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Naunhofer Nachrichten Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshatn, Fuchshain, GroMeinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r Frei inS Hau« durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei ins jHauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblätter«: Aüustrierte- GormtagSblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere »lle 14 Lag«. Verlag u«d Druck: Sünz L Gnle, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Auründignugout Für Jnserentm der Amtshauptmann schaft Grimma 10 Pfg. di« fünfge spaltene Zeile, an erster ENelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienötag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum de« nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittag« 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 13. Freitag, den 30. Januar 1903. 14. Jahrgang. I .1,, !, ! MM! » Freitag Kats-Sitzung. Die Vorgänge am sächsischen Hofe. Die vom Superintendent Meyer in Zwickau herausgegebene Wochenschrift: „Die Wartburg" ergreift in ihrer Nummer vom 23. Januar das Wort zu einem evangelischen Urteil über die Vorgänge am sächsischen Hofe, das so beachtenswert erscheint, daß wir es wörtlich zum Abdruck bringen: Wie vorauszusehen war, ist wegen der Eheirrung am sächsischen Hofe ein heftiger Streit zwischen katholischer und antikotholischer Presse entbrannt. Die Klerikalen fühlen, daß sie einen schweren Schlag erlitten haben, und möchten das der OeffenttichleU begreiflicherweise auSreden. Andererseits hat die Sympathie für die Kroprinzessin d>e Beurteilung der Vorfälle vielfach in bedenkliche Bahnen ge lenkt. Dazu Hot sich die Sensationsmacherei der Sache bemächtigt: Giron ist von den Antiklerikalen zum Jesuitenwerkzeug, das die freisinnige Kronprinzessin kompromittieren sollte, von den Klerikalen dagegen zum Frei maurer, der dem sächsischen strengkatholischen Hofe einen Streich spielen sollte, gestempelt worden. Auch die dunkle Geschichte von der Klausel, nach der Söhne, die einem regieren den Könige geboren würden, protestantisch erzogen werden sollen, wird zum Beweis klerikaler Machenschaften herangezogen. Merk würdig bleibt ja die Thatsache, daß seit 200 Jahren keinem sächsischen König ein Sohn geboren wurde. Aber mag die amtliche Ab leugnung der Klausel eine Legende zerstören oder nur die Unerweisbarkeit einer geheimen Abmachung aussprechen, es erscheint aben teuerlich, einen Zusammenhang zwischen den gegenwärtigen Vorkommnissen und jener an geblichen Klausel aufspüren zu wollen. Es ist auch nicht zu billigen, wenn von einigen Blättern dem Hofe mit einem elementaren Ausbruche des Bolksunwillen« gedroht wird, weil die Bigotterie am sächsischen Hofe der Kronprinzessin das Leben unerträglich ge macht habe; läßt sich auch manches al» Mil- derungSgrund des schweren Fehltritt« anführen, so ist doch die evangelische Sache zu gut, als daß sie sich zur Bundesgenossin für das AuS-i lebebedürfnis der unbefriedigten modernen Frau hergeben dürfte. Andererseits muß es als drnste Lüge zurückgewiesen werden, wenn katholische Blätter den evangelischen Geist lichen schuld geben, sie benutzten die Vor fälle, um gegen den katholischen Hof zu Hetzen; die evangelische Geistlichkeit hat sich in der ganzen Sache die Zurückhaltung auf- erlegt, die ihrer Loyalität entspricht, selbst auf die Gefahr hin, daß ihr das als Byzan tinismus mißdeutet würde. Abzuweisen sind konfessionelle Fragen in dieser Sache nicht, sie müssen nur ohne ver- wirrendes Beiwerk in aller Besonnenheit be sprochen werden. Eins hat sich mit er- sct reckender Deutlichkeit