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würde. Die Kalknlederscbläge in den Ar terien waren sehr stark. Er wird der wei teren behauptet, daß eine starke Vergrößerung der Leber durch abnorme Fettousnckchse fest« gestellt wurde. Königin Dragas Leiche ließ bis zur Gewißheit eriknnen, daß das Rück- grat der Königin Draga brach, als man die Leiche aus dem Fenster warf. — Petersburg. Serbische Offiziere wurden in einem hiesigen Bergnügungslokal vom Publikum mit Entrüstung behandelt, sie wurden mit Erdäpfel, Knochen und Brot be worfen, bis sie dar Lokal verließen. Die Entrüstung gegen die Serben ist hier über haupt in der Zunahme begriffen; der „Swet" veröffentlicht einen flammenden Artikel gegen den Metropoliten Jnnocenz wegen seiner Rede; die „Novoje Wremja" meint, die Verhandlungen welch« mit Oesterreich wegen des Handelsvertrages und des Empfangs de« KönigSpaare» gepflogen wurden, hätten die Katastrophe in Serbien beschleunigt. — Neapel. Der Vesuv entwickelt eine lebhafte Tätigkeit; an drei Kratern zeigen sich Eruptionserscheinungen: von Neapel aus sieht man, wie feurige Gesteinsmafsen aus geworfen werden. — Konstantinopel. Im Dildiz-Palaft herrscht infolge der Belgrader Ereignisse eine unbeschreibliche Furcht Mehrere Personen aus den Hofstaaten der Prinzen, namentlich aus der Umgebung des Prinzen Reschad, des voraussichtlichen Thronfolgers, sind auf ein fachen Verdacht hin festgensmmen und ver bannt worden. Jetzt verlautet, e« sei vorigen Sonnabend im Mdiz-KioSk Feuer, da» an gelegt war, ausgebrochen. Damals sagten die Straßenausrufer zur Irreführung des Publikums es habe im Ortakeny-Stadtviertel gebrannt. Von drei mobilisirten Feuerwehr brigaden wurden nur der Kommandant und zwei Offiziere zum Feuerherd, der sich dicht beim Schlafgemach des Sultans befand, zu gelaffen. Der Pildizpalast war mit drei- fachem Militärkordon umgeben. — Die Türkei zögert mit der Anerkennung der neuen Re gierung Serbiens. — Konstantinopel. Große Beachtung findet die Tatsache, daß die hiesigen Zeitungen entgegen dem bisherigen UsuS, der von der Ermordung von Fürstlichkeiten nicht gestattet, den serbischen Königsmord nunmehr offen behandeln und zwar in Ausdrücken des größten Abscheus. Sie fügen mit Erlaubnis der Zensurbehörde hinzu, daß es nicht zu ver wundern sei, wenn die neue Regierung in Serbien hinsichtlich ihrer Anerkennung großen Schwierigkeiten bei den europäischen Groß mächten begegnen werde. Die Auslassungen sind gleichbedeutend mit einem offiziellen Communiqus. — Die Lage im Somali lande erregt in London große Besorgnis. Man furchtet, wie sich aus Londoner Blättern ergibt, daß der General Mauering von den Truppen des Mullahs hart bedrängt wird. Von den für den Somali-Feldzug bewilligten 500000 Pfd. Strl. sollen schon 400 000 au-gegeben sein, ohne Ergebnis! Die Mißerfolge der Engländer wirken ungünstig auf die befreun deten Stämme, die im Begriff sind abzu fallen. Man spricht von einem neuen Wechsel im Oberbefehl und von der Entsendung einer neuen 6000 Mann starken und mit Trans portmitteln ausgerüsteten Expedition. Aus Stadt und Land. Naunhof, den 25. Juni 1903. NEhof. In der vorigen Nummer der Naunhofer-Nachrichten befindet sich eine amtliche Bekanntmachung, wegen des Mit- bringens von Hunden in Verkaufsräume von Nahrungsmitteln. Diese Bekanntmachung wird in wenigen Tagen in Plakatform käuflich bei Günz u. Eule am Markt zu haben sein. Etwaige Bestellungen darauf werden bereits dort angenommen. Naunhof. Theater. Nachdem allgemein der Wunsch seitens unseres theaterliebenden Publikums laut geworden ist, die Direktion mochte doch wieder ein Gesangsstück zur Aufführung bringen, so hat Herr