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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Prei« 22 j Sgr. (j THIr.) vierteljährlich, Z THIr. für da« ganze Jahr, ohne Er- Hebung, in allen Theilen her Preußischen Monarchie. für die Man pränumerirt auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrichssir. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den WohllSbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 33 Berlin, Mittwoch den 17- März 1841. England. Einfluß der Temperatur auf die menschliche Gesundheit. Wir theilen hier einen Auszug aus dem ausgezeichneten Werte des vr. Holland mit, welches den Einfluß der Witterung auf die Gesundheit unter dem vierfachen Gesichtspunkte der Temperatur, der hygrometrischen, barometrischen und elektrischen Verhältnisse be trachtet. I. Vom Einfluß der Temperatur der Lust. Der Einfluß der Temperatur ist der am genauesten erforschte Theil der Untersuchung. So lange die belebende Kraft der Wärme und die Functionen der Lunge und der Haut sich normal erhalten, erträgt der Mensch mäßige Temperatur-Wechsel ohne Störung der Gesundheit. Ganz anders aber verhält es sich, wenn diese Functionen geschwächt sind; und der Wechsel der Temperatur übt vorzüglich einen ungünstigen Einfluß dadurch aus, daß er das Gleichgewicht zwischen der Clrculation im Allgemeinen und der an der Peripherie des Kör pers aufhebt. Die Versuche Poisseule'S haben tn der That darge- than, daß eint niedrige Temperatur den Blutlaus in den Kapillar- Gefäßen zu verlangsamen und selbst zu hemmen im Stande ist. Diese Wechsel aber werden die Ursache mehrerer Krankheiten, zu denen man den Rheumatismus, verschiedene Krankheiten der Einge weide, die Apoplexie u. s. w. rechnet. Von der letztgenannten ist eS sogar statistisch nachgewiesen, daß sie bei hohen Kälte- oder Wärme- Graden häufiger beobachtet wird als sonst. Der Verfasser ist der Ansicht, daß man den Wirkungen der durch die Kälte verminderten Hautausdünstung einen allzu großen Werth beilegt, und daß dieselben vornehmlich den Störungen der Circula- tion zugeschricbcn werden müssen. Die Gewohnheiten gewisser Länder und die Erfordernisse einzelner Gewerbe zeigen, wie leicht selbst un gestüme Wechsel der Haut-TranSspiratton beim Mangel anderer Krankheits-Ursachen ertragen werden können, und liefern den Beweis von der Nutzlosigkeit übertriebener Vorsichts-Maßregeln rücksichtlich dieses Punktes. Die Benutzung der Kälte als Heilmittel scheint dem Verfasser von großem Werthe und einer häufigeren Anwendung in der Praxis nicht unwürdig zu seyn. Er glaubt, daß die Anwendung der Kälte alS eines gefahrlosen LinderungS-Mittels bei trockener und heißer Haut stets am Orte ist. Ja, er hat sich häufig mittelst des Thermo meters von der Herabsetzung der inneren Wärme in Folge künstlicher Abkühlung der Körpcrfläche überzeugt, und zu seinem Bedauern setzt man, einerseits so besorgt, den Kranken die Wärme zu erhalten, so viele Vorurtheile der Anwendung des entgegengesetzten eben so schätz baren und seiner Meinung nach nützlichen und leicht anwendbaren Heilmittels entgegen. Ausgezeichnet und insbesondere den Militair-Aerzten wohl be kannt ist der Einfluß der Luft-Temperatur aus Wunden. So hat der Verfasser bei der Englischen Armee in Portugal beobachtet, daß die Zahl der Heilungen der Wunden in demselben Maße sich mehrte, wie die Temperatur abnahm, und umgekehrt. Die Kälte scheint ein sehr geeignetes Mittel zu seyn, um die Entzündung der Wunden zu bekämpfen, und die vortheilhafte äußere Anwendung des kalten Wassers zur Heilung der Frakturen ist ein hinlänglicher Beweis von dem Nutzen dieses Heilmittels. Nichtsdestoweniger wird dasselbe nur nach^Bekämpfung vieler Borurtheile eine allgemeine Verbreitung WaS die Wirkungen einer mäßigen Temperatur-Erhöhung auf die Gesundheit anbetrifft, so steht eS keineswegcS scst, daß dir Wärme als die Hanptursache der Ruhren, der Leberkrankheiten Indiens, der Wechselfieber Guinea'» und derjenigen, die das Produkt der Jta- liänischen Malaria sind, zu betrachten ist. ES ist im Gegentheil sehr wahrscheinlich, daß eine große Anzahl anderer Einflüsse dabei wirk sam ist, unter denen die Natur des Bodens, die Art der Kultur, die Gewohnheiten der Einwohner, die endemischen Miasmen von größerer Bedeutung sind als die Temperatur. Sie kann nur entweder dir Production der Miasmen begünstigen oder zu der Umwandlung des Körpers beitragen, bei der derselbe zur Aufnahme krankmachcnder Potenzen geeigneter ist. Ein nicht nur für die praktische Medizin, sondern auch für das gewöhnliche Leben berücksichtignngswerther Punkt ist die individuell verschiedene