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Das sächsische GHedrama. Hinsichtlich der Veröffentlichung der Urteils begründung im kronprinzlichen Ehescheidung». Prozeß hatte die sächsische Regierung bisher keine bestimmte Haltung eingenommen. Die amtliche Bekanntmachung des Gesamtministerium» betr. die Nichtveröffent lichung der Urteiltgründe im kronprinzlichen Thescheidungsprozeß lautet wörtlich: „Auf eine bezügliche Anfrage des Gesamtministerium» hat der Bevollmächtigte der ehemaligen Frau Kronprinzessin mitteilen lassen, daß seine Frau Vollmachtgeberin sich nicht in der Lage sehe, einer Veröffentlichung de» in der Ehe sache Sr. Kgl. Hoheit des Kronprinzen ergangenen Urteils zuzustimmen. Bei dieser Sachlage sieht das Gesamtministerium zur Zeit von einer Veröffentlichung dieses Urteils ab." Nach der ersten, den Preßvertretern gegebenen Information mußte man annehmen, daß die Entschließung der Regierung eine endgültige sei; auch die offiziöse Wolffsche Meldung leistete dieser Annahme Vorschub, da sie die Einschränkung „zur Zeit" nicht enthält. Offenbar hat man im Schoße der Regierung vor der amtlichen Publikation sich nochmals die Stimmung und die Folgen vergegenwärtigt, welche eine endgültige Ver sagung der allerseits erwünschten Offenheit herbeiführen mußte, und hat deshalb einer mehr dilatorischen Form den Vorzug gegeben. Da man im Volke weiß, daß die abschlägige Entschließung der Prinzessin Luise dem eigenen Wunsche des HoseS entspricht, hat man nur noch wenig Hoffnung, daß jemals etwas erschöpfend Authentisches, speziell über die Gründe, welche die Berufung Girons herbei führten, an die Oeffentlichkeit gelangen wird. Bezirksausschuß - Sitzung. Am 3. März fand unter dem Vorsitz des Herrn Amtshauptmann Hänichen eine Bezirksausschuß sitzung statt, in welcher nachstehende, Naunhof be treffen de Beratungsgegenstände erledigtwurden. Genehmigt wurden, der Wegüberlassungsver trag zwischen dem Kgl. Sächs. Staatsfiskus und der Stadtgemeinde Naunhof. Das Schankerlaubnisgesuch de» Herrn Dürichen- Naunhof (Stern) erhielt Genehmigung, während das des Herrn Becker-Naunhof wiederholt abgelehnt wurde. Stadt und Land. Naunhof, d. 14. März 1903. Naunhof. Wie nunmehr aus sicherer Quelle verlautet, erfüllt sich die Befürchtung, daß der neue Fahrplan der Leipzig-Naunhof- Döbelner Linie den Verlust einiger Züge bringen könne, nicht. Es tritt nur eine wichtigere Veränderung ein, nämlich die, daß der Zug, der abends 7 Uhr 15 Minuten Leipzig verläßt, nicht blos bis Grimma, sondern bis Großbothen geführt wird und über Wurzen nach Leipzig zurückkehrt. Da- für werden auf der Muldentalbahn die Züge die jetzt abends 7;g und 8,z von Wurzen abgehen, zu einem verschmolzen. Naunhof. Bei der gestrigen Musterung wurden von 92 Gestellungspflichtigen 25 als tauglich befunden. Naunhof. Unserm musikliebenden Pub likum steht ein Kunstgenuß ersten Range» bevor. Montag den 16. März werden im Saale des gold. Sternes 90 vorzüglich ge schulte Sänger unter der Leitung de«, in Leipziger Musikkreisen sehr angesehenen, Ton künstlet» Herr« Richard Fuch», Männerchöre singen, während der Barytomst Herr Paul Danneberg al» Solist auftreten will und die städtische Kapelle die Instrumental-Musik dabei spielen wird. Es ist da» erste Mal, daß der neue Besitzer de» gold. Sternes die Fest räume seines Etablissements zu einer öffent lichen Musikaufführung öffnet. Daß Herr Dürichen zu seiner Einführung selbstverständ lich etwa» Gutes bieten würde, war voraus zu sehen, daß aber das bevorstehende Konzert die hochgespanntesten Erwartungen übertreffen dürfte, muß angenommen werden. Welchen Wert der Aufführung in Musikkreisen bei gelegt wird, geht daraus hervor, daß auch der rümlichst bekannte Komponist Herr Ober reich persönlich anwesend sein wird. Aus