Ochernal für Freitag, den 26. d. M das romantische Schauspiel mit Gesang: Carmen angesetzt. Die Titelrolle spielt und singt Frl. Reimers, welche schon als Waldlieschen alle Hörer durch den Reiz ihrer Stimme entzückte. Das Stück hatte überall solchen Beifall, daß die Direktion es wiederholt aufführen mußte. Spannende Handlung zeichnet das Stück von Anfang bis Ende aus, dazu die bunten Kostüme, hübschen Gesänge, alles das ver einigt sich, um einen Theaterabend von seltenem Genuß zu schaffen. Wir machen deshalb auf die Freitagsvorstellung ganz besonders aufmerksam. Naunhof. Die in der hiesigen Bahnhofs wirtschaft verabreichte Gose ist nicht wie im Inserat der Sonntagsnummer gesagt ist „Stöpselgose" sondern offene Döllnitzer Gose wie in den Leipziger Gosenstuben (Feuerkugel rc.) verschänkt wird. -j- Der 11. Wahlkreis wird wie bei noch keiner Wahl bearbeitet, jede Partei sucht für sich ein günstiges Resultat zu erzielen. Nach dem Herr Fabrikbesitzer Bruck in Oschatz eine Erklärung zu Güsten de» konservativen Hauffe abgegeben Hal, dürfte sich die Zahl der Stimmen auf den konservativen Kandidat wesenlich vermehren Die Sozialdemokraten suchen dies durch die lebhaftesten Agitation aus zugleichen. Ein Flugblatt und eine Ver sammlung jagen die anderen. Am vergan genen Sonntag waren Hunderte von Personen im 11. Wahlkreis zur Agitation tätig. Be sonders waren von Leipzig aus eine große Anzahl mit an der Arbeit beteiligt. Der Ausfall der Wahl wird von einigen Stimmen abhängig sein und ist nur zu hoffen daß alle Wähler bis auf den letzten Mann ihre Stimmen abgeben. P Nach der amtlichen Feststellung betrug die Zahl der Wahlberechtigten im 11. Kreise (Wurzen-Oschatz-Grimma) 26376; von diesen wählten 22587 oder 85,63 Prozent. Diese Feststellung beweist, daß rund 3800 Wähler ihrer Wahlpflicht nicht genügt haben. -si Von den 23 sächsischen Wahlkreise« hat die Sozialdemokratie im ersten Anstürme nur fünf nicht zu erobern vermocht. Es sind dies der 3. Bautzen, der 9. Freiberg, der 11. Oschatz-Grimma, der 12. Leipzig- Stadt und der 14. Borna-Pegau. Hier ist heute die Wählerschaft zum zweiten Male berufen, die Entscheidung zu treffen. Von den Stichwahlkandidaten der Ordnungs parteien gehören drei zur konservativen — Dr. Oertel, Hauffe und Platzmann — und je einer zur notionalliberalen (Prof. Dr. Haffe) und zur Reformpartei (Gräfe). Die Gefahr, daß in Sachsen die Sozialdemokraten auch im zweiten Wahlgange den Haupterfolg davontragen, ist nur allzu groß, wenn sich nicht alle Wähler, die ihrer Gefolgschaft nicht angehören, ermannen und vollzählig zur Abwehr der sozialdemokratischen Kandidaten an die Wahlurne treten. In vier der sächs. Stichwahlkreise haben diese bereits in der Ha^wahl einen nicht unbeträchtlichen Vor sprung erzielt, während nur im Bautzener Kreise ihr Gegner sie mit der Größe der Stimmenzahl überflügelt hat. P Die sächsische Landgendnemerie ist seit einigen Wochen in den Besitz einer beachtens werten Dienstschrift gelangt, welche ein Ver zeichnis von im ganzen 700 Zigeunern ent hält, die fortwährend im Lande um herstreichen und in der Hauptsache auch unsere Grenzen berühren. Diese Schrift ist für die Gendarmerie der Grenzbezirke von ganz be deutendem Werte, da außer dem Personen- verzeichnis auch die verschiedenen Wander zeichen, welche die Zigeuner führen und die sie zur gegenseitigen Verständigung anwenden angegeben sind. Zu einer Ausrottung der Zigeuner wird aber freilich diese Neuerung ebensowenig führen, wie alle schon vorher getroffenen und angewendeten Maßnahmen. Eine solche könnte nur eintreten, wenn alle Zigeuner in Zwangsarbeitsanstalten unterge bracht würden, und zwar nicht nur jenseits