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Betracht kommen könnt«», die vor der Ehe begangen worden seien, da in solchen Fällen die betreffende Tat, wenn sie dem andern Teil bei Eingehung der Ehe bekannt gewesen sei, als verziehen angesehen werden müsse, während im Fall einer Unkenntnis des unschuldigen Teils die Vorschriften über die Anfechtung der Ehe wegen Irrtums oder wegen arglistiger Täuschung ausreichend seien. Rundschau. — Das rheinisch-westfälische Kohlen- gebiet ist vor der Gefahr eines allgemeinen Bergarbeiter-Ausstandes erfreulicherweise be- wahrt geblieben. Die Bewegung ist durch das schnelle Entgegenkommen der Gruben verwaltungen bei der Schadloshaltung der wurmkranken Arbeiter und beim Wagen nullen die Spitze abgebrochen worden. Die Aufregung nimmt ab und es lenkt alles wieder in normale Bahnen ein. — Die Wahlfälschungen in Bayern. Aus dem Erlasse der bayerischen Regierung betreffs der Wahlfälschungen bei den letzten Reichstagswahlen wird mitgeteilt: „Die Fälschungen sollen darin bestanden haben, daß in vielen Wahlkreisen und Wahlbezirken eine große Anzahl von Personen — sei eS unter richtigem, sei es unter angenommenem Namen — als neu zugezogen polizeilich gemeldet worden sind, obwohl dieselben ihren eigentlichen Wohnsitz in einem anderen Wahlkreise oder Wahlbezirke niemals auf gegeben hatten, daß dann die fälschlich in die Listen eingetragenen Personen entweder selbst nacheinander in zwei oder mehr Wahlbezirken oder Wahlkreisen gewählt haben, oder daß für sie durch ortsanwesende Parteiangehörige Stimmzettel abgegeben worden sind, sowie da terner für verstorbene, auf Reisen ab wesende, nach entfernt gelegenen Orten ver zogene, im Krankenhause oder Gefängnisse befindliche Personen von unbefugter Seite gestimmt worden sei. — Berlin. Der Kaiser hat den General der Infanterie von Goßler auf seinen Antrag von seinem Amte als Staats« und Kriegs minister entbunden, und den Generalleutnant von Einem, gen. v. Gothmaler, Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements, zum Staats- und Kriegsminister ernannt. Anläßlich der Verabschiedung Goßlers hat der Kaiser nach stehendes Handschreiben un diesen gerichtet: „Ich habe aus Ihrem Schreiben vom 1. d. M. ersehen, daß Ihr Gesundheitszustand Ihnen ein weiteres Verbleiben im Dienste nicht gestaltet. Ich kann mich hiernach Jyrem Ansuchen um Verabschiedung nicht entziehen und stelle Sie daher — indem Ich Sie in Meiner anderweiten Ordre vom Tage des Amtes als Staats- und Kriegsminister enthoben habe — mit der gesetzlichen Pension zur Disposition. Gleichzeitig spreche Ich Ihnen Meinen Königlichen Dank und Meine warme Anerkennung aus für die Verdienste, die Sie sich durch Ihre langjährige Zuge hörigkeit zum Kriegsministerium, insonderheit in Ihrer siebenjährigen Tätigkeit in der bis herigen schweren und verantwortungsvollen Stellung erworben haben. — Berlin. Bet den diesjährigen Kaisermanövern sind die Generäle v. Mitzlaff und v. Plüskow zu Schiedsrichtern ernannt worden. Der Kaiser wird auf dem Parade felde bei Erfurt einigen Regimentern neue Fahnen verleihen. — Nöl». Die Pilzvergiftung im be nachbarten Mühlheim a. Rh. hat von den Bewohnern eine» Hauses bereits sechs Opfer gefordert. Ein auf die Kunde von den Er krankungen aus dem Krankenhause Elberfeld herbeieilender Mann traf ein, als seine beiden 9 und 12 Jahre alten Knahen bereits gestorben waren und die Frau in den letzten Zügen lag; nur die 22jährige Tochter des Mannes lebt, weil sie keine Pilze genossen hatte. In einer anderen Familie kämpft die Frau mit dem Tode, nachdem bereits ihr Gatte, ein 4^/, jähriges Söhnchen und ein 11 jähriger Sohn innerhalb sechs Stunden verstorben sind; die vier