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Naunhofer Nachrichten am Tage des Erscheinens 14. Jahrgang. Bezugspreis r Frei ins HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährl-ch. Frei sinS HauS durch die Post Pik. 1.30 vierteljährlich. fBerlag und Druck: GÄnz L Eule, Naurrhpf. Redaktion: Robert Gttnz, Naunhof. Plukündigungen t Für Inserenten der Amtshauptmann» schäft Grimma 10 Pfg. die'fünfge» spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg.^ Bei Wiederholungen Rabatt. Mit zwei Beiblätter«: Illustrierte- Gountagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Lase. Die Naunhofer Nachrichten erscheine . jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr Nr. 103. Freitag, den 28. August 1903. Ortsb'lwtt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain Fuchshain, GroWeinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Freitag StMgelllkillderatsfihullg. Los von der Petroleum Knechtschaft! Der Herbst steht vor der Tür, der Ver brauch von Petroleum wird von Woche zu Woche trotz Gas und Elektrizität größer und angesichts der von Nordamerika aus statt findenden Treibereien im Petroleum-Geschäft ist es wohl angebracht, sich mit diesem Thema einmal genauer zu befassen. Wir geben die folgenden Ausführungen aus einem Artikel der Berliner „Post" wieder, der die Frage sachlich bespricht und zu interessanten neuen Vorschlägen kommt: „Es ist unglaublich, welche kolossale Petroleumsteuer Deutschland alljährlich an den Rockfeller'schen Petroleum- Trust in Nordamerika zu bezahlen hat. Und leider sind es gerade die mittleren und kleineren wirtschaftlichen Existenzen, die für diese Abgabe aufzukommen haben. Man berechnet den deutschen Jahreskonsum an Petroleum, der fast ausschließlich aus Amerika stammt, auf rund tausend Millionen Liter, die bei einem Durchschnittspreis von 18 Pfennigen pro Liter also 180 Millionen Mark kosten. Was dem Petroleum seine große Verbreitung bei uns sichert, ist der Umstand, daß es eben immer noch etwas billiger ist, als die anderen in Betracht kommenden Beleuchtungsmittel, nämlich Spiritus und Elektrizität, während das Gas. glühlicht allerdings viel billiger, aber nicht überall zu haben ist. Dagegen zerbricht sich Niemand bei uns den Kops darüber, ob das Petroleum denn so viel kosten muß, wie es bei uns kostet. Geht man aber der Sache auf den Grund, so kommt man dahinter, daß wir für Petroleum einen Preis zahlen, der von einer den ganzen Markt beherrschenden Interessenten - Gruppe in Nordamerika fest gesetzt ist und 33 Prozent über dem in Amerika gezahlten Preise steht, wo bei Submissionen es zu 12 und 1 N/z Pfennigen pro Liter angeboten wird. Von den 180 Millionen Mark, die wir jährlich an Amerika zahlen für Petroleunt, fließen also bedeutend mehr wie 00 Mill. Maik in die Taschen der Rockfeller'schen Millionärs-Gruppe, die doch bei den in Amerika erzielten weit niedrigeren Preisen schon verdient. Aber trotz dieses sehr hohen Preises ist das „berühmte wasserhelle, nicht explodierende, echt amerikanische" Petroleum, das uns mit dem ganzen Tamtam der Reklame als das beste der Welt angeschmiert wird, von recht minderwertiger Beschaffenheit. Denn es hat Nebengerüche, brennt zum Schluß dunkler, weil es mangelhaft gereinigt ist und sich nicht alle seine Bestandteile gleichmäßig ver gasen und ist schließlich recht feuergefährlich, weil sein Entflammungspunkt bereits zwischen 21 und 22 Grad liegt. Aber wer soll den Kampf mit den amerikanischen Petroleum- Königen aufnehmen? Als die Lahmlegung des europäischen