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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- vreis 22; Sgr. (j THIr.) v'-tteiMrüch, 3 THIr. für das ganze Jahr, ohne Er- döbung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prSnumerirt auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Exvedition der ANg. Pr. StaatS-Jcitung (FriedrichSftr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. so Berlin, Montag den 26. April 1841. Frankreich. Der Elsaß in den ersten Zeiten der Französischen Herrschaft.") Nach der Vereinigung des Elsasses mit Frankreich wurde der Marquis von Tilladet, Gouverneur von Breisach, beauftragt, im Namen des Königs die Eidesleistung der LehnSbcsitzer der Provinz anzunehmen. Beinahe hätte aber Ludwig XiV. dieselbe durch die Erschöpfung des Schatzes wieder verloren. Dies crgiebt sich aus einem Briefe des Kardinals Mazarin an Le Tellier; derselbe ist vom 28. August 1030 und lautet: „Entweder verstehe ich nichts von den Geschäften, oder es lst ein unverzeihliches Verbrechen, das Geld zur Erhaltung von Platzen wie Casal, Philippsburg, Breisach und andere, zu deren Eroberung cs Jahrhunderte bedarf und die Ströme Fran zösischen BluteS gekostet haben, nicht zu nehmen, wo cs sich findet. Es muß dies dem Ober-Intendanten einleuchtend gemacht und er daraus hingcwiesen werden, daß ihn kein größeres Unglück treffen konnte, als wenn unter seiner Finanz-Verwaltung einer dieser Plätze wegen Mangel der nöthigen Subsistenzmittel verloren ginge, da er doch wissen muß, daß jeder gute Franzose sein Blut hingcbcn würde, um den Verlust eines Besitzes zu verhüten, dessen Erwerbung so viele Mühe gekostet hat und dessen Erhaltung unumgänglich für das Wohl des Staates ist. Für jedes andere Unglück giebt cs noch Abhülse, aber keine für die Einbuße solcher Plätze." Mazarin, der hier den Rath gab, da- Geld zu nehmen, wo cS sich fände, entschloß sich, eS vorzustreckcn. „Ich werde mir die Freiheit nehmen, Ihnen bei dieser Gelegenheit zu bemerken", schreibt er, „daß ohne meine Bereitwillig- keit, da- Wenige herzugebcn, was ich lheils an Geld, theils an Möbeln besitze, die ich verpfänden mußte, so wie ohne die Anleihen, welche ich bei denen ausgenommen habe, die mir Kredit geben, der König jetzt einige Plätze, vielleicht einige Provinzen weniger besitzen würde. Ich bin fest entschlossen, und in aller Freudigkeit, ohne einen Pfennig zu sterben, und dieser Gedanke macht mir viel Vergnügen." Diese Worte Mazarin's bilden einen merkwürdigen Widerspruch mit der Geldgier, die man ihm gewöhnlich vorwirft; es waren indeß auch nur Worte. Dieser Mann, der „fest entschlossen war, und in aller Freudigkeit, ohne einen Pfennig zu sterben", hatte bekanntlich ein ungeheures Vermögen zusammcngescharrt, das wohl übertrieben auf IM Millionen geschätzt wurde, das aber wohl mindestens auf 40 Millionen, wie Pamponne meint, geschätzt werden darf. Auch war es wohl Mazarin weniger um eine Darlegung seines Patriotis mus als um die Wiedererstattung seiner früheren Vorschüsse zu thun. Die im Elsaß vor dem Frieden ertheilten Donationen waren zurück- qenommen wordcn, um den Donataren Geld abzuprcssen; aber dieses Mittel erwies sich als ungenügend, und da die Deutschen Obersten ihren Sold nicht erhielten, drohten