sondern auch diesseits der Grenze. (Rochl. Tgbl.) P Se. Majestät der König hat die Bestimmung getroffen, daß die Litewken der Mannschaften aller Waffengattungen der sächsischen Armee in Zukunft aus grauem Tuche nach der vorgelegten Probe anzufertigen sind und daß zur Herstellung der Mannschafts mäntel da« für die Litewka festgesetzte Tuch Verwendung findet. Die vorhandenen Be stände an Stoffen zu Litewken und Mänteln für Mannschaften sind aufzubrauchen. -j- Se. Majestät der König wird am 3. Juli aus Anlaß des 410 jährigen Bestehens der Fürstenschule zu mehrstündigem Besuche in Meißen eintreffen. -j- Die Gericht-ferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September. Während dieser Zeit werden nur in Ferien- sachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlösten. Wer daher noch einen rechtskräftigen Titel vor den Ferien erlangen will, mag sich mit Einreichung der Klage beeilen, noch ist es Zeit, um dem Schuldner nicht zwei Monate unfreiwillige Frist gestatten zu wüsten. Bei den Amtsgerichten von größerem GeschästSumfange empfiehlt es sich, mit Einreichung der Klage die Bitte um Ver handlung der Sache noch vor den Ferien zu unterbreiten. -si Unfallmeldegespräche. Nach den Grundsätzen für die Einrichtung von Unfall meldestellen erstreckte sich die Mitwirkung der Reichs-Telegraphenanstalten bei der lieber- Mittelung von Unfallmeldungen früher nur auf die Beförderung und Bestellung von Unfallmeldetelegrammen, Neuerdings ist die Postverwaltung dazu übergegangen, diese Un fallmeldungen in gewissen Fällen durch Ge spräche ersetzen zu lasten. Solche Gespräche können im Allgemeinen zwischen öffentlichen Sprechstellen, zwischen Fernsprechanschlüsten sowie zwischen Fernsprechanschlüsten und öffentlichen Sprechstellen gewechselt werden, sofern die Betriebs- und örtlichen Verhält nisse die Herstellung der erforderlichen Sprechverbindungen ermöglichen. Haben die Empfänger der Unfallmeldungen keinen Fern- sprechanschluß, so werden sie, falls die ört lichen Verhältnisse eS gestalten, an den Apparat herangerufen. Die Gebühr für ein in der Nacht (10 Abends bis 6 Uhr Morgen«) abzuhaltendeü Unfallmeldegespräch bis zur Dauer von drei Minuten beträgt: a) im Ortsverkehr 20 Pfg., b) im übrigen Verkehr das Doppelte der im Z 7 der Fernsprechgebührenordnung vom 20. Dezember 1899 angegebenen Sätze. Für das Herbeirufen einer Person wird eine Gebühr von 25 Pfg. erhoben. Die Ge sprächsgebühren und die Gebühren für das Herbeirufen sind auch dann fällig, wenn das Gespräch aus irgend einem Grunde nicht zu Stande kommt. Dresden. Die hiesige Kriminalpolizei hat einen internationalen Hochstapler und Heiratsschwindler festgenommen, der schon lange in Europa und Amerika unter dem Namen Baron s. Focke oder Fürst Focke gelebt und auf Grund dieser adeligen Prädi kate und seines gewandten sicheren Auftretens in die besten Gesellschaftskreise Eingang ge funden hat, obwohl er im In- und Auslande wegen Betruges und Wechselfäljchung teils schon bestraft ist, teils noch verfolgt wird. Der richtige Name des Manne«, der übrigens mit zwei Amerikanerinnen in Doppel ehe lebt, ist Georg Alexander Focke au« Pest. Es ist zu vermuten, daß er außer den der Polizei bekannten Fällen noch weitere Betrügereien verübt hat. Dresden. Gegen den Verleger und Herausgeber des in Dresden erscheinenden „Beobachter" Albin Riste in DrekdeS-Neu- stadt war vor einiger Zeit Anklage wegen Beleidigung der Prinzessin Mathilde erhoben worden. Auf Veranlassung der Prinzessin Mathilde ist das Strafverfahren gegen Riste eingestellt worden. Dieses Vorgehen der Prinzessin Mathilde wird allenthalben Be friedigung Hervorrufen. Kötzschenbroda. Die Erdbeerborfe