dem sorgfältig gewählten Programm einzelne Nummern besonders zu erwähnen, ist untun lich, denn eS hat jede ihren eigenen Reiz, die große Hauptsache bleibt ja doch, wie wird die Wiedergabe sein, und hierauf kann, bei der Qualität der Ausübenden, die zuversicht liche Antwort gegeben werden: mustergiltig! Das hiesige Publikum hat zwar stets den Beweis geliefert, daß es etwas tatsächlich Gutes zu würdigen weiß, wir möchten aber hier doch ganz ausdrücklich darauf Hinweisen, daß eine außergewöhnliche Darbietung auch durch zahlreichen. Besuch anerkannt werden muß. Da nach dem Konzert, Ball bi« 1 Uhr stattfinden soll, wobei die Herren Sänger mit helfen wollen, so dürfte auch nach dieser Richtung hin die Veranstaltung befriedigen. Naunhof. Die Schülerinnen und Schüler der Frau Marie Müller, sollen am Sonntag Nachmittag im Ratskellersaale ihren Eltern und Angehörigen, und einem kleinen ge ladenen Publikum zeigen, was sie gelernt haben. E» ist dies das dritte Mal, daß Frau Müller mit ihren Zöglingen eine Aus führung veranstaltet. Nicht weniger als 15 Nummern bietet der erste Teil, dem als zweiter Teil eine Märchendichtung „Beim Rattenfänger im Zauberberge" folgen wird. Im Programm ist bei jeder Nummer die Unterrichtsdauer der Ausübenden beige fügt, damit sich die Zuhörer ein richtiges Bild von den Fortschritten der Zöglinge machen sollen. Die Aufführung ist nicht öffentlich, sondern nur für solche mit besonderer Einladung Bedachten. ch Zur Perfouentarifreform schreibt der „Dr. Anz.": Kommt die sächsische Eisenbahn tarifreform zu stände oder nicht? Von der einen Seite wird die Meinung vertreten, daß die sächsische Eisenbahntarifreform bereits aufgegeben sei, weil nicht daran gedacht werden könne, daß Preußen sich ihr anschließen werde. Demgegenüber erklärt sich die „Deutsche Tagetzztg." in der Lage, festzustellen, daß von einem Aufgeben der Personentarifreform nicht im mindesten die Rede sein könne. Es handle sich lediglich um den Zeitpunkt, an )em die Reform in Kraft treten soll. Ueber diesen Zeitpunkt sei man nicht zur vollen Klarheit gekommen. Daß die Reform in verhältnismäßig kurzer Zeit eingeführt werde, ei allerdings höchst unwahrscheinlich. Daß aber diese Hinausschiebung des Einführung»- Termins gleichbedeutend sei mit der voll- tändigen Aufgabe des Reformplan», müsse entschieden bestritten werden. ch Die Ostervormesse zu Leipzig, welche in der Hauptsache mit Sonntag endete, wenn sie offiziell auch noch einige Tage länger dauert, hat einen recht befriedigenden Verlauf genommen; von Ausländern haben namentlich französische und englische Käufer in der keramischen Branche namhafte Aufträge erteilt. Sehr bemerkt wurde, daß einzelne hervor ragende Amerikaner sich bei der Erteilung ihrer Ordres den deutschen Verkäufern gegen- über zurückhaltend zeigten; auch die deutschen Einkäufer legten sich vielfach eine gewisse Reserve auf. ch Se. Majestät der deutsche Kaiser hat, so meldet der „Dr. Anz." bei Sr. Majestät dem König seinen Besuch in Dresden noch vor der Abreise des König» nach Italien an melden lassen. Der Besuch dürfte Dienstag den 17. März zu erwarten sein. Se. Maj. der König witd deshalb seine Abreise um einen Tag verschieben und erst am Dienstag Abend Dresden verlassen. ch Einen niedlichen Streich spielte der Druckfehlerteufel in der Wiedergabe einer Verordnung des König!. Ministerium des Innern im „Sächsischen Wochenblatte" v. I. 1903, wo es auf Seite 51 heißt; „Weiter ist zu bemerken, daß Gebühren der festange stellten Sachverständigen, also insbesondere des Bauchsachverständigen (statt Bausachver ständigen) — unter keinen Umständen — anzusinnen find. ch Wie das Leipz. Tageblatt mitteilt, findet die Kaiserparade über da« XIX. (2. König!. sächsische) Armeekorps am 5. September dieses Jahres auf dem