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21V Sraljewitsch durch einen fingirten anderen Helden ihres Glaubens, den sie Hirniu Muo (?) öder Mustafa nennen, besiegen. Dieser wackere Kämpe ließ aber den Marko nickt bloß an Kraft, sondern auch an Volleres ein gutes Theil hinter sich: er verzehrte bei Einer Mahlzeit zwanzig Pfund Brod und neunzig Pfund Hammelfleisch; er leerte ungeheure Weinkriige und hatte ein Pferd, das eben so gefräßig war wie sein Herr. Es scheint, daß die muselmännischen Slawen von Muhammed'S Verbot des Weines nie viel Notiz ge nommen haben. Juden und Zigeuner verstehen sich nach dem Servischen Volks glauben auf Hexenkünste. In einem Servischen Liede ist von einer Frau die Rede, die ein Jude vermittelst einer unter einem Grabstein gefundenen Kröte behext hat.»Phosphorisch leuchtende Hexen sollen bei nächtlicher Weile in Vögel oder Raubthiere sich verwandeln, kleine Kinder fressen und schlafenden Personen das Herz aus der Brust reißen. „Bei seinen Lämmlein" — so beißt cs in einem dieser Lieder — „ruht der junge Radosh sanft schlummernd. Seine Schwester weckt ihn; allein er antwortet: Kann nicht aufstehen, Schwester; Hexen haben mich gefressen; die Mutter hat mir das Herz ausgerissen, und die Muhme hat ihr dazu geleuchtet." Wenn eine Here sich in die Lüfte schwingen will, muß sie ihre Achselhöhlen mit einer Salbe einreiben und dabei einige mystische Formeln sprechen. Der Knoblauch, womit man Brust und Schultern einreibt, ist das probateste Mittel gegen alle Art von Bezauberung. Allgemein in der Europäischen Türkei ist der Glaube an die Wirkungen des bösen Auges, die man jedoch durch das Tragen blauer Kleidung, durch Anfaffen eines eisernen GeräthcS oder Ad- schießen eines Pistols neutralisirt. Flüche und Verwünschungen glaubt der gemeine Servier unwirksam zu machen, wenn er beim Höre» derselben tüchtig ausspuckt. Die Albaneser fürchten sich vor Wchr- wölfen, die von Weihnachten bis zum Feste Epiphania umgehen, und die Griechen vor Vampyr-Geistern, die in Bergschluchten Hau sen. Diese letzteren Unholde verlassen ihre Gräber, um die Lebenden zu beunruhigen, oder ste zu ersticken und ihnen das Blut auszusau- aen. Wer in solcher Art von Vamhyren heimgesucht worden, wird selbst ein Vampyr, und an seinem Körper erscheinen rothe oder blaue Flecken, den Stichen der Blutegel ähnlich. Man erkennt einen Vam pyr-Leichnam an der Flüssigkeit seines Blutes, der Biegsamkeit seiner Glieder und fehlenden Spuren der Verwesung. Bisweilen haben Körper offne starrende Augen; ihr Haar und ihre Nägel wachse» noch im Tode, und sie machen ein Geräusch, dem Akte des Kauens und Zermalmens ähnlich. Um sich von ihnen zu befreien, muß man sie wieder ausscharren, den Kopf abhauen und den Rumps verbren nen. Ihre Bisse macht man dadurch unwirksam, daß man den lei denden Theil mit einer Salbe aus Vampyr-Blut und aus Erde, die von dem Grabe eines VampyrS genommen ist, einreibt. Je schöner und großartiger die Begräbniß-Plätze von Konstan tinopel und Skutari sind, desto unangenehmer muß es berühren, daß man sie nicht bloß als Promenaden, sondern sogar als Schauplätze von Spielen und Lustbarkeiten benutzt. An Tagen, die dem Gebet und der Ruhe gewidmet sind, füllen sich einige große, außerhalb der Mauern Konstantinopels liegende Todtenfelder mit Männern, Frauen, Kindern und Fuhrwerken; man lagert sich, zecht und treibt allerlei ergötzliche Possen, währenv in geringer Entfernung von einem solchen lärmenden Kreise an einem srisch aufgeschütteten Grabe Leichcngesänge angestimmt werden. Der Kontrast ist sehr unange nehm und das Verweilen auf den verpesteten Grabstätten sehr un gesund. Die Gottesäcker der Christen und der Albaneser sind eben so wenig als die muselmänischen eingefriedigt und liegen oft mitten in Wäldern oder Einöden. Kleine dreieckige Steine, zu