be findet sich gegenwärtig auf ihrem Höhepunkte. Der Versand von Erdbeeren stellte sich am 12. Juni auf 3220 Kilogramm in 96 Körben (der Höhepunkt des Versandt«). In Summa sind bisher 35160 Kilogramm in 1213 Körben zur Versendung gekommen. Von einem größeren Brande wurde in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag Hartenstein heimgesucht. Unter den ein- geäscherten 4 Häusern am Markte befand sich auch ein alter schöner Bau, das Gasthaus „Zum Lamm", das, in prächtiger Holz- konstluktion, mit Frontispicen und einem Eckerker mit Zwiebeldach, im 17. Jahrhundert erbaut war. Der Verlust dieses Hauses ist sehr zu beklagen. Unter den durch den Brand zerstörten Häusern befand sich auch die Apotheke. Zwischen Waldkirchen und Lengenfeld wurde Anfang voriger Woche ein aus einem Felde am Waldrande Futter schneidendes 25 jähriges Mädchen von einem Insekt in die Wade gestochen. Die anfangs unbedeutend erscheinende Verletzung artete in eine gefähr liche Blutvergiftung aus, welcher das Mädchen am Sonnabend unter großen Schmerzen erlag. In Meuselwitz hat ein Dieb während des Au zählens der Stimmen im Wahllokal (Goldene Weintraube) bei dem starken Ge- 46 den seine Begleitung an. 107,20 Dermißt. Nvman von Ewald August König. Händen zurück und schämte sich, seinem Sohne den bodenlosen Leichtsinn einzugestehen. Die Zahlung wurde nicht in die Bü cher eingetragen und später, als Didier sie geltend machte, ge leugnet. Hätte Didier damals die Quittung vorgelegt, so würde kein Prozeß entstanden sein; er konnte das nicht, weil sie verlegt war." „Richtig, sie wurde später hinter einer Schublade des Schreib- tisches gefunden," warf Garnier ein. „Ich erinnere mich, daß Di dier anfangs kein großes Gelvicht auf den Verlust der Quittung legte, weil er nicht im Traume daran dachte, daß Weimar die Summe in allem Ernst noch einmal fordern werde." „Weimar wurde durch seinen Sohn gedrängt, der natürlich die namhafte Summe nicht verlieren wollte. Und die Erklärung Didiers, er habe die Quittung verloren, machte ihm Mut; er wurde dann in Brüssel klagbar, und nachdem der erste Schritt geschehen war, ergaben sich die anderen natürlich von selbst." „Didier war über dieje Klage im höchsten Grade entrüstet/ nickte Garnier, „er sollte beschwören, das Geld gehabt zu ha ben ; er schob den Eid zurück, in der sesten Ueberzeugung, daß Weimar ihn nicht leisten werde." „Und als der Klager nun dennoch geschworen hatte, kannte der Zorn Didiers keine Grenze mehr ; er suchte Tag und Nacht, bis er die Quittung fand. Unter diesen Umstanden war es ihm wahrscheinlich nicht übel zu nehmen, daß er ohne Rücksicht und Erbarmen gegen den Meineidigen vvrgiug." „Das hat chm auch niemand übel genommen," sagte der Nen- tier mit einem spöttischen Lächeln „Niemand wird sich geduldig um eine so namhafte Summe prellen lassen. Herr Didier ist wohl ein reicher Mann'?" „Ein sehr reicher und sehr geachteter Mann; er hätte den Verlust verschmerzen können, aber seine Ehre wurde doch auch dadurch angegriffen, daß Weimar beschwor, die Zahlung nicht erhalten zu haben. Ein Kaufmann darf nichts behaupten, was er nicht bewei sen kann, er setzt sich dadurch der Oiefahr aus, daß fein Ver trauen und sein Kredit erschüttert werden. Aber ich will nun nicht langer stören," sagte Garnier, sich erhebend, „es ist mir außerordentlich angenehm, Sie wiedergesehen zu haben." Werner Unger erhvb sich ebenfalls und bot dem hier Frem „TaS fürchte ich nicht; wir sind reich genug, um die Wün- l sche des jungen Ehepaares zu befriedigen und besten Dasein glän zend zu gestalten." „Tas könnte schweres Geld kosten." „Vielleicht, vielleicht auch nicht," erwiderte sie achselzuckend. „Und