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will, so darf kein Garn auf der Winde seyn. Wer zugiebt, daß im Hause Zugemüse bereitet werde, während noch das Brod im Ofen ist, der wird niemals auf einen grünen Zweig kommen. Man bezieht kein neues Haus, ohne die Stellung des Bettes mit allem Neiße anzuordnen; es darf nicht der Traufrinne des Daches parallel stehen, sondern muß winkelrecht gegen dieselbe gerichtet seyn, wodurch gar vielerlei Fährlichkeiten abgewehrt werden sollen, Platzregen, verderb licher Mondenschein, Nachtgespenster. Um die Schlangen zu vertrei ben, legt man Knoblauchflechten in die Ställe, oder verbrennt alte Schuhe, besonders an Pauli Wundertag und Pauli Bekehrung. Während so Vieles geschieht, um Schaden zu verhüten, bedarf es noch größerer Achtsamkeit, um keines der zahllosen Mittel zur Be förderung glücklicher Erfolge zu verabsäumen. Einige Bäuerinnen glauben, daß ihre Käse sich gut halten, wenn sie eine Schnecke unter das Käsebrett setzen, Andere werfen ein Nesselblatt in die Milch, aus welcher Käse gemacht werden soll. Zm Januar, gewöhnlich am St. Paulstage, gehen die Buben mit Stöcken umher und schlagen alle Pflanzen, um sie durch Furcht zu bewegen, daß sie viele unv gute Frucht bringen. Einer Kuh, die nichts vom Stiere wissen will, geben sie Hasenmist unter dem Futter, und einer Kuh, die. geworfen hat, ein Stückchen vom Felle ihres Kalbes, weil sie dann des Kalbes schnell vergesse und sich willig melken lasse; sie schütten ihr auch viel zu fressen vor, denn sie glauben, wenn sie an diesem Tage nicht satt werde, so werde sie es niemals wieder. Einen neu angcschafften Hund setzen sie zuerst in den Ofen und dann unter den Rauchsang des Heerdes, mit den Worten: Ich ses dich in den üsenmund, Du sollst rennen keinen Menschen in der Rund. — Ich se»' dich aus die Feuerst«»', Du sollst kennen keinen Nachbarn noch andern Gesell'n. Wenn ein läufischer Kater hcimkommt, so faßt ihn der Arzdor bei den Bordcrfüßen und schleift ihn auf dem Heerde dreimal um die eiserne Kette herum, welche aus dem Schlot mederhängt, indem er glaubt, ihn dadurch an das Haus zu binden. Wenn eine Bäuerin von ihrer Herrschaft eine Henne erhält, so vermeidet sie aus dem Heim wege jedes fließende Wasser, weil sonst die Henne schlecht brüten würde. Wünscht sie getollte Hühner (cMIa bmpoM «ul cap») zu gewinnen, so setzt sic ihren Hut auf, bevor sie die Eier unterlegt, und sollen es fiederfüßigc (rauhbeinige) Hähnchen werben, so zieht sie Stiefeln an; wenn sie lauter Hähne haben will, so steckt sie die Eier ihrem Manne in den Busen und setzt dann am Charfreitaae die Bruthenne darauf, wenn aber nur mehr Hähne als Hühner, so singt sie, die Eier immer zu dreien in das Nest legend: I» rinö Ma »»e«» Im Namen unsrer Nachbarinne vu o uu» ßailena. Zwei Hahn' unb eine Hinste. oder wenn mehr Hühner als Hähne: In viel» <1° naütr- nn-aor Im Namen unsres Meier vo xrUIeu u» esutor. Zwei Hinnen und einen Schreier- Ein anderes Mittel, um inchr Hähne als Hühner zu erhalten, isi dieses, daß zu dem Neste Stroh aus dem Bette des Mannes gezupft werde; umgekehrt wirkt Stroh aus dem Bette der Frau. Das Nest macht die Arzdora gemeinlich in einem alten Hute ihres Mannes und glaubt dann sicher zu seyn, daß die meisten Küchlein aus kommen werden. (Fortsetzung folgt.) Frankreich. Die Stenographen bei den Kammer-Verhandlungen. (Schluß.) Nun ein Wort über das interessante Personal der Jonrnalistcn- Loge, daS fast aus lauter geistreichen (wir sagen fast, da es natür lich Ausnahmen giebt), aber arbeitsamen Leuten besteht, denn das Geschäft eines Redacteurs der Debatten ist ein mühseliges. I» die ser Versammlung bemerkt man neben einander junge und ausge zeichnete Advokaten, die