sie, sich selbst bezahlt zu machen. Dadurch wurden die Befürchtungen Mazarin's gerechtfertigt. Es bedurfte langer Zeit, um Frankreich den ruhigen Besitz dieser Provinz zu sichern. Man ersieht dies aus einem Briefe, den der berühmte CondL am 30. Juni 1073 an Louvois schrieb. „Ich kann nicht umhin, Ihnen zu bemerken", heißt es in diesem, „daß das An sehen des Königs im Elsaß ganz zu Grunde geht. Die zehn Kaiser lichen Städte, weit entfernt, dem Könige Unterwürfigkeit zu bezeigen, wie sie doch vermöge des Schutzrechtes sollten, das der König durch den Westphälischen Frieden erlangt hat, sind ihm feindlich gesinnt. Der Adel im Nieder-Elsaß hat fast dieselbe Gesinnung; Hagenau hat Herrn von Mazarin frecher Weise die Thore vor der Nase zu- gewvrfcn und die kleine Stadt Münster hat ihn auSgetriebcn." ES war dies ganz natürlich. Der Westphälischc Friede hatte Frankreich allerdings den Besitz von Breisach, von vier dazu gehörigen Dörfern so wie aller erblichen Besitzungen des Hauses Oesterreich im Elsaß -»gestanden; aber über die zehn Reichsstädte: Kolmar, Hagenau, Schlettstadt, Weißenburg , Landau, Obernheim, NoSheim, Münster, Kaisersberg und Türckheim, hatte der König nur ein Schutzrccht er worben. In der sehr gegründeten Furcht, daß dieses Schutzrecht sich leicht in ein Besitzrccht verwandeln könnte, wachten die Reichsstädte sehr ängstlich über ihre Freiheiten, und da ihr Interesse mit dem ?es Kaisers und Reiches eng verflochten war, so mußte der König leinen Usurpationsplänen anfangs sehr leise auftreten. Noch nach einem Vierteljahrhunderte dauerte der Kampf fort, und Conde rieth »den Oooument» Mellit» ooneerusnt I'ilistvir« Ue k'rsiioe et psrU- I'^iüiiee et »ou Gouvernement »ou» le re^ue lle r.oui» XIV'.; pnr Vgl. Lm Artikel „Mannigfaltiges" in Nr. «3 des Magazins. dem Könige, den günstigen Augenblick wahrzunehmcn, „um Kolmar und Hagenau zur Vernunft zu bringen", d. h. sie zu unterwerfen. Unter den damaligen Verhältnissen hatten diese Kämpfe eine große Bedeutung. Die Französische Invasion in Holland hatte Deutschland in Aufregung gebracht. Der Regensburger Reichstag hatte eine allgemeine Bewaffnung zur Sicherheit des Reiches angc- ordnct. In dem Augenblicke, wo der Elsaß der Kriegsschauplatz zu werden schien, schickte Franz Egon, Graf von Fürstenberg und Bischof von Straßburg, einen Abgeordneten nach Paris, um die Neutralität seines Bisthums zu erwirken. Sie wurde ihm zugestandcn, aber Frankreich suchte lange den Straßburgern ihre Unabhängigkeit so viel wie möglich zu verleiden. Es erschwerte ihren Handel, indem cS die Schiffe mit Abgaben belegte, obschon der Westphälischc Friede die freie Rheinschifffahrt verbürgt hatte. Im Jahre 1081 kam end lich der lange gereifte Plan, Straßburg zu besetzen, zur Ausführung. Man ging dabei folgendermaßen zu Werke. Der Westphälischc Friede, so wie der Aachener und Npmweger Friede, hatten stipulirt, daß auch die Dependenzen der abgetretenen Städte an Frankreich kommen sollten. Ludwig XIV., der sich auf die Unbestimmtheit dieses Ausdrucks stützte, hatte 1070 in den Parlamenten von Metz, Breisach und Besancon sogenannte Reunions-Kammern errichtet, welche seine Ansprüche ermitteln sollten, und diese Kammern sprachen ihm große Gebiete zu, die er augenblicklich durch seine