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12 von Kandicn trennt. In einer Nacht wehte der Wind so heftig, daß das Convoi zerstreut ward; man brachte den ganzen Morgen damit zu, cs wieder zusammcnzubringen und Segel einzuziehen, um cS zu erwarten. Während dieses Manövers verbarg cm dicker Nebel die Englische Flotte, die, sechs Meilen von uns, nach Westen steuerte und das Französische Geschwader an der Nordküstc suchte. Am 28stcn fuhr die Französische Flotte vor dem alten Kreta vorüber. Ani I. Juli begrüßte sie die Gestade Aegyptens. Mit Tagesanbruch entdeckte man die Küste im Westen, die sich wie ein weißes Band auf dem blauen Horizont des Meeres ausdehnte; nicht ein Baum, nicht eine Wohnung war zu sehen. Der Anblick dieser traurigen Natur trübte nicht die Heiterkeit der Französischen Soldaten; einer von ihnen sagte zu seinem Kameraden, auf die Wüste zeigend: „Da hast Du die sechs Morgen, die man Dir dekretirt hat." Das Ge lächter durchlief alle Reihen. Bald entdeckte man den Thurm der Araber; der glückliche Bonaparte war im Angesicht Alerandriens, ohne einem einzigen Englischen Schiff begegnet zu seyn. Gleich am folgenden Tage kam der Französische Konsul an Bord; er erzählte, daß beim Anblick der Flotte eine Bewegung gegen die Christen in der Stadt ausgebrvcheu sep, und daß er selbst sich mit Mühe gerettet habe. Vom Französischen Konsul erfuhr Bonaparte, daß vierzehn Englische Kriegsschiffe erst am Abend vorher die Rhede von Alcran- drien verlassen hätten; der Admiral Nelson, nachdem er wegen Nach richten über die Französische Flotte zu dem Englischen Konsul geschickt, hatte seine Richtung nach Nordostcn genommen. Die Zeit drängt; , das Englische Geschwader kann jeden Augen blick erscheinen und Flotte und Convoi angreifen. Bonaparte hat beschlossen, sofort nach Alexandrien zu zielen und den Platz zu nehmen. Das war nicht luehr die alte Sias«, Alerander's Tochter, mit ihren prächtigen Gebäuden und ihrer ungeheuren Bevölkerung. Man erkannte in der Fernx die großen mit zahlreichen Thürmen besetzten Mauern, die nichts als einige Eandhügel und ein paar Gärten cinschlicßcn, wo das blasse Grün, der Palmen nur wenig die Gluch der Sonne mäßigt. Man entdeckte das Türkische Schloß, Moscheen mit ihren Miuarets und die berühmte Säule des Pom- pejus. Die Vergangenheit trat Allen vor die Seele. Hier war cs, wo das Genie Alerander's den Grund zu einer stolzen Stadt gelegt, die dazu bestimmt war, die Trophäen der ^clteroderungen auszu- nchmcn. Die Ptolemäer riefen die Künste und Wissenschaften dahin und sammelten daselbst jene Bibliothek, zu deren Zerstörung die Bar barei Jahre brauchte. Wilde Unwissenheit hatte ihren Sitz auf den Ruinen der Meisterstücke der Kunst aufgeschlagen. Der Ober-General gab noch denselben Abend Befehl zur Aus schiffung. Man konnte nicht in den Hafen von Alerandrien ein- laufen, da der Platz zur Verthewigung bereit schien. Man mußte in einiger Entfernung an einer Bucht, welche die der Marabus ge nannt wird, landen. Bonaparte hatte befohlen, die «chiffs-Armee so nahe als möglich au diesem Punkt landen zu lassen, aber zwei Kriegsschiffe, die an einander stießen, fielen auf das Admiralschiff, und man war gcnöthigt, an dem Orte, wo dieser Unfall sich er eignete, zu ankern. Man war drei LicueS vom Lande. Die Divi sionen der Generale Desair, Rögnier und Menost bekamen den Be fehl, aw dem Marabu ihre Landung auSzuführcn. In einem Moment war das Meer mit Bö-en bedeckt, dip gegen den Ungestüm und die Wuth der Wogen anzukämpfen hatten, und Kriegs- und Transport schiffe schwammen unter einander auf diesem Meer, das sich mit Wuth an den Klippen der Küste brach. Die Landung ist schwer und nur mit großer Mühe und Gefahr möglich. Die Schaluppen, indem sie an die Küste kommen, wissen nicht, wie sic dieselbe berühren sollen, ohne sich an der Brandung zu brechen, aber die Armee ist ungeduldig. Die Galeere, die