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Uchen Form fesselte Miß Fanny's Blicke, und sie schien großes Ver gnügen daran zu finden. „Eine Armee von Soldaten in Unterröcken ohne Beinkleider" nannte sie es und fügte, herzlich lachend, hinzu: „Das ist die einzige Art von Sanscülotles, die ich jemals gesehen!" Als sie von der Revue zurückkehrte, war ihr erstes Verlangen, die Wasserfälle auch von unten in Augenschein zu nehmen, ungeachtet der sehr empfindlichen Kälte, die wir hatten. Sie unterzog sich daher den gewöhnlichen Vorbereitungen und legte mit aller möglichen Grazie, die das Kostüm gestattete, die seltsame Kleidung an, welche' der Schutzgeist des Orts hierzu vorräthig hält. „Ei, wahrhaftig", rief ihr Kammermädchen, „Fräulein Fannp in solchen Schuhen und Strümpfen zu sehen, ist es schon wcrth, halb zu ertrinken. Was würden sie in Paris zu diesem Aufzuge sagen!" Nun ging es unter die Wölbung des Wasserfalls, und auch da brach Miß Fanny in Ausrufungen des Entzückens aus über Hie Erhabenheit des Schau spiels. Sie wollte noch weiter vordringen als irgend Jemand vor ihr, selbst weiter als Guibelei nach Ihrer Schilderung, und nur mit Mühe konnte der Führer sie von diesem gefährlichen Versuch zurück halten. Nie sah ich ein so enthusiastisches Wesen. Sie las eine Handvoll Kieseln auf, die sie, wie sie sagte, nach ihrem Vaterlande schicken oder mitnehmen wollte. Dann kehrte sie nach dem kleinen Hause zurück, kleidete sich wieder um und begab sich nach dem Tafel- Felsen, um noch einen Abschicdsblick auf eines der großartigsten Naturschauspiele auf Gottes Erdboden zu werfen. In ernstes Stau nen versunken, stand^sie einige Minuten an dem gen Himmel sich wölbenden, himmelserzeugtcn Schaumgebirq; große, Helle Thränen entrollten ihrem Auge, und die Hände leidenschaftlich in einander schlagend, rief sie aus: „Ich habe die herrlichsten Schöpfungen des Menschen gesehen; aber was sind die Versailles und Fontainebleau, was sind sie alle gegen diese überwältigende Gegenwart Gottes in seiner Hände Werk!" Der Führer, Herr Hooker, wurde ungeduldig und mahnte die Gesellschaft zum Aufbruch. Als wir einige Schritte gegangen waren, vermißten wir plötzlich Miß Fanny; wir sahen uns um, und wir erblickten sie, eine Strecke hinter uns, auf den Knieen mit religiöser Begeisterung aus den Wasserfall ziirückschaucnd. „Na", sagte Herr Hooker, „ich habe manche prächtige Rede von den Leuten gehört, die unsere Wasserfälle besucht haben, aber so etwas ist mir doch noch nicht vorgekommen." Auf dem ferneren Rückwege nach dem Gasthause sprach sie kaum ein Wort und schien tief in Gedanken versunken. Der gutmüthige alte Führer überreichte der schönen Miß vor der Abreise eine Adlerfedcr und ersuchte sie dringend, ein paar Zeilen in sein nie zu vergessendes Album zu schreiben. Fanny erklärte, daß ihr dies durchaus unmöglich sey, daß sic nie etwas in ei» Albuin eingeschrieben habe und cs nicht könne. Der würdige Alte wieder holte seine Bitte, er wollte ja mit einem bloßen Federstrich von ihrer Hand zufrieden seyn, um nur ein Andenken von ihr zu haben, die ihm so große Freude gemacht. Diesem ehrerbietigen und dringenden Ersuchen konnte sie nicht länger widerstehen, sie ergriff eine Feder und schrieb, mit sichtbarem Widerstreben und zitternder Hand, folgen des Impromptu in Deutscher Sprache: „Welche Gottheit, Niagara- Falls °), ich bete euch schweigend an!" Etwa folgendermaßen ins Englische zu übersetzen: Linhlem nf 6oä — In« poner — In« majestz'! Aiiixar.» ksll«! I rvorsltip tlie« iu «ileuce! Dies war Fanny Elslcr'S erster und letzter Besuch am Niagara- Fall. Am folgenden Tage reiste sie, wie ich glaube, nach New-Uork zurück. (ßiow-Vork VVeekIx llorslü.) Italien. Die Bauern der Romagna. (Fortsetzung.) Obgleich unverkennbar die Bestimmung aller dieser Zeiten aus alter