aktion fortspinnen und auf Ausstoßung der kompro mittierten Offiziere dringen. Außer den bekannten beiden Aufrufen zirkuliert noch ein dritter, in welchem die Offiziere rundweg ausgefordert werden, ihre unwürdigen Kameraden zu vernichten und auszurotten. Auf eine Anfrage des Kriegsministerium» langten von sämmtlichen Divisionären Antworten ein, wonach die Bewegung gegen die verschworenen Offizier« überall «m sich greife. Für heute werden einige Verhaftungen in Belgrad erwartet, wiewohl man sowohl bei Hofe wie auch in Regierungskreisen alle» vermeiden möchte, um die Sache auf die Spitze zu treiben. Wie „Narodni Listi" meldet, erzwangen die Offiziere in Nisch, daß ihre verhafteten Kameraden au» dem Arrest in ihre Wohnungen geleitet und gegen Ehrenwort dort belassen wurden. De» Näheren wird durch den serbischen Ministerpräsidenten erläuternd mitgeteilt, daß eine Anzahl jüngere Offiziere aller Waffen gattungen eine Art Denkschrift, wahrscheinlich in Neusatz drucken ließ, in welcher sie die bekannten Forderungen stellen: Entfernung aus dem Heere beziehungsweise Bestrafung der an der Verschwörung gegen König Alexander beteiligten Offiziere. Die Mehrzahl der Offiziere, denen diese Denkschrift oorgelegt wurde, erklärte sich für die Ausstoßung. Ein Offizier schrieb neben seinen Namen die Bemerkung, sie möchten mit dem Tode bestraft werden. Die Rädelsführer seien Hauptmann Milan Nowakowitsch und Oberleutnant Aza Todorowitsch, beides Verwandte ehemaliger Minister. Jetzt ist eine Mtlitärkommission eingesetzt, welche die Untersuchung führt, Major Schuschkalowitsch ist ihr Leiter. Rach allem, wa» bekannt ist, schloß der Minister Präsident, handelt es sich hier weder um Hochverrat noch um eine Verschwörung, doch sei e» unzulässig, daß Offiziere auf diese Art Unterschriften sammeln, übrigen» könne man nicht wissen, was ihr Endziel sei. Die am Sonnabend erschienenen Blätter verurteilen zum größten Teil die Vorgänge im serbischen Offizierkorps. Zeugniszwangs-Berfahren. Es scheint, daß seit einiger Zett wieder ein scharfer Wind weht gegen die deutsche Presse, soweit sie nicht offiziös ist, denn im Laufe weniger Tage find drei Redakteure in Zeugniszwangshaft genommen worden: Hildebrand von der national-sozialen „Hilfe", Leid vom „Vorwärts" und am Sonnabend auch der sozialdemokratische Berichterstatter Rehbein. Der letztere Fall ist am unver ständlichsten, denn Rehbein verdankt seine Bekanntschaft mit dem Untersuchungsgefängnis einer den Behörden gegenüber durchaus loyalen Handlungsweise: Sr brachte den Inhalt eines Beschwerdeschreiben-, da» ein Soldat wegen Mißhandlung durch seinen Hauptmann an den „Vorwärts" gerichtet hatte, zur Kenntnis des betreffenden Kommandos, ohne davon publizistischen Gebrauch zu machen. Rehbein bekam hierauf ein höfliches Dank schreiben vom Obersten de» Regiments, aber gleichzeitig wurde versucht, ihn zur Namens nennung de» beschwerdesührenden Soldaten zu bewegen. Selbstverständlich weigerte sich der Journalist und nun wurde gegen ihn das Zeugniszwangsverfahren eingeleitet. ES liegt uns natürlich fern, den Weg, den der mißhandelte Soldat eingeschlagen hat, gutruheiben. Er hätte sich unter keinen Umständen an da« sozialdemokratische