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Wö^eniiich erscheinen drei Nummern. Pränumeration-« Preis 22j Sar. (j Tklr ) vierteljährlich, 3 Tklr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumkrirt auf Liese- Litervlur-Vtatt in Berlin in Ler Expedition der sNq. Pp. Staals-^pitnnq j.rriedrilLsgr. Nr. 72); in dcr Prooi», so Ivie im Ausland, bei den Wobilöbl. Pog - Armier». Literatur des Auslandes. 133 Berlin, Mittwoch den i. November I84tt. Frankreich. Die Polizei in Frankreich. Von Gisquct.°) Die Polizei hat zweierlei Pflichten zu erfüllen. Der erste Gc- genstanv ihrer Fürsorge ist die Beschäftigung mit einem Theil der Interessen der Stadt. Dieser Zweig nimmt in unserer Zeit neun zehn Zwauzigiheilc der Beamten in Anspruch, und wenn der Präfekt demselben die gehörige Aufmerksamkeit schenken will, so must er täg lich zehn bis zwölf Stunden darauf verwenden. Der zweite Gegenstand, der sonst wenig in Betracht kam, hat seit vierzig Jahren eine Wichtigkeit erlangt, die ihm den ersten Rang zusichert. Damit ist schon gesagt, baß eS sich hier von poli tischer Beaufsichtigung handelt. Bis zu der Zeit, wo Ludwig XIV. die General-Lieutenants der Polizei ernannte, war dieser Theil des öffentlichen Dienstes den Prevnts von Paris, sodann den Civil- und Kriminal-LicutcnantS übertragen, die au der Spitze des Chütelet standen. Ihre Verrichtungen umfaßten nur die städtische und gericht liche Polizei. Als aber das Edikt von It>i>7 die Polizei zu einer besonderen Behörde machte, sah das Staats-Oberhaupt bald ein, welche Vortheile ihm die politische Beaufsichtigung gewähren könne. Jndeß in einer unbeschränkten Monarchie und unter einem Könige wie Ludwig XI V., in einer Zeit, wo die Nation alle ihre Freiheiten geopfert zu haben schien, wo sich keine drohende Partei erhob, konnte die Aufgabe der Polizei, insofern sie sich aus die Politik bezog, immer nur eine beschränkte sepn. ES kam bloß darauf an, den Faden einiger Jntriguen in den höheren Kreisen oder einige Ehrgeizige zu verfol gen, die sich um die Gunst des Fürsten stritten. Das Rcgicrungs- Jntercffe war dabei sehr wenig betheiligt, und dem Lande konnte es ganz gleichgültig sepn, wem die Leitung der Geschäfte übertragen wurde, da doch Alle einen falschen Weg einschlugen »nd gelehrige -Werkzeuge des höchsten Willens waren. Die Aufgabe der Polizei unter Ludwig XIV. und XV. beschränkte sich darauf, den König von den Umtrieben seiner Umgebung, von dem Betragen der Prinzen dcS Hauses und häufig genug auch vom Privatleben der Personen zu unterrichten, welche bei Hofe erschienen, um den König und seine Günstlinge mit skandalösen Anekdoten zu unterhalten. Unter Ludwig XVI. trat die Polizei wieder in den Kreis ihrer städtischen Verrichtungen zurück. Ueberdies hätte sic, wenn sic auch stärker organisirt gewesen wäre, die monarchischen Institutionen nicht gegen die entfesselten Leidenschaften schützen können. Di Verführung der neuen Ideen regte die Massen auf und machte sogn diejenigen Ler Regierung abgeneigt, welche sie hätten vertheibigen sollen. Es war VieS keine Verschwörung, kein Aufstand, keine Gefahr, welche die Polizei hätte beschwören können. Die Nation forderte ihre Rechte zurück und zertrümmerte alle Hindernisse, die sich ihr in den Weg stellten. In dem Zwischenraum, der zwischen der Stürmung der Bastille und der Einsetzung veS Direktoriums verfloß, konnte die Polizci- Berwaltung, die verstümmelt und einige Zeit sogar mit der Kom munal-Behörde zusammengcworfen wurde, in politischer Beziehung keinen bestimmten Wirkungskreis haben. Der rasche Wechsel der Staatsgewalten erlaubte ihr nicht, bestimmten Regeln zu folgen. Der Mangel an Einheit und an einem Oberhanpte, das allein die Verantwortlichkeit gehabt hätte, beraubte die Beamten, die in einer untergeordneten Stellung waren, dcS nöthigen Ansehens und der nöthigen Kraft. Das permanente Comit,'-, das Munizipal-Bureau, die revolutionaircn Comitß's, die administrative Kommission, das Eentral-Büreau, denen nach einander die Verