Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen »rel Nummern. Prünnmerationch Preis 224 Sgr. Thlr.) victteliätzrNch, ll THIr. für d»S gMU« J»br, oh,e Er> hSbuiig, in »Um Tdeilen der PckuAschen Monarchie. für die Man prinumerirt auf diese« Lileratur-Dlatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. StaatS-Zeitung (Friedrichkstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. aM S. Berlin, Montag den II. Januar 1841. 3D Italien. Die Dauern der Nomagna. Zweiter Artikel-') Jene natürliche Uebcreinstimmnng in Sitten, Neigungen, Tugen den und Lastern, welche die unmittelbare Abhängigkeit ackerbauender Völker und Volksklaffen von dein Boden und den theilS gesetzmäßig, theilS regellos wirkenden Naturkräftcn hcrvorzubrinqen Pflegt, reicht nur so weit, als deren Einfluß auf den Menschen, ihm selbst noch unbewußt, reicht. Aber von dem Augenblick an, wo der bewußte Geist sich dieser verschlossenen Mächte zu bcmeistern Anstalt macht, tritt der von so vielen örtlichen und geschichtlichen Verhältnissen be dingte, mannigfaltig bestimmte Unterschied hervor, und im Betrachten und Begreifen der Naturerscheinungen so wie im Ausgestaltcn dcS mit dem jenseits das Diesseits verknüpfenden Glaubens gewinnen die individuellen Geister des Volkes, Himmelsstriches, der besonderen Stellung zur Welt und der geschichtlichen Entwickelung Raum für ihr keckes und wandelbares Spiel. Das Bevürfniß führt zur Beob achtung der Natur, die Beobachtung zur Entdeckung des Gesetzes in ihr: aber das Gesetz wird anfangs'mehr geahnt als erkannt; der Umfang seiner Wirksamkeit bleibt verborgen. Die Nothwendigkeit liegt als eine Voraussetzung im Menschengeiste. Sie scheint ihm in der Natur verwirklicht, indem er in dieser das Gesetz erkennt. Da bei Übersicht er die Relativität der Wirklichkeit, sucht im Zufälligen das Gesetz nicht minder als im Nothwcndigcn auf und schließt Ur sachen und Wirkungen willkürlich zusammen. Jede Ursache dünkt lpm die letzte Ursache zu seyn, und allen einander ähnlichen Wir kungen letzt er dieselbe Ursache unter. Das schädliche oder nützliche Ding ist ihm sogleich die schädliche oder nützliche, die gute oder böse Macht selbst, der hülfreiche, der feindselige Gott. Am meisten mit Vein Wandel der siverischcn Mächte wandelt sich ch„, LSohl und Wehe. Die Sterne sind daher selbst gut oder böse. Und weil die Sterne Gutes oder Böses wirken, so müssen sie überall, wo irgend Gutes oder Böses gewirkt ist, die Ursache scpn. Daher herrschen die Gestirne nicht allein im Wechsel der Jahreszeiten, sondern über haupt in allen natürlichen Dingen und selbst in den Ereignissen und Verwickelungen des menschlichen Lebens. Aber zugleich finden sich die guten und bösen Kräfte an alle Kreatur vcrthcilt. Sogleich wird in Allem nicht gur die Anlage zu bestimmten guten oder dösen Wir kungen, sondern wieder die gute oder böse Macht selbst erblickt, und jcdechglcichgilltige Ding kann gut oder böse wirken, entweder an sich selbst, durch seine natürliche Verwandtschaft mit der guten oder bösen Macht, oder vermittelst der durch den guten oder bösen Willen eines einzelnen Mächtigen, SineS Zauberers, ihm eiiigebanntcn Kraft. Auf den untersten Entwickelungöstufen des MenschengcisteS bilden sich so jene Formen des Bewnßiscpns aus, welche man Natur- Religionen nennt, und zwar zuerst gewiß in /ehr deutlich von ein ander gesonderten Sphären, also auch die Vergötterung der Gestirne anfangs lokal geschieden von dem Dienst und Zaubergebrauch der Thicrc und der leblosen Gegenstände; aber indem die Völker sich vermischen, fließen auch ihre Külte in einander, und es entstehen neue Spsteme, welche die früher getrennten Elemente zu verknüpfen suchen, wie denn dies schon im Arabischen Sterncndicnst und Zauberwescn, mehr aber noch in den späteren im Chaldäismuö kulminirendcn Natur-Religionen geschehen scpn muß. °°) Sobald dagegen der Geist sich ans der Haft der Natur zu befreien anfängt, können allerdings die Erfahrungen der in ihr waltenden Mächte als Religionen sich nicht mehr erhalten, aber die alten Kulte behaupten sich noch auf zweierlei Weise, entweder neben der höhere» Religio» und im Kampf mit dieser, wie der Götzendienst im jüdischen Volke, oder mittelst der neuen Ideen umgcwandelt und so als ein untergeordnetes Glied, ge wöhnlich in Form einer Geheimlehre, in den Kreis ter ncne» Er- kenntnißweise Hineinaedrängt, wie die kabbalistischen Spekulationen eben jenes Volkes. Je entwickelter die geistige Bildung eines Volkes ist, welches solche verwitterte und an sich selbst den längst verlassenen Bildungsstufen angehörige Elemente neu zu beleben sucht, desto un kenntlicher wird deren ursprüngliche Foy» und desto wilder und Willkürlicher die Verwirrung der verschiedenartigsten Vorstellungen. Die Astrologie des Mittelalters verschmolz in frechen Wagnissen "w entgcisteten Trümmer alter BolkSanschauungcn mit den jungen S. den ersten Artikel in Nr. 