übrigen Kinder der Familie sind ebenfalls sehr schwer erkrankt. — Frankfurt a. M. Das Kriegsgericht verurteilte den Unteroffizier Heinrich Scherer vom 84. Infanterie-Regiment wegen Miß handlung, vorschriftswidriger Behandlung und Beleidigung Untergebener in 205 Fällen zu 1* 2 Jahren Gefängnis und Degradation. — Schweidnitz. In das hiesige Ge fängnis wurde der Rechtsanwalt Jahr aus Zobten etngeliefert. Derselbe ist angeklagt, 20000 Mark amtliche Gelder unterschlagen zu haben. — Genf. Drei junge Bankbeamten hatten am Sonnabend eine Tour in das Montblanc-Gebiet ohne Führer unternommen. Eine Kolonne fand nun einen der drei jungen Leute als Leiche in einem Couloir unterhalb des Dome de Gouter. Seit Montag ist gleichfalls im Gebiete des Montblanc eine deutsche Dame, welche sich im Dorfe Praz bei Chamounix aufhielt, spurlos verschwunden. — Zell am See. Auf dem Moserboden wurden durch einen Felssturz eine Familie, Vater, Mutter und Tochter schwer verwundet. — Belgrad. König Peter soll erklärt haben, er sei, falls eine Einigung der Parteien nicht erfolge, entschlossen, auf den Thron zu verzichten und Serbien zu verlaffen. — Ein Abgesandter König PeterS von Serbien suchte in Pest-^Wten um eine Million Wechselkredtt nach; aber die Banken fanden die Geschichte zu unsicher und wiesen ihn ab. Aus Stadt und Land. Naunhof, den 15. August 1903. Nauuhof. Das Sächsische Kirchen- und Schulblatt, das bekanntlich hier in Naunhof redigiert wird, schreibt: In überschwenglicher Weise wird in den römischen Blättern des verstorbenen Papstes Leo XIII. Milde und Friedensliebe gepriesen und evangelisch politische Zeitungen (nicht die evangelisch kirchlichen Blätter) drucken dies unbesehen und urteilslos nach. Dem K. u. Schbl. ist nur beizupflichten, denn unter keinem Papste ist der konfessionelle Friede in Deutschland mehr untergraben, ist dem römischen Fana tismus mehr Unterstützung zu teil geworden, als unter Leo XIII. Zeugnisse der Milde und Friedensliebe sind es gewiß nicht, wenn Leo in einem Rundschreiben vom 20. April 1884 an die gesamte höhere Geistlichkeit der ganzen katholischen Welt sagt: das Menschen geschlecht sei in zwei entgengesetzte Lager ge schieden, nämlich in das Reich Gottes, als welches er die wahre römisch katholische Kirche erblickt und in das Reich des Satans, als deren Angehörige demnach alle Nicht katholiken anzusehcn wären. Oder wie er in der Canisiusenzyklika vom 1. August 1897 Luther al» Aufrührer, die Reformation als unheilvolles Gift, al» äußerste Sitten verderbnis, als Untergang der Religion im deutschen Reiche bezeichnet. Das find nur zwei Stichproben au» der großen Liste der Schmähungen, die Leo XIII. gegen alles Nichtkatholtsche auszusprechen beliebte. Wohl verstand Leo mit seinem jesuitisch geschulten und gebildeten Verstände, mancher Sache ein harmloses Mäntelchen umzuhängen, aber Toleranz, Duldsamkeit und Milde waren ihm unbekannte Begriffe. Man möchte sagen wie das Volk in der Reformationszeil vom Interim: Das Interim, das Interim, Das hat den Schalk wohl hinter ihm. -j- Bet den bevorstehenden Herbstmanöver» wird Se. Königliche Hoheit der Kronprinz ein Automobil benutzen, das von der vor kurzem in Blasewitz eröffneten Firma Auto mobil-Kompagnie Borkert u. Zickler gestellt wird. Die Führung deü besonders stark gebauten Fahrzeuges übernimmt der Mitin haber der Firma, Herr Zickler, der lange Chauffeur des Beckschen Automobils in Weißer Hirsch war. Konzert - Programm. Sonntag, den 19. August Kurkonzert von Früh ^8—9 Uhr an der Alberthütte. Direktion: B. Bergmann, St adtmusikdirektor I Choral. 2 UngarifcheLustspiel-Ouvertnrev Keler Bela 3. Serenade v. Titl. 4. Fortunas Launen. Fantasie v. Kießler. 