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Wöchentlich erscheinen »rA Nummern. PrLnumeratiom- Prei« 2Lf Sgr. (j THIr.) vierteliichrlich, 3 THIr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumcrirt ans dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. StaatS-Zeitung (FriedrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. S4. Berlin, Donnerstag den 6- Mai 1841. Frankreich. Die berühmten Frauen der Revolution. Ein Beitrag zur Geschichte der Frauen-Emancipation. Das unter obigem Titel in Paris erschienene Werk muß als ein werthvoller Beitrag zur Geschichte der Frauen-Emancipation angesehen werven. Vielleicht ist der Gedanke derselben nie kühner ausgesprochen, vielleicht sind nie energischere Versuche zur Durchführung desselben gemacht worden, als in der Revolutionszeit. Was den ersteren Punkt betrifft, so brauchen wir nur das Manifest der berühmten Olpmpia von Gouges zu betrachten, wo alle Beschwerden des schönen Ge schlechts auf eine sehr kraftvolle Weise formulirt sind. „Welche Vor theile", ruft sie den Frauen zu, „hat Euch denn die Revolution ge bracht? Keine andere, als eine größere Geringschätzung und eine entschiedenere Verachtung." Das schöne Geschlecht hat übrigens in dem Verfasser des ge nannten Werkes, Herrn Lairtullier, einen begeisterten Vertheidiger seiner Rechte gefunden. „Gewiß", ruft er aus, „wird einst die Zeit kommen, wo die Frau die ihr gebührende Stellung in der Gesell schaft einnehmen, ihre verkannten Rechte zur Anerkennung bringen und sich aus der Erniedrigung erheben wird, zu der die Jahrhun derte sie verdammt haben, und welche kraft der Usurpation für den Normalzustand gilt. Dann wird man sie auch zuweilen aus dem Gebiete der Häuslichkeit hervortreten sehen, um das Heiligthum des Vaterlandes zu betreten, das Land zu lieben und nicht bloß die Haushaltung, die Franzosen und nicht bloß einen Franzosen, dann wird man sie sich den höchsten Bestrebungen in den Wissenschaften, in den Künsten, in der Industrie zugesellen sehen." — Sollte, es einem anderen Chaumette einfallcn, zu sagen: „Seit wann ist es denn den Frauen gestattet, ihr Geschlecht abzuschwören? Seit wann ist cs denn gebräuchlich, daß sie ihre Haushaltung, die Wiege ihrer Kinder verlassen, um auf den öffentlichen Plätzen, auf der Redner- bühne, vor den Schranken des Senats und in den Reihen der Armee die Pflichten zu erfüllen, welche die Natur den Männern zugetheilt hat? Hat sie uns denn Brüste gegeben, um unsere Kinder zu säugen?" so hat er die Antwort bereit: „Ihr bewilligt ihnen die Herrschaft der Schönheit, der Anmuth und Jugend, Kleinigkeit! Wenn sie aber zu dem Alter gelangen, wo ihr Leben den Reiz Ler Schönheit und der Illusion verliert und sich ganz in die denkende Kraft zurück zieht, was wird dann aus dem Argumente?" Ja, möchten wir fragen, was wird dann aus dem Argumente? Was sollen die Frauen im vierzigsten Jahre thun, wenn sie nichts mehr als Gattin, Mutter und Weib sind? Die Erfahrungen deS Jahres I7S3 erlauben uns, die Folgen der Frauen-Emancipation nach ihrer physischen und moralischen Seite hin, wenigstens einigermaßen, zu überschauen. Da haben wir zu nächst die Theroigne, die sich durch blutige Thaten einen militairischen Grad erkämpfte. Sie erscheint in einem Amazoncnkleide, mit einem Hute » I» Henri lv. An der Seite trägt sie einen mächtigen Säbel, im Gürtel zwei Pistolen, in der Hand eine Reitgerte. Wie Herr Lairtullier sich auSdrückt, ist die Energie, die unter diesem Kostüm zum Vorschein kömmt, leichter auszudrücken, als die Anmuth. Wir glauben es ihm gern; die Anmuth, die bis zu den Zähnen bewaffnet ist, welche die Verwegenheit auf der Stirn, die Wuth und die Rach sucht in den Augen trägt, und die ihre Hände in Blut getaucht hat, muß allerdings nicht leicht auszudrücken sepn. Die Idee der Weib lichkeit darzustellen, darf eine solche Heroine keinen Anspruch machen, höchstens eine Marketenderin in einem Reiter-Theater. Herr Lair, tullier, welcher alle mögliche Beispiele von der moralischen Macht der Frauen zusammengetragen hat, von MlleS. Fering an, welche an der Seite ihres Vaters kämpften, von der Marschallin von Guebriand an, die einen Gesandtschaftspostcn versah, und der gelehrten La Lezar- di«re, bis zu Frau von Krüdener, hat doch vergessen, das Resultat zu ziehen, daß die Frau, die ihren Vater tröstet, ihren Mann be glückt, ihre Kinder gut erzieht, mehr wahrhafte Energie beweist als diejenige, welche ihr Leben in blutigen Kämpfen aufs Spiel setzt öder politische Abhandlungen ausheckt. . Betrachten wir Madame Rolland z. B-, wie sie sich außerhalb ihres politischen Lebens darstellt. Wenn wir den Schriften glauben, r Zdr zugeschrieben werden, so war sie im siebzehnten Jahre Philo- sophm und wußte die mädchenhafte Unschuld zu bewahren. Sie sah m der Ehe eine Association, in welcher die Frau das Glück zweier Individuen