Lindenthaler Exerzier plätze statt. Die Kaisermanöver, an denen das Korps beteiligt ist und die in der Gegend von Merseburg, Weißenfels usw. entlang der Saale vor sich gehen, beginnen am 7. September und endigen am 11. September. P Die Bauplätze am Thomaskirchhof in Leipzig haben das nette Sümmchen von 1,169,388 Mk. ergeben. Der Preis pro Hw Meter stellt sich teils auf 764 Mk., teils auf 390 Mk. und 601 Mk. ch Das neue Jahn-Museum zu Freyburg a. d. Unstrut wird mit zehn Fenster der deutschen Turnfeststädte Leipzig, Nürnberg, Frankfurt a. M., Bonn, Koburg, Berlin, Dresden, München Hamburg und Breslau geschmückt werden. ch Die Nachricht der sächsischen Arbeiter zeitung, daß Giro» in ein belgisches Trappistenkloster eingetreten sei, war natür lich einer der beliebten „Witze" dieses Blattes. Giron weilt noch in Brüssel. Man denke: Giron als Trappist! Die Or densregel der Trappisten gebietet bekanntlich völliges Schweigen. Würde schon das allein der Jüngling aushalten. ch Die Verein«bank zu Nerchau zahlt ihren Aktionären wie im Vorjahre 70/» Dividende. ch Wie da« „Leipz. Tagebl." au» Dresden erfährt, ist in einer vor einigen Wochen unter dem Vorsitze des Königs abgehaltenen Sitzung des Gesamtministeriums nach einem Vortrage des Herrn Finanzministers vr. Rüger über die finanzielle Lage Sachsens beschlossen worden, mit Rücksicht auf die noch immer so ungünstigen finanziellen Verhältnisse im Staatshaushaltetat für 1904/1905 keinerlei Mittel für Schaffung neuer Beamtenstellungen vorzusehen, überhaupt im Personaletat die größte Sparsamkeit walten zu lassen. Diese Maßnahmen sollen sich auf die Beamte i aller Refforts erstrecken. Vom Königlich Sächsischen Gesamtministerium sind sämtliche Staatsbehörden in Sachsen entsprechend ver« ständigt worden. Von einzelnen Ministerien waren bereits früher ähnliche Verfügungen ergangen. ch Mit Stecknadeln zusammeugefügte Post karte« können von der Beförderung ausge schloffen werden, da eine solche Befestigungs weise geeignet ist, Verletzungen der Beamten herbeizuführen, und das Sortiergeschäft zu erschweren. Bekanntlich werden je zwei solche mit Stecknadeln aneinandergefügte Postkarten vielfach vom Publikum an Stelle der amtlichen Antwortpostkartenformulare ver wandt. Nichts einzuwenden ist indessen gegen die Beförderung von zwei mit Fäden oder Klebpapier verbundenen Karten, sofern diese den Bestimmungen für einfache Postkarten entsprechen und die Antwortkarte als solche bezeichnet ist. ch Die Meldung des „Berl. Lok.-Anz.", daß die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil im Prozeß Exner Revision einlegen werde, ist verfrüht. Die Staatsanwaltschaft ist sich hierüber noch durchaus nicht schlüssig geworden. Exner hat sich der Strafe noch nicht unter worfen, offenbar um einer eventl. Revision des Staatsanwalts mit einer Revision seiner seits begegnen zu können. — Ein gewisses Bedauern wendet sich jetzt dem zweiten Direktor zu. I)r. Gentzsch soll auch bereits ein Gnadengesuch an den König eingereicht haben. Wenn Gentzsch, wie jetzt Exner, nicht wegen betrüglichen Bankrotts, sondern nur wegen Veschleieruug verurteilt worden wäre, so würde das Höchstmaß seiner Strafe ein Jahr Gefängnis gewesen sein; Or. G ntzsch befindet sich aber nunmehr bereits 15 Monate in Strafhaft. ch Das Ende des Talers. Der gute Taler wird in kurzem nicht mehr wandern, er stirbt aus. Dieser wohlbeliebte Vertreter deutschen Münzwesens tritt von der Welten bühne, auf der er sich durch Jahrhunderte würdevoll bewegt hat, endgiltig ab. Er ist aus „weißem" Metall gebildet; das ist ,ein Verderben. Er paßt nicht ins Dezimalsystem; das ist sein Untergang. Das Reichsgesctz vom 1. Juni 1900, welches den Vorrat an Scheidemünzen von zehn auf fünfzehn Mark für den Kspf der Bevölkerung erhöhte und das