5. Entrv Akt a. d. Op. Tannhäuser v. R. Wagner- 6. Hoch lebe der Tanz. Walzer v. Kriebstein. 7 Finale a. d. Op. Das Glöckchen d^s Eremiten v. Meilardt. 8. In fröhlicher Gesesellchaft. Potpourris. Thiele. 9. Hoch Brandenburg. Marsch v. Wiggert. -j- König Eduard von England hat auf seiner Reise nach Marienbad am Donnerstag vormittag Leipzig passiert. Kurz nach 9 Uhr traf der König mit dem fahrplanmäßigen Zuge auf dem Magdeburger Bahnhofe ein. Da der König inkognito reiste, fand keine offizielle Begrüßung statt. König Eduard trug einen grauen Reiseanzug und einen weichen grauen Filzhut. Für die Begrüßungen aus dem Publikum dankte der König lebhaft. Er saß, eine Zigarre rauchend, auf der dem Bahnsteig zugekehrten Seite des Wagens und wurde sofort erkannt. Wie der Bericht erstatter eines Leipziger Blattes meldet, war von der früheren Korpulenz deS Königs nach seiner schweren Erkrankung im vorigen Jahre kaum noch etwas zu spüren. ch Der Monat ohne Vollmond. Ein in der Schöpfungsgeschichte seltener Fall wird sich im Jahre 1904 im Februar ereignen, und zwar die Voömondlofigkeit dieses Monats; die Sache wiederholt sich alle 10 Jahre. So gab es 1847 im Februar keinen Voll mond, dagegen im Januar und März je zwei. Auch in deu Jahren 1866 und 1885 trat derselbe Fall ein und er wird sich 1904 wiederholen. Leipzig. Se. Maj. König Georg wird vom 5. bis 12. September in Leipzig Woh nung nehmen. Während der deutsche Kaiser nach dem Diner im Palmengarten bekanntlich abreist, bleibt König Georg in Leipzig. Er fährt au einzelnen Tagen zu den Manöver» nach Merseburg. Leipzig. Der seit Juni unter dem Ver dacht der Verleitung zum Meineide in Unter suchungshaft befindliche Rechtsanwalt Dr. Werthauer hat sich vergeblich um vorläufige Entlastung oder beschleunigte Ansetzung der Verhandlung bemüht. Die mit ihm ver hafteten Zigarrenhändler Ossipowisch Josefson und Agent Strauß befinden sich ebenfalls noch in Untersuchungshaft. Soviel wir hörten, handelt es sich im vorliegenden Falle um ärgste Bewucherung eines Hausverkäufers. Leipzig. Eine kühne Operation hat der Leipziger Spezialarzt für Chirurgie, Dr. med. Goepel, ausgeführt. Ls handelte sich um die vollständige Entfernung des Magens bei einer 38jährigen Frau. Letztere war seit etwa einem halben Jahre magenleidend und eS bestand der Verdacht auf Krebs. Da das Leiden jeder Behandlung widerstand, so wurde ein operativer Eingriff vorgenommen und es zeigte sich hierbei, daß der Magen zum großen Teil, sowie ein Stück der Speiseröhre krebsig entartet war. Das einzige Mittel, der Patientin das Leben zu erhalten bezw. zu verlängern, war die Wegnahme der erkrank ten Teile. Die Kranke erfreut sich jetzt wieder einer leidlich guten Gesundheit. Es ist das erste Mal, daß in Leipzig die vollständige Entfernung deS Magens bei einem Menschen vorgenommen worden ist. Anläßlich der Kaisermanöver wird Mar kranstädt ca. 5000 Mann Einquartierung erhalten. Penig. Nunmehr hat sich herausgestellt, daß der in das hiesige Gerichtsgefängnis vom Lunzenauer Gendarm Eingelieferte identisch ist mit dem gesuchten, mordverdächtigen Knecht Hermann Albert Schulz aus Saal burg. Der Genannte ist von hier nach Gera durch dortige Transporteure zur Untersuchung übergeführt worden. Bezüglich seiner Fest nahme ist dieselbe im Restaurant „Kiautschau" in Lunzenau erfolgt. Dem dortigen Wirre war vom Gendarm das Signalement Schulz beschrieben und dessen Bild gezeigt worden. Als nun am Montag ein derartig auSsehen- der unbekannter Gast erschien, schrckte der Wirt ohne Aufsehen nach dem Gendarm, der die Verhaftung dann sofort vornahm. Ein Leisniger Barbier hat dieser Tage eine Postkarte erhalten, welche folgenden Wortlaut hat: „P. P. Wenn Sie Ihr