Bonaparte bestiegen, hat sich der Kltppcnbank, wo man die Durchfahrt findet, die nach der Bucht der Marabus führt, am meisten genähert. Die Schaluppen, auf welchen sich die Truppen befinden, erreichen diesen Punkt erst nach Sonnen untergang und können die Klippenbank erst des Nachts passircn: um ein Uhr des Morgens landet der Ober-General an der Spitze der ersten Truppen, die sich allmälig in der Wüste, drei Meilen von Alerandrien, ordnen. Die Küste bedeckt sich mit Soldaten; die Lage der Schiffe und die Küste des Marabu haben weder dje Landung der Pferde noch der Kanonen erlaubt. Um halb drei Uhr setzt man sich in Marsch. Bonaparte marschirt zu Fuß mit der Avantgarde. Casarclli, der ein hölzernes Bein hat, will die Ausschiffung der Pferde nicht erwarten; er trotzt den Strapazen eines mühsamen Marsches; die Armee ist von deyi glühendsten Enthusiasmus beseelt. Bonaparte hat seine Soldaten in drei Kolonnen gctheilt: der General Lon kommqndirt die rechte, General Kleber die des Ccn- trumS und General Menon die linke, die das Meer berührt. Ein kleines Fort, genannt Marabu, wird angegriffen und genommen; hier ward die erste dreifarbige Fahne in Afrika aufgepflanzt. Eine halbe'Stunde vor Tagesanbruch trifft einer der Vorposten einige Araber, die einen Offizier tödtcn; eine Füsillade beginnt zwischen ihnen und den Tirallcurs der Armee eine halbe Meile von Alexan drien; aber die Araber, bei der Annäherung der Franzosen fliehend, verlassen die Höhen, wclche die Stadt beherrschen und ziehen sich in die Wüste zurück. Bonaparte ist in der Nähe des Umrings der alten Araberstadt; er befiehlt jeder Kolonne, auf Kanonenschußweite stehen zu bleiben, das Centrum an der Säule des PvmpejuS hinter großen Hügeln, die aus den Trümmern der alten Stadt bestehen. Man schickte sich an, zu unterhandeln, nm Blutvergießen zu verhindern, als man auf einmal ein schreckliches Geschrei von Männern, Weibern und Kindern hört: der Kampf hat begonnen: ein außerordentlich lebhaftes Feuer überrascht einen Augenblick die Franzosen, aber bald machen sic sich durch ihr Ungestüm furchtbar. Bonaparte läßt zum Angriff trommeln, das Geheul verdoppelt sich, man klettert zum Sturm; Kleber wird von einem. Schuß niedcrgeworfen, der ihn am Kopf trifft: trotz des Feuers der Belagerten und eines Hagels von Steinen, den man aus die Franzosen herabregnen läßt, ersteigen Generale und Soldaten mit gleicher Unerschrockenheit die Mauern; Menou wird von der Mauer hcrabgcworsen. Koraim, der Scherif von Alerandrien, der überall zugegen ist, hält den hcrabgeworfcncn Menou für den tödtlich verwundeten Ober-General. Die Belagerten fassen neuen Muth; keiner von ihnen ist geflohen, man mußte Alles auf der Bresche tödten, dagegen sind auch zweihundert Franzosen auf dem Platz ge blieben. Die, welche sich in den alten Thürmen befinden, setzen ihr Feuer fort und weigern sich hartnäckig, sich zu ergeben. Bonaparte's Befehle lauteten, daß die Truppen nicht in die Stadt ziehen, sondern sich auf den die Stadt beherrschenden Höhen deS Hafens aufstellen sollten; aber der Soldat, von dem Widerstand des Feindes gereizt, hatte sich von seinem Eiser fortreißcn lassen. Schon hatte fich ein großer Theil in die Straßen der Stadt gewagt; die Franzosen hatten die alte Mauer überstiegen, man trieb die Araber von Ruine zu Ruine bis zur neuen Stadt. Der Kampf drohte, sich zu verlängern und heftiger zu werden: da läßt Bonaparte den Gcneralmarsch schlagen und den Capitain einer Türkischen Caravelle, die in dem alten Hasen lag, zu sich kommen; er beauftragt ihn, den Bewohnern Alexandriens Fricdcnsworte zu bringen, ihnen zu verkündigen, daß ihr Eigenthum, ihre Freiheit, ihre Religion respektirt werden sollen, und daß Frankreich cs nur mit den Mameluken zu tbun habe. Dieser Capitain bcgiebt fich in Begleitung einiger Französischer Offiziere in Pic Stadt und fordert die Einwohner auf, sich zu ergeben, um