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Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jede,» Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag L Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme . Vormittag? 11 Uhr am Tage dsS Erscheinen- 13. Jahrgang. Mittwoch, den 3. Dezember 1902. Nr. 145. Bezugspreis r Frei in'S HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich Frei in'S HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Lerlag und Druck: Sünz är Eole, Raunhof. Redaktion: Robert Gönz, Naunhof. UukSndigungent ! Für Inserenten der AmtShaupttnann« schäft Grimma 10 Pfg- die vierge. - spaltene Zeile, an erster Stelle und i für Auswärtige 12 Pfg. s Bei Wiederholungen Rabatt. Mit zwei Beiblätter«: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Veiiage. Letztere «Se 14 Lag». Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Mittwoch, den 3. Dezember d I. Nachmittags 2 Uhr gelangen in Brandis L Fahrrad, L Topha und L Berticow meistbietend -egen sofortige Baarzahlung öffentlich zur Versteigerung. Bieter sammeln sich daselbst in Köhlers Restauration. Grimma, am 29. November 1902. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Arresthausinspektor Kühn. Freitag, den 5. dies. Mon. Nachmittags 1 Uhr gelangen in Brandis 8 ganze und 7 halbe Häute Rindleder, sowie SS Winterüberzieher meistbietend gegen sofortige Baarzahlung öffentlich zur Versteigerung. Bieter sammeln sich daselbst in der Restauration zum Ratskeller. Grimma, am 1. Dezember 1902. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Arresthausinspektor Kühn. Aus Krupps Reich. Erstzweiundachtztg Jahre sind seit Gründung der Krupp'schen Fabrik verflossen, und nur in unserer Zeit war es möglich, daß das Unternehmen eines einzelnen Mannes in einer verhältnismäßig so kurzen Zeit zu einer solchen Ausdehnung gelangte. Der Begründer der Firma war Friedrich Krupp, welcher am 17. Juli 1787 geboren wurde. Auf der von seiner Großmutter 1800 erworbenen Gutehoffnungshütte zu Sterkrade lernte er den Hüttenbetrieb. Er faßte schon bald den Plan, den Gußstahl, in dessen Produktion England vorherrschte, auch in Deutschland zu erzeugen. Er erwarb 1810 in der Nähe des damals noch unbe deutenden Landstädtchens Esten ein kleines Hammerwerk, das durch Master getrieben wurde. Hier besorgte er nun geheimnisvoll daß Schmelzen des Stahls in kleinen Tiegeln. Da er nur über beschränkte Mittel verfügte, vereinigte er sich 1815 mit Friedrich Nicolai, aber da die Bestellungen auf Gußstahl aus- blieben, schied letzterer bald wieder von ihm. Krupp ließ den Mut nicht sinken und arbei tete in einem bescheidenen Werkhaus weiter. Ohne einen materiellen Erfolg erzielt zu haben, starb er am 8. Oktober 1826. Seine Wltwe führte das Unternehmen weiter, wo bei ihr ältester Sohn sie unterstützen mußte, obschon er erst 14 Jahr alt war. Es war dies Alfred Krupp, der am 26. April 1812 geboren war. Er verrichtete mit wenigen Arbeitern die mechanischen Arbeiten seines Betriebe«. Er war zugleich Hammerschmied, Buchführer, Packer und Reisender, und jahre lang hatte er Mühe, soviel zu verdienen, daß er seinen Arbeitern — 1832 waren es deren erst 10, 1843 erst 99 — einen Wochen lohn von 1 Taler und 15 Groschen bezahlen konnte. Das Revoluttonsjahr 1848, in dem Alfred der alleinige Inhaber der Gußstahl fabrik wurde, wäre beinahe seinem Unter nehmen verhängnisvoll geworden. Infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Stockung konnte er von den 122 Arbeitern nur mehr 72 be schäftigen, und er mußte sogar sein gesamtes geerbtes Silberzeug einschmelzen, um seine Arbeiter bezahlen zu können. Gr Überstand aber glücklich die Krisis und im nächsten Jahre konnte er seine Arbeiterzahl wieder vermehren. Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz rang er sich mit seltener Zähigkeit durch. Seine ersten Triumphe mit dem Guß stahl errang er auf der Londoner Meltaus- auSstellung von 1851 und der Pariser Welt ausstellung von 1855. Lange Zeit verhielt die preußische Heeresverwaltung sich ablehnend gegen die Gußstahlgeschütze und erst 1859 erteilte sie Krupp einen größeren Auftrag. Von da an nahm das Werk einen schnellen Aufschwung, zumal es sich auch auf die Her stellung von FriedenSmaterial (Eisenbahnen, Räder rc.) verlegte. Nach dem Kriege von 1870 stieg die Kruppsche Fabrik schnell ihrer höchsten Ent wickelung entgegen. Alfred Krupp starb am 14. Juli 1887, und er wurde mit fürstlichen Ehren auf dem Friedhof am Keltwigertor (dicht an dem Essener Hauptbahnhof) in der Familengruft beigesetzt. GS ist allerwärtS bekannt, was Alfred Krupp an Wohlfahrtseinrichtungen für seine Arbeiter geschaffen und wie er die Fürsorge bei Krankheiten, Unfällen und im Alter etn- führte, lange bevor eine gesetzliche Verpflich tung dazu bestand. Er hat auch niemals vergessen, wie klein sein Anfang war, und seinem Wunsche gemäß wurde er nicht von seinem prachtvollen Schlöffe, der Villa Hügel an der Ruhr, sondern, genau wie jetzt sein Sohn, von jenem kleinen Wohnhaus mitten in der Fabrik begraben, in dem er die langen Jahre der Not und Sorge verlebt hatte. Am 24. Februar 1873 ließ Krupp an dem Häuschen eine eherne Tafel anbringen, auf der noch jetzt die denkwürdigen Worte stehen: „Vor fünfzig Jahren war diese ursprüvg- sprüngliche Ardetterwohnung die Zuflucht meiner Eltern. Möchte jedem unserer Ar beiter der Kummer fernbleiben, den die Gründung dieser Fabrik über uns verhängte. 2b Jahre lang blieb der Erfolg zweifelhaft, der seitdem allmählich die Entbehrung, An strengungen, Zuversicht und Beharrlichkeit der Vergangenheit endlich so wunderbar be lohnt hat. Möge dieses Beispiel andere in Bedrängnis ermutigen, möge er die Achtung vor kleinen Häusern und das Mit gefühl für die oft so großen Sorgen darin vermehren. Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein, dann bringt Arbeit Segen, dann ist Arbeit Gebet. Möge in unserem Vaterland« jeder vom Höchsten bis zum Ge ringsten mit gleicher Ueberzeugung sein häus liches Glück dankbar und bescheiden zu be gründen und zu befestigen streben; dann ist mein höchster Wunsch erfüllt. Essen, Feb ruar 1873, 25 Jahre nach meiner Besitz übernahme. Alfred Krupp." Dieses Häuschen hat auch Friedrich Alfred Krupp in hohen Ehren gehalten. Er benutzte es als Privatbureau und führte all seine hohen und erlauchten Gäste dorthin. Dem Kanonenkönig war es nicht ver gönnt, einen männlichen Erben an seiner Seite aufwachsen zu sehen. Er hatte am 19. August 1882 Margarethe, Freiin von Ende, die Tochter des ehemaligen Oberprä- fidenten von Heffen-Nassau, des Freiherrn von Ende, geheiratet. Diese war am 15. März 