denen selten noch ein kleines hölzernes Kreuz kommt, bezeichnen die Gräber. Da die Slawen ihre Särge nicht tiefer vergraben, als die Türken, so geschieht eS in Serbien nicht selten, daß Schweine die Gräber auf wühlen — ein abscheulicher Anblick! Die Montenegriner zieren die Kreuze auf den Gräbern mit so vielen Abbildungen des Bogels Kuckuck, als der Verstorbene Schwestern hinterlassen hat. Dieser Gebrauch kommt daher, weil ein Mädchen den Tod ihres Bruders so lange beweint haben soll, bis der Himmel, ihrer unaufhörlichen Klagen müde, sie endlich in einen Kuckuck verwandelte. Der musikalische Sinn fast aller die Türkei bewohnenden Völ ker scheint noch sehr unentwickelt zu seyn. Der alte Statthalter von Bitoglia machte sich regelmäßig das Vergnügen, ein furchtbares Charivari aus Trompeten, Klarinen, Klarinetten, Oboen, Cymbeln und großen Trommeln anzuhören; ein anderer Statthalter ergötzte sich jeden Abend an einer Trommel-Serenade, die im Vorsaale seines Divans geschlagen wurde! Nur am Servischen Hofe scheint eine menschlichere Musik allmälig auszukommen, seitdem Fürst Mi- losch einen tonkundigen Schlesier als Kapellmeister angestellt hat. Dieser wackere Mann soll seinen Zöglingen zuweilen bis an Sv Stockprügel aufzählen lassen — so sehr liegt ihm die Bildung eines guten Musik-CorpS am Herzen! Die große Trommel darf bei keiner Servischen HochzeitSfeicr fehlen; auch der Dudelsack spielt dabei eine Rolle; doch fubstituirt man ihm bisweilen ein Spanferkel, das der Künstler unter dem linken Arme trägt, während er eS mit der rechten Hand in die Ohren zwickt. Dies ist eine zarte Anspielung aus die Harmonie, welche der Ehestand den künftigen Gatten verheißt. Galanterie gegen Damen ist den Albanesern, den Slawen und den Türken eine unbekannte Sache. Der gemeine Muselmann begreift nicht, wke man seiner Frau den Arm reichen und so mit ihr spazie ren gehen könne. Jussus, Pascha von Belgrad, gab im Jahre >8Z7, bei Gelegenheit der Berheirathung seines Sohnes, ein großes Fest. Dir Familie des Fürsten Milosch und der Oesterreichische Konful waren dazu eingeladen; der ungalante Pascha wollte aber nicht, daß Letzterer der Fürstin Milosch den Ehrenplatz einräumte, und nöthigte ihn, diesen Platz selbst einzunehmen, die Worte hinzufügend: „Dir gehört der erste Platz; denn Du bist mein ältester Freund!" Bei den Slawischen Christen muß das Weib die Kinder crzie- hen, spinnen, Leinewand weben, Tuch bereiten, die Heerde hüten und den größten Theit der Feldarbeiten thun. In der Wallachei sieht man die Frauen, mit schweren Lasten Holz oder Heu beladen, von den Bergen herabsteigen, während ihre Männer, Taback schmau chend und höchstens mit einer Flinte auf dem Rücken, ihnen zur Seite gehen. Die Bäuerinnen ziehen ihren Männern, wenn sie vom Acker heimkehren, Schuhe und Strümpfe aus, waschen ihnen die Füße, bedienen sie mit Speisen und entfernen sich dann, um in Gesellschaft der Kinder und der Mägde zu essen. So groß aber auch die Unterwürfigkeit des weiblichen Geschlechtes in der Türkei ist, so kann man den Türken und Slawen doch zum Ruhme nach sagen, daß sie ihre Frauen niemals mißhandeln, wie die Wallachen und die Ungarn thun; sondern sanft und freundlich mit ihnen umge hen, wie im tiefen Gefühl der physischen Schwäche des Weibes. Der gemeinste Türke hat Rücksichten gegen sein Weib, die das nie dere Volk bei uns lächerlich finden würde; und doch ist keine dieser Rücksichten eigentlich galanter Art, daher diese Bemerkung mit der obigen kcinesweges im Widerspruch steht. Wo Herr Bouö von den Reformen Mabmud's spricht, zeigt er uns, wie wenig sie bis jetzt bei den Türken Wurzel gefaßt. Die meisten dieser Reformen betreffen übrigens nicht einmal Dinge von Erheblichkeit. Die Türken Haden in Konstantinopel keine andere Schauspiele, als Marionetten, Zauberlaternen und Gauklerstücke. Im