Naturbeobachtung beruht, so ist doch im Volke das Bewußt- seyn solchen Ursprunges erloschen und die Wahrnehmung der bedeu tungsvollen Tage durchaus abergläubisch geworden. Der Glaube an geheime Zusammenhänge hat sich daher auf zwiefache Weise will kürlich entwickeln und völlig einander fremde Verhältnisse in Ver bindung bringen können; so wird einerseits von den zufälligsten Dingen das Wetter abhängig gemacht und andererseits den heiligen Zeiten ein Einfluß auf alle mögliche Ereignisse des menschlichen Lebens und auf jede alltägliche Verrichtung zugeschricbcn. Bon ersterer Art ist die Behauptung, daß kein Regen auf eine Leiche falle, welche eben zu Grabe getragen wird, ohne daß cs danach vierzig Tage regne. Das Andere kommt auf die mannigfaltigste Weise zum Vorschein, indem den Gestirnen, besonderen Zeilen des Jahres und einzelnen Tagen Einwirkung auf alle Geschäfte des Hauses und allerlei WirthschaftSgegenstänoc beigelcgt wird. Zur Zeit des Vollmondes oder der Wcingährung, getraut sich keine Arz- dora, ihr Zeug zu waschen, in der Meinung, daß cS unvertilgbare Flecken davontragen würde. Unter den Wochentagen sind Dienstag und Freitag ominös. Eine Henne, Dienstags auf die Eier gesetzt, würde verkrüppelte Küchlein auSbrütcn oder, wenn eS Freitags ge schehen wäre, solche Hühnchen, denen die Galle fchltc. Freitags dür fen keine Bohnen gesäct werden; Freitags darf man das Haar nicht kämmen, um nicht von Kopfschmerzen heimgefucht zu werden; wer ') DUe. ElSlcr scheint, wenn ihre Schrift im Amerikanischen Original ;mau wiedergegeden ist, den Englischen Namen des Wasserfalls, mit den, Plural r»N8, als ein nomeu proprium, auch im Dentfchen deidehalten ;u haben. Freitags Brod bäckt, macht sein Rindvieh krank. Wenn an einem Märzfreitage gewaschen wird, so hütet sich die Frau, das Zeug in Asche, wie sonst der Brauch ist, abzukochen, und zwar wegen dessen, daß Christus an einem Freitage gestorben sey, man wisse nur nicht mit Sicherheit an welchem. Ucbrigens macht der Charfreitag eine Ausnahme von den übrigen Freitagen des Jahres und wird manchen Verrichtungen für günstig geachtet, besonders dem Brüten der Hühner und der Aniessaat, welche, an diesem Tage ausgestrcut, vor den Sperlingen behütet seyn soll; die Hirse genießt desselben Vortheils, wenn sie am heiligen Sonnabend gesäct wird; beides aber muß über Nacht geschehen, damit die Spatzen nichts davon merken. In der heiligen Woche giebt es überhaupt vielerlei zu beobachten. Die grünen Ruthen, welche, bei den Ceremonien gedient haben, müssen gesammelt werden, weil sie, zum Ausklopfen der Kleider verwendet, diese vor Motten bewahren sollen. Am Grünen Donnerstage binden Einige die Obstbäume an Stamm und Aesten und lösen sie dann am heiligen Sonnabend wieder auf: Andere binden erst am letzteren Tage; dadurch sollen die Bäume vor Nebel beschützt und zu reichem Tragen genöthigt werden. An diesem Sonnabend vermeiden cs Viele, ihr Gesicht nach dem Waschen abzutrocknen, um nicht früh ihr Augenlicht zu verlieren: dagegen, um daS Gesicht recht lange scharf zu behalten, lausen sie unter der Messe in dem Augenblicke, da der Priester 8ur8um Vorst» spricht, zum Weihwasser und baden darin ihre Augen; an diesem Sonnabende müssen ferner die Kinder, welche noch nicht laufen können, ein wenig gegängelt werden, damit sie das Gehen geschwind lernen. Zum Ostersonntag zieht der wohl habende Bauer unfehlbar ein neues Hemd an, eben so am WeihnachtS- tage, nicht nur um seinen Neichthum zur Schau zu tragen, sondern um dadurch vornehmlich Siechthum von seinem Leibe für das nächste Halbjahr abzuwehren. Am Himmelfahrtstage darf keinerlei Land arbeit verrichtet werden; auch hütet man sich, zu schlafen, in der Meinung, daß man sonst das ganze Jahr hindurch schläfrig bleiben würde; in der feierlichen Prozession dieses Festes werden