Truppen besetzen ließ. Der Regensburger Reichstag protestirte, aber Ludwig XIV. achtete nicht darauf und ließ den Beschluß des Parlaments von Breisach, der ihm den ganzen Elsaß zusprach, zur Vollziehung bringen. Der Magistrat von Straßburg schickte am 2S. September 1081 eine ge heime Botschaft an den Kaiser, um ihn von dieser Lage der Dinge zu benachrichtigen. In dieser heißt es: „Herr von Montclar hat uns am 28sten Abends angezeigt, er Wünsche, daß wir ihm einen unserer Abgeordneten zuschicktcn, damit er demselben die Willensmeinung Sr. Allerchristlichen Majestät mit- theilen könne, daß er nämlich, da die Kammer von Breisach dem Könige seinem Herrn die Oberhoheit des ganzen Elsaß zugesprochen, in Folge dieses Beschlusses, die Anerkennung dieser Oberhoheit und die Einnahme einer Garnison wünsche. Herr von Montclar hat uns zugleich angedeutet, daß, wenn wir uns gutwillig und bei Zeiten fügten, wir auf die Erhaltung unserer Rechte rechnen dürften; wenn w;r unö dagegen widersetzten und den geringsten Akt der Feindselig keit begingen, so habe der König jetzt eine hinlängliche Anzahl von Truppen, Artillerie und anderen nöthigen Dingen, um uns zu un serer Pflicht zurückzuführen. Da der Marquis von Louvois heute ankommen werde, so rathe er uns, rasch einen Entschluß zu fassen, damit er ihm diesen gleich nach seiner Ankunft, welche der des Aller christlichen Königs um 0 Tage vorangehe, mkttheilen könne." Dieser Brief hatte nicht zum Zweck, Unterstützung vom Kaiser zu fordern, sondern ihn nur zu benachrichtigen, daß der Magistrat sich unterwerfen werde, da er sich zu schwach zum Widerstande fühle. Er ließ allerdings Kanonen auf den Wällen ausfahren, aber das war nur zum Scheine; zugleich ließen sie an den Französischen Residenten heimlich die Anzeige ergehen, daß die Thore den Truppen Lud- wig's XIV. geöffnet werden sollten, und wirklich konnte Louvois einige Tage später den Bevollmächtigten seines Herrn in Frankfurt schreiben, „Straßburg habe sich ergeben, ohne daß die Truppen Sr. Majestät einen anderen Akt der Feindseligkeit begangen, als daß sie in eine Redoute eingedrungen, die von 10—12 Mann vertheidigt worden, welche entflohen sepen, nachdem sie 3 oder 0 Schüsse loSge- brannt hätten. Der Angriff auf die Redoute sey vorher mit dem Magistrat verabredet wordcn, dcr einen Vorwand zur Beruhigung des Volks gesucht habe." So erlangte Frankreich fast ohne Schwert schlag diese bedeutende Stadt, welche bald mit schweren Lasten belegt wurde, der man aber, um sie für diesen Verlust zu trösten, noch einige ihrer früheren Einrichtungen ließ. So z. B. die Eidesleistung des Magistrats und der Bürgerschaft auf dem Kirchplatze, eine Ccremonie, die, nach dem Ausdrucke des Königlichen KommiffariuS Künzlin, zwar an die Republik erinnerte, die aber doch insofern von Nutzen war, als dadurch beiden Theilen, nämlich dem Magistrate und den Bürgern, die Treue gegen den König ausdrücklich ringe- schärst wurde." Wenn Ludwig XIV. Straßburg noch einige seiner alten Ein richtungen ließ, so that er desto eifriger dazu, dem Elsaß Stück vor Stück und unter verschiedenen Vorwänden die religiöse Freiheit zu rauben, obgleich er die Erhaltung derselben angelodt hatte. Die Juden, welche der Westphälischc Frieden nicht unter seinen Schuß