Volltext Seite (XML)
WichcnUich «rkckeinen drci Nummirn. PränumkraNcn»- VreiS 22j Sgr. (j TVIr.) »ierteßtUmiiN, r ^hlr. wk das gan,c J»I>k. ohne t?e< höhn na, in aUcn 2v«U>n der vreiilUsiven Monarchie. Magazin für die Man vrättunrtn'rt aus diries Lit^ratur'Blalt in Bertin in der Expedition der AUp. Pr. Stans- -^eitttna (^riedrirvStlr. Nr. 72); in der Prooin; so wie im Auslände vei den Wodilöbl. Pos, - Aemteru. Literatur des Auslandes. 137. Berlin, Freitag den 13. November !84<> Frankreich. Tie Gcfangcnnchmung der Herzogin von Berry. Von Gisquct.") .... Unter den obwaltenden Umstanden blieb die große Frage die, wie man sich der Herzogin von Berry bemächtigen könne. Auch waren alle Anstrengungen auf diese» große Resultat gerichtet. Schon am 2. Juni hatte der Minister dcs Innern Herrn Earlicr, Vorstand der städtischen Polizei, mit fünf oder sechs Agenten nach Nantes ab- geschickt. Er kehrte nach acht Tagen zurück, ohne etwas auSgcrichtct zu haben. Alle meine geheimen Agenten, welche mit den Legitimisten in Verbindung standen, die des Ministeriums, unv wer nur irgend der Regierung über die Pläne und den Aufenthalt der Herzogin von Berry Mitthcilungcn machen konnte, waren in Bewegung. Einige tauschten uns durch falsche Gerüchte, weil sic nicht im Stande waren, die Wahrheit zu erfahren. Andere täuschten uns aus weniger zu entschuldigenden Gründen. Mehrere begaben sich mit Empfehlungs- Briesen von den Parteihäuptcrn an die Herzogin nach der Bretagne; keiner wurde von der Mutter Heinrich's V. vörgelaffen, keiner konnte auch mir ihren Zufluchtsort auskunvschafien. Unterdefi hatte ich er fahren, daß in der Hauptstadt ein Ausschuß bestehe, der aus acht bis zehn verschwiegenen und ergebenen Personen gebildet war, welche das unbedingte Vertrauen der Herzogin besaßen, jeden Tag Briefe mit ihr wechselten, sie von allen Vorgängen unterrichteten und zu Paris alle Jntrigucn und Unitriebe leiteten. Dieser geheimnisvolle Ausschuß erstreckte seinen Einfluß auch auf die lcgitimistlschcn Blätter, hatte sogar das Eigcnthum des vom Viconue Nugent gegründeten „lioronum" erworben. Da ich in das Geheimniß ihrer Zusammenkünfte und ihrer Vcr. bindungen mit der Bretagne gedrungen war, so wurde es inir fast leicht, ihre Entwürfe zu vereiteln und ihre Bewegungen, deren Erfolg fast untrüglich schien, zu lähmen. Wenn sic die Herzogin von den Absichten der Negierung unterrichteten, so setzte ich das Ministerium von ihren Umtrieben in Kenntniß. Mit einem Worte, sie verloren mehr als sic gewannen. Sie richteten ihre Briefe abwechselnd an verschiedene Personen von Nantes, die als Zwischenträger dlentcn. Durch solche oder unter falschen Namen, zuweilen durch Vermittelung des Herrn Zange, empflngen sie auch die für sie bestimmten. Beim ersten Anblick schien der Inhalt dieser Briefe ganz bedeutungslos; nian gab ihnen den Anstrich von Handelsschreibcn; cs war darin von Zucker, Baum wolle, Lcincwand, Butter u. s. w. die Rede. Die wahre Korrespon denz mußte man zwischen den Zeilen suchen; sie war mit sympathe tischer Tinte geschrieben, und die Schriftzüge erschienen nur, wenn man den Brief über das Licht hielt oder mit Ncagentien behandelte. Ein Theil dieser Briefe ging durch meine Hände. Ich schickte mehrere nach Nantes; ich wußte, in wessen Hände sie zuerst kamen, wie sic dann an ihre zweite Adresse gelangten und endlich der Herzogin zu gestellt wurden. Ich theiltc meine Entdeckungen dem Minister des Innern mit, der die Briefe nach Nantes schickte, »m so den Aufent halt der Herzogin anSzukundschastcn. Allein die damit beauftragten Agenten benahmen sich entweder so ungeschickt oder die Legitimisten so geschickt, daß alle Nachforschungen erfolglos blieben und man auf die Mittheilnngcn aufmerksam wurde, die mir zugingcn. Vielleicht wäre cs mir endlich gelungen, mich der Herzogin zu bemächtigen, allein Deutz machte alle weitere Bemühungen unnütz. Man kann sich leicht denken, daß die Einsicht der geheimen De peschen, welchc zwischen den Parteihäuptcrn dcr Bretagne und ihrcn Bevollmächtigten in Paris gewechselt wurden, mir kostbare Auf schlüsse über die Mitwissenschaft vieler Individuen gewährte. Den noch wurde gegen sie keine Zwangsmaßregel ergriffen; wir würden uns dadurch einer wichtigen HülfSguelle beraubt haben. Wir mußten Alles hintenamctzen, um sicherer zum gewünschten Resultat zu gelangen und mit Einem Schlage den Bürgerkrieg zu ersticken. Nur einmal mußte ich von dieser klugen Zurückhaltung ab gehen, und zwar bei folgender Gelegenheit. Der Kriegs-Minister, Marschall Soult, hatte dem General Erlon den Befehl gegeben, die Besatzung eines Platzes, vcr von den ChouanS bedroht wurde, zu verstärken. Die