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Bezugspreis r Frei in's HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei sin'S HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Ankündigungen: Für Inserenten der Amtshauptmann schaft Grimma 10 Pfg. die vierge- spaltens Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Verlag und Druck: Gü«z L Eitle, Naunhof. Redaktion: Robert Gunz, Naunhof. Mit zwei BeiblSttem: Illustrierte- GonntagSblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle II Lage. Naunhofer Nachrichten Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain,Beucha,Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, GroMeinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme : Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 122.Freitag, den 10. Oktober 1902.13. Jahrgang. P-sadowsky s Stellung erschüttert! Aus der Reichshauptstadt wird der „Chem. Allg. Ztg." geschrieben: „Es unterliegt in den parlamentarischen Kreisen Berlins keinem Zweifel mehr, daß der fleißigste und begabteste Reichswürden träger, der Staatssekretär des Reichsamtes des Innern, in der Tariffrage um seine Position kämpft! Zwar ließ Graf Bülow noch un längst durch die „Nordd. Allg. Ztg." sich mit dem Grafen Posadowsky identifizieren. Aber das verstand sich ganz von selbst, denn in dem Augenblicke, in welchem diese Identität nicht mehr vorhanden ist, hat Graf Posa dowsky aufgehört, Staatssekretär zu sein! So lange er im Amte, solange ist an seiner Identität mit dem Reichskanzler, zunächst in der Tariffrage, nicht zu zweifeln. Jedoch bereiten sich die unmittelbaren Interessenten ganz unstreitig auf gewisse Möglichkeiten vor! Nicht als ob das plötzliche Freiwerden zweier Oberpräfidentensitze die Personalkrisis in Berliu beschleunigen würde; gewiß nicht! Vielleicht sind die beiden Oberpräsidien längst wieder besetzt, bis „Posadowsky's Sturz" zur Thatsache wird. Aber dieser Sturz rückt unvermeidlich näher, und es wird versichert, daß der Staatssekretär diesem Zeitpunkte mit großer Gelassenheit entgegensieht. Er hat die feste Ueberzeugung, daß seine Arbeit in der Tarifangelegenheit Danaidenarbeit ist! Er weiß auf Grund persönlichen Verkehrs mit allen maßgebenden Partei- und Fraktions führern, daß der Tarifentwurf vom gegen wärtigen Reichstage auf keinen Fall erledigt werden kann, daß die Opposition im Reichs tage, bis an die Zahne gerüstet, den Kampf in zweiter und dritter Lesung ausnehmen und durchführen wird. Dabei wird auch eine von linker Seite beabsichtigte Verlangsamung der Etatberatungen eine Rolle spielen, ganz ab gesehen von den Tausenden von Antrag stellungen und Abstimmungen bei der Tarff- beratung. Der große Bergarbeiterausftand in Nordamerika ist in ein kritisches Stadium getreten. Bei der Erregung der Gemüter in den Reihen der Arbeitnehmer droht er zu einer Gefahr für den öffentlichen Frieden zu werden, wenn nicht noch in letzter Stunde von einflußreicher Seite eine Verständigung angebahnt wird. Schon jetzt ist der durch die entfesselte Leiden schaft angerichtete, materielle Schaden ein ganz enormer. Er beschränkt sich nicht auf die großen LohnauSsälle für die Arbeiter und auf die riesigen Betriebsverluste der Arbeit geber. Das Schlimmste ist, daß er auch die an dem Streit der beiden Parteien ganz un- interessierenden Bevölkerungsklassen schwer in Mitleidenschaft gezogen hat. Die Kohle ist ein unentbehrlicher Gebrauchsartikel für jede Fabrik, für jeden gewerblichen Betrieb, für