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848 und wird durch dkn Gipfel und Krater eines unter dem Meere be findlichen VullanS gebildet. Die Fellen derselben sind eine Mane zersplitterter Lavaklippcn, welche an einigen Stellen bis zur Höhe von I8W Fuß aussteigcn. Das Ganze siebt gerade so aus, wie ein Al schnitt vom Gipfel kcS Aetna, den man ihm bei ungefähr drei Viertel der Höhe des Berges abgencmmcn und in das Arabische Meer gesetzt hätte. Gerade im Krater liegt die Stadt Aden und jetzt das Englische Lager. — Gegen eine regelmäßige Macht ist Aden uneinnehmbar rrcr könnte cS roch gleich gemacht werden. Ein kleines Außenwerk würde die Landenge verlheidigen, und einige den zwei oder drei Landungsplätzen, welche die Halbinsel nur hat, gegen über ausgestellte Kanonen könnten ohne Schwierigkeit die Ausschif fung jeder regelmäßigen Macht verhindern. Diese natürliche Festig keit gegen Europäische Taklik schützt sic jedoch nicht vor Uedcrfällcn der Araber: gegen diese sind auch Batterien! und Bastionen verge bens, und die Engländer sind seit ihrer Besitznahme von Aden häufig von ihnen heimgesucht worden. Einen Angriff mit großer Macht über die Landenge zu unternehmen, fällt den Arabern gar nicht ein. Schiffe und Barken, welche der Artillerie einen Zielpunkt darbictcn könnten, haben sie nicht und bedürfen ihrer nicht. Die höhere Kriegs kunst findet an ihnen keine sichtbare Gegner; denn sie machen ihre Angriffe in der Regel während der Nacht, durch die Beschaffenheit des Bodens und die Dunkelheit ihrem Fcinvc verborgen. Wenn ein nächtlicher Ucbcrsall beschlossen worden ist, waten oder schwimmen diese kräftigen und kriegerischen Barbann vom nächsten User auS bis zu den der Besatzung unzugänglichen oder un sichtbaren Fclsenrändcrn. Ihre einzige Waffe ist ein kurzes, starkes, gewichtiges Schwert, welches sie in den Zähnen tragen, um cs vor dem Sccwafscr zu bewahren. Für Leute, welche schwimmen und tauchen können, wie Enten, würden Böte und Barken nur lustige Unterbrechungen sepn; Leitern wären nur rin Hinvermß für diejeni gen, welche behend sind wie die Gemse, wenn der Weg über Felsen und Abgründe geht. In der Milte von Felsen, welche jedem ande ren Fuße unzugänglich sind und deren Farben, indem sie mit der der geschwärzten Eindringlinge übcrcmstimmen, sehr dazu beitragen, ihre Gegenwart zu verbergen, sammeln sie sich in Hansen. Sobald sie ihre Mannschaft für hinlänglich zahlreich halte», erheben sie mit ten in der Nacht, die ihre Bewegungen verbirgt, ein wildes Geschrei und stürzen sich auf die Vorposten oder das Lager der Besatzung, ehe daS geringste Zeichen ihrer Annäherrung gegeben oder Maßre geln, ihrem Angriffe zu begegnen, ergriffen werden können. Ein solcher Ucbcrsall sand am frühen Morgen des 2<>. Mai I8ätt statt. Zwei- bis dreihundert Araber, mit Flinten und Säbeln bewaff net, hatten sich eine Zeitlang hinter einem schwarzen, steilcn Felsen in der Nähe der sogenannten Türkischen Mauer versteckt -gehalten. Beim Eintritt der Ebbe setzten sie sich in Bewegung, und trotz dreier Wachtböte, aller Schildwachcn und Hellen Mondscheine, mn- gingcn sie unbemerkt die eine Flanke der Engländer. Nachdem sie bereits ins Lager eingcvrungcn waren, wurden sie durch cinc Schild- wache der äußersten Flanke entdeckt, welche ein Haufen derselben an- ries und, da keine Antwort erfolgte, Feuer gab. Zn einem Nu war der Hügel Dschcbe! Hnvdid, welcher hinter dem Außenwerke auf der Linken des Lagers liegt, von ihnen bedeckt, und sie eröffneten von dort auS ein heftiges Feuer in das Werk. Die Offiziere und die Verstärkungs-Mannschaft, welche seit drci Wochen allnächtlich hcrausgesandt wordcn war, um eben diesen Angriff zu begegnen, schliefen in Zelten hinter dem Außcn- wcrkc, am Fuße des genannten Hügels. Beim ersten Lärm eilten sie in das Werk, und da die Soldaten