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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- PreiS 22j S?r. Tdlr.) vierteljährlich, Z Tdtr. jür das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preukischcn Monarchie. Magazin für die Man xränumerirt auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (FriedrichSstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 149. Berlin, Freitag den 11. Dezember 1840. Spanien. Die Expedition des Gomez. Der Zug, den der Karlistischc General Gomez in den letzten Monaten des Jahres 183«, von einem Ende der Pyrenäischcn Halb insel zum anderen unternahm, bildet unstreitig eine der interessantesten Episoden des Bürgerkrieges. Allgemein war die Verwunderung über ein so abenteuerliches Unternehmen, das au die gelten des dreißig jährigen Krieges erinnerte. In der That war ein solches jetzt auch nur noch in Spanien möglich. Das frische Interesse, welches "es damals hatte, die allgemeine Spannung, welche diese Reihe von überraschenden Seenen, Schwankungen und unerwarteten Thcatcr- strcichcn erregten, ist vorüber. Aber cs dürste wohl aii der Zeit sepn, diese noch nicht hinlänglich aufgeklärte Episode nach unbe kannten und authentischen Aktenstücken in ihr wahres Licht zu stellen. Eine Thatsache muß vor Allem festgchalten werden. Trotz des Aufsehens, welches das Unternehmen machte, scheiterte eS. Gomez hatte einen Zweck: den erreichte er nicht. Während man die Blitzes schnelle seiner Bewegungen allgemein bewunderte, erhoben sich im Hauptquartiere des Dbn Carlos, Stimmen der Mißbilligung, und als er in die Baskischen Provinzen zurückkehrtc, wurde er ins Gc- fängniß geworfen und vor ein Kriegsgericht gestellt. Gerade dann, wenn die Christinischen Generale ihn am sichersten zu halten glaub ten, vollführte er seine kühnsten nnd glücklichsten Streiche; gerade oann, wenn die allgemeine Meinung am lautesten auf seine'Siege rechnete, befand er sich in den schlimmsten Lagen. Er war Sieger, wenn man ihn auf der Flucht glaubte; er war auf der Flucht, wenn man Siege von ihm erwartete. Nic ist seine Lage genau bekannt worden. Eine richtige Würdigung derselben wird lehren, daß er nicht thun konnte, waS er nicht gcthau hat. Der Prozeß, der gegen ihn efngcleitet wurde, war die schreiendste Ungerechtigkeit und Un dankbarkeit. Was er dagegen gcthau hat, ist außerordentlich und der Sache vcs Don Carlos vielleicht nützlicher geworden als das, was er vergeblich versuchte. Wenn er nichts Dauerndes zu Stande brachte, so hat er doch Aufsehen erregt, und das ist schon etwas. Hätte seine Regierung etwas mehr Geschicklichkeit bewiesen, so würde nun wunderbarer Zug bedeutende Folgen gehabt haben. Den Chri- srintschcn Generalen kann in keinem Falle daS Scheitern seines Plans als Verdienst angerechnct werden. DaS Unternehmen deS Gomez läßt sich in vier Abschnitte brin gen: I) der Streifzug in Asturien und Galicien und die Rückkehr zum Ausgangspunkte;'2) der Einfall in Castilien und sein Vordrin gen nach Andalusien bis zur Einnahme von Cordova; 3) die Opera tionen in Estremadura bis zur Rückkehr nach dem Guadalquivir; 4) der zweite Feldzug in Andalusien und die Rückkehr in die Bas kischen Provinzen. Vielleicht wird man sich wundern, daß die Expedition anfangs keinen anderen Zweck hatte, als den Aufstand nach Asturien zu ver pflanzen. Dennoch steht dihS fest. Sei: dem Tove Zumalacarrcgup's batte die Karlistische Armee keinen ernsten Versuch gemacht, die Linie, in welcher sie cingcschlofscn war, zu überschreiten. Die cvnstitutionelle Armee unter Cordova zog einen Halbkreis um die Baskischen Pro vinzen und schien nahe daran, den Aufstand zu ersticken. Im Haupt- auarticr wurde beschlossen, eine Diversion zu versuchen und den Krieg auf einen anderen Punkt der Halbinsel hinubcrznspielen. Asturien und Galicien schienen die meiste Aussicht zu bieten. Zum Befehlshaber wurde der alte Freund Zümalacarrcguy's gewählt, Don Miguel Gomez, der mit Recht wegen seiner Tapferkeit, seiner miluairischeu Talente und seines chrcnwepthcn CharüktcrS in der Karlistischen Armee allgemein geschätzt wurde. Gomez war 32 Jahr alt und stand seit 30 Jahren in Diensten. Er war zu Torre Don Gimeno im Königreich Jacn geboren; er stammte aus einer edlen Familie. Als Dupont in Andalusien cin- stel, verließ er die Universität Granada, wo er bereits im vierten Jahre die Rechte studirtc. Vermöge des Einflusses, den seine Familie in der Provinz begründet hatte, brachte er bald einen kleinen Haufen zusammen; er wurde Unter-Lieutenant, daun Lieutenant in den Frei- Compagnieen, die sich zu Jacn bildeten. Als Gefangener wurde er 1812 nach Frankreich abgeführt. Er flüchtete auS dem Depot von Antun. Im Jahre 1813 trat er mit dem Grade eines Capitains aus dem Dienst. Im Jahre 1823 gehörte er zu den