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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrSnumerationS- PreiS 22 j Sgr. THIr.) vierteljährlich, Z Thlr. für daS ganze Jahr, ohne Er Höhung, in allen Tbeiün der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrichssir. Nr. 72); i» der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 31. Berlin, Mittwoch den 28. April 1841 Holland. l?ouis Buonaparte als König in Holland. Louis Buonaparte wurde in seinem siebenundzwanzigsten Jahre König wider seinen Willen. Welches Mährchen der Tausend und einen Nacht nimmt wohl einen phantastischeren Anfang? Sobald er in die Hauptstadt eingezogen war, bot der improvi- sirte Hof des widerstrebenden Monarchen ein Schauspiel, welches in vollkommenem Einklänge mit dem Romane seines Ursprungs stand. Das diplomatische Corps und der Hofstaat des Königs fanden weder Palast noch Tafel bei einem republikanischen Volke, das in Zeit von vierundzwanzig Stunden zu Königlichen Untcrthanen umgewandelt worden war; sie mußten in einem Gasthofe wohnen und bei einer Schauspielerin speisen. In diesem Gasthose, der den Namen des Marschalls Türenne führte, mußten die Gesandten der beim König Ludwig I. vertretenen Mächte ihre Kanzeleicn wohl oder übel in sehr beschränkten Zimmern untcrbringen, deren Thüren alle nach Einem Korridor hinausgingen. Auf diesem Korridor wurden die Rechte des Vortritts mit nicht minderer Strenge geltend gemacht, als auf dem Wiener Kongresse. Der Schein einer Lampe zeigte Nr. I, Russische Gesandtschaft, Herr von Neffelrode; Nr. 2, Oestcr- reichische Gesandtschaft, Herr von Feltz; Nr. Z, der Graf von Loewen- dal u. s. w. Der Französische Gesandte, Dupont-Chaumont, war der einzige, der eine Strohmatte vor seiner Thür liegen hatte. Der leidenschaftlichste Kampf der feindlichen Interessen entspann sich an der gemeinsamen Tafel. MUe. Lobst vom Französischen Theater im Haag hatte hier die Rolle der Ninon de Lenclos unter ihren Anbetern der Plare Royale im siebzehnten Jahrhundert über nommen. Das Ministerium wurde bald zusammengebracht; Mollerus, Gogel, Twent, Roell, van der Goes waren Männer, die ave Achtung verdienten; aber die Fatalität, welche auf dieser merkwürdigen Re gierung lastete, offenbarte sich von Anfang an. Einige Höflinge hatten den König überredet, er sey der Landessprache vollkommen mächtig; er wollte demnach die General-Staaten Holländisch anreden; bevor jedoch die Rede zu Ende war, schwebte Lächeln auf Aller Lippen. Etwas später, gleichsam als ob der Zufall alle seine Launen an ihm hätte auslaffen wollen, verwirrte sich eine Debatte, welche die Minister in der Landessprache begonnen hatten, so sehr, daß sie zum Französischen ihre Zuflucht nehmen mußten. Diese und ähnliche komische Vorfälle bekümmerten den König, dem deren nachtheilige Wirkung nicht entging. Daher unterließ er auch nichts, was seiner Krone cme moralische Stütze verleihen konnte. So unternahm er eine Pilgerfahrt nach Saardam. Die Huldigung, die ein aus dem Volke hcrvorgegangrner Fürst einem Monarchen er wies, der wenigstens für einige Zeil in die Reihen desselben zurück gekehrt war, zeigte jedenfalls von einer edlen Gesinnung. Zu jener Zeit war das elegante bresm-boot, welches die Reisenden jetzt nach dem A bringt, noch nicht vorhanden; Napoleon hatte den Dampf proskribirt; man mußte mit der naclw «rbuic vorlieb nehmen. Welche Fahrt! Auf dem Boote befand sich der Bruder des . großen Napoleon; in seiner Gesellschaft Gesandtschasts-Secretaire, Minister, Neugierige; hinter ihnen entrollte sich das prachtvollste Panorama: Amsterdam, bewimpelt und beflaggt zu Ehren Louis Buonaparte's, Amsterdam, die schwimmende Stadt, das Holländische Delos. Vorwärts des Schiffes entfaltete sich dagegen ein bukolisches Tableau: üppige Wiesen, zwischen denen hohe Segel emporragten, so daß die Schiffe aus der Grasdecke zu schwimmen schienen. Auf diesen weiten Flächen traf der Blick auf keinen Menschen; sie waren ganz und gar von dem Lieblingsvolke Paul Potter's, von weidenden Rindern und frei umberschweifenden Heerde«, eingenommen. Es schien fast, als ob diese höhnisch auf den Monarchen herabschauten, dem sein Thron weniger Sicherheit bot, als ihnen die beständig dem Anstürmen des Meeres ausgesetzten Weideplätze. In Saardam fand der König auch keine Beruhigung. Der An blick des reizenden Dorfes von buntem Holze, der elliptisch ausge schnittene Hasen, die vierhundert sausenden Mühlen machten einen freundlichen Eindruck auf ihn; aber die Schlange lauerte unter den Blume«. Als man der Häuserqruppe näher kam und die Einwohner auf ihren