Wärme-EntwickelungSfähigkeit. Mag diese Function nun w der chemischen Einwirkung auf das Blut begründet, mag sie geradezu das Produkt des Nerven-Systems seyn, jedenfalls ist sie rn ihrer In- und Extensität eben so wandelbar, wie die übrigen Functionen des Organismus, und diese Abweichungen verdienen da her wohl Berücksichtigung. Jedes Alter, jeder GcsundheitS-Zustand bietet in dieser Beziehung eine besondere Disposition dar. UebrigenS scheinen die äußersten Gränzen der thierischen Wärme, welche die Temperatur des Blutes durch verschiedene Krankheiten erreichen kann, 40° Fahrenheit (17° 8^ R.) nicht zu überschreiten. II. Fruchtigkeit der Atmosphäre. Die Wirkung der feuchten oder trockenen Luft ist sicherlich von geringerer Bedeutung auf die Gesundheit des Körpers, als die der Temperatur; nichtsdestoweniger läßt sich ihr Einfluß auf bestimmte Organe und namentlich der RespirationS-Organe nicht leugnen. Eines der beachtenswerthesten Verhältnisse aber ist dasjenige, welches zwischen der Sättigung der Luft mit Wasserdampf und der Ent wickelung der Miasmen existirt. Mögen wir auch noch so wenig von der chemischen Natur dieser Schädlichkeiten wissen, so viel ist wenigstens erwiesen, daß ein feuchter und neblichter Zustand der Atmosphäre der Entwickelung und Verbreitung kontagiöser und epide mischer Krankheiten am günstigsten ist. Was dir Wirkung der Lust nach ihrem verschiedenen Feuchtig- keitS. Grade aus Haut und Lungen anbetrifft, so hängt diese theilS von dem Vcrhältniß des durch die Gefäße ausgehauchten Wassers, was nothwendigerweise nach dem verschiedenen SättigungS-Grade der umgebenden Luft variirt, theilS von dem wachsenden Einfluß der Kälte ab, welche die Feuchtigkeit jedesmal zur Folge hat. Jeder kann leicht die Verschiedenheit des Eindrucks abschätzen, den man durch eine Temperatur von L —K" R. bei trockener oder bei feuchter Luft erfährt. Bei der Wirkung einer sehr hohen Temperatur, z. B- 80" R., kömmt eS natürlich eben so in Betracht, ob die Luft trocken oder mit Wasserdampf gesättigt ist. Die Arbeiter der Schmelz- und Glashütten leben ohne Beschwerde in einer Temperatur, die 100° R. übersteigt, weil sie trocken ist, während man bei Feuersbrünsten häufig Fälle von ErstickungS-Tod bei einer Temperatur, die kaum die des siedenden Wassers überschreitet, zu beobachten Gelegenheit hat, ledig lich, weil dir Luft zugleich einen sehr hohen FeuchtigkeitS-Grad besitzt. Eine sehr feuchte Luft muß, wenn sie In die Lungen dringt, die Erhalation, diese so nothwendlge Erscheinung der Respiration, ver zögern oder selbst aufhrben. Eine zu trockene Atmosphäre aber kann gerade die entgegengesetzte Wirkung haben, und man schreibt daher mrt Recht diesem Umstande zum Theil die schrecklichen Wirkungen des Samum-Windes zu. Die mit Oefen oder warmer Luft ge. heizten Zimmer befinden sich häufig in dieser Beziehung in sehr ver drießlichen Zuständen. In einer über die Ventilation des Zollhauses zu London von I)x. Ure im Jahre I8ZV geschriebenen Abhandlung berichtet derselbe über den Zustand der Atmosphäre des großen Saales, in dem sich mehr als 200 Personen aushaltcn und der mit warmer Luft geheizt wurde. Die höchste Trockenheit der Luft (70 A des Danielschen Hygrometers) und ihr elektronegatives Verhalten waren die Veranlassung, daß die in derselben befindlichen Personen von Schwindel, einem Gefühl von Schwere und Spannung im Kopfe befallen wurden, einen schnellen, aber schwachen Puls hatten, und daß die Circulation des Blutes in den unteren Extremitäten mangel haft wurde. Ein beständiges Verdunsten von Wasser, das in der Lust den gehörigen FeuchtigkeitS-Grad erhält, ist ein leichtes Mittel, um diese Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu räumen. HI. Druck der Atmosphäre. Der Einfluß der Barometer-Schwankungen auf die Gesundheit des Menschen ist ein interessanter Gegenstand der Untersuchung. Der Druck der Luft wirkt mechanisch auf die Lunge selbst, durch Aufhebung deS Gleichgewichts zwischen der äußeren und der in den Bronchial- Zellen eingeschlossenen Lust, wodurch die Circulation deS Blutes in der Lunge eben so wie die Thätigkeit deS Herzens nothwcndigcrweise modifixirt wird. Eben so einflußreich wie die Dichtigkeit der Luft auf die chemischen Veränderungen des Blutes ist, ist sie gleichzeitig auch auf den Akt der Respiration. ES existirt nothwendigerwcise ein Punkt in der Verdünnung der Atmosphäre, wo das venöse Blut nicht mehr die zu seiner vollständigen Umwandlung in arterielles nothwendige Menge Sauerstoff aus derselben zu schöpfen im Stande ist. Es muß daher auch ein bestimmtes, spezifisches Gewicht der Luft geben, welche-