jede Familie. Sie leiden alle unter dem Stillstand der Bergwerke, denn durch ihn tst in New-Jork der Preis für eine Tonne Kohle bereits auf 25 Dollars (100 Mk.) ge trieben worden. Hält der Ausstand noch länger an, so ist eine allgemeine Arbeitsstockung mit ihren großen Nachteilen für ungezählte fleißige Hände nur noch eine Frage der Zeit, und der rührige Präsident Roosevelt hat sich ein neues Verdienst um die Union erworben, daß er die Initiative zu einer Vermittelung zwischen den rivalisierenden Parteien ergriffen hat. es ist das erste Mal, daß die oberste Staats gewalt in der nordamerikanischen Republik sich in einen Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mischt. Präsident Roosevelt hat sich damit eine ganz neue Aufgabe und die Republik vor eine wichtige Entscheidung auf sozialpolitischem Gebiet gestellt, deren Folgen noch ganz unabsehbar sind. Als eine erste Wirkung darf man es vielleicht schon ansehen, daß die Väter des Staates New-Jork allen Ernstes die Ver staatlichung der Kohlenwerke in Erwägung gezogen haben. Da die Amerikaner praktische Leute sind, kann dieser Vorschlag schneller als man erwartet, eine greifbare Gestalt annehmen, zumal die Arbeiterwelt ihn befürwortet hat. Und damit öffnet sich eine ganz neue Area in der Union. Man versteht es deshalb, daß die Kohlenmagnaten, welche die ganze Kohlenförderung in der Hand haben, nicht mehr ihre schroff ablehnende Haltung den Arbeitern gegenüber beibehalten, und zwar immer noch eine gemeinsame Aussprache mit ihnen ablehnen, aber doch bereits für die Ver weisung des Streites vor ein Schiedsgericht gewonnen sind. Ein eigenartiges Zusammentreffen der Dinge hat es gefügt, daß auch die franzö sischen Bergarbeiter ihre Arbeitgeber mit einem Generalausstand bedroht haben und zum Teil schon mit der Arbeitsniederlegung begonnen haben. Die Oberleitung der Bergarbeiter schaft ist sich indessen noch immer ihrer großen Verantwortlichkeit für die Folgen ihres Vor habens bewußt, denn bisher ist in Europa noch jeder Generalausstand in die Brüche gegangen, so erst vor Kurzem die Gesamt aktion der belgischen Arbeiter zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts. Die Arbeiter führer haben daher zunächst auch noch einen Vermittelungsweg gesucht indem sie aus eigener Initiative dem Ministerpräsidenten Combes für ihre Forderungen, und zum Teil mit Erfolg, zu interessieren suchten. Also auch hier findet ein direktes Ein greifen der Staatsgewalt in den Jnteressen- kampf der Arbeiterschaft statt, ein Vorgang, der schon in dem Verhalten des früheren Ministerpräsidenten Waldeck-Rousseau ein Seitenstück hatte, für den aber bereits früher Kaiser Wilhelm während des großen west fälischen Arbeiterausstandes vorbildlich ge wesen ist. Man wird diese Erweiterung der Aufgaben für die oberste Staatsgewalt mit lebhaftem Interesse weiter verfolgen, denn angesichts der schweren Nachteile, welche von jedem großen Ausstande untrennbar sind, ist es für alle Teile von unschätzbarem Werte, wenn eine mit vollster Autorität ausgestattete Instanz die Gegensätze zu überbrücken sucht und damit wichtige Präzedenzfälle für die Zukunft schafft. Rundschau. — Die Burengenerale werden nun doch nicht vom Kaiser empfangen. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet, hat der Kaiser am 18. September den Burengene rälen mitteilen lassen, daß er sie empfangen wolle, wenn sie sich durch Vermittelung des englischen Botschafters anmelden lassen und sich in Deutschland jedwelcher Agitation gegen England enthalten würden. Dewet nahm im Namen der anderen Generale an. Unterm 6. Oktober wird nun aus dem Haag amtlich berichtet, daß sie gegen die nachzusttchende Audienz Bedenken hegen und berufen sein wollen. Die Angelegen heit ist nunmehr im ablehnenden Sinne entschieden. - Berlin. Zu Ehren der Burengenerale veranstaltet der Alldeutsche Verband am 18. d. Mts. ein Festmahl im Kaiserhof, an dem etwa 2—300 Burenfreude tcilnehmen werden. — DieElektrizitätsgesellschaft „Helios" schließt das abgelaufene Betriebsjahr mit einem Verlust von ca. 4 Millionen Mark ab, der sich unter Hinzurechnung des vor jährigen Fehlbetrages auf 8853093M. erhöht. Es ist sonach beinahe die Hälfte des 20 Millionen betragende Aktienkapitals verloren. Nun sollen die Aktien zusammengelegt werden und Bankiers sollen Vorschüsse geben. — Die Kohlenübernahme durch die Kriegs schiffe ist bekanntlich eine außerordentlich wich tige Frage. Jetzt ist es auf unserem Linien schiff „Kaiser Barbarossa" möglich gewesen, in 2 Stunden 5 Minuten 700 Tonnen Kohlen an Bord zu schaffen und zu verstauen — eine großartige Leistung! — Im Namen von 70 000 Gastwirten hat der Vorstand des Deutschen Gastwirts verbandes soeben eine Eingabe an den Bundesrat und Reichstag in Sachen Fleisch not abgesandt. Die Petenten begründen ihr Gesuch um schleunige Oeffnung der Grenzen damit, daß die Gastwirte einen ansehnlichen Teil der Bevölkerung mit Fleischnahrung versorgen; sie befürchten den Ruin vieler Wirte, !wenn nicht baldigst einschneidende Maßnahmen zur Linderung der Kalamität erfolgen. — Bremen. Nach telegraphischen Nach richten kollidierte der deutsche Dampfer „Kron prinz Wilhelm" gestern morgen bei Beachy- Head im Kanal bei Nebel mit dem englischen Dampfer „Robert Jnggham", wobei der letztere sank. Seine Mannschaft wurde bis auf zwei gerettet und von „Kronprinz Wil helm" in Southampton gelandet. — Wiesbaden. Der Bund deutscher Frauenvereine beschloß, grgen tz 361 des Strafgesetzbuches vorzugehsn. Eine Teil nehmerin am Bundestage der deutschen Frauen vereine, eine Frau Hilda v. D., wurde von einem Polizisten auf offener Straße arretiert und zur Wache gebracht, „da sie langsam über die Straße gegangen sei." (!) Nach Fest stellung ihrer Persönlichkeit wurde sie ohne Entschuldigung entlassen. — Da hört sich doch schon Alles auf! — Die älteste Tochter des verstorbenen Fürsten von Reuß ä. L. geht eine nicht eben bürtige Ehe ein. Nach der „Geraer Ztg." hat sich Prinzessin Emma mit dem Grafen Künigl, einem österreichischen Offizier, verlobt. — Breslau. Ein Monstreprozeß begann vorgestern vor der hiesigen Strafkammer. Angeklagt sind 46 Personen beiderlei Ge schlechts wegen Verbrechens gegen das keimende Leben. Als Verteidiger fungieren zwölf Rechtsanwälte. Noch vor Verlesung des Er- öffnungsbeschluffes wurde die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. — Der frühere Transvaalgesandte Dr. Leyds verläßt binnen Kurzem Brüssel, um eine Stellung als Richter in Holländisch- Jndien anzutreten. — Wien. Die Wiener Akademie der Wissenschaften läß in den nächsten Tagen in einem Stollen des böhmischen Bergwerks Przibram in einer Tiefe von 1 100 Metern einen Seismographen aufstellen. Es wird hierdurch zum ersten Male ermöglicht, korre spondierenden Beobachtungen über die Wirk ung von Erdbeben über und unter der Erde anzustellen. — Genf. Der Staatsrat nahm Kenntnis von der Antwort der Straßenbahngesellschaft, die cs