sich Plünderung und Tob zu ersparen. Der furchtbare Anblick -einer unter den Mauern liegenden Flotte, der Erfolg eines ersten Angriffs und die friedlichen Versicherungen, welche überall die Furchtsamen gewinnen, bestimmten die Stadt, sich zu ergeben. Aus das Versprechen, daß die Religion und die Obrigkeiten des Landes unverletzt gelassen werden sollten, hörte der Widerstand auf; die Franzosen wurden in Besitz der Forts gesetzt. Die Scheichs, die SchcrifS und die Imams crschiencn vor dem Sieger, um seine Gnade anzuflehcn, und baten ihn, zum Zeichen der Verzeihung und der Freundschaft, Brod und Salz mit ihnen zu essen. Bonaparte erklärte, er seh weder gekom- mön, um das Land zu verheeren, noch es dem Grofiherrn wcgzu- nehmcn, sondern nur, cS der Herrschaft der Mameluken zu entziehen und die Beleidigungen, die Frankreich von denselben erfahren, zu rächen. So ward der Friede geschlossen und Alerandrien im Namen der Französischen Republik besetzt. Mannigfaltiges. — Deutsche Klatschereien in Frankreich. Von dem Entdecker der philosophischen und der musikalischen Lustrcgion in Deutschland, dessen wir in Nr. IS2 des Magazins von I8L0 ge dachten, befindet sich.in der Lieferung der lievue <!« l'ari* vom 27. Dezember ein neuer Artikel über Deutschland, mit der Ueber- schrift: „Einige Deutsche Originale." Leider ergicbt sich uns auS der ganzen Fassung dieses Artikels, daß er zwar von einer Fran zösischen Hand geschrieben, aber von einem Deutschen Kopf entworfen worden ist. Wir sagen „leider", denn so viele Nachsicht wir sonst auch gegen die Persönlichkeits-Literatur üben mögen, die in Deutsch- land sich das Ansehen giebt, die „Mcmoiren" der Franzosen ersetzen zu können, so nichtswürdig und perfid erscheint sic uns, wenn sie dem Ausland als Magd sich verdingt und ihre neue Herrschaft mit dem Geschwätz über die Menschlichkeiten und Schwachheiten der alten unterhält. Solches Geschwätz aber und nichts weiter ist es, was sich auf zehn Seiten der Kevuc <!o über zwanzig oder dreißig zum größten Theil bereits verstorbene Männer des nördlichen und des südlichen Deutschlands, wenn auch nicht mit Wahrheit und Sachkenntnis, doch mit gewissen Details verbreitet, die eben nur einem Deutschen zugänglich seyn konnten. — Allerdings kommen auch diesmal wieder ähnliche Jrrthümcr wie in dem ersten Artikel vor, wo Schelling der „Philosoph von Wien" genannt wurde, doch sind diese augenscheinlich erst durch die Französische Bearbeitung des Deutschen Materials entstanden, und in einer Anmerkung zu dem gegenwärtigen Artikel, der eben so wie der erste mit einem 0. — einem Buchstaben, der vermuthlich nur irreführen soll — untcrzcich- nct ist, wird der plüloxanlm ,1« Mm« als Verbesserung nachgc- licfcrt. Der Deutsche Verfasser verräth sich übrigens auch durch die merkwürdige Rechtschreibung der vielen in dem Artikel vorkommenden Deutschen Namen seinen einzigen ausgenommen, der durch einen Druckfehler etwas entstellt ist) — Namen, die zum Theil von Fran zosen kaum gekannt, geschweige denn richtig geschrieben zu werden pflegen. Wir sind daher auch über die Perfidie ganz außer Zweifel. Man wird zwar von einigen Seiten vielleicht die Deutschen Ccnsur- Verhälmisse als Entschuldigungsgrüude anführcn, aber diese können wir keincswcgcs als solche gelten lassen; denn abgesehen davon, daß in Deutschland selbst dergleichen Persönlichkeiten vielfach schon durch Vie Presse veröffentlicht wurden, fragen wir: würde nicht jeder Engländer, jeder Franzose, der Nationalgcfühl besitzt, zu stolz seyn, ein Recht, das zuhause zu gebrauchen das Gesetz ihm verbietet, dem Ausland als Waffe anzutragcnk Wahrlich, wir haben noch mancherlei zu lernen, um uns als Nation eben so einig und mächtig zu fühlen, wie cs die beiden Rival-Nationen der Deutschen sind. Heransgcgeben von der Redaktion der Mg. Preuß. Siaats-Zeüung. Redigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.