zur Ausprägung des Mehrbetrages erforderliche Silber aus den vorhandenen Talerbeständen zu nehmen beschloß, war die Entscheidung, die ihn zum Feuertode ver urteilte. Seit Beginn dieses Jahres wird auch mit den noch übrigen Talern, mit den sogenannten „Vereinstalern", aufgeräumt. Mit welchem Nachdruck dies geschieht, wird man schon jetzt im Verkehr auffallend gewahr. Talerstücke begegnen einem nur noch selten. Dagegen sind neue Zwei- und Fünfmarkstücke häufiger. Nicht mehr fern ist der Tag, wo man den Zeitpunkt bestimmen wird, bis zu dem der Taler noch als Zahlungsmittel gelten soll, und ist dieser Zeitpunkt erreicht, dann — lebe wohl, lieber guter Taler! Opfere Dich, laß Dich ummünzen und halte in glitzernder Gestalt als Einmark-, Zweimark- oder Fünfmarkstück eine fröhliche Wiederkehr! Leipzig. Gestern abend in der 7. Stunde bestieg ein Herr am Magdeburger Bahnhof eine dort haltende Droschke, um sich nach der Weststraße fahren zu lassen. In dec Nähe der katholischen Kirche hörte der Kutscher einen Schuß im Wagen. Als er in das Innere der Droschke sah, fand er, Die Waise. Roman von Willy Sartory. 11 „Und die beiden würden so gut zu einander passen," plau derte diese weiter, ohne Hedwigs Unruhe zu bemerken. „Es steht ihnen gar nichts im Wege, aber auch gar nichts. Wir wünschen diese Heirat und die Eltern Fräulein Adams sind auch damit ein verstanden. Fräulein Adams ist auch eine ganz gute Partie, sie ist die einzige Tochter und sehr reich." Hedwig saß da und blickte wie abwesend auf die Tapeten an der Wand. Frau Ianglos Stimme klang wie aus weiter Ferne an ihr Ohr. Sie schreckte erst aus diesem starren Zustande auf, als diese ihr sagte, sie könnte auf ihr Zimmer gehen Mechanisch erhob sie sich und ging nach der Thür. „Was ist Ihnen,Fräulein Hedwig?" fragte Frau Janglo be wegt. „O, es ist nichts," stotterte diese. „Nur ein kleiner Schwindel anfall." „Legen Sie sich zur Ruhe, Fräulein, ich gebe Sie für heute frei. „Wie blaß sie aussehen! Sie erschrecken mich!" Frau Janglo war aufgestanden und zu ihr gegangen. „Es ist wirklich nicht der Rede wert," antwortete Hedwig mit einem matten Lächeln. Es ist schon vorüber." Dann öffnete sie die Thür und entfernte sich. Langsam ging sie durch den mit Teppichen belegten Flur. Gerade war sie an der Treppe, die zur ersten Etage führte, an- gelangt, als Edmund aus seinem am Ende des Flurs gelegenen Zimmer trat. Hedwig blieb zögernd stehen. Edmund aber eilte hastig auf sie zu, drückte ihr flüchtig die Hand und flüsterte: „Heute in der Laube, mein Lieb " Dann schritt er rasch nach dem Zimmer seiner Mutter. Hedwig sah ihm nach, bis er in der Thür verschwunden war und stieg dann die Treppe enipor. Sie hätte gerne alles darum gegeben, wenn sie die Unter haltung, die jetzt unten im Zimmer geführt wurde, mit hätte anhören dürfen. Ans ihrem Zimmer angekommen, fand sie einen Brief auf dem Tische liegend. Sie öffnete das Schreiben ruhig, setzte sich aus einen Stuhl und begann zu lesen. Der Brief war von Frau Kuhn. Sie hatte erfahren, wes halb Hedwig von ihr gegangen war und bestürmte sie mit Bit ¬ ten, doch ihren Vorsatz aufzugeben. Es würde ihr sowohl, wie dem Sohn des reichen Janglo doch nicht gelingen, die Zustim mung zur Ehe von deren Eltern zu erlangen. „Wenn Sie noch eine Mutter hätten, Hedwig," schrieb Frau Kuhn weiter, „sie würde nie in Ihren wahnsinnigen Plan ein- gewilligt haben. Kehren Sie zurück, ehe es zu spät ist. Wissen Sie denn bestimmt, ob der feine Herr überhaupt ernste Absichten hat, Sie zu seinem Weibe zu machen? Und wenn er wirklich die Absicht haben sollte, ich sage Ihnen nochmals, es wird ihm nie gelingen, seine Absicht durchzubringen. Liebe Hedwig, Sie sind zu jung und unerfahren, sonst waren Sie den Lockungen nicht gefolgt. Hören Sie auf meine Mahnung, lassen