sich im Barreau durch ihr Talent einen Ruf erworben, den ihnen Niemand zu bestreiten wagt, geistreiche Feuilletonisten, die, nicht zufrieden damit, wöchentlich-literarische und ernste Journale mit ihren pikanten Artikeln zu würzen, auch über die kalten und trockenen parlamentarischen Diskussionen in denselben Journalen mit Talent und Sorgfalt Bericht erstatten. Auch sicht man hier eine Reihe von Schriftstellern, deren lustige Vaudevilles die Ncvner, über die sie sich des Morgens lustig gemacht, des Abends zum Law«' bringen: jeder hat sein Theater, jeder seine Erfolge. Endlich sich' wmi auf dieser Tribüne neben alten Militairs junge, bekannte Romandichtcr und sogar Aerztc, die gewiß, wenn sie den Spleen oder die Hypochondrie zu behandeln haben, ihren Kranken die Lektüre gewisser Reden verschreiben: zu großen Uebeln gehören große Mittel. Man wird vielleicht meinen, Leute von so verschiedenen Glaubens bekenntnissen, die an Journalen von so cntgcgcngcsctztcn politischen Meinungen arbeiten, seycn wenig nut einander befreundet. Aber dem m nicht so; die Leute stehen auf dem besten Fuß mit einander: die UumiNwniw, um uns der einmal hergebrachten Redeweise zu bedie- "sn, ist sehr intim mit dem Lourrier-sranpi,^; der b^tionM lädt die Lum Frühstück ein; der ("Etitucinuiwi geht täglich Arm in dies dcm Noniteur l'uri>ü<m, UNd das -lunrnnl Nrx Ööbslx, ^^Würdenträger der Presse, bietet ohne Umstande dem iver dem lmmneree eine Prise Taback an. Mit einem Wort, in der Journalistcn-Loge arbeitet Jeder, und Jeder hilft dem Anderen, und wir könnten mit Recht sagen, indem wir ein historisches Wort parodiren, daß, wbnn die Gleichheit auf Erden möglich wäre, sie in der Journalisten-Loge gesucht werden müßte. Doch stellen wir die Dinge nicht gar zu glänzend dar; auch hier giebt es falsche Brüder, Neider, die dir ins Gesicht schmeicheln, um dich hinter dem Rücken anzuschwärzen, Aufkäufer, die, was sie können, heruntcrsctzen, um das Amt eines arglosen Kollegen zu er langen. In welcher Klasse der Gesellschaft findet man jetzt nicht solche Leute? Aber diese muß man beklagen und sich freuen, daß sie in so kleiner Anzahl da sind, und besonders das Bcdürfniß hervor heben, das sie selbst fühlen, ihre Manöver zu verbergen oder zu leugnen. Die Stenographen, welche von den Sitzungen der PairS-Kammer Bericht zu erstatten haben, wurden vor einigen Jahren, d. h. nach der Juli-Revolution, da erst seit jener Zeit die Sitzungen im Luxem bourg öffentlich sind, als Sinekuristen betrachtet, welche die äußerst selten stürmischen Sitzungen des Oberhauses ohne große Anstrengung mittheilten; daher bestand und besteht noch eine bedeutende Differenz zwischen den Gehalten, welche Lie Nedactcure der Pairs-Kammer und die der Deputirteir-Kammer bekommen. Allervings sind die Diskussionen in der Pairs-Kammer weniger lebendig, weniger glänzend und pikant als die der Dcputirtcn-Kam- mer; man wohnt hier nie jenen wüthendcn Kämpfe» zwischen den Ministern und der Opposition bei, jenen heftigen Reden, deren Aus drücke sich oft nur allzu sehr von der parlamentarischen Sprache entfernen; da kommen keine jener bitteren Apostrophen, jcner tumul- tuarischen Scencn, jcner langen Unterbrechungen und Ordnungsrufe vor, die im Palais Bourbon so häufig sind. Dagegen herrscht hier immer eine ernste^ würdige, gründliche Diskussion, von Leuten ge führt, Lie dem Studium der zu erörternden Fragen ein ganzes Leben gewidmet. Daher wissen auch die Rcdacteure aus dem bloßen Titel des zu debattirendcn Gesetzes schon im Voraus, welche Pairs an der Debatte Theil nehmen werden; man ehrt die Spezialitäten des Luxembourg, und man sieht hier keine oder nur sehr wenige von jenen Leuten, die über Alles mitreden zu