Ersten, welche die Waffen gegen die EorteS ergriffen. Er diente damals im zwejcen Bataillon von Navarra, daS Zumalacarregup befehligte. Im Jahre 1832 wurde er in Disponibilität versetzt; in Madrid fand er Zumalacarregup, den ein gleiches Schicksal betroffen chatte. Die Aehnlichkeit ihrer Lage knüpfte das Freundschaftsband noch enger. Während der Krankheit Ferdinand"» Vll. hatten sie mehrere Zusäm- menkünfle mit Don Carlos und boten demselben ihre Dienste an, falls er derselben bedürfen sollte. Nach dem Tode des Königs entfernten sich Beide von Madrid; der Eine ging nach Navarra, der Andere nach Cucnya, um in diesen Provinzen einen Aufstand zu Gunsten des Prätendenten zu bewirken. Des Gomez Unternehmen glückte nicht, wohl aber vas des Zumalacarregup, und Gomez stieß nun auch zu diesem. Er wurde zum Oberst und Chef des GeneralstabcS ernannt; zwci Jahre später zum ^nw.üml-üv-cump. Mehrere glän zende Thaten rechtfertigten seine Wahl zum Oberbefehlshaber der ErpeditionS - Armee. Als Alles bereit war, machte Don Basilio Garcia eine De monstration »ach Vittoria hin, um die Aufmerksamkeit der constitu- tiouellcn Armee abzulcnkcn. DerAHeneral Cordova ließ sich durch vicse Bewegung täuschen und wendete sich nach dem Punkte, der be droht schien, so baß ein Ausweg nach Orduna hin offen blieb. Gomez brach am 2«>. Juni 1830 von Amurrio, einem Dorfe der Provinz Alava, aus. Die ErpeditionS-Armee zählte 3 Bataillone, 2 Schwadronen und 2 Berggeschütze; zusammen 2700 Fußgänger, 100 Reiter und 10 Artilleristen. Das war allerdings nicht viel; er sollte ja aber auch nur zwci kleine Provinzen durchstreifen. Der Brigadier, Marquis von Bobcda, war zweiter Befehlshaber. Don Jos« Maria Arroyo befehligte die Infanterie und Don Santiago Villalobos die Kavallerie. Ein Portugiesischer Maröchal-de-Camp, so wie ein Oberst und mehrere Offiziere dieser Nation, hatten sich der kleine» Armee »»geschlossen. Am Tage nach ihrem Aufbruch st-eß sie 10 Stunden von Amurrio bei Revilla auf die Reserve der constitutionellen Armee, welche ihr den Wcg zu versperren suchte. Die Christinos unter Anführung des Maröchal-de-Camp Tellos wurden geschlagen. Anstatt, wie mau cs erwartete, nach diesem Siege in Castilien cinzudringcn, zog sich Gomez nach Westen und warf sich in den Gebirgszug, welcher parallel mit dem Biscayischcn Meere läuft und Asturien vom König reiche Leon trennt. Nun versammelte Espartero, welcher die dritte Division der Nord-Armcc bcfchligtc, so schnell wie möglich alle ver fügbare Truppen und eilte mit tiOOO Mann Infanterie und 330 Mann Kavallerie hinter Gomez her. So begann die merkwürdige Jagd, welche sich bis zum anderen Ende der Halbinsel fortzog. Lon Espartero gedrängt, zog Gomez sich einige Tage längs der . Gcbirgc hin, indem' er Asturien und Leon bedrohte und durch die Schnelligkeit seiner Bewegungen den Verfolgern entschlüpfte. Es verging kein Tag, an welchem nicht der unter ihm stehende Haufe 10 dis 12 Meilen auf gebirgigen Wegen zurücklcgte, und oft hatte er 24 Stunden lang nichts zu essen. Plötzlich wendete sich Gomez nach Norden, stieg in die fruchtbaren Thäler hinab, welche sich zwischen den Bergen und dem Meere hinziehcn, und am 3. Juli, neu» Tage nach seinem Auszüge, rückte er in Oviedo, der Haupt stadt von Asturien, ein. Diele Stadt wurde von PardinaS mit dem Provinzial-Rcgimente von Pontevcdra verihcidigt. Gomez erschien so unerwartet, daß die Garnison sich nnr mit Hinterlassung ihrer Waffe» und Munition retten konnte. Diese wärest Gomez sehr er wünscht. Er organisirte nun ein Asturisches Bataillon, welches auS 320 Freiwilligen bestand. Mehr konnte er nicht thun, weil er wenig Sympathie für seine Sache fand. Im Hauptquartier des Don Carlos hatte man sich über die Stimmung der Provinz getäuscht. Dieselbe zeigte nichts von dem unruhigen und kühnen Geiste der Baskischen Provinzen, und die Achtung, in welcher die großen, fast durchgängig constitutioncll gesinnten Grundeigenthümer stehen, hielt die Bewohner bei der Sache der Königin Isabella fest. llnterdeß rückte Espartero heran. Die Karlisten verweilten nur zwei Tage in Oviedo. Am Morgen deS 8. Juli marschirten sie ab, und noch an demselben Tage zog Espartero ein. Da der Versuch, sich in Asturien festzusctzen, nicht geglückt war, so warf Gomez sich »ach Galicien und rückte gerade auf Sant-Jago los. Er langte hier nach einem zehntägigen Marsche an, nachdem er unter den Augen deS Generals Latre über den Rio Mino gesetzt war. Die alte Stadt nahm den Streiter der absoluten Monarchie mit Enthusiasmus aus. Die ErpeditionS-Armee zog unter dem Gcläut aller Glocken ein, und am Abend war die Stadt erleuchtet. Dadurch erhielt aber die wirkliche Stärke der Armee keinen Zuwachs. Schon schwach bei ihrem AuSrücken auZ den Baskischen Provinzen, war sie noch durch