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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrZnumcrations- Prci« 224 Szr. (j Ulr.) vierieljShrlich, 3 Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Er- HSHnnq, in allen Theilen Ler Preußischen Monarchie. Magazin für die Ma» pränirmerirt ans dieses Literatur-Diart in Berlin in der Expedition der AUg. Pr. StaatS-Zeitung fFricdrichsftr. Rr. 72); in der Pronin; so wie im Sluslande bei den WvbUibl. Post-Aeintern. Literatur des Auslandes. Berlin, Mittwoch den 6. Januar 1841. Italien. Die Ncise nach Italien. Drei Länder auf dem Erdboden sind cs vorzüglich, in die sich Ler Strom oer Naturfreunde, ver religiösen und kunstlicbcuven Wall- fahrer seit Jahrhunderten ergießt. Palästina ergreift durch die erhabenen Erinnerungen, die viele seiner heiligen Stätten darbieten, das Gcmüth der Frommen aller geoffcnbartcn Religionen und flößt ihm cilie glühende Sehnsucht ein, den Boden zu betreten, auf welchen! das Göttliche dem Menschen erschien, so wee cs den Erklärer des biblischen MerthumS zum Besuche der Schauplätze cinladct, die durch das Wort vrr heiligen Schrift verewigt und verherrlicht wurden. Ist cs hier die Religion, die uns Len Wanderstab in die Hand gicbt, so führt uns das Bedangen, den Glick an den Wunderwerken der Natur zu weiden, nach der Schweiz. Dagegen wallfahrtet man nach Italien aus mehreren Beweggründen. Jahrhunderte lang pil gerten die Gläubigen der katholischen Christenheit nach dem Sitze ihres Oberhauptes mit derselben und noch größerer Andacht, als nach Palästina. Auch die Naturwunder prangen dort bald ähnlich mit denen der Schweiz, bald von ihnen in Großartigkeit verschieden. Dennoch ist cs weder Ehristenthum, noch Natur, weiche Italien vor zugsweise zum Wallfahrtsort der Völker machten; es ist vielmehr dies das Hcidcnthum und die Kunst. Den Römern von ehemals will man seine Achtung bezeigen, indem man die Ehrfurcht gebietenden Ueberbleibscl ihrer Wirksamkeit und ihrer Wirkungskreise beschaut und untersucht, während man auch jenen unübertroffenen Schöpfun gen der Kunst huldigt, die von der Hand jüngerer Söhne Italiens zum ewigen Ruhme der Künstler und ihres Vaterlandes dort auf- dewabrt werden. Für den gelehrten Forscher des AlterthumS, für den berufenen Künstler, ja für den einfachen, aber aufrichtigen Freund der klassischen Wissenschaft und der Kunst wird immer eine Stimme va scpn, die ihn nach Italien ruft, wenn auch die religiösen Beziehungen ohne Eindruck auf ihn sind und wenn auch die sonst so hochgepricscncn Naturvorzügc des Landes zweideutig wären. Auch wird ein mit glücklichem Sinne für Bildung begabter Reisender niemals ohne Befriedigung auS Italien zurückkchrcn, und er wird z. B. an Rom lnit Begeisterung denken, während Reisende, die von unbegründeter Schaulust geleitet werden, nur von der »ria ouuivn, den Pontinischcn Sümpfen und den schlechten Gasthäusern zu sprechen wissen. Indessen wird mit nichts mehr Mißbrauch getrieben, als mit der Verehrung des Altcrthums und der Kunst in Italien. Von den Legionen Engländern, von den Kohorten Franzosen und von den Ccnturicn Deutscher, welche jährlich nach jenem Lande reisen, haben die wenigsten den schönen Sinn und die Vorbereitung, welche einen edleren Erfolg, eine höhere Befriedigung bedingen; die meisten da- - gegen heucheln nur jene Verehrung und Liebe, und sie laufen nach diesem gelobten Lande eben, weil cs gelobt wird, weil cs Mode ist, Wut sic eine siupive Neugierde befriedigen und — weil sie das Dvlce tar nionte in seinem Vaterland? kennen lernen wollen. Durch solche Rcisewuth gerathcn freilich manche häusliche An gelegenheiten ins Gedränge. Auch wcrdcn dem Hcimatlandc davurch jährlich große Summen und Kräfte entzogen, die nützlicher verwen det werden könnten. Aber diese schlimmen Folgen sind nur Kleinig keit gegen die üblen Folgen, welche eS aus Italien selbst hat, daß es zur Herberge des AnSlänrcs gemacht worden ist. Schon bei der Schweiz kann man mit Sicherheit den Beweis führen, daß ihre Einwohner nicht mehr lauter Telle und Winkclricde sind, seitdem sie die Gasiwirthc und Führer der Fremden geworden. Die allgemeine Biederkeit der Alxcnbewohucr ist nur noch eine Wahrheit für dem Leser der früheren Geschichte; der gegenwärtige Besucher der Alpen aber wird zu seiner traurigen Uebcrraschung finden, daß nirgends Eigennutz und Uebcrvcrtheilung mehr zu Hause ist, als im Vater- lanvc der Biederkeit. Der Reiz eines mühelosen Gewinnes in der Aufwartung reicher Fremden mußte nach und nach den thatlräftigen Charakter der Helvetier- in seinen Grundvcsten erschüttern und sic zum Abfälle von den Gewohnheiten der Väter führen. /I Ein hiesige Stutzer, ree vielleicht alte Europäische Svrachen verstand, auner ^ranzosi;w, b.mchte die Vorstellungen de« Tkainößschtn Theaters, es mm icinen Ton gestörte. PUm Heraus,ehe» sragi« ist» ein dv«- uantr Bekannter- ob er jetzt mcstr Wiste, als ver drei Stunden? Wie Viele, Italien niri,-kleinen, tonnte man fragen, ob ste jem mestr als vor nner Reffe wüsten? Noch Viel trüber ist die Gestalt des moralischen Verfalles in Italien. Unbescheiden wäre jetzt noch der Wunsch, in diesem Lande die Größe Verhalten Römer zu finden. Aber mit Recht darf der stille Beobachter fragen: wo sind.die Helden, Ritter, Gelehrten, Seefahrer, der Welthandel, die Tugenden, die Macht und die Herr lichkeit hingekommen, vie Italien zum ersten Lande der Erde gemacht haben? Noch vor -WO Jahren war cS der" Sitz der Größe, die Pflanzschule der Bildung, und heute sucht man vergebens ansehnliche Nnincu jener Größe und Bilduua. In' der Lage dieses Landes, sollte inan glauben-, befänden fichVic Bürgschaften des Welthandels, in seinen Traditionen die Geheimnisse der Wohlfahrt, der geistigen Ueberlcgenbcit und der Thalkraft; und dennoch schmachtet cS in Armuth, Rohheit, Finsterniß und Verderbtheit. Es wäre lächerlich, die Ursachen dieses Zustandes allein in der Ueberschwemmung Italiens durch üppige Fremden suchen zu wollen; aber cs'wäre eben so lächerlich, behaupten zu wollen, Waß dieser Umstand nicht -einen Beitrag zu den Gründen des Verfalles liefert. Ja, er ist ein Hauptgrund. Seit SO Jahren haben in allen Ländern Europa-s die sittlichen Thätigkeiten mehr oder weniger einen höheren Schwung genommen, der menschliche Geist hat sich neue Bahnen ge brochen uns das sociale Leben sich mannigfach verjüngt; nur Italien blieb, mit wenig Unterbrechung, in träumerische Trägheit versunken, und wo cs sich zu einer Bewegung anschickte, da war cs auf dem Weg-' des Rückschrittes. Die Art seines Erwerbs ist dabei schuld! Ehemals kamen die Völker nach Italien zur Schule und zum Markte, heute kommen sie zum Karneval. Jede bcdeutcnde Stadt war ein Tprus, zu welchem die Kaufleute strömten und wovon Koloniccn ausgingen; jetzt sind an die Stelle der Waarcnlagcr Gasthöfe und Vergnügungsöder getreten, wo fremde Gaffer und Verschwender Hausen und sich von einheimischen Dienern um ihr Geld bringen lassen. Wäre der Jtaliäncr nicht daran gewöhnt worden, sich auf träge Weise von Fremden zu nähren, er wurde sein Land besser be bauen, würde den Ncbcrfluß, den jetzt diese Fremden verzehren, nach fremden Ländern führen, würde dort Waarcn und Ideen austauschen und würde endlich zu männlicher Industrie gezwungen seyn, statt sich zum dienstbaren Geiste aller Nationen hcrabzuwürdigcn. Wir haben uns von der Gewalt der Ucberzcugung Hinreißen lassen, mehr über diesen Gegenstand zu sprechen, als der Anlaß eigentlich erlaubt. Wir wollten nämlich nur eine einleitende Be merkung zu folgender Erzählung geben, welche die Folgen des unvernünftigen Hanges, nach Italien zu reisen, beredt und wahr schildert. Wir glauben zwar nicht, daß sich viele Deutsche in der Person des Monsieur Löger gezeichnet finden wcrdcn, doch kennen wir selbst manchen Deutschen, der seine Zeit und sein Geld viel nützlicher im Vaterlandc hätte anwenden können, als in Italien, von wo er keine Ausbeute zurückbrachtc. Wir lassen jetzt unseren Franzose» selber sprechen. °) Die Leidenschaft oder vielmehr die Wuth, zu reisen, ist seit mehreren Jahren in Frankreich eben so epidemisch geworden, als in England, und Italien ist besonders das Ziel der Wanderungen unserer unerschrockenen Touristen. NichtSnst leichter, als Meilen zu messen: cs ist das Mctier aller rciscndcn Handlnngsdicncr; aber nichts ist auch schwerer, als gut zu rciscn: cS ist eine Kunst, die nur sehr wenige gcbilvcte Menschen vcrsichcn. Wie viele auS jener Menge von Liebhabern, die alljährlich nach Florenz, Rom und Neapel eilen und nach Paris zurückkehrcn, um uns ihre künstlerischen, romantischen und poetischen Eindrücke, Empfindungen und Begei sterungen mitzutheilcn, waren cö wcrtl>, ihren profanen Fuß auf den klassischen Boden Virgibs und Raphacl's zu setzen! Wie viele andere omcritirtc Beamte, friedliche Rentiers oder einfache Fabrikanten sind nur so weit gegangen, nm Ermattung und Lang weil davonzutragcn, oder um Gefahren oder eine Gelegenheit zum Elend zu finden! Einer dieser Letzteren hat uns ein Beispiel geliefert, das ich hier erzählen will, um seinen Kollegen zu beweisen, daß der Handelsmann sein Eomtoir als seinen einzigen Mittelpunkt und sein l!ande?nnch Bemerkung eines ausfallenden Um c- >e reist so wenig , wie gerade die Italia,i er. «ewoNnve ten^ ^rr sich iehen, die von diesen Reisende» so viele ahmen ihnen doch nicht in ihrer Reiselust nach, von Rom entfernt sind, findet nian unter iL tffe- Stadt gewest "VN Ausländern so sehr besuchten