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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerationt- Vrei» 22j Szr. (j tdlr.) riertrljLhrli», z Tdlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man vränumcrirt auf dieses Literaiur-Blatt in Berlin in der Ervedinon ter AUg. Pr. Tlaats-Zeitung (FritdrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wir im Auslände bei den Wohllöbl. Posi-Aemtern. Literatur des Auslandes. I Berlin, Sonn ab end den 2. Jann ar 1841. Die Literatur des Auslandes. Indem wir den zehnten Jahrgang dieser Zeitschrift beginnen, nehmen wir die Gelegenheit wahr, unseren Lesern für ihre treu ge bliebene, ja mit jedem Jahre gewachsene Thcilnahme aufrichtig zu banken.") Ucberall im großen Deutschland, und auch außerhalb der politischen Manzen desselben, „so weit die Deutsche Zunge klingt und Gott im Himmel Lieber singt", bat baS Verzeichnis) unserer Leser Namen aüsznwciseu, rcren Anzahl an bcn Meissen Orlen in einem ganz richtige» Verhältnisse zu vcm Maße von Theilnahme steht, daS dort für die Interessen der Literatur überhaupt zu er warten ist. Wir finden darin eine ehrende Anerkennung unseres Bestrebens, überall und vorzugsweise Deutsch zN scpn, ungeachtet unsere Aufgabe ist, von der Deutschen Warte aus rcn Bl:ck stets aus die ringSgclcgencn Gebiete des Auslandes gerichtet zu halten. Allerdings sind diejenigen unserer Landsleute, die ausschließlich mit Französischem ober Englischem Geiste verkehren, — diesen beiden großen Mächten, welche nut den« Deutschen Geiste zusammen das Triumvirat bilden, das jetzt die Welt des Gedankens und der Mcnschenbildung beherrscht, — der Gefahr ausgesetzt, verlockt durch die cigenthümlichc und doch verwandte Dialektik des fremden Geistes, in Gallomanie oder Anglomanie zu verfallen; wer jedoch, gleich uns, Frankreich und England zwar in ihrer größeren Bedeutung, aber immer nur als Theile eines Ganzen gelten läßt, das erst als solches einen ccntripetalcn und fugalen Einfluß auf die Literatur unseres Vaterlandes übt, der wird bei aller Auslands-Kunde doch nie in Ausländern versinken. Vielmehr wird er von jedem Ausflug in die Ferne stets mit vermehrter Vaterlandsliebe nach der Heimat zurückkehrcn und, obwohl in Allem, was die Fremde Schönes dar bietet, Stoff zu heimischer Benützung findend, doch die eigene Na^ tionalität nur mit um so stolzerem Bcwußtsepn gegen die Anmaßun gen des Auslandes vcrthcidigen. Wir dürfen uns das Zeugnis) geben, daß wir das Letztere immer gethan, so oft und überall, wo wir solchen Anmaßungen be gegnet sind. Lange bevor im Laufe des eben vollendeten Jahres der Deutsche VaicrlandSsinn, von der Weichsel bis über den Rhein/ wie auS Einem Munde das Wort der Entrüstung vernehmen ließ und wie mit Einer Faust daS Schwert der Verthcidigung ergriff, als rin Theil des Bodens, den wir Deutsch nennen, von den Vcr- achtern Deutscher Nationalität bedroht schien; lange bevor ein vater ländischer junger Dichter in einem glücklichen Augenblicke die Worte eines Liedes hinwarf, daS sich als der Gedanke von mehr als sechS- nnddrcißig Millionen Menschen auSwics, haben wir in diesen Blättern gegen Souliss, Dumas und ihre Vorgänger, zwar in schlichter Prosa, aber gewiß mit eben so redlicher Liede des Rheins, wie sie nur am Rheine selber wohnen mag, verkündet: sic sollen, sie können, sic werden ihn nicht haben! Freilich ist's nicht bloß der Eine Strom, den unsere Liebe, unser Wort und unser Schwert gelciicu. Behüte uns der Himmel davor, baß wir aus einseitigen Antipathieen den Rhein allein sollten bewachen wollen! Uebcrall, wohin baS Deutsche Wort an die Marken des Reiches von einem Strome getragen wird, an dessen Usern die Deutsche Treue wohnt, heiße dieser Strom nun Rhein oder Donau, Weichsel, Pregel oder Niemen, da ist die Deutsche Liebe auch wach und der Spmpathiccn sicher von einem Gränzpunkte bis zu dem entlegensten gegenüber. DaS Jahr 1840, daS sowohl in als außer Deutschland reich an wichtigen Ereignissen war, hat auch einen Gedanken, der sich seit fünfundzwanzig Jahren in den Gcmüthern allgemein befestigt hatte, den Gedanken nämlich, daß die alte Scheidewand der Europäischen Völker zu fallen und daß auf ihren Trümmern ein gemeinsamer CivilisationSbau, dem der Name Wclt-Litcratur gegeben wurde, sich zu erheben beginne, nicht wenig erschüttert. Gerade diejenigen Nationen, die wir für die thätigsten bei diesem Baue hielten, und die, ihre Vorstellungezi und Begriffe, ihre Bilder und Gestaltungen mit einander austauschend, sich hinüber nnd herüber die Hände zu reichen schienen, um die Ervkugel zu tragen, — gerade sic sehcn wir jetzt wieder, wie vor dreißig Jahren, gerüstet und sich rüstend, als gälte es einen Kamps um die Weltherrschaft, nicht durch die Gewalt des Geistes, sondcrn durch die Eroberung des Schwertes. ) Von dem eben dcendlmen Iabrganqe <18su> des „Mugszinö" IN, <)n- »eaLkek dec