1854 in Breslau geboren. Sie schenkte ihm zwei Töchter: Antoinette Bertha (ge boren 2d. März 1886 auf Hügel) und Alexandra Barbara (geboren 25. September 1887 ebendort), Von den Verwandten Krupps ist besonders sein Neffe, der österreichische Industrielle Arthur Krupp, bekannt, der in Berndorf bei Wien große Metallgießereien besitzt. Schon bei Lebzeiten ihre» ManneS Hst Frau Krupp sich such für die Leitung der Werke interessiert. Auf ihrer! Schultern ruht jetzt eine große Last und eine schwere Ver antwortung. Von den Sterblichen misten nur wenig-, mit wieviel Sorgen der Besitz von so vielen Millionen verknüpft ist, am allerwenigsten die, die den Besitzer darum beneiden oder hasten. Rundschau. — Die Antwort des „Vorwärts' auf die Essener Kaiserrede. Der „Vorwärts"- bespricht die Rede des Kaisers in Esten und schreibt dabei u. A.: Zunächst geht au« dem Wortlaut der Rede hervor, daß der Kaiser unmöglich den der Beschlagnahme verfallenden Artikel de» „Vorwärts" gelesen haben kann. Unsere Kenntnis der Angelegenheit beruht im Wesentlichen nicht auf italienischen Gewährs männern — soweit wir italienische Quellen benutzten sind wir durchaus zuverlässigen und ernsten (?) Gewähr» nännern gefolgt — sondern wir haben diese Kenntnis geschöpft aus gänzlich ander- gearteten lauteren Quellen, die abseits jeder Parteileidenschaft gewöhnlicher Jntrtguen und jedes persönlichen HaffeS liegen. Auf Grunddieser Informationen stellen wir mit ruhiger, fester Ueberzeugung die volle Wahrheit unserer Andeutungen fest. Wenn war ist, daß das Ende Krupps mit den seit zwei Monaten bekannten Veröffent lichungen zusammenhängt, so ist er nicht das einer Verleumdung sondern eines der vielen Opfer des §175 des Reichsstrafgesetzes ge worden. Diese unsere feste Ueberzeugung setzen wir der Anklage Wilhelm II. entgegen der uns des Mordes, der Niedertracht, Ge meinheit und Verleumdurg beschuldigt. — Indem der „Vorwärts" sich rein zu waschen sucht, beschimpft er aufs Neue da» Andenken des durch seine Schuld gestorbenen Mannes. — Berlin. Die Vorgänge der letzten Tage im Reichstag haben, wie in ReichStags- kreisen bestimmt verlautet, nicht die Zu sammenschließung der jetzigen Mehrheit ge festigt, sondern bei dieser auch weitere Ent schlüsse gezeitigt. Bezüglich der Aenderungen an der Geschäftsordnung, die von der Mehr heit erwogen werden mögen, sind in erster Linie die Bestrebungen zu beachten, die sich dahin richten, die Befugnisse des Präsidenten so zu vermehren und auszugestalten, daß er au« eigener Machtvollkommenheit in die Lage versetzt wird, unter allen Umständen als Herr des Hauses aufzutreten. Außerdem sind unter den Mehrheitsparteien Gedanken erwacht, deren Bedeutung weit über die gegenwärtigen Verhältnisse hinauSreichcn und sich bei den nächsten Wahlen und länger für den Besitzstand der Parteien förderlich er weisen Wollen. — Die Gepäck- und Ausrüstungslast beträgt zur Zeit: Beim dänischen Infanteristen 30,100 „ österreichischen „ 28,836 „ „ deutschen „ 27,706 „ „ spanischen „ französischen -- 27,350 „ 26,570 „ „ schweizerischen 26,455 „ „ schwedischen 26,375 „ „ russischen 26,260 „ „ italienischen u 26,200 „ „ belgischen 24,870 „ „ englischen s/ 24,500 „ „ holländischen 23,570 „ Zur Zeit Napoleons I. trug der französische Soldat 32,5 Kilogramm. Auch die Aus- rüstuog