Petroleum-Zwischenhandels vor einer Reihe von Jahren begann, da haben die selbständigen Petroleum-Importeure lange Zeit einen heldenmütigen Kampf gegen die amerikanische Ring-Gesellschaft gekämpft, aber Niemand kam ihnen zur Hilfe. Was tat damals der Petroleumtrust? In wenigen Tagen hatten die Amerikaner festgestellt, wie weit sich dies Konkurrenz-Gebiet ausdehnte, und nun unterboten sie die deutschen Mit bewerber auf der ganzen Linie — nicht weiter — so lange, bis den Deutschen entweder der Atem ausgegangen war, oder bis sie sich zu den Prinzipien des Petroleum- KönigS Rockseller bekehrten. Diese Geschäfts- Operations-Kosten aber trug die Gesamtheit der ganzen deutschen Petroleum-Konsumenten zum Besten der amerikanischen Millionäre, und außerdem mußten für eine gewisse Zeit noch Exlrapretse gezahlt werden. Die Deutschen waren ja so töricht gewesen, die Landsleute im Stich zu lassen, die wiederholt und dringend auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht hatten. Da verdient denn heute der Vorschlag eines Herrn Dr. Wolf Beachtung, daß die Kom munen, ebenso gut, wie sie Gas- und Wasser leitung, Elektrizität in eigne Regie genommen hätten, dasselbe auch mit dem Petroleum tun sollten, um die Macht dieses amerikanischen Petroleum-Ringes zu brechen. Sie können ja Hand in Hand mit den Geschäftsleuten gehen. Die russische Petroleum-Industrie würde gewiß zu Entgegenkommen bereit sein, das Petroleum würde bedeutend billiger wie heute geliefert werden können, und die Gemeinden würden doch dabei verdienen. Es wird darauf hingennesen, daß der badische und der bayrische Eisenbahnfiskus grund sätzlich kein Petroleum des amerikanischen Ringes, sondern aus Rumänien solches be ziehen und etwa 11 bis 12 Pfennige für das Liter zahlen. Jedenfalls haben wir in Deutschland keinen Anlaß, den Amerikanern in Hülle und Fülle die Millionen für diesen überhohen Petroleumpreis in den Hals zu werfen; würden im Deutschen Reichstage 60 Millionen mehr Ausgaben jährlich verlangt, es würde ein gewaltiges Halloh entstehen. Den Amerikanern wird das Geld ohne weiteres zugeworfen. Mr einen Hundert-Millionen Schwindel sind fünf Jahre Einsperrung, die den Hum berts für ihr Treiben zudiktiert sind, nicht gerade viel; aber an der Seine scheint man schon zufrieden zu sein, diß überhaupt eine Verurteilung erfolgte, und daß der Republik die Blamage erspart blieb, solche abgefeimte Halunken v. Volksgericht — — freigespiochrn - ' wei t e die Hp. : .U" mm- - ' w s : 'm m Schwurgericht Die Enthüllung, ?ch i ese Humbert G. schwöre neu I - ilellte den ch - , ter im ' . >m.!'crm ' all k er m.e ' i m o. . mr u ' ", u m s I - -t in. , rm-: . r ca lö-meo r! h ilue r e Gluubwü ' . Es kann keimru -er Regnier, r a mit den Humbui' - zu tun hatte, dog ' ' m neu, auf Grund deren sich gmm einen fabelhaften K .iml zu ... uoeln gewußt hatten, überhaupt u cht vorhanden waren. Ueber diese Benügenien ist das Urteil ge sprochen; eö fragt sich nun, ob die Humberts wirklich imstande gewesen sind, einen neuen Skandal nach Art des Panama-Unfuges herbeizuführen. Die Pariser Zeitungen be streiten es hinterher, aber am Ende ist doch mancher republikanischen Größe ein Stein vom Herzen gefallen. In diesem ganzen Humbert-Prozeß, der drei Wochen gedauert hat, ist das inter essanteste Moment die Behauptung des Ver teidigers, des Rechtsanwalts Labori, daß aus ! den Akren gegen die Humberts sehr kompro mittierende Schriftstücke verschwunden seien, bevor die Akten dem Untersuchungsrichter zugegangen seien, und die Stelle an welcher