Organ wenden, dürfen, sondern den ordnungsgemäßen Beschwerdeweg gehen müssen. Die Zeiten find glücklicherweise vorbei, wo ein Soldat befürchten mußte, mit gerechtfertigten Klagen über Mißhandlungen abgewiesen zu werden, und im äußersten Notfall standen diesem ja immer noch die bürgerlichen Blätter zur Verfügung, die seiner Beschwerde gewiß Raum gegeben hätten. Aber anderseits wird auch kein anständiger Journalist den Namen eine» Menschen preisgeben, der sich an ihn mit der Bitte um diskretionäre Veröffentlichung einer Angelegenheit gewendet hat. Die große Rolle, welche heutzutage die Presse in der Oeffentlichkeit spielt, bringt e« mit sich, daß die Leserwelt mit allen möglichen Wünsch«, Klag« und Forderungen an die Blätter herantritt. Als mächtigstes, weithin schallendes Sprachrohr des Publikums hat die Publizistik sogar die Pflicht, auf die Stimmen au» dem Leserkreise zu hören und dieselben zu Gehör zu bringen. Durch die Zeitungen wird die Regierung stets am besten über die Stimmung in der Bevölkerung unterrichtet, und schon Friedrich der Große wollte, daß man „die Gazetten nicht geniere". Die Presse konnte ihrer Aufgabe garnicht gerecht werden, wenn sie nicht in steter und ständiger Fühlung mit dem Publikum stände. Das ZeugniSzwangS-Verfahren stellt an den Redakteur die unsittliche Forderung, das Vertrauen zu mißbrauchen, welches ihm von den beschwerdeführenden Persönlichkeiten entgegengebracht wird und bedeutet eine Herabsetzung des moralischen Ansehen- ein« ganzen Standes. Denn wenn der Richter einen Redakteur in Zeugniszwangshaft, nimmt, so tut er die» doch — vom juristischen Standpunkte au» betrachtet — in der Absicht, den Verhafteten zu einem Bruche des journalistischen Amtsgeheimnisses zu verleiten. Strengst« Verschwiegenheit aber gehört ebenso zum Metier des Journalisten, wie des Arztes, Rechtsanwaltes oder katholischen Priester- im Beichtstuhl. Drum weg mit dem ZeugniSzwangS- Verfahren! In dieser Forderung begegnet sich jetzt einstimmig die gesammte deutsche Presse, und man hofft, daß die vom Reichs tag wiederholt vorgeschlagene Bestimmung endlich einmal Gesetzeskraft erlangt: „Wird der Gegenstand einer Straf verfolgung durch den Inhalt einer periodischen Druckschrift gebildet, für welche nach § 20 de» Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 der verantwortliche Redakteur als Täter haftet, so find Verleger, Redakteure und Drucker sowie deren zur Herstellung der Druckschrift verwendetes Hilf-persona l berechtigt, über di« Person de» Verfasser- oder Ein- sender» die Auskunft zu verweigern". Vom Kaifermanöver Die Kriegslage ist folgende: Sine rote Armee, die über Sis-nach, Weimar, Naum burg vormarschierte, ist östlich von Leipzig von einer über Dresden vorgegangenen blauen Armee geschlagen und zum Rückzug in der Richtung auf Halle—Merseburg gezwungen worden. Von der blauen Armee gingen da« 12. und da» 19. Armeekorps, sowie die Kavallerie-Division S au» einer Linie «rotz. Dölzig—Knautnaundorf-Groitzsch nach A«fi« vor, überschritten teilweise die Saale und bedrohten den rechten Flügel der Roten mit Umfassung. Die Umfassung gelang. General v. Treitschke, der Führer der Blauen, konnte seinen energischen Vorstoß durchführe«. Die 23. Division erschien überraschend bei Delitz und überschritt dort die Saale. General v. Wittich, der den Oberbefehl über die rote Armee hat, ließ sich noch dem Bericht de» „B. L.