Lusthäusern mit unerschütterlicher Ruhe ihre Pfeifen rauchen und die „Vrai llollsiuin^e" lesen sah, die neue Zeitung, welche Herr von Fernere und Louis für sie redigirten, da entschlüpfte dem Munde Aller ein Schrei ver Verwunderung. Auf dem Giebel jedes Häuschens las man Worte des Friedens und der stillen Zufrieden heit, Ariome und Sentenzen, welche als Ausdruck der Volksweisheit von einem Ende der Welt zum anderen verbreitet sind, Aufschriften wie folgende: „Hier weilt der Frieden." — „Hoffnung und Ruhe." — „Ich bin zufrieden." — „Ich liebe meine Mitmenschen." — „Vaterland uns Ehre", und ähnliche. Beim Anblicke dieser In schriften, von denen einige unter den damaligen Umständen beißende Satiren waren, konnte ich mich nicht enthalten, verstohlen auf den König Hinzuschauen. Sein Charakter widerstand diesem Eindrücke nicht, und das traurige Verhängyiß seiner Regierung schien sich in seinen Zügen abzuspiegcln. Fast jeder Tag brachte solche Winke der Vorsehung, geheimniß volle Andeutungen. Bald waren sie düster wie das Geschick des Fürsten, bald burlesk wie eine Fastnachtspoffe. Im Jahre 1808, während ver Hof sich zu Utrecht aushielt, wendeten sich die Hosleute an einen Schauspieler, Namens Moraitricr, der sich im Französischen Frack mit leichter Eleganz bewegte, um von ihm die Kunst zu lernen, wie man einen Federhut halten oder einen Degen » la Uiekelleu umgürten müsse. Aber Mpraitrier's Kunst scheiterte an den bürger lichen und militairischen Gewohnheiten von Leuten, die wohl dazu gemacht waren, um Holland zu erobern, aber nicht, um sich darin zu behaupten. Im Palaste kamen die lächerlichsten Sccnen vor. Ein Oberkoch, Namens Darras, der sich, wie Vatel, durch eine verleumderische Nachrede in seiner Ehre gekränkt glaubte, drang einst beim Frühstück bis zum Könige. „Sire", sagte er, „man hat mich verleumdet, aber ich habe mir keinen Vorwurf zu machen; und da ich Ihr Vertrauen verloren habe, so gebe ich Ew. Majestät bic Schürze meines Dienstes znrüa." Mit diesen ^Lorten legte er, wie ein abgcdanktcr Minister sein Portefeuille, die Schürze auf den Tisch des Königs nieder. Einen weniger zur Schwermut- geneigten Fürsten würde "dieser lächerliche Stolz erbittert oder belustigt haben. Louis antwortete mit traurigem Lächeln: „Darras, ich bin mit Ihnen zufrieden; nehmen Sie die Schürze zurück." — „Sire", entgegnete der Koch mit tiefer Ver beugung, „Ihnen kann ich nichts abschlagen." Ein anderesmal sagte der König zu Giraud, seinem ersten Chirurgus: „Giraud, hätten Sie wohl je geglaubt, daß Sie der Chirurgus eines Königs werden würden?" — „Und hätten Sie wohl, Sire", entgegnete der Fran zose pikirt, „noch vor kurzem daran gedacht, daß Sie König werden würden?" (k'. b.) Frankreich. Französische Erpedition nach dem nördlichen Eismeer. (i806.) Seit langer Zeit behaupten sich die Engländer im Besitze des Fischfang-Monopols in den Gewässern in der Nähe des Nordpols. Die Holländer, die eine lange Reihe von Jahren mit denselben kämpf ten, um ihre eigenen Fischereien, und selbst auch nur, um das Recht sich zu erhalten, gewisse fischreiche Gegenden befahren zu dürfen, haben endlich ihren mächtigen Gegnern das Feld räumen müssen. Die Ent deckungen Parrp's und des Capitains John Roß in der Baffins-Bai, in dem Lancaster-Sunde und in der Prinz-Negentcn-Einfahrt haben dazu beigctragen, die Ansprüche der Englischen Wallfischfänger der maßen zu steigern, daß sie sich fortan als die unumschränkten Be herrscher der Schifffahrt in den nördlichen Gewässern betrachten, und daß man seit geraumer Zeit kein Fahrzeug einer anderen Nation, weder in der Davis-Straße, noch in den zahlreichen kleineren Durch fahrten gegenüber der nördlichen Küste von Grönland, noch weniger in der Meerenge der Hudsons-Bai erblickt. Als alleinige Herren des Walisisch- und des Seehunds-Fanges in fast dem ganzen Umfange der nördlichen Polar-Gegenden, erfreuen sich die Engländer ungestört des Betriebes eines Handelszweiges, der außerordentlich gewinnreich für sie ist. Die Rheder und mittelbar die Negierung ziehen jährlich bedeutende Vortheile ans demselben, und überdies bildet die zu den jährlichen Reisen verwendete Handels Flotte eine vortreffliche Matrasen.Schule für die Marine. Um nun Großbritanicn diese gewiß unersetzliche HülfsqueUc zu entziehen, hatte Napoleon im Jahre I8l>5 beschlossen, die Englischen Wallfischfänger von den Gegenden in der Nähe Spitzbergens und Grönlands wo möglich zu entfernen. Die Engländer schienen keines Weges zu vermuthen, daß die Kaiserliche Regierung auch nur daran dächte, sie in der Aufsuchung und Durchforschung jener Eis-Regionen