die Entfernung vorgegangen sein soll, ist nach Laboris Behauptung das französische Justizministerium gewesen. Ist das wahr, resp. ist das nur möglich? Man muß zu gestehen, daß ein Beweis dafür, daß Labori unrecht hat, nicht erbracht ist; und daß an der Seine vieles passieren kann, beweisen die Vorgänge während der Panamageschichte, wo die französischen Geheimpolizisten sorgsam den Mann entwischen ließen, der am besten die Namen derjenigen Abgeordneten und sonstigen einflußreichen Personen hätte nennen können, die nur zu bereit gewesen waren, für Geld die der Panama-Kompagnie drohen- den Verlegenheiten aus dem Wege zu schaffen. Es ist also recht gut möglich, daß Labori recht hat. Papiere, welche andere einer strafbaren Handlung beschuldigten sind hier kaum in Frage gekommen, wohl aber hätten sie gewisse Leute der Lächerlichkeit überliefert und der republikanischen Grobheit und Tugend einen neuen Stoß versetzt. Es muß daran geoacht werden, welche Rolle die Humberts in Paris spielten, zum Teil, weil der Schwiegervater Thereses eine Zeit lang französischer Justizminister gewesen war, aber in der Hauptsache doch nur, weil sie für fabelhaft reich galten. Es ist eine Tatsache, daß bei den Humberts eine große Zahl von hochgestellten Persönlichkeiten ver kehrten, daß Stellenjäger um ihre Protektion baten, und mancher Herr würde wahrscheinlich wenig erbaut gewesen sein, wenn seine ehr furchtsvolle DankeSbezeugungen an die huld volle Gönnerin Therese der Oeffentlichkeit übergeben worden wären. DaS ist eben das Charakteristische bei der heutigen französischen Republik, daß der Tanz um das goldene Kalb eine Ausdehnung gewonnen hat und behält, wie sie selbst unter Napoleon HI. nicht größer war. Seitdem aus dem Haus halt des Präsidenten Grävy die Tatsache festgestelll wurde, daß sein Schwiegersohn Wilson die Rechnungen der Lieferungen mit Orden bezahlte, hat man sich selbst in Paris daran gewöhnt, über nichts mehr zu erstaunen. Aber es bleibt doch erstaunlich, wie so dreiste Schwindler, wie die Humberts es waren, lange Zeit eine 10 glänzende Rolle spielen konnten. Es ist vorauszusehen, daß die Angelegen heit mit dem UrteilSsvruch noch nicht ganz erledigt ist, in irgend einer Form wird schon ein Nachspiel*) kommen, daß vielleicht keine großen Züge, aber um so bissige Seitenhiebe und scharfe Nadelstiche für manche Persön lichkeiten aufweisen wird. Labori glaubt noch nicht genug für seinen Advokatenruhm getan zu haben, und er wird das Möglichste auf- bicten, daß künftig wenigstens noch der Schimmer einer Sensation erweckt wird. Wir haben uns in Deutschland über die Dreistigkeit und Gewissenlosigkeit eines Treber- Schmidt und Genoffen gewundert, aber gegen die Humberts gerechnet, waren sie die reinen Waisenknaben. Man fragt sich: wie muß der Boden beschaffen sein, aus welchem solche Sumpfpflanzen io üppig gedeihen konnten? *) Wie dem „Tag" aus Paris ein Telegramm berichtet, ieilte der nationalistische Deputierte Georges Berry dem französische« Justizminister Valle mit, daß er bei Wiedereröffnung der Kammer über dre Behauptung Laboris, ein Aktenbündel deS Humbert- prozefies enthalte den Beweis für die Mitschuld mehrerer politischer Persönlichkeiten, eine Interpellation einbringen werde. Berry wird die Einsetzung einer parlamentarischen Kommission beantragen, die alle Aktenbündel des Prozesses offnen soll. Madame Lumbert und ihr Gatte sind bekann lich zu sun Jahren „rsalusion" verurteilt worden. Die „roolusion entspricht den, deutschen strafrechtlichen Begriff Zucht haus und bildet den Gegensatz zu „emprisonnement daS ebensoviel wie Gefängnis bedeutet Zu» Pester Brandkatastrophe I-i -inn von d-r Zig.