gezeigt: da« tiefe, unausrottbare Mißtrauen des sächsischen Volkes gegen den Katholizismus des Hofe». E» ist ein Blindekuhspiel, wenn die klerikale Presse dies den evangelischen Geistlichen zu- schieben will. Das sächsische Volk ist seinem hohen Bildungsstande gemäß geistig so mün dig, daß es sich in konfessionellen Dingen sein eigenes Urteil bildet. Und tiefer denn je geht durch jdas ganze sächsische Volk in diesen Tagen das Gefühl, daß der Uebertritt August de» Starken das größte Unglück für Herrscherhaus und Volk war, und daß von dem Katholizismus des Hofe» nicht» gutes zu erwarten sei. (Sehr wahr.) Es muß unumwunden anerkannt werden, daß die sächsischen Könige der letzten Jahr zehnte alles gethan haben, um dies Miß- trauen zu zerstreuen. Wenn trotzdem ein König Albert schmerzlich fragen mußte: „Habt ihr denn gar kein Vertrauen mehr zu mir?" — und wenn König Georg eS für angezeigt hielt, bei seinem Regierungs antritt ausdrücklich zn versichern, daß die evangelische Kirche e» unter ihm nicht schlechter haben solle wie unter seinem Bruder, so nötigt das zu der Frage: woher dies unbe siegbare Mißtrauen? Es ist eine thörichte Verlegenheitsauskunft, wenn die katholische Presse es aus künstlicher Agitation herzu leiten sucht. Lägen nicht bestimmte That- sachen vor, durch die ihm immer neue Nah rung zugeführt wurde, so könnte es die schärfste Agitation des bösen Evangelischen Bundes nicht lebensfähig erhalten. Und diese Thatsachen liegen vor. Wenn dos konfessionelle Verhalten der Könige korrekt war, so konnte das nicht von dem Verhalten aller kathol. Elemente des Hofes gesagt werden. Es sei nur ein Name genannt: Prinz Max! Was dieser eine Prinz seiner Dynastie im Volke geschadet hat, können viele Beweise könig licher Gerechtigkeit nicht wieder ouSgleichen. Aber dieser eine Mann legt die Frage nahe: war der Hof ohne Schuld, daß ein Prinz in solche Bahnen geraten konnte? Hat da die Erziehung nicht mitgewirkt? Und wenn ge wisse Behörden in konfessionellen Dingen eine befremdliche Rückgratsschwäche zeigten — hat nicht die Ueberzeugung mitgewirkt, daß man auf gewisse Persönlichkeiten in der Nähe des Königs Rücksicht nehme? Mag also dankbar anerkannt werden, daß die edle Persönlichkeit König Alberts eine unüberwind liche Schranke gegen klerikale Treibereien bildete und daß König Georg keine einzige antiprotestantische Regierungshandlung vollzog so ist damit noch nicht der ganze Hof ent lastet. Di» Thatsachen (sind als unwahr widerlegt worden,) welche die „Deutsch- Evangelische Korr." zusammengestellt hat, machen alle offiziösen BeschönigungSveriuche zunichte. Diese Proselytenmacherei in Adels- kreisen mußte die lebhafteste Beunruhigung Hervorrufen. Am allerschädlichsten aber hat das Treiben der ultramontanen Organisation gewirkt. Die rohe Beschimpfung der evangelischen Kirche durch den Kaplan Hottrot in Plauen, der diese Kirche, die Kirche des Landes, eine windschiefe Bretterbaracke genannt, die Flegeleien deö katholischen Sächsischen Volk«. blatteS, dessen niedrige Tonart nur an süd deutschen ultramontanen Blättern ihresgleichen hat, die herausfordernden Reden des Mon signore Maaz und des Obersten Pereira bei der Dresdner Papstfeier, die fortwährenden Klagen der ultramontanen Presse üb r die angebliche Intoleranz der sächsischen Gesetz gebung gegen die Katholiken — dieses und vieles Aehnliche haben im sächsischenVolke tiefste Beunruhigung und den Argwohn erzeugt, als plane man eine Umgestaltung der Ver hältnisse zu Ungunsten der Evangelischen. War der Hof herbei ohne Schuld? Mag er den ultramontanen Machenschaften keine Förderung gewährt haben, gehindert hat