bcdeuien» vccmevrlm Siu,läge, dock kein vollständiges Tremvlac mehr zu hudcn. Sollten wir wirklich wieder zu dem Punkte zurückgekehrt sepn, wo die Kriege der Französischen StaatSumwälzung und eines großen, die Völker unterjochenden Feldhcrrn unS fanden k Sollten alle HumanitätS-Theoriecn, alle Lehren von der Unsittlichkcit des Krieges und von der Absurdität jedes Rationalhaffcs nur zu der Erkenntniß geführt haben, daß die einen wie die anderen unpraktisch scpcn, unv daß der Traum vom ewigen Frieden ewig ein Traum bleiben werde? Allerdings hat cS den Anschein, als ob die gährcnde Gewalt cntgcgcugcsctzl.r Prinzipiell die Pforten dcS verschlossenen Janns- Tempels sprengen woliie; allerdings scheint eben nur irgend ein un erwartetes plötzliches Ercigniß nothig, um ein großes Land, um vielleicht ganz Europa wieder in Flammen zu setzen; aber noch ist cS nicht Zeit, über daS Eitle und Träumerische jener Thcoriccn und Lehren zu spotten. DaS ist ja eben die Probe, die sic zu bestehen haben: varzuthun, daß solche unerwartete plötzliche Ereignisse, wenn auch nicht immcr abgewendct, doch, wie der Blitz an dcr leitenden Mctallstangc, unschädlich gemacht werden. Oder glaubt man etwa, die Ereignisse der letzten zehn Jahre hätten so und nicht anders sich gestaltet, wenn nicht eben die Ideen, die seit dem Frieden von >815 auch über daS kricggcwohntc, in Revolutionen erzogene Frankreich sich verbreiteten, ihre Macht auf dasselbe geübt Hattens Glaubt mau wirklich, es scy ein Zeichen der Energielosigkeit unserer Zeit, wenn Kollisionen, die in früheren Jahrhunderten Fürsten entzweit und Völker in Kriege gestürzt hätten, jetzt in anscheinend unerwarteter und wunderbarer Weise sich ausalcichen und Alles beim Alten lassen? Will man nicht vielmehr in diesen Wendungen und unsichtbaren Ein flüssen eine höhere Leitung erkennen? Wir erkannten die Hand der Vorsehung in dcm Schutze, den sic dem Könige der Franzosen ge währte, dessen Hauvt fünf Mal von mcuchclmörderischcr Hand bedroht war, und wir sollten sic nicht auch in dem Gange der Ereignisse wahrnehmen, der, seitdem die Waffen des letzten allgemeinen Krieges ruhen, jedcn Sturm, wo und so oft er auch in Europa wieder auS- brcchen wollte, beschwichtigt hat? Wie in keinem anderen Vierteljahr- Hundert der neueren Geschichte, haben in dcm eben verflossenen die Kenntnisse der Mechanik, die Künste der Industrie sich vervollkommnet und völlig neue Bahnen sich gebrochen. Sollte dies nicht, eben so wie es eine Folge dcS langen Friedens ist, auch ein Zeichen scpn, daß der menschliche Geist überall die Erhaltung des Friedens will, überall in den unblutigen Eroberungen dcS Fleißes und der Thätig- keit, nicht aber in den, allen mühsamen Ausbau leicht wieder zersto- , rcnden Eroberungen des Schwertes, seine Aufgabe und seine Befrie digung erkennt? Daß wir im civilisirten Europa Alle Kinder Eines Geistes, wenn auch verschieden durch National-Eigcnthümlichkeitcn und Eharaktcr sind, das braucht nicht erst auS der neuesten Geschichte der Europäi schen Eivilisation nachgcwiescn zu werden. Die Literatur, dieser Gradmesser der Eivilisation, weist eine solche Uebcreinstimmung in unverkennbaren Erscheinungen nach. So war cS dcr Gedanke der Reformation, der im 16. Jahrhuuhcrt nicht bloß in Deutschland, sonocrn auch in Italien, Frankreich, England und selbst in Spanien die Geister beherrschte, wenn auch dcr Umfang, den die Reformation selbst gewann, in jedem Lande, je nach dem Boden, den der Gedanke vorfand, anders sich gestaltete. Wir haben än einem anderen Orte (S. den nachfolgenden Artikel über Hallam'S Literaturgeschichte) dar auf hingcwicsen, daß eben so die Poesie und namentlich das poetische Drama dcS neueren Europa'S das Produkt einer gleichzeitigen Gei. steSrichtung war, die nur in Deutschland durch hundertjährige Rcli- gionswirrcn und Bürgerkriege unterdrückt worden ist. Die Geschichte der neueren Philosophie führt den Zeitraum ihrer Begründung in den verschiedenen Ländern unseres WcltthcilS, namentlich in Frank reich (DeScartes), in Italien (Gassendi), in England (HobbeS), in den Niederlanden (Spinoza) und in Deutschland (Leibnitz) ebensallS auf eine scharf bcgränzte Epoche zurück. Nicht minder läßt sich die Wissenschaft dcS StaatS- und Völkerrechts, der Begriff der Huma nität, wie die neuere Zeit ihn ausgesaßt und endlich der Aufschwung des in seiner nächstliegenden Bedeutung allerdings rein materiellen, aber, seinen nothwendigcn letzten Zwecken nach, nur der höheren Civi- lisation dienenden industriellen Geistes in allen Ländern Europa'S gleichzeitig und mit übereinstimmenden Wirkungen Nachweisen. Wir sind cS also nicht allein, in deren Stimmungen, Richtungen und Begriffen eine Bürgschaft für die Fortdauer des Friedens liegt und die die Uebcrzeugung in sich kragen von einer ferneren allmäligen Er- ziehunz des McnschcngcschlcchtS zu göttlichen Bestimmungen. So wie