- gebuchten Schilderung entnommen: Die Feuerwehr hatte, da man ihr nur Gewölbefeuer meldete, keine Sprungtücher mitgebracht, sondern entlieh kurze Leintücher, wie sie eben zu bekommen waren. Daher kam es, daß viele Herab springende das Ziel verfehlten. In das Haus, das ein erschreckend kleines (!) Ein gangstor besitzt, zu gelangen, war infolge des erstickenden Qualms nicht möglich. Schreck lich war der Anblick, als zwei Frauen, fest umschlungen, den Sprung unternahmen. Im Fallen prallte der Körper der einen Frau an einem Balkonvorsprung ab, überschlug sich dreimal und fiel als tote Masse nieder. Die zweite Person erlitt lebensgefährliche Verletzungen. DasFenster eines unbeleuchteten Gemachs wurde aufgeriffen und man sah die Gestalt eines ältlichen Mannes. Auf die Zurufe, gleichfalls das Sprungtuch zur Rettung zu benutzen, winkte der Mann ab und zog sich in das Zimmer zurück, worauf er das Fenster verschloß. Ein Vater warf vom vierten Stockwerk sein Kind herab, knapp neben dem RettüngStuche zerschmetterte es auf dem Pflaster. Im nächsten Augen blick folgte der Vater; auch er blieb tot liegen. Ein junger Mann, der in dem höchsten Stockwerk mit gefalteten Händen um Hilfe gefleht hatte, stürzte sich in die Tiefe und blieb tot liegen Er wollte einer bekannten Familie Hilfe bringen und büßte die Menschenfreundlichkeit mit dem Tode: Aus dem Fenster de» 4. StockweikS streckte ein^ Mutter ihr Kind hinaus, indem sie mit markdurch dringendem Geschrei um Hilfe flehte. Man hielt ihr das Sprungtuch hin, doch das Kind fiel mitten in die Glut. Die Mutter verbrannte ebenfalls. Die Wehr bekämpfte den Brand mit wahrer Todesverachtung. Ein Schlauchführer wagte mit zwei Frauen im Arme den Sprung in die Tiefe. Unter der Wucht des furchtbaren Anpralls auf das Tuch brach er zusammen. Er wurde tot gesagt, doch rasch erholte er sich und eine halbe Stunde später wirkte er wieder am Rcttungswerk mit. — Für die Menschen freundlichkeit Kaiser Franz Josephs spricht, daß er Dienstag Nachmittag die Verletzten im Spital besuchte und mit ihnen teilnehmend sprach. Der braven Feuerwehr sprach er sein vollstes Lob aus. Reichs Eifenbahngemeinschaft. Die in Leipzig erscheinenden konservativen „Gcenzboten" brechen neuerdings eine Lanze für die Reichseisenbahngemeinschaft. Sie schreiben u. a.: „Die süddeutschen Staaten haben gleich Sachsen — Hessen ist ja der preußischen Eisenbahngemeinschaft beigetreten — ihre eigenen Bahnverwaltungen. Solche selbständige Verwaltungen sind mindestens nicht billig, und von den 10 bayerischen Betriebsdirektionen konnte die Hälfte jetzt schon gespart werden. Auch sind die Betriebs ergebnisse der süddeutschen Bahn-Verwaltungen finanziell zurückgegangen, und die Stimmen aus dem württembergischen Landtage, die zu derselben Zeit, wo der bayerische Minister- Präsident in Stuttgart seinen Antrittsbesuch machte, nach Bayern herüberklangen und sich über die Umleitungen beklagten, waren nicht von übermäßiger Freundlichkeit. Es ist auch, ohne der Zukunft vorzugreifen, höchst wahr scheinlich, daß Württemberg von den süd deutschen Staaten zuei st den Anschluß an die preußische Eisenbahngemeinschast suchen wird. In einem solchen engeren oder weiteren Zu sammenschluß, der jede Konkurrenz auSschließt und eine gemeinsame Berechnung der Be triebskosten ermöglicht, liegt auch die Zukunft unseres deutschen Eisenbahnwesen«, da auf dem Gebiete des Verkehrs dte Schaffung