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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration»- Prei« 22i Sgr. (; Tb>r.) oierteljährlich, Z THIr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man krSnumerirt auf dieft^ Literatur-Blatt in Berlin in der Erpediiion der ÄUg. Pr. Sraats'Ztirung (Friedrichsjrr. Rr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei derr Wodttöbl. Post- Aemtern». Literatur des Auslandes. 6Z Berlin, Mittwoch den 26. Mai 1841 Schweiz. Die Elektricität und das Fortschreitcn unserer Kenntniß derselben. °) Es wird wohl ein Jahrhundert her sepn, als drei Physiker zu Leyden gemeinschaftlich den elektrischen Apparat erfanden, dem man später den Namen der Leydener Flasche gab. Die Wissenschaft der Elektricität bestand damals nur in einer sehr kleinen Anzahl von Begriffen, wie die Anziehung der leichten Körper durch elektrisirte Substanzen, die Eintheilung ver Körper in Leiter und Nichtleiter, die Unterscheidung der beiden Elektricitäten in Harz- und GlaS- Elektricität, mit einem Worte, in dem Hervorbringen einiger Licht- erscheinungcn durch die Elektricität. Aber seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts waren die Fortschritte reißend. Während Franklin in der Elektricität die Ursache des Blitzes und Donners fand, indem sich ihm aus dem Funken der Leydener Flasche eine Analogie für die Wirksamkeit des Blitzes aufdräNgte, stuvirten Epinus, Wilson und Priestley in ihren Laboratorien die Wirkungen und die Gesetze dieser gehcimnißvollen Kraft. Am Ende des Jahrhunderts schien Coulomb durch die Genauigkeit und Schärfe seiner Forschungen den erpcri- mentalen Theil der Elektricität bis zu seinen letzten Gränzen geführt zu haben, als eine von einem Jtaliänischen Physiologen beobachtete Erscheinung ganz neue Bahnen eröffnete. Die Entdeckung Galvani'S mußte balv einerseits zu der Boltaschcn Säule führen, andererseits aber zu den elektro-physiologischen Erscheinungen, — zwei Folge reihen, die an schönen Resultaten, welche in dcm Erperimcnt mit dem Frosche des Physikers aus Bologna verborgen lagen, gleich fruchtbar waren. Volta wußte durch die Kraft seines Geistes die erste zu erfassen und knüpfte seinen Namen für immer an den jenes wunderbaren Instruments, mit dem er die Wissenschaft bereicherte. Viele andere Gelehrte erkannten die zweite", aber ihre Leistungen, die weniger glänzend und, man muß es anerkennen, weniger wichtig als die Voltaschen waren, blieben lange Zeit fast unbemerkt. Die Boltasche Säule, deren Anwendung mir als einer der charakte ristischen Züge der wissenschaftlichen Leistungen unseres Jahrhunderts erscheint, ist auch mit diesem in die Welt getreten. ES war im Jahre I8M, als Volta selbst aus Pavia seine Entdeckung nach Paris brachte. Kaum noch gekannt, war dieses Instrument bald in den Händen aller Physiker und Chemiker. Man bediente sich desselben in England, um damit das Wasser und die Salz-Auflösungen zu zer setzen; in Schweden zeigte man jene merkwürdige Eigenthümlichkeit, durch welche dieser mächtige Apparat nicht bloß die Elemente der Körper von einander trennt, sondern sic durch Versetzung isolirt. Sodann faßte Davy, von demselben Geistesblitz erleuchtet, welcher Volta dazu geführt hatte, die Konsequenz aus dem Versuche Gal vani'S zu ziehen, seinerseits die Folgen auf, welche die Boltasche Säule in sich schließt. Er analysirt Vie so geheimnißvolle chemische Thätigkeit dieses Apparats, zeigt, daß die Säule nichts schaffe, aber daß nichts ihrer zersetzenden Kraft widerstehen könne, und gelangt mit Hülfe derselben endlich dahin, die Chemie mit neuen Metallen und neuen Theoriecn zu bereichern, welche die Gestalt dieser Wissen schaft ganz umändern. Die Bewegung, welche die auf einander folgenden Entdeckungen Volta'S und Davy's verursachten, verbreitete sich bald überall hin: Gay-Lussac und Thcnard veröffentlichten ihre physiko-chemischen Ver suche; Berzelius gründete die elektro-chemische Theorie; Ritter ent deckte die sekundären, Deluc und Zamboni die trockenen Säulen ipile» «ecke») u. s. w. Das Studium der Wärme, welche sich aus der Elektricität der Säule entwickelt, rief nicht weniger demerkens- werthe Leistungen hervor. Die Aufregung war allgemein; Jeder fühlte, daß die Säule eine Fundgrube für Entdeckungen sey, deren Ausbeutung kaum begann. Das Vorgefühl einer großen Entdeckung war damals in allen Gemüthcrn, was die beträchtliche Anzahl guter Arbeiten bewies, welche unmittelbar nach der Erscheinung der großen Entdeckung vom Jahre 1820 folgten. Ohne Zweifel war das Erstaunen groß, als Oersted die langgesuchte Verbindung zwischen der Elektricität und dem Magnetismus ankündigte; allein auf diesen ersten Eindruck des Erstaunens, ich möchte sagen, der Bewunderung, folgte sehr rasch eine außerordentliche wissenschaftliche Bewegung. Arago trat zuerst Nach einer von dem Professor de la Rive in Genf hcrausqegedenen Awrnt: ö'o-N »ui 1'»»l Ne no» couuauii»»«» «o üaoincU«. — "«»»re, »84». in die Schranken, indem er in dem elektrischen Strome die Eigcn- thümlichkeit der magnetischen Kraft nachwies. Ampere wartete nicht lange; kaum war ein Monat verflossen seit dem Erscheinen der Oerstedschen Entdeckung, so hatte er auch schon den Grund zur Elektro-Dynamik gelegt, einer ganz neuen, von ihm durchaus ge schaffenen Wissenschaft. Wer könnte zweifeln, daß daü mächtige Genie Ampöre's schon lange Zeit vorher geahnt habe, daß der Ge genstand, dessen er sich so eben bemächtigt und aus dem er in einem Monat eine Wissenschaft hatte machen können, neue Entdeckungen und Wahrheiten in sich schlöffet DaS augenblickliche Erfassen, welches Menschen von Genie charakterisirt, ist nicht immer das Resultat einer plötzlichen Erleuchtung, welche, dem Blitze ähnlich, am einmal einen glänzenden Strahl verbreitet; öfter ist es das Produkt vorangegan gener tiefer Forschungen, welche, bisweilen verborgen, nur die Ge legenheit erwarten, um Früchte zu tragen. Die Erfahrung Oersted's ist für die Leistungen Ampöre's ver Funken, welcher auf ven schon lange vorbereiteten Hcerv das Feuer gebracht hat, und dem nichts als eine günstige Gelegenheit mangelte, um aufzulodern und um das lebendige Licht, dessen Quell er wat, auSzuftrahlcn. Dom Jahre 1820 bis 1825 folgten Untersuchungen rasch auf einander. Faraday, den Fußstapfen Ampere's folgend, entdeckte eine neue Art der gegen seitigen Thätigkeit des Magnetismus und der Elektricität, nämlich die Art des rotirendcn Magnetismus, und indem er den Franzö sischen Gelehrten beißend angreifl, entspringen aus seinem schöpfe rischen Geiste neue Entdeckungen. Schweiger erfindet in Deutschland den Galvanometer; Seebeck entdeckt die thermo-elektrische Säule; Becquerel gicbt in Frankreich die Gesetze der Thermo-Elektricität, er beweist das Entstehen der Elektricität aus dem chemischen Prozeß, aus dem Reiben der Metalle, aus vem Druck und der Spaltung verselben; er wendet die kleinen elektrischen Kräfte zur Zersetzung von Salz-Auflösungen und zur Hervorbringung der sekundären Zu sammensetzungen an. Dieser Aufschwung, der in einer gewissen Richtung sich firirt, hatte nicht aufgehört und mußte noch fortdaucrn, als im Jahre 1825 eine Entdeckung anderer Art die Aufmerksamkeit auf sich zog und den Magnetismus unter einem ganz neuen Gesichtspunkte erscheinen ließ, ich meine die Wechselwirkung der natürlichen Körper und der Magnete, welche aus ihrer relativen Bewegung entsteht, und die Arago in der Epoche, die ich eben erwähnte, zur Kenntniß brachte. Ich kann mich bei dieser Gelegenheit nicht aufhaltcn, noch hier die merkwürdige Methode darstellen, in welcher Arago die Thätigkeit, deren Eristen; er zuerst nachwics, erklärte. Später, im Jahre >832, wurde Faradcy dahin geführt, ein Phänomen derselben Art in der Hervorbringung der elektrischen Ströme durch Leitung zu entdecken, und der Begriff von dem Einflüsse der mechanischen Bewegung auf die Phänomene der Elektricität und des Magnetismus, den Arago zuerst cingeführt, wurde also fruchtbar an höchst wichtigen Folgen. Ich muß in diesem flüchtigen Ueberblick ven größten Theil der Leistungen, welche diese eben besprochene Epoche bezeichnen, übergehen. Doch möge es mir vergönnt seyn, zu erwähnen, daß der rein phy sische Thcel dieses Gegenstandes nicht der einzige war, der die Ge lehrten beschäftigte. Ich könnte von den zahlreichen Untersuchungen sprechen, welche das Studium der gegenseitigen Verhältnisse der elektrischen und chemischen Kräfte zum Gegenstände hatten; ich könnte die Anwendung der Elektricität aus die Physiologie erwähnen und die mehr oder weniger gelungenen Versuche, durch die man sich be strebte, den Einfluß, den die Elektricität auf die organischen Erschei nungen ühe, zu entdecken; ich müßte von den Leistungen sprechen, welche sich auf Vic Theorie der Säule beziehen, und von denen, welche die Wärme- und Lichtwirkungcn dieses Apparats und die gewöhn liche Maschinen-Elektricität zum Gegenstände ihrer Untersuchungen gemacht haben. Der Einfluß der Elektricität auf die Phospho- rcscenz, das Studium der atmosphärischen Elektricität und vor Allem des Erdmagnetismus, der so vielt Beobachter schon lange beschäftigt hat und noch bis zu diesem Augenblicke beschäftigt, würden mich end lich veranlassen, noch sehr viele Werke und Namen zu erwähnen. Ich kann jedoch in diesem beglänzten Umriß alle dicfe Details nicht einmal summarisch behandeln und muß mich beschränken, den Zu stand der wichtigsten Fragen über Elektricität, welchen der Gang der Wissenschaft zu Ende des Jahres 1840 hcrdeigeführt hat, darznstellen. Wir haben von der statischen und dynamischen Elektricität, wen» wir von den Wirkungen derselben absehen und beide nur an und für sich, ihren Hauptgcsetzen nach, betrachten, eine so vollkommene Wissenschaft, daß nur noch wenig zu wünschen übrig bleibt. Dennoch