Jahre l8ZV sollte ein gewisser Ali Aga Europäische Komödien übersetzen und auf einem Amphitheater vorstellen lassen. Drei Jahre früher hatte Fürst Milosch in Servien ein kleines Theater errichtet; allein er unterbrach mehrmals die Vorstellungen und bewies damit, wie sehr neu ihm diese Ergötzlichkeit war. Eines Tages wollte er mitten in einer Waldgegend auf der Bühne ein Kriegsschiff Wieder sehen, dessen Decoration ihm ein paar Abende zuvor besonders ge fallen hatte. Ein anderes Mal ermahnte er kämpfende Schauspie ler, nicht so stark auf einander einzubauen, damit keiner das Leben cinbüßtc; und wieder ein anderes Mal rief er einem Schauspieler, der an einen Baum gefesselt war, zu, wie er in diesem Zustand sin gen könne? Holland. Nord-Holland und der Helder. (Fortsetzung.) So verstrich der Winter, und ich sah den Frühling begin, neu, mit dem ganzen Entzücken der Armen, die an dem ersten son nigen Tage ihre dunkle Abgeschiedenheit verlassen, durch die blumen reichen Wiesen wandeln und alle Herrlichkeit der Natur als ihr Eigenthum betrachten. Ein unerwartetes Ereigniß, ein Zufall, über hob mich plötzlich aller meiner Sorgen. Wenn ich mich von meiner Wohnung nach der Universität begab, kam ich regelmäßig täglich zweimal durch eine kleine ziemlich dunkle Straße, die von Handwer kern und Kaufleuten dritter Gattung bewohnt war. Schon öfters hatte ich eine bejahrte Frau in einer Niederlage Chinesischen Porzes- tanS bemerkt, die mich jedesmal beim Borübergehen aufmerksam be trachtete. Lange hatte ich , das regelmäßige Hinaustreten der Krä merin auf ihre Ladenschwelle bemerkt, ohne mir dabei etwas zu denken, und ohne daß es auf mich irgend einen Eindruck gemacht hätte. Meine Freunde hatten schon dieselbe Beobachtung gemacht. Nach und nach wurde ich aufmerksamer, und wenn ich mich zuweilen in einiger Entfernung umsah, so bemerkte ich, daß die Frau mir unverwandt nachblickte und erst dann in ihren Laden zurücktrat, wenn mich eine Biegung der Straße ihren Augen entzog. Meine Gefährten, welchen die Zuneigung der Krämerin ebenfalls ausgefallen war, spotteten jedesmal bei unserem Abendessen über meine Eroberung, deren Name Elvina Teederhart (zärtliches Herz) noch ganz besonders zu den romantischen Gefühlen zu paffen schien, die wir bei ihr voraussetzten. Zuerst waren mir aus einem dunklen Gefühl die oft unzarten Späße darüber sehr unangenehm, nach und nach ließ ich mich aber verlei ten, selbst über das zu lachen, was man mein gutes Glück nannte. Eines TageS, als ich einige Schritte hinter meinen Freunden zurück geblieben war, sahen diese die gute Frau schon in der Thür stehen und riefen mir lachend und spöttisch zu: „Eile herbei, zögernder Ge liebter, Deine junge Schönheit erwartet Dich." Die arme Frau erröthete und erblaßte, warf mir einen unbeschreiblich sanften und traurigen Blick zu und zog sich in ihr Magazin zurück. Ich entfernte mich stillschweigend, unzufrieden mit meinen Freunden und mit mir selbst; denn wodurch hatte die Aermste wohl solche unwürdige Krän kung verdient? Diesmal schien mir der Bortrag des Professors äußerst lang: ich war gar nicht im Stande, meine Gedanken darauf zu richten, sondern eilte nur nach dem Laden der Frau Teederhart, die sich aber nicht sehen ließ, ich ging vor ihren Fenstern auf und ab, setzte meinen Weg fort, sah mich dann um, sie kam nicht So trieb ich eS drei Tage, und als ich sie gar nicht wieder erblickte, beschloß ich, zu ihr zu gehen und sie um Verzeihung zu bitten. Schüchtern und ängstlich schritt ich über die Thürschwelle, blieb stehen und sah mich um, ob die Nachbarn mich wohl bemerkten; ich war so unruhig geworden, als ob mein lauteres kindliches Gefühl, das mich zu dem Schritte antrieb, gemißbeutet werden könnte. Als ich noch unbeweglich und unentschlossen dastand und nicht wußte, ob ich vorwärts gehen oder