Sie ab von ihm! Kehren Sie wieder zu mir, bei Gott, uu habe Sie ge liebt, wie meine eigene Tochter! Ihre mu Sehnsucht auf Sie wartende Frau Kuhn." Hedwig lehnte sich zurück und schloß die Augen. Sollte Sie dem Rufe der Frau Folge leisten? Nein! Wäre es nicht ein Verrat an Edmund, wenn sie ihm jetzt entfliehen wollte? Sie wollte sich ihr Glück erringen, was war ihr denn das Leben ohne ihm? Edmund war das verstörte Wesen Hedwigs auch sofort aus gefallen. Er konnte sie aber in dem Hause nicht mit Fragen be lästigen. Wie leicht konnte jemand hinzukommen, dem das ver trauliche Wesen der beiden ausgefallen wäre. So hatte er sie denn schweren Herzens, mit einem flüchtigen Händedruck verlassen und war zu seiner Mutter eingetreten. Was diese mit ihm zu reden wünschte, darüber war er gar nicht im Zweifel. „Ah, da bist Du ja schon, Edmund," empfing diese ihn mit einem freundlichen Lächeln. Und nachdem er ihr gegenüber Platz genommen hatte, fuhr sie fort: „Edmund, Duweißt doch, daß wir es gerne sehen würden, wenn Du Dir bald eine Lebens gefährtin auswähltest Den Wunsch Deiner Eltern in dieser Hin sicht kennst Du ja. Es bedarf bei Dir nur einer Frage und Fräu lein Adams wird einwilligen." „Liebe Mama," entgegnete Edmund ruhig, „wenn Du wüß test, wie schwer ich mich in die Rolle eines Liebhabers finden kann, und ich bin ja noch so jung. Ich achte ja Euren Wunsch, aber Ihr könnt doch nicht verlangen, daß ich mich so Hals über Kopf mit einem Mädchen in die Ehe stürze, für das ich keine andere Gefühle habe, als die der Freundschaft!" „Mehr ist auch zu einer glücklichen Ehe gar nicht nötig," sprach Frau Janglo etivas unruhig weiter. „Tie Liebe wird schon noch kommen, wenn Ihr einmal eine Zeitlang verheiratet seid. Die Hauptsache ist die gegenseitige Achtung." „Ich kann Euren Wunsch nicht erfüllen, wenigstens jetzt noch nicht," antwortete Edmund bestimmt. Um diese peinliche Unter- Haltung abzubrechen, stand er auf und sagte ruhig: „Laßt mir Zeit, Mama, ein solcher Schritt fordert Ueberlegung," dann ent fernte er sich, ohne eine Antwort abzuwarten. „Ich kann es ihm gar nicht verdenken," sprach Frau Janglo vor sich hm „Ich hätte mich nie auf Kommando verheiratet. Aber hoffentlich wird er doch noch einwilligen." Sie stand aui und ging zu dem Arbeitszimmer ihres Mannes. „Nun, hast Du etwas erreicht?" fragte dieser. „Nichts," entgegnete sie ruhig, auf einein Stuhl Platz neh mend „Das sagst Du so ruhig, Fran," sprach er ungeduldig, „und doch weißt Du, was davon abhängt." „Wir müssen Edmnnd Zeit lassen," antwortete sie achsel zuckend. Herr Janglo stand auf und schritt erregt im Gemach aus und ab, dann blieb er vor ihr stehen und fuhr sie in erregtem Tone an: „Ich bin der Sache nun doch bald müde, ich sehe, daß ich hier ein Machtwort sprechen muß." „Sei vernünftig, Mann," sprach Frau Janglo ruhig auf ihn ein. „Du würdest die ganze Sache damit verderben. Denke Dick doch in seine Lage! Ist es denn etwas Angenehmes, so auf Kom mando eine Frau zu nehmen? Hättest Du das früher gethan?' „Du hältst wohl gar zu ihm?" fragte er zornig. „Ich bin weit davon entfernt," entgegnete sie ruhig. „Wenn es nicht, wie Du sagst, sein müßte, dann freilich würde ich kein Wort darüber verlieren." „Aber es muß sein, hörst Du," unterbrach er sie bestimmt. „Es ist die höchste Zeit, daß die Sache zum Klappen kommt, wenn ich nicht meinen Kredit verlieren soll. Die Banken wer den schon mißtrauisch und vorsichtig, trotzdem sie ja immer noch genügend gedeckt sind. Wird mir einmal der Kredit verweigert, den ich augenblicklich zur Erhaltung des Betriebes bedarf, dann bin ich fertig ! Dann muß, ich mein schönes Werk zu einem Schand preise verkaufen, denn wer bezahlt in dieser miserablen Zeit da für einen auch nur einigermaßen anständigen Preis." 99,20