des Legionär ¬ unter Iuliu» Cäsar wog 30 Kilogramm. — Berlin. Nach dem gestern Vormittag 10 Uhr festgestellten Bericht über das Be- -finden de» Herzogs von Sächsen-Altenburg hatte der Herzog eine unruhige Nacht. E« trat eine Steigerung der katarrhalischen Er scheinungen ein. Da« Fieber ist gering. — Este«. Die Beamten und Arbeiter der Firma Krupp beabsichtigen, dem ver storbenen Geh. Rat Krupp ein Denkmal zu errichten. — Hamburg. In Altona wurde auf Requisition der Staatsanwaltschaft zu Halber stadt der Bankier Feinberg verhaftet, bekannt durch seinen Prozeß gegen sein Halberstädter Stammhaus wegen Verleitung unvermögender Personen zum Börsenspiel. In diesem Prozeß w^r er seiner Zeit freigesprochen worden. Jetzt soll der Verdacht betrügerischen Bankerott» gegen ihn vorliegen. — Hildesheim. Der Oberleutnant von Wessen stürzte mit dem Rade so unglücklich, daß ihm der Säbel in den Leib drang. Die Verletzung ist tätlich. s — Kattowitz. Oberschlesische Hütt«»- werke haben infolge unzureichender Beschäftigung Betriebseinschränkungen bis zu 15 Prozent etntreten lasten. — Vom Berliner BerwaltungSgeriK ist angeblich die Warenhaussteuer in dem Falle für ungiltig erklärt worden, wenn durch sie der Warenhausbeirieb in unzulässiger Weste bedrückt oder unmöglich gemacht wird, da Ne mit der reichsgesetzlich geschützten Gewerbe- freiheit nicht vereinbar sei. — In Wien wurde der 55jährige Bier brauer Christian Franz au« Mühlgrün ver haftet. Franz verübte vor einigen zwanzig Jahren verschiedene Betrügereien und flüchtete dann nach Amerika. In San Francisco er sparte er sich al« Direktor einer Brauerei 80 000 Mk., welche er wahrscheinlich in der Heimat zu verzehren gedachte. Dieser Wan wird ihm, da seine Vergehen noch nicht ver jährt sind, nun zerstört. — Rom. „Tribuna" veröffentlicht einen Haftbefehl gegen den Hamburger Maler All ers wegen Sittlichkeitsverbrechen auf Capri. — Marseille. Hier ruht auf den Quai« die Arbeit vollständig. 1200 Quai arbeiter feiern. 39 Dampfer find gegenwärtig außer Dienst gestellt. — Petersburg. Bei einer vom Groß fürsten Wladimir in der Nähe von Peterhof veranstalteten Jagd ging plötzlich das Gewehr des Großfürsten lo» und eine.Schrotladung flog dem Kammerherrn Narischkin in'S Ge sicht und die zufällig erhobene Hand. Da ein Arzt zur Stelle war, konnte dem Ver wundeten sofort die erste Hilfe geleistet werden. Einige Schrotkörner drangen in un mittelbarer Nähe der Schlagader ein, ohne diese jedoch zu verletzen. Neuordnung d. südafrikanischen Einwanderungsverhültnisse. London, 30. November. Amtlich wird gemeldet, daß künftig die Erlaubnis für eine Einwanderung nach Transvaal und dem Ocanjestaat nur in den Häfen Südafrikas erteilt werden soll. Die betreffenden Gesuche müssen bei dem hierfür errichteten Amte der Transvaal- und Oranjekolonie eingereicht werden in dem Hafen, in dem der Ein wanderer zu landen gedenkt. Personen, die nach Transvaal oder dem Oranjeftaat reisen wollen, sollten sich vor der Abfahrt bei dem zustehenden Amte bezüglich einer solchen Erlaubnis vergewissern, ob dieselbe von dem zuständigen Amte zur Einwanderung in Transvaal oder dem Ocanjestaat erteilt wird. Ohne diese Erlaubnis würden sie Befehl er halten, das Land zu verlassen und im Falle des Ungehorsams einer Geldstrafe oder der Einkerkerung verfallen.