auf sich nimmt. Sie theilte die Arbeiten ihres Mannes, wie sie seine Mahlzeiten theilte. Ohne sie würde sein Verdienst vielleicht nicht geringer gewesen sepn, aber in Verbindung mit ihr machte cS mehr Sensation, weil sie zu ihren gemeinschaftlichen Schriften ein Gemisch von Verstand, Sanftmuth und Empfindung hinzubrachte. Ihr Leben, welches puritanisch und schimmernd zu gleicher Zeit war, erscheint bis zum Tage ihrer Gefangensetzung als ein Leben der Entsagung. Was that sie aber an diesem Tage? Warum verwarf sie die Verkleidung, von welcher sie Rettung hoffen durfte? Warum flüchtete Rolland allein? Warum hielt seine Frau, die im Besitze eines Paffes war, es für ihre Pflicht, in Paris zu bleiben? Warum drängte sie sich so sehr danach, die Empfindungen, von denen ihr Herz überwallte, vor dem Konvent auszuschütten? Weil, wie sie sagte, sie die hochherzigen und schrecklichen Empfin dungen kennen gelernt hatte, die nie Heller aufflammen, als in den Zeiten politischer Umwälzungen und des Umsturzes der gesellschaft lichen Beziehungen. Herr Lairtullier glaubt in Barbarour, dem schönsten der Girondisten, den Gegenstand ihrer spät erwachten Leiden schaft zu erkennen, und diese Annahme ist nicht unwahrscheinlich. Dem sey indeß, wie ihm wolle; wir wollen in dem Gefühle, welches Madame Rolland zurückgehalten hat, nur ein unsicheres Schwanken, eine unerklärliche Rathlosigkeit sehen. Welches sind aber nicht die Folgen dieser augenblicklichen Selbstvergesscnheit? Was wird aus dieser Familie, die mit einer Pcnsylvanischcn Pflanzersamilic ver glichen wurde? Was wird aus dem würdevollen, einfachen Maune? Was aus der schönen, keuschen, aufopfernden Frau? Die Frau stieg auf das Schaffst, der Mann tödtcte sich aus der Heerstraße, und ihre Tochter blieb als Waise zurück. Olympia von Gouges sagt: „Das Prinzip jeder Souverainetät hat wesentlich seinen Sitz in der Nation, welche nichts Anderes als die Vereinigung der Frau und des Mannes ist." Zugegeben, daß die Frau und der Mann sich in die Macht Iheilen sollen, so ergiebt es sich doch aus der natürlichen Verschiedenheit der Geschlechter, daß dem Manne die Leitung nach außen hin, der Frau die nach innen hin zufällt. Das steht auch wohl fest, daß Mirabeau, als er die Frauen unter das häusliche Dach verwies, als er ihnen den Zutritt zu den öffentlichen Versammlungen untersagte, ihnen nicht die Pille vergoldete, wie Herr Lairtullier behauptet, sondern ihnen Alles be willigte, was ihnen möglicherweise bewilligt werden konnte. Ein Blick auf das Leben der Olympia von Gouges wird den Beweis liefern. Mit einem Talente ausgestattet, welches zuweilen an das der Improvisatorin, zuweilen an das des Gesetzgebers hinanstreifte, war sie doch nicht die bemerkenswerthcste Frau ihrer Zeit. Und warum nicht? Weil sie nicht Frau sepn wollte. Ohne lesen öder schreiben zu können, strebte sie nach dem Ruhme einer Ninon de l'Enclos; aber Niemand konnte weniger als sie Anspruch aus raffinirte Eleganz machen. Im sechzehnten Jahre Witwe, kam sie nach Paris und wurde die gefeierte Schönheit aller Epikuräischen Gesellschaften. Möglich, daß sie ihre Gedanken diktirte, nachdem sie sich zur Schrift stellerin aufgeworfen; weniger glaublich ist es aber, daß sie von allen Dingen ordentliche Kenntniß gehabt, ohne lesen oder schreiben zu können. Wahrscheinlicher ist es, daß sic ziemlich unwissend gewesen, daß sie aber gar nichts zu wissen vorgab, um mit der den Süd ländern eigenthümlichen Prahlerei ausrufen zu können: „Man hat mir nichts gelehrt; ich mache aus meiner Unwissenheit eine Trophäe; ich diktire mit meiner Seele, nie mit meinem Geiste." Sollen wir mit ihr annehmen, daß ihrer Seele die Kenntniß der Geschichte und der Literatur angeboren gewesen sey? Nachdem sie mit mehreren Sachen hervorgctrctcn, die sie in einigen Tagen entworfen und diktirt haben soll, und die alle das natürliche Gepräge des Genies tragen, nachdem sie die Idee zu einem zweiten lllwscr« k>anyais angegeben, drohte sie der Gesellschaft, sich in die Einsamkeit zurückzuziehcn, um einen Plan zu Gunsten ihres Geschlechts auszusinnen. „Dasselbe fühlt", sagte sie, „daß sein Ruhm nur auf der Schwachheit der Männer beruht, deren Wünsche ^bald durch die Verachtung verdrängt werden. Sonst läuterte das Bestre ben, unserem Geschlecht zu gefallen, ihren Muth; jetzt hält sie eine unheilige Begehrlichkeit nur noch in einer demüthigen Entnervung." Auch im äußeren Leben überschritt sie immer mehr die Gränzen, die der Weiblichkeit gesteckt sind. So bot sie ihren Kritikern Pistolen- Duelle aus vier Fuß Distanz und drei Fuß in der Erde an und wollte ihnen noch den Vortheil des ersten Schusses einräumen; im Weigerungsfälle drohte sic ihnen die Ohren abzuschnciden. Vom Schauspielerwesen sagte sie sich ganz los und richtete ihre Thätigkeit bloß noch darauf, Pläne für das öffentliche Wohl zu entwerfen^