ihre Gewehre geladen zur Seite hatten, waren sic fast im Augcnblicke zum Widerstande bereit. Der An griff wurde mit cincm tüchtigen und, obgleich fast anfS Gerathcwohl ge schossen wurde, doch wirksamen Gewehr- und Kartätschenscucr erwicdert. Die Araber verließen bald den Hügel, cilten jedoch zunächst cincr gleich anfangs ins Lager cingcdrnngcnen Abteilung nach, um mit dieser gemeinschaftlich zu plündern. Obgleich die Zelte von dem Außenwerke nur 8(» Hards entfernt waren, der Fuß des gedachten Hügels aber nur II» und der Gipfel desselben 7« bis 8tt HardS weiter zurückliegt, ließen die Araber sich doch durch das fortwäh rend auf sie gerichtete Fcucr der ganzen Besatzung des Außcnwerkcs (180 Mann, mit Einschluß der Artillerie) nicht abhaltcn, allc Kasten, sogar die Medizinkastcn, aufzubrcchen und Alles, desscn sic habbaft werden konnten und was ihnen von Wcrth schic», zusamnicnzuraffcu, um cS mit sich fortzuschlcppcn, ungcachtct manchc Zcltc, bcsondcrS das dcS Bcschlhabcrs dcS angegriffenen Postens, durch die Kugcln der Engländer ganz zerrissen und viele der Plündernden schwer ge troffen wurden, so daß nachher der Boden mancher Zelte ganz mit ihrem Blute getränkt und überschwemmt war. Ungefähr anderthalb Stunden nach dem Beginn des Gefechtes zogen die Araber wieder ab, und drci mit Soldatcnklcidcrn und Lebensmitteln bcladcne Pfcrdc, viclc Betten, die Sophas und Musketen einer Abtheilung von nngcfähr vierzig Indischen Jnfantc- ristcn, welche dieselben in den Zelten zurückgclassc» hatten, auch alle Kochtöpfe der Europäer, nebst einer Menge anderer Sachen, führten sie als Beute mit sich, ohne weiter daran behindert zu werde». Denn obgleich die Zahl der auf dem Kampfplätze befindlichen Eng länder über bvo jn einem Berichte angegeben wird, scheinen diese doch kcincn Versuch gemacht zu haben, die Araber mit dem Bajo nett» zu vertreiben oder ihnen den Rückzug abzuschnciden. Vielleicht war man über die Zahl der Feinde zu ungewiß, nm in der Dunkel heit einen Ausfall zu wagen; auch sollen die Englischen Truppen in ihre» Oüindischcn Feldzügen bcim Gefechte mit dem Bajonett gcgcn andere Scoß- unv Hicvwaffcn häufig im Nachtbeil gewesen sepn. Der Verlust der Araber an Lovien und Verwundeten cst den Eng ländern nicht genau bekannt geworden, schien jedoch bedeutend zu scyn. Aus dem Kampsplatzc batten die Araber nur zwei der Ihri gen todt zurückgelaffcn, die übrigen aber allc mit sich fortgenommcn. Zn cincm ungefähr vier Englische Meilen von Aden entfernten Dingah sollen sie sie nun begraben und einen der Häuptlinge nach ihrer Hauptstadt gebracht hab»«, um itn dort zu bestaticn. Man sagte auch, daß einer der haupt'äcblichstcn Anführer der Araber, dcr die Sccle der früheren derartigen Unternehmungen gewesen war, tövtlich uud mehrere andere Angesehene schwer verwundet scpcn. Die Engländer hatten nur sieben Verwundete, davon nur zwei schwer. Die eingcdrungcnen Araber waren übrigens nur eine Abtheilung eines größeren Haufens von über viertausend Mann, welche jedoch nicht angnffcn, sondern in einiger Entfernung geblieben waren und sich bei dcr Flucht der Emgcvrungcncn mit diesen zurückzogen. Zwar hatten diese wilden Anfälle bisher immer mit der Nieder lage der Angreifer geendet. Aber diese Art von Angriffen ist für regelmäßige Soldaten so ermüdend und dem Charakter der Araber so angemessen, daß diese die Hoffnung auf Erfolg noch nicht so bald aufgebcn werden und noch eine ganze Reihe empfinblichcr Züchti gungen erforderlich scp» wird, nm sie von der Ucberlcgenhcit ihrer Gegner zu überzeugen. Die Engländer müsseu daher soriwährnid auf ihrer Hut sepn. Um sich gegen ihre Uebcrfällc zu sichern, ist die Besatzung von Aden dcm beschwerlichsten und gefahrvollsten Dienste unterworfen. Die wildesten Höhen uud freiesten FelSspitzcn müssen alimälig mit Wachen besetzt wcrdcn. Diese