126 des Magazins v- I. 184». Stuhr, Religions-Systeme der heidnischen Völker des Sriencs. Resultaten erpcrimcntircnder Natcrrforschung und den spekulativen Ahnungen christlicher Theosophie. Auch von diesen verworrenen und phantastischen Versuchen sind auf die nachfolgenden Geschlechter wiederum nur Trümmer gekommen, welche aus vielfach umgestaltc- ten Sagen, dergleichen im Volke umgehen, und aus weit verzweigten abergläubischen Praktiken uns fremd anstarren. Der in der Nacht eines trüben Sehnens nach Erkcnntniß gehcimnißvoll schimmernde Lekb, an welchem sie einst ihr organisches Scheinleben hatten, ist im Tagesglanze lauterer Wissenschaft in Asche zerfallen, aber das Be- dürfniß des Geistes, ans welchem ihre ersten Lebensspuren in uralten Religionen oder kaum so zu nennenden Wahngcbilden hervorgingen, ist geblieben und hat da, wo es nicht im Lichte des Wissens sich selber sehen lernte, die Splitter der zertrümmerten Spsteme magnetisch an sich gezogen. Das Licht, sobald es wird, scheidet cS die Welt in Nacht und Tag. Wo dann die Neste, welche in der alten Dunkel heit noch einen Schein hatten, hinfallen, da müssen sie ganz geistlos und zusammenhanglos werden, denn sie fallen den Unwissenden zu, während die Wissenden sich alle nach der anderen Seite, der er leuchteten, hinüberziehen. Bleiben von den alten Spuren an solchen Orten, wo der ausklärcnde Verstand schon gesichtet hat, einzelne noch zurück, so führen diese nur in Kindcrmahrchen und Spmnstpbcn- geschichten ein blasses Gespensterlcben, oder sie zeigen sich in der nüchternen Prosa ves gemeinen KöhlerglanbenS ganz inhaltlos und verächtlich. In Italien, wo für die rohere Masse des Volkes der Inhalt des Chriüenthums selbst in sehr heidnische Elemente sich auf gelöst hat, findet sich die wunderliche und bewußtlose Vermengung dunkel überlieferter Namen und Sagen aus alten und ältesten Zeiten und christlicher Vorstellungen, heidnischer Mpthologcme und astro logischer Combinationen wirklich noch als die recht eigentliche — Religion zu sagen, klänge wie Hohn — aber das ganze Leben leben dig durchdringende Anschauungsweise einer großen Menschcnzahl, zumal der Bauern. Gottheiten freilich betet der Bauer der Romagna IN Sonne und Mond nicht an, aber lebendige, persönlich gedachte Mächte sind sie ihm dennoch. Daß Sonne und Mond Ehegatten find, ist ihm eben so unumstößlich wahr, wie daß im Mittelpunkt der Erde das höllische Feuer brennt. Luna ist doppelten Wesens, gut und böse, heilbringend und verderblich, nämlich der Welt feind- iclig, so lange sie von ihrem Ehcgemahl sich im Wachsen mehr und mehr entfernt, 11 und einen halben Tag lang, dann aber eben so lange während des Abnehmens der Welt geneigt, bis sie mit dem Bsstcn Tage ihres Laufes in ihr Ehebett zurückkehrt; am ZOstcn Tage beginnt sogleich wieder der böse Mond. Sol hat zwei Häuser, m welche er Abends einkehrt; das eine das Haus des Saturn, welches ihn im Sommer ausnimmt, bas andere, in der Nähe gelegen, welches ihm zur Winter-Herberge dient, der Gattin des Saturn, einer gewissen Sabea. Jene sowohl der Griechischen als der Römischen Mythologie fremde Vorstellung eines ehelichen Verhält nisses zwischen Sonne und Mond weist mittelbar wenigstens aus alt-Asiatische Lehren zurück (Urotal und Alilat, Baal und Astarte); auch dem Psalmisten lag der Vergleich der Sonne mit einem Bräu tigam nahe. Das Hans dcS Saturn deutet offenbar nicht sowohl auf den alten Kronos als astrologisch aus den Sterngeist bin; am wunderlichsten ist der Name Sabea, welcher an den Namen der Sabäer erinnern könnte. Obgleich der Mond im Zunehmcn immer für böse und im Abnehmen immer für gut gilt, so hängt doch auch von seinem Jahrcslaufe Glück oder Unglück ab; wenn in den Sep tember der gute Mond tritt, so bringt er Segen auf die sieben fol genden Monate, eben so der böse Mond Verderbe». Die Wirkung dieser beiden Gestirne bezieht sich vorzugsweise auf Witterung und Ackerbau; wenn der Mond zwischen Sonne und Erde tritt, so gilt die Zeit für günstig in Bezug auf alles Säen, Pflanzen und Pfropfen. Doch sind schon die Mondphasen auch für anderweitige Geschäfte und vorzugsweise sür die Bereitung von allerlei Arlanen von Be deutung. Die Wandelsterne aber beherrschen viel gewaltiger die irdischen Geschicke. Z. B. MarS (von den Romagnolischen Bauern Uni'teüi genannt) in seiner Sonnennähe bruigt Erdbeben und Mceres- stürme. Am meisten sind die seltenen und flüchtigen Himmelserschei nungen, wie ja überall, wenn nicht Unglückspendcr, doch Unglücks boten; Kometen zeigen alle Art von Jammer an, vornehmlich Brand, Hungcrsnoth und Seuche, Nordlichter Krieg, Erdbeben und häus lichen Unfrieden, Sternschnuppen Todesfälle; denn jeder Mensch hat seinen Stern, der mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt, und wenn sic sehen, daß ein Stern, wie sie eS wohl nennen, sich schneuzt (smueles mm stell») oder, wie sic sonst sagen, fällt (cascbös), so