wird unser Kind nur glücklich, was läge an den Gro schen? Wir häufen ja Kapital auf Kapital und mitnehmen kön nen wir nichts, wenn wir aus diesem Leben scheiden müssen." „Dummes Zeug, jetzt schon daran zu denken! Wir sind beide noch jung." „Und würden wir auch noch so alt, wir würden bis zu un serem Ende dasselbe Leben führen können, das wir heute füh ren," sagte sie, ihm einen koketten Blick zuwerfend. „Die Sache ist also abgemacht." Das Gespräch wurde in diesem Augenblick durch den Eintritt des Dieners unterbrochen, der seinem Herrn eine Karte über reichte. „Jean Garnier," las Unger, indem er seine Frau anblickte ; „kennst Du den Herrn?" „Ich erinnere mich nicht, werde jedoch im Salon sein, wenn Du ihn mir vorstellen willst." Damit entfernte sie sich und gleich darauf trat Garnier ein. „Sie kennen mich nicht mehr?" fragte er, als er den forschen den Blick Ungers auf sich gerichtet sah. „O doch, doch," erwiderte der Rentier, „ich hatte nur Ihren Namen vergessen, bitte, nehmen Sie Platz. Sie einmal wieder zusehen, kann mir nur angenehm sein." „Der Erinnerungen an Brüssel wegen, nicht wahr?" lachte Garnier. „Herr Didier konnteJhnen keinen besseren Führer durch Brüssel geben, niemand kennt alles dort so genau, wie ich." „Pst,pst," unterbrach Unger ihn mit einem scheuen Blick auf die Thür, „vergessen Sie nicht, daß wir in meinem Hause sind. Darf ich Ihnen ein Glas Wein und eine Cigarre anbieten?" „Die Cigarre nehme ich an, aber für den Wein muß ich dan ken, es ist mir noch zu früh." „Und was führt Sie hierher?" „Nichts, ich reife zu meinem Vergnügen. Sie hatten damals ! einen bestimmten Zweck, als Sie vor einem Jahre in Brüssel j waren? Ich erinnere mich nicht mehr so genau." „Es handelte sich um die Verhaftung eines hiesigen Kauf mannes, der der Vater meines künftigen Schwiegersohnes mar und den Herr Henry Didier in Brüssel wegen Meineids denun ¬ ziert hatte." „Richtig," nickte Garnier, der inzwischen seine Cigarre an- gezündet hatte, „jetzt entsinne ich mich wieder. Johannes Wei mar hieß der Verhaftete und es handelte sich bei dein Meineide um eine bedeutende Summe." „Ja, ich wollte wissen, ob der Mann in der That schuldig war," erwiderte der Rentier, mit seiner schweren, goldenen Uhr- kette spielend, „in diesem Falle gebot mir die Rücksicht auf mein Haus und meinen ehrenhaften Namen, die Verlobung meiner Tochter zu lösen." „Was ohne Zweifel auch geschehen ist?" „Natürlich! Der Sohn Weimars ist später im Kriege ge- fallen" „Das war die beste Lösung," sagte Garnier, während er den Blick prüfend durch das prunkvoll eingerichtete Zimmer schwei fen ließ. „Ich erinnere mich, daß Weimar zu schwerer Strafe verurteilt wurde." „Zu zehn Jahren Zuchthaus." „Das war bitter, aber gerecht. Und wie wurde es mit der Forderung Didiers, Herr Unger?" „So viel ich weiß, hat Didier etwa zehntausend Thaler er halten, wäre der Prozeß für ihn verloren gegangen, so hatte er selbst fünftausend Thaler zahlen müssen." Jean Garnier blickte gedankenvoll in die Glut seiner Cigarre und blies eine dünne Rauchwolke darüber hin. „Also handelte es sich um sünfzehntaujend Thaler, die Didier durch diesen Pro zeß gerettet hat," sagte er. „Immerhin eine schöne Summe. Haben Sie ihn seitdem wiedergesehen?" „Nein. Zur Zeit, als der Prozeß verhandelt wurde, war er krank, er hatte seine Aussage gegen Weimar in Brüssel zu Pro tokoll gegeben, das genügte, da hier alle Sachverständigen in ihrem Urteil übereinstimmten." „Also war Weimar in der That schuldig?" „Daran hat hier niemand gezweifelt, nicht einmal fein Ver- leidiger. Johannes Weimar hatte das Geld in Brüssel empfan gen und in Spaa am Spieltisch verloren, er kam mit leeren