Standpunkte der Schildwachen icheiucn sich weit mehr füc Jäger zu eignen, um von da auS daS schlichter«? und furchtsame GcbirgSwild zu belauern, alS für Krieger eines regelmäßigen HecreS, welche die Annäherung menschlichcr Feinde bewachen. (Sintic guin-nrU.) Mannigfaltiges. — Die Tragödie dcr Mad. Lafarge. Das Adelphi-Theatcr in London lst un wahren Sinne des Wortes eines dcr schaudervollstcn, das ans dcr Welt eristirt. Nachdem sich das Publikum dieses Theaters an den beiden Schauer- unv SchrcckenSstücken „Robespicrre" und „Zack Sheppard", von denen bekanntlich daS letztere oder vielniehr der Roman, dcr ihm zum Grunde liegt, die LieblmgSlektürc dcS be rüchtigten Eourvvisicr war, hinlänglich satt gesehen, wird nunmehr Tag sür Tag das Vergiftungs-Drama „Madame Lafarge" auf-' gcführt. Obgleich vaS Schicksal dieser Frau keincSwcgcü völlig entschieden und selbst in Frantreich noch manche Stimme für ihre mögliche Unschuld sich erhebt, wird sie doch dcm Publikum von Adclphi schon als vollendete Giftmischerin präsentirt, wenn auch mit etwas romantischer Sauce, wie sie solchen sür den bum-gaul dcS verwöhnten Thcatervolks bereitetem Speisen in der Regel zur Erhöhung dcS Ap petits beigcmischt wird. Marie Capelle wird als ein reizendes leb haftes Mädchen vargestcUt, die in einer Aufwallung von Empfindlich keit übcr die Kälte ihrcö Geliebten Charles Clavö dem Hrn. Lafarge ihrc Hand reicht, dcr stinerseitS ihren Oheim durch lügenhafte Bc- richic über sein großes Vermögen und sein Schloß in Glandier ge täuscht hat. Nach ihrer Verlobung mit Lafarge trifft Marie noch kinmal mit Clavö zusammen; sie verabreden, sich durch Kohlendampf zu ersticken, und diese Scene wird wirklich auf dcr Bühne dargestcllt, aber nachdem sie scheinbar schon erstickt sind, werden sie glüctlicher- over unglücklicher Weise durch Hrn. Lafarge noch gerettet. So endigt dcr crste Akt. Im zwcitcn finden wir Marie in Glandier, wo sie bald wahrnimmt, daß daS Schloß ihres Mannes ein bloßes Luft schloß gewesen scp. Sie beschließt, sich zu rächen, und wird in diesem Entschlusse durch aie harte Behandlung, hie sie von ihrem Manne erfährt, noch mehr bestätigt. Vcide sind zu einem Festc bci dcr Bi- oomteffe Lcvtauv eingcladcn, wo auch Clav>- sich cinsindet. Die Vi- comtessc bielct ihrer Freundin einen Edelstein an, um sich damit das Haar zu schmücken, uud läßt ihre Diamanten auf dcm Tische stchen. Diese Gclcgcnbcit benutzt Marie, die letzteren zu stcblcn, und zwar nur, um sie ihrem Freunde Clav? zu schenken, der sich in bitterster Armnth befindet. Clavö aber weist den Diebstahl Und die Dicbin verächtlich zurück, und sie, in Verzweiflung, will nun-ffn Glandier Gist »chmcn, das sie durch den Diener Denis batte holen lassen und jetzt mit cincr Limonade vcrmischt hat. Jn dicscm Augenblicke tritt Hcrr Lafarge in trunkenem Zustand ein, beträgt sich auf daS bru talste und mißhandelt seine Frau dergestalt, daß sie ihm, als er zu trinken verlangt, den Gifitrunk reicht. Denis kommt dazu, klagt sie an, und der Vorhang fällt, während die Gcndarmcn und die Diener des Gerichts cintretcn, um Marie nach dem Gesängniß abzusühre». Man sieht, cS ist Alles geschehen, um die Entmischung so viel als möglich zu rechtfertigen. Dabci sind auch noch einige Personen in das Stück cingcflochten, die ein politisches Zcit-Jntcrcffc haben, z. B. einige Pariicr Kricgödurstige, die von ibren Helventhattn bei Wa terloo erzählen und daran die Verkündung knüpfen, wie sie sich nächstens bei dcr Einnahme von London auckzeichncn würden. Da« Publikum dcS Adclphi-ThcatcrS hat daS Stück mit außerordentlichem Beifall ausgenommen, und besonders Mistreß AatcS, als Madame Lafarge, ärndtet jeden Abend neue Lorbeern. Herausgegebcn von ter Redaktion ter Allg. Preuß. Staats-Zeilnng. Rebigirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hapn.