Ge schäft nicht bis nächsten Montag aufgegeben haben, werden Sie erschossen!" Nossen. In der Diakonissenanstalt zu Dresden mußte dem Gutsbesitzer Backofen aus Gohla der rechte Schenkel abgenommen werden, welcher ihm durch Sturz aus dem Wagen, als das Pferd durch ein Automobil scheute, zerschmettert worden war. Der Guts besitzer hat außerdem noch Verletzungen des Rückgrats erlitten. Dresden. Der nationalliberale Reichs verein hat eine Resolution einstimmig ange nommen, wonach er für Sachsen ein freiheit liches, dem früheren sächsischen Wahlrecht in den Grundzügen gleichwertiges Wahlrecht anstrebt und von der natisnalliberalen Partei des Landes erwartet, daß sie selbständig in der genannten Richtung tätig sein werde. Dresden. An verschiedene Dresdner Großindustrielle und Kaufleute ist der „Dr. Ztg." zufolge die Anfrage gerichtet worden, ob sie sich mit einer Kapitaleinlage an dem Zustandebringen einer Kaution beteiligen wür den, auf Grund deren der verhaftete Geh. Kommerzienrat Hahn aus der Untersuchungs haft entlassen werden kann. Vermißt. Roman von Ewald August König. 91 „Und das ist alles, was Ihr wißt?" fragte der Richter, wäh rend sein Blick der Feder des Aktuars folgte, die eilfertig über das Papier glitt. ! „Alles ! Am andern Tage wurden dann die Beweise im Pulte gefunden." „Ihr seid schon lange in Eupem gegenwärtigen Dienste?" „Schon fünf Jahre." „Euer Herr hatte im vergangenen Jahre einen Prozeß ge gen den Vater des verhaftetenKorrespondenten?" „Davon weiß ich nichts. Ich weiß nur. daß er in unserem Hause vernommen wurde und daß er einmal äußerte, es falle ihm nicht ein, die Reise zu machen, das Gericht könne auch ohne ihn fertig werden, da überzeugende Beweise vorlägen. Der Arzt ist damals allerdings tagtäglich in unser Haus gekommen, es sind auch Arzneien aus der Apotheke geholt worden, aber von einer wirklichen Krankheit habe ich nichts bemerkt." „Nun zu der anderen Angelegenheit," sagte der Richter in ernstem Tone. „Wer hat die Karten gefälscht, die Renard heim lich in die Hände gespielt sind? Ihr selbst?" „Nein, nein, Garnier hat es gethan." „In den Augen des Richters blitzte es auf. aber er bezwang sich, um seine freudige Genugthuung nicht zu verraten „Ist das die vollste Wahrheit?" „So wahr ich hier vor Ihnen stehe Garnier beauftragte mich, ein ähnliches Kartenspiel, wie Renard es besaß, zu kaufen ; ich brachte es ihm und nachdem er alle Hauptkarten gezeichnet hatte, befahl er mir, so zu handeln, wie ich es gethan habe." „Ihr hättet diesen Befehl nicht vollziehen dürfen, da Ihr doch wußtet, daß dadurch ein Schuldloser unglücklich gemacht werden sollte" „Er gab mir den Befehl im Auftrage meines Herrn," ent- schuldigte sich Mathieu. „WaS wollte ich machen? Ich bin ein armer Teufel, und man verliert nicht gern ein festes, sicheres Einkommen." „Ihr habt Euch dadurch der Teilnahme an einem Verbrechen schuldig gemacht," sagte der Richter. „Das offene Geständnis mil dert wesentlich die Schuld, aber entlassen kann ich Euch noch nicht; schon deshalb nicht, weil Ihr Eure Freiheit dazu benutzen könntet, die Thatsache zu verdunkeln." Er gab dem Gerichtsdiener einige Befehle, und Mathieu wurde hinauSgesührt. Nicht lange daraus stand Garnier dem Richter gegenüber, in sehr erregtem Tone gegen seine Verhaftung protestierend und dem betreffenden Polizeikommissar Mißbrauch der Amtsgewalt vorwerfend. Der Richter ließ ihn ruhig zu Ende reden und blätterte in dessen mit scheinbar gleichgiltiger Miene in dem Protokoll. „Wo von leben Sie?" fragte er, als Garnier endlich schwieg. „DaS ist eine seltsame Frage." spottete Garnier, daS Haupt trotzig zurückwerfend. „Ich lebe von den Zinsen meines Ver mögens." „Und dieses Vermögen