Maulbcer- zweige umhergctragen, wodurch den Seidenraupen Segen gestiftet werden soll. Die wunderbarsten Eigenschaften hat cin am Himmel- fahrtstage gelegtes Ei: es bezaubert nicht nur das Wetter, sondern findet auch Ertrunkene auf; man steckt nämlich das Ei in ein Säck chen und läßt es auf dem Wasser schwimmen, indem man glaubt, cS werde da, wo ein Mensch untergesunken ist, stehen bleiben und den Leichnam nöthigcn, heraufzukommen. Den Scidenwürmern meint man auch durch Farrenkraut zu nützen, welches man in der Johannis nacht pflückt, unv der Thau dieser Nacht soll eben so wie die Reiser der heiligen Woche wider Motten dienlich seyn. In der Christnacht besprengen die Bauern ihre Weinstöcke, um sie fruchtbar zu machen, mit Neigen Weines, und wer in dieser Nacht frische Trauben ißt, der hält sich für gesichert, im bevorstehenden Jahre niemals ohne Geld zu seyn. Am letzten Tage des Karneval spinnt kein Weib, weil sie dadurch der Flachssaat oder gar der Bohnensaat zu schaden fürchtet, unv damit kein Sterben unter die Hühner falle, schlachten und essen sie die älteste Henne, die sich auf dem Hose findet. An demselben Tage oder auch zu Epiphanias werden die Hühner mit Saubohnen gefüttert, damit sie gut brüten. Epiphanias ist außerdem ein Orakcltag; man wirft Palmblätter in die Glut und achtet dar auf, wie ost die verbrennenden Blätter knistern und aufhüpfen, um dar- aus wahrzusagen, von wem man geliebt sey, oder auch ob Jemand in der Familie sterben werde. Am Isten Mai werden grüne Birkcn- zweige, wie in Deutschland, an Thüren und Dächern befestigt; diese Maien sollen das Haus vor Ameisen beschützen. Es ist sonderbar, daß die Madonna in dem ihr geweihten Monat sich der Lämmer nicht gnädig annimmt; mau behauptet aber, daß die Mailämmcr toll werden, und zieht deshalb keine auf, auch keine Maikälber. Der erste Tag des Jahres ist vorzüglich reich an Vorbedeutungen und gebietet mancherlei Vorsicht. Auf den Neujahrswunsch pfleg.n jüngere Personen keinen sonderlichen Wcrth zu legen; die Altcn abcr unter lassen niemals, einander ihr Ilan» sie, bann' »im (Gut'n Tag, gut Jahr) Zuzurufen, worauf die Antwort unfehlbar lautet: Di v eoncvS» (Gott bescher's UNS)! Jedermann achtct beim Ausgehen in der Frühe auf das, was ihm zuerst begegnet: ein Bettler bedeutet Unglück, eine wohlbeleibte Person Glück, ein Greis einen Todesfall in der Familie, ebcn so ein Priester, einem heirathfähigen Mädchen aber Letzterer die nahe Hochzeit. Von jederlei Arbeit, welche im. Jahre vorkommen möchte, unternimmt man, um sie alle wohl gelin gen zu machen, einen Versuch im Kleinen. Diesem Brauche entspricht am letzten Tage des Jahres cin anderer, auf welchen die Frauen, besonders dic alten Mütterchen, eifrig halten; sic lassen nämlich keine angcfangenc Arbeit unbeendet und hüten sich, Reste in das neue Jahr mit hinüber zu nehmen. Die sympathetischen Einflüsse und die Zauberkräfte gewisser Gegenstände auf Pflanzen-, Thier- und Menschenleben bleiben indessen nicht immer an dic guten und bösen Tage gebunden, sondern werden häufig als ganz frei und selbständig wirkend angesehen. Wenn die Haselnüsse am Baum castellelri (Büschelchen) formiren, so wird die Getraideärndte schlecht ausfallcn, und man erinnert deshalb: I» »08.1 ia o e»8ti«tt, Wenn die Nuß' in Vülchetn gehen, (-UÜ iiu <!e 8^" oltil «trett. Soll, wer Korn hat, wol)l oraus sehen- Wenn ein Zweigchcn oder nur ein Blättchen vom Maulbeerbaume, bevor die Würmer ihr Gespinnst machen, in das Feuer fällt, so sagen dic Weiber, daß die Seide nicht gerathen werde. Um daS Korn zu behüten, werden an den vier Ecken des Feldes kleine Gruben mit Weihwasser gefüllt oder geweihte Palmen aufgestcckt. Ochsen spannt man nicht vor einen Wagen, welcher Aschc führt,' weil geglaubt wird, daß danach die Schwänze ihnen anSfallcn. Wenn eine Kuh werfen