-A." verleiten, die Höhen östlich »« Roßbach nach Osten zu verlassen, wahrscheinuch, um den Feind am Ueberschreiten der Saale zu verhindern; dazu waren aber die Beweg ungen von Blau schon zu wett gedieh«. Rot wurde zurückgeschlagen. Der Kaiser biwakierte nacht» und übernahm am Dienstag die Führung der roten Armee. — Am DieuS- tag sollten da» bisher kaum im Gefecht ge wesene XI. Armeekorps sowie da» IV. »ad die Kavallerie (rot) versuchen, die blaue (sächsische) Armee über die Saale wieder zurückzutreiben, während General v. Treitschke mit dem XII. und XIX. Armeekorp» (blaue) westlich der Straße WeißenfelS-Roßdach gegen den Schortauer Hügel vorzugehen beabsichtigte. Der Zusammenstoß erfolgte auf dem berühmt« Schlachtfelde von Roßbach. Da» ganze XU Armeekorps hielt die Umgegend besetzt. Unter Fühmng de» Kaiser» brach« von d« gegenüberliegenden Höhen zwölf Regimenter Kavallerie gegen die Sachsen lo» und ergoss« sich, über die sächs. rettend« Batterien hinweg, in» Tal hinab. Im Talkessel sammelte der Kaiser seine Retter zur zweit« Attacke, die aufwärt» gegen die sächs. Infanterie führte. Da» Vorgehen erfolgte unter« Schutz heftig« Feuers der preuß. reitenden Batterien und der Maschinengewehradtetlung«. Die Sachse» hatten ein betäubende» Infaoterirfeuer eröffnet. Während dem ertönte das Signal „Da» Ganze halt". Dem Manöver wohnt« die Kaiserin und König Georg von Sachsen bei. Die Finanzen der Tiichs. Gtaat-eisendnh«. Der Abschluß der Sächsisch« Staats- bahnen für da» Jahr 1902 hat sich erheblich günstiger gestellt al» der für 1901. Wenn auch die gesamten Einnahmen noch zurück geblieben find, so ist doch der Ueberschuß «eit höher al» im Jahre 1901, weil bet den Ausgaben verschiedene Ersparnisse Platz ge griffen haben. Die Einnahmen betrugen ins gesamt 120463 296.90 Mk. und stehen damit um 2 610 640,85 Mk. hinter denjenigen des Jahre» 1901 zurück. Der Ueberschuß beträgt 35699 931,17 Mk. und ist um 7 491196,91 Mark höher al» 1901. Der Betrieb»- koeffizient, d. h. da» Derhältni» der Aus- gaben zur Bruttoeinnahme ist von 78,642 Prozent auf 72,482 Prozent herabgegang«. Diese» nicht uowesentltch günstigere Ergebni» ist angesichts der geringeren Einnahmen ant- schließlich auf größere Beschränkung der Aus gaben zurückzusühren. So betrug die Ausgabe der Werkstätte für Löhne, Materialien usw. 1901 im ganzen 10630028 Mk. im Jahre 1902 nur 7 989 733 Mk., das bedeutet eine Ersparnis von 2 640295 Mk. Die Ausgabe für Löhne sind in den Werkstätten von 5736 975 Mk. auf 4 949 945 Mk., die für Matenalten von 4 601629 Mark auf 2 898393 Mk. zurückgegangen. Während im Jahre 1901 ein Zugang von 89 Loko motiven zu verzeichnen war, betrug er i« letzten Jahre nur 37 Stück. Im Jahre 1901 wurden 170 neue Personenwogea ein gestellt, im Jahre 1902 nur 26 Stück, und während im Vorjahre 754 Gepäck- und Güterwagen angeschafft wurden, waren e» im letzten Jahre nur 340 Stück. Die Lokomo tiven der sächsischen Staatrbahnen leistet« im Jahre 1901 im ganzen 33154694 Rutz-