besteht wohl aus dem Talent, Hand schriften täuschend ähnlich nachzuahmen und Karten zu fälschen? Die Karten, mit denen Sie gestern abend gespielt haben, sind gezeichnet, wollen Sie das leugnen?" „Wenn es Wahrheit ist, so habe ich von dieser Fälschung nichts gewußt, auch keinen Gebrauch davon gemacht," antwortete Garnier trotzig. „Hm, wie viel schuldet Ihnen der Rentier Unger ?" „Bah, dieser Herr hat mit der größten Leichtfertigkeit enorme Summen gewagt, trotzdem er erkennen mußte, daß das Unglück ihn verfolgte. Er hat mehrmals versucht, die Bank zu spren gen; wer solche Versuche macht, muß auf großeBerluste gefaßt sein." „Namentlich dann, wenn der Bankhalter mit gefälschten Kar ten spielt." „Das kann mir niemand beweisen. Ich berufe mich auf die Mitglieder der Gesellschaft." „Die sind mit derselben Seife gewaschen," sagte der Richter verächtlich, „und wenn es darauf ankommt, werden diese Freunde Sie eben so feige im Stich lassen, wie es die anderen bereits gethan haben. Die Karten tragen genau dieselben Zeichen, wie diejenigen, die Sie durch Mathieu in die Hände Renards spielen ließen." Garnier hielt noch immer da» Haupt erhoben, aber er war doch in jähem Erschrecken zusammengefahren und sein rastloses Nagen an den Lippen und die Unsicherheit seine» Blicke» ließen erkennen, daß dieser unerwartete Hieb getroffen hatte „Ich ver- stehe das nicht." murmelte er. „Wenn Sie an der Hoffnung festhalten wollen, daß Mathieu Sie nicht verraten werde, so kann ich Ihnen nur sagen, daß er ein offenes Geständnis abgelegt hat," entgegnete der Richter mit ernster Ruhe. „Er ist klug genug, seine Haut für Sie nicht zu Markte zu tragen, Sie aber begingen die Thorheit auf seine Ver schwiegenheit allein fest zu bauen. Uebrigens ist er der einzige nicht, der alle Schuld aus Sie wälzt, um sich selbst auch reiuzu- waschen WaS haben Sie am Abend vor der Verhaftung Wei mars im Kabinett und Comptoir gethan? Was brachten Sie vor seiner Verhaftung in die Wohnung Weimars? Henry Di dier ist sehr erfreut darüber, Sie im Gefängnis zu missen; er hofft, daß seine Nichte, die Sie mit Ihren Liebeswerbungen ver- folgt haben, nun zu ihm zurückkehren wird " Zornesblitze zuckten aus den weitgeöffneten Augen Garniers, der in maßloser Wut die Fäuste ballte. „Er selbst wird Ihnen daS schwerlich gesagt Haben," ries er „Bauen Sie so fest auf seine Freundschaft?" fuhr der Richter gelassen fort. „Denken Sie. erwerbe für Sie die Kastanien aus dem Feuer holen? Ich habe ihn vorhin vernommen: man sagte mir, er gehöre ebenfalls Ihrem Spielklub an, der Rentier Un ger behauptet eS. Herr Didier wies diese Behauptung mit Ent rüstung zurück; ich will Ihnen nicht wiederholen, mit welchem Namen er Sie und Ihre Spielgenossen bezeichnete. Er will nur einmal Sie und den Rentier begleitet baben und es thut ihm außerordentlich leid, daß er letzteren nicht gewarnt habe" „Parbleu, ich glaube nicht, daß er wagen wird, diese Be hauptung zu wiederholen, wenn ich ihm gegenüberstehe!" sagte Garnier mit den Zähnen knirschend. M 107,20 Der Untersuchungsrichter warf einen raschen Blick auf das Protokoll, das die Erklärungen Labelles enthielt. „Er sagte mir ferner, daß Sie behaupten würden, er habe einen Teil des Spiel gewinns von Ihnen gefordert," nahm er wieder das Wort, „in dessen sei das Gegenteil der Fall; er habe Ihnen am ersten Abend wegen Ihres fabelhaften Glückes Vorhaltungen gemacht und Sie hätten daraufhin ihm einen Gewinnanteil angeboten. Wir kamen dann aus die Verhaftung Weimar» zu reden; der Buchhalter Labelle und der Hausdiener haben auf diese dunkle Angelegenheit einiges Licht geworfen, wodurch ich mich bewo gen sah, Ihre Handschrift einigen Sachverständigen vorzulegen "