können glauben, die bei einer militairischen Frage so gut wie bei einer öko nomischen Las Wort verlangen, die mit derselben Sicherheit von Finanzen und von der auswärtigen Politik, von den Interessen der Agrikultur und schwierigen Rechtsfragen sprechen. Und dann hat man den Herren Pairs in dcn Journalen so oft wiederholt, daß sie nichts thäten, daß sie sämmtliche Gesetze, die ihnen von der Depu- tirten-Kammer zugeschickt würden, ohne Diskussion votirten; man hat ihnen so oft gesagt, daß ihre Kammer nur eine NegistrirungS- Kammer sey, daß sie sich nur bemühen, ihren Debatten mehr Ansehen und ihrer Prüfung inchr Zeit zu geben. ES folgt aus dem Allen, daß Lie Berichterstatter der PairS-Kammer-Debatten jetzt eine schwe rere Arbeit haben; denn man täuscht sich sehr, wenn man glaubt, daß es leichter ist, einer gründlichen, ernsten, ruhigen Debatte, in der Sachkenntniß und Urtheil hervorstechen, ohne zum Flittergold wohlklingender Phrasen die Zuflucht zu nehmen, mit Aufmerksamkeit zu folge», als eine Rcve, die aus Effekt berechnet ist, mitzutheilen oder „die Physiognomie" einer tuniultuarischcn und lärmenden Sitzung, wie man cS in der Journalisten-Loge nennt, zu geben. Doch vergessen wir nicht zu bemerken, daß die Sitzungen der Pairs- Kammer weniger lang und weniger häufig sind, so daß es offenbar nur dieser Umstand seyn kann, der die obenerwähnte Differenz rechtfertigt. Möge diese Bemerkung diejenigen Rcdacteure der Pairs-Kammer trösten, deren Eigenliebe durch eine Geldfrage ver letzt würde. Unter den Berichterstattern der Kammer-Debatten giebt cs Einige, die eine doppelte Schwierigkeit zu überwinden haben: wir meine» die, welche für die Abendblätter arbeiten. Sie müssen ihre Sache nicht bloß gut, sondern auch schnell machen. Sie haben nicht den Abend dazu, ihre Stenographie oder ihre Noten za verdolmetschen: sic können nicht einmal das Geschriebene überlesen, denn da ihr Journal fast unmittelbar nach dem Schluß der Sitzung erscheint, so müssen sic von einer halben Stunde zur anderen Manuskript in die Druckerei schicken. Sie können für keine Rcde eine Lücke lassen, um dann des AbcndS den Redner darum zu bitten; nein, sie müssen immer mit der Debatte Schritt halten. Besonders bei den Ver- haiidlnngen, die Las allgemeine Interesse lebhaft erregen und bei denen man daher den Berichten der Abendblätter mit Spannung entgegcnsicht, haben sie eine schwere Arbeit: da ist keine Frist für sie; ie lebhafter, tumultuarischer, ereignisreicher die Sitzung ist, desto schwerer ist sie wiederzugebcn, und desto mehr drängt der Haupt- Ncbacteur nach Manuskript, denn es ist sein Interesse, daß sein Jour nal unter den Abendblättern zuerst erscheine. Dazu kommt, daß die Redacteure der Abendblätter sich ganz auf sich selbst verlassen müsse»; sie erfreuen sich nicht jener gefälli- gcn Unterstützungen, welche die Rcdacteure der Morgcnblättcr sich gegenseitig gewahren, und das aus sehr einleuchtendem Grunde: wenn der Nedacteur eines Morgen-Journals eine Rede, die er sorg fältig nachgeschrieben, einem Abendblatte liehe, so könnte er am an deren Tage leicht in den Verdacht kommxn, das Blatt, das zwölf Stunden früher erschienen, abgedruckt zu haben. Doch unter den rcdigirenden Stenographen weiß man dies und ändert nichts an dem guten Vernehmen, das unter ihnen herrscht. Und dann ist cS selten, daß in den aufgeregteren Sitzungen die Rcdacteure der Morgcnblät tcr ihre Arbeit nicht zu verdolmetschen und durchzusehe» habe»; den» man verlangt von diesen mehr als von den Abendblättern. Daher haben die Redactcure der Abendblätter, da sie fast mit dem Schluß der Sitzung fertig seyn müssen, wenigstens den Abend frei zur Erholung von ihren Anstrengungen, während die Rcdacteure der