Depesche, welche der Minister um 12,Uhr gc- ') Aut dessen bereit« erwähnten Memoiren. schrieben, war den Legitimisten um 2 Uhr bekannt. Diese senden unverzüglich ein Duplikat nach Nantes, mit dem Nalhc, sich des Platzes vor Ankunft der Verstärkung zu bemächtigen. Ich erhielt um a Uhr eine Abschrift ihres Briefes und der Depesche vcs Mar schalls Soult. Ich gehe augenblicklich zu Herrn von Momalivet. „Hier ist", sage ich, „ein Befehl, den der Kriegs-Minister dem General Erlon heute Morgen übersandt hat." — Der Minister liest unv ist sehr verwundert; er gesteht, daß am vorigen Tage eine solche Entscheivung im Ministerraihe getroffen worden. „Wie sind Sic nur, mein lieber Prä'rkt, zu diesem Aktenstück gekommenk" — „Durch vie Agenten Heinrich'» V., die es zwei Stuuvcn früher al» ich gehabt haben." — Herr von Montalivei begicbt sich zum Mar schall Soult, dessen Verwunderung nicht gering ist. Ich sagte nun den Herren, daß der ungetreue Beamte, welcher diese Papiere den Legitimisten mitgethcilt, Castan heiße. Als derselbe in Gegenwart des Generals Pclet und des Gene ral» Boradire in mein Kabinct geführt wurde, gestand er sein Vergehen und erklärte, daß ihn seil achtzehn Monaten sein eigene» Rothlcivcn so wie das Elend seiner Frau bcwogen habe, das Ver trauen de» chrenwerthen Generals Pclet zu täuschen, der ihn in einem Bürcau des Kriegs-Ministerium» untcrgcbracht hatte. In das Gcfäugniß geführt, wiederholte er schriftlich seine Geständnisse. Er fügte hinzu, er habe Herrn Thomassiu, einem dcr Mitglieder dcS Ausschusses, durch Vermittelung eines alten WeibcS seine Mit thcilungcn zukommcn lassen. Auch in dem ersten Verhör vor "dem Instructions-Richter gab er diese Erklärung ab. Später nahm er zum Leugnen seine Zuflucht. Die Assiscn verurthcilien ihn im Juli I8ZZ zu fünfjährigcr Haft. Die Anwesenheit und die Aufreizungen der Herzogin von Berry auf dem Schauplatz der Ereignisse nährten das Feuer dcs Bürger krieges und fachten es wieder an, wenn cs erloschen zu wollen schien. Die Gefahren, von denen sic umringt war, verdoppelten ihre Thaikraft und Thäiigkcit, wie sie ihre Freunde in ihrer Anhänglich keit bestärkten. Sic hielten das Felo nnd setzten hartnäckig einen verzweifelten Kampf fort, trotz ihrer täglichen Verluste, trotz ihrer geringen Anzahl. Die Bewohner des Südens, welchc unaufhörlich von dcn Agcntcn dcr Herzogin bearbeitet wurden, ließen auf mehreren Punkten nicht die beste Gesinnung blicken. In einigen Städten fanden bedenkliche Unordnungen statt; beständige Aufreizungen, Streitigkeiten, welche mit den Waffen entschieden wurden, zeigten, daß man vie Chouanneric unterstützen wolle. Die National-Garde von Bcaueaire verhöhnte die Behörden, als sic dcm Herzoge von Orleans einen Besuch ab statte» wollten. Die Negierung mußte sie auflösem In dcr Haupt stadt wurde die Partei zu streng beaufsichtigt, als daß sie an eine Erplosion hätte denken können, aber sic war in beständiger Bewe gung und begünstigte durch tausend Mittel die Ausstände in dcn Provinzen. ES wurden der Regierung Mitthcilungcn gemacht, aus welchen sich dcr Anthcil einiger ver angesehensten Personen an diesen Umtrieben ergeben soll. Die Minister befehlen, Nachsuchnngcn bei mehreren anzustcllcn und sie sestzunehnien, w.un sich ein Anlaß vazu in ihren Papieren sinvet. Die Nachsuchungen finden im Oktober statt; sic ergeben nichts Verdächtiges; von allen Briesen, die der Polizei in die Hände fielen, scheint nur einer eine besondere Er wähnung zu verdienen. ES ist dies ein eigenhändiges Schreiben Karl'S X. an den Herzog von Fitz-James, vom 17. April l8Z2. ES lautet: „Ich habe mit vielem Vergnügen Ihren Brief vom l». Dezem ber, mein theurcr Herr, erhalten. Wenn ich gezögert, Ihnen zu antworten, so geschah cS aus zwei Gründen. Erstlich erwartete ich eine sichere Gelegenheit; sodann glaube ich, daß Sie an Ihrer jetzigen Stelle am nützlichste,» sind, und mußte also einem Vorschläge meine Zustimmung verweigern, dcr Sie bloßstellcu konnte und vielleicht auch die Mittel schwächen, die Sic so gut verwenden. Verständigen Sic sich mit dcm Ucbcrbringcr, um in meinem Namen mit dcm Manne zu sprechen, dcr mit fo vielem Eifer und Talent daran arbeitet, ein schönes und ehrenvolles Leben zu ergänzen. Unglück licherweise muß ich jetzt den Verlust des Freundes beklagen; er ist als Opfer seiner muthigen Treue gestorben. Sic wissen, daß in meiner Natur nicht dcr Wechsel liegt; zählen Sie also auf meine alte und dauernde Freundschaft." Während so viele Mittel in Bewegung gesetzt wurden, ohne' den gewünschten Erfolg herbcizuführen, gab einer jener Zufälle, welche so oft die wichtigsten Ereignisse entscheiden, die Aussicht