ablehnt, alle Ausständigen zu denselben Bedingungen, wie vor dem zweiten Ausstande, wieder anzustellen. Der Staatsrat entließ das 10. Bataillon und berief dafür das 13. Bataillon und eine balbe Guiden-Kom- pagnie ein. An amtlicher Stelle wird mit geteilt, daß die meisten Gewerkschaften allge meinen Ausstand beschlossen haben. Der Tag, an dem dle Arbeit eingestellt werden soll, soll in einer Versammlung der Gewerkschastskomitees festgesetzt werden. — Von 47 000 Bergarbeitern des Kohlen beckens Pas-de-Calais in Frankreich haben gegenwärtig 36 000 die Arbeit eingestellt. Die gestrige Nacht verlief unruhig. — Beaumont. In den benachbarten Petroleumfeldern brach Feuer aus, bei dem 12 Personen umkamen. — In England giebt es bereits 500 weibliche Doktoren der Medizin. In London studieren gegenwärtig 200 Damen Medizin. — London. Nach dem Handelsausweis beträgt für den Monat September der Wert der Einfuhr 3^/z, und der der Ausfuhr 1 Millionen Pfund Sterling mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. — Loudon. Wie die Blätter aus New- Jork melden,hat sich im Befindendes Präsidenten Roosevelt eine leichte Verschlimmerung be merkbar gemacht. Die Heilung der Knie wunde läßt viel zu wünschen übrig. Die Aerzte haben dem Präsidenten nach den letzten Privatnachrichten vollständige Ruhe für acht Tage verordnet. — Aus Petersburg kommt die Nach richt daß dort die Gesellschaft von vier Deutschen und Engländern, die im Automobil eine Reise um die Welt machen, nach einer an Abenteuern und Beschwerden reichen Fahrt eingetroffen ist. Die Gesellschaft verließ London im April und Berlin am 31. August. Sie hat bis jetzt 4345 Klm. zurückgelegt. — Petersburg. In dem südrussischen Orte Tetueschi brach in der Kirchenschule für Mädchen Feuer aus, welches so schnell um sich griff, daß nur ein Teil der Schülerinnen gerettet werden konnte. Vierzehn Kinder fanden ihren Tod in den Flammen. — New-Jork. Der Stahltrust hat nach dem letzten Vierteljahrsbericht einen Nettoge winn von 36 764000 Pfd. St. erzielt. Der noch unverteilte Gewinn von 9 Monaten be ziffert sich auf 34647000 Pfd. St. Aus Stadt und Land. Naunhof, 9. Oktbr. Naunhof. Verhinderungshalber eines Sachverständigen findet der für morgen Frei tag angesetzte Lokaltermin in Sachen der Gasanstalt mit Leipzig erst nächsten Montag statt. Naunhof. Nach der üblichen Sommer pause wird nun auch der hiesige Gewerbe verein seine Thätigkeit wieder aufnehmen. In den nächsten Tagen wird eine Ver sammlung wegen des Stiftungsfestes statt finden. Außerdem sollen auch Petitionen vorgearbeitet werden, behufs Einführung des Vorortsverkehrs mit Leipzig und Ermäßigung der Fahrpreise bei der Königl. Staatsbahn. Naunhof. In der hiesigen Vigogne- Fabrik verunglückte gestern ein Mädchen, wobei es den rechten Zeigefinger einbüßte. -ß Der Leipziger Bankprozeß erhält durch die Revision der beiden Hauptange klagten Dodel und Exner einen anderen Ausgang. Die Revision Dodels ist vom Reichsgerichts angenommen worden und der selbe von der Anklage der Untreue gegen die Leip- zigerHypothekenbankfreigesprochen worden. Man kann also nunmehr blos von einem Prozeß Erner sprechen, dec vom Reichsgericht an das Schwurgericht zurückverwiesen worden ist. Durch unzureichende Rechtsbelehrung der Ge schworenen, mußte das Urteil bemängelt werden und somit, soweit er Exner betrifft, ivird nun dec ganze Prozeß von Neuem vor dem Schwurgerichte verhandelt werden. Die offene Frage ist jetzt, wie wird das neue