er sie auch nicht. Und doch hätte ein energisches Einschreiten an geeigneter Stelle zügelnd wirken können. Das Gehenlassen ist in diesem Falle auch eine Förderung. Ein grelles Schlaglicht ist in den letzten Wochen aus das VerhältSniS zwischen Hof und Volk gefallen. Wenn man sich am Hofe in die Täuschung gewiegt hat, als sei da» Verhältnis normal, so ist diese gründlich zer stört worden. Man hat sehen müssen, wie die an sich schwierige Stellung einer katho lischen Dynastie in einem evangelischen Lande immer schwieriger geworden ist. Möge man es erkennen, daß der UltramontaniSmuS der ärgste Feind des Fürstenhauses ist, daß er das Vertrauen zwischen Dynastie und Volk zerstört, und möge man durch seine entschiedenste Ausschaltung dem sächsischen Volke das geben, worauf es ein Recht hat: den konfessionellen Frieden! L. Zur Beendigung des Geraer Aerztestreiks. Die Textilbetriebskrankenkasse hat, wie er wähnt, dem Aerztestreik damit ein Ziel gesetzt daß sie an Stelle der Mehrzahl der Streikenden, Zwangsärzte von hier und auswärts anstellte wird aber doch, wie sie bekannt gibt, noch vier Stellen eine Weile unbesetzt lassen. Hierzu haben die früheren Kassenärzte in einer in sehr scharfen Ausdrücken gehaltenen Resolution Stellung genommen, in der sie jeden Versuch zurückweisen, einzelne von ihnen durch da« Angebot materieller Vorteile von dem gemeinsamen Boden abzudrängen. Beachtenswert ist, daß das „Aerztliche Ver einsblatt", das amtliche Organ des deutschen AerztevereinSverbandes, zwar ausdrücklich die Erklärung abgegeben hat, die Geraer Kollegen in ihrem Kampfe zu unterstützen, zugleich aber denselben den Vorwurf macht, zwei große Fehler begangen zu haben. Einmal müsse die Verweigerung jeder ärztlichen Hülfe gerügt werden; sodann hätten die Aerzte nicht auf mündliche Zusicherungen de» Kassenvorstandes bauen und und in diesem guten Glauben nicht eine vertragsmäßig ge- sicherte Stellung (die Klausel betr. die Stab», ärzte) ihm gegenüber ohne zwingenden Grund aufgeben dürfen. Schließlich spricht das AerzteveretnSorgan die Befürchtung aus, das Verhalten der Geraer Kassenärzte und des „Leipziger wirtschaftlichen Verbandes, der anstatt sofort in der politischen Presse Alarm zu schlagen, den Hauptfehler der Verweigerung ärztlicher Hülfe hätte anerkennen sollen, werde den Wünschen und Anträgen der deutschen Aerzte zur Revision des Krankenversicherungs- gesetzes, welche soeben dem Reichtage zur Kenntnis gebracht worden, abträglich sein. Gera, 28. Jan. Der Beschluß de» Vorstandes der Textilbetriebskrankenkasse, Zwangsärzte anzustellen, hat unter den Kassen- mitgliedern große Erregung hervorgerufen. Man plant die Einberufung einer Protest- Versammlung, um wieder freie Aerztewahl zu erlangen. Die vom Vorstand der Kasse von auswärts herangezogenen Aerzte sind nur unter der Bedingung ein Engagement einge gangen. daß sie nicht durch eine Pauschal summe abgcfunden, sondern nach der Staals- taxe und für die Einzel-Leistungen honoriert werden. Tragischer Tod des Fürsten zu Stolberg - Stolberg. Gin trauriges Geschick ist über die fürst liche FamilieStolberg-StolbergHereingebrochen. Gestern wurde im Park seine» Schlosses Rott leberode am Harz der Fürst Wolffgang zu Stolberg-Stollberg mit einer Schußwunde tot aufgefunden. Erst am Freitag der vorigen Woche war ihm sein Vater, der Fürst Alfred im Tode vorangegangen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Fürst Wolffgang dadurch ums Leben gekommen, daß sich sein Jagdwehr durch einen unglücklichen Zufall entlud. Vater und Sohn werden nun ge meinsam auf dem Stammschloß Stolberg die letzte Ruhestätte finden. — Fürst Wolffgang hinterläßt außer seiner Gemahlin eine kleine Tochter, aber keinen männlichen Erben. Ueber den tragischen Vorfall in Rott leberode durch den die fürstliche Familie in doppelte Trauer versetzt wird, wird weiter gemeldet: Nordhausen, 27. Januar. Fürst Wolffgang zu Stolberg-Stollberg wollte heute die Leitung der fürstlichen Besitzung nach dem Tode seine« Vater« übernehmen und verließ in einem Wagen seinen bisherigen Wohnsitz Schloß Rottleberode, um sich nach dem Stammschlosse Stollberg zu begeben. Der Fürst hatte sein Jagdgewehr bei sich, um, wie es seine Gewohnheit bet Ausfahrten war, unterwegs Raubzeug zu schießen. Noch im Park von Rottleberode gebot der Fürst dem Kutscher halt zu machen, stieg au- dem Wagen und ging mit seiner Flinte in ein Gehölz. Nach wenigen Minuten fiel ein Schuß. Als der Fürst nicht zurückkehrte, stieg der Kutscher ab und ging ebenfalls in da» Gebüsch. Dort fand er den Fürsten entseelt am Boden liegen. Eine Kugel au« dem Jagdgewehr, da« die Hände noch krampf haft umklammert hielten hatte ihm den Kopf durchbohrt. Allem Anschein nach hatte sich Gestrüpp oder ein Zweig mit dem Drücker verwickelt und da« Gewehr zur Ent ladung gebracht. Daß der Fürst selbst seinem Leben ein Ende gesetzt haben könnte, erscheint ausgeschlossen. Viel Sorgen hatte der Fürst, der sonst nie Zeichen von Schwermut zeigte, nur wegen des Zustande» seiner Gemahlin die ihrer Entbindung entgegensieht und schon seit drei Monaten leidend und an« Bette ge fesselt ist. Wichtig für solche, die Briefe i«S Ausland zu schicken haben. Ein deutsches Generalkonsulat im Aus lande schreibt: Es kommen aus allen deut schen Ländern für die zahlreichen Deutschen hier sehr viel Briefe an, deren Adressen mit deutschen Buchstaben geschrieben sind. Die hiesige Post kann natürlich mit diesen Briefen nichts machen, somit schickt sie dieselben zu un» auf das Konsulat, und wir besorgen sie. Was hier geschieht, da» wird jauch für anderwärts gelten, aber auch für solche Orte, an denen kein deutsche» Konsulat und auch sonst niemand da ist, die Adressen zu kontrollieren. Wie viele Briefe mögen da verloren gehen! Wie viel Schmerz ent stehen, wie viel Familienbande gelockert werden! Ein Sohn im Auslande schreibt seiner alten Mutter, einmal, zweimal, er erhält keine Antwort. Da denkt er: „Die alte Frau wird tot sein," und schreibt nicht mehr. Und unterdessen sitzt da- Mütterchen in angstvoller Erwartung zu Hause und weint sich die Augen aus, weil es nicht» mehr von dem Sohne hört. „Der Junge wird tot sein." Ach nein, ober — der Brief de alten Mütterchens mit den ungelenken deut schen Zügen, der ist niemals angekommen. Opfern Sie dieser Sache einmal ein paar Worte und sagen Sie dem lieben Publikum, es möge sich für Adressen nach romanischen Ländern nur lateinischer Buchstaben bedienen; es ist mit den deutschen Zügen gerade so, als wolle jemand nach Deutschland mit griechischen Lettern Briefe adressieren. Zei tungen die auf dem Lande gelesen werden, sind herzlich gebeten, diese Mahnung abzu drucken, sie können dadurch vielen Leuten vieles Leid ersparen. Auch in den Schulen sollen die Lehrer den oberen Klaffen die» jede« Jahr dringend wiederholen und auf eine gute lateinische Handschrift halten. Rundschau. — Steinkohlen wurden in Deutschland im vergangenen Jahre 107 437 681 Tonnen gegen 107 825 009 im Vorjahre gewonnen. An Koaks wurden 9 202 796 Tonnen gegen 9 163 473 im Vorjahre und an Briket« 9 214 086 Tonnen grgen 9 251452 Tonnen hergestellt. — Kiel. Der Erbauer de« eingestürzten Neubaues, Architekt Mohr, ist auf Veran- assung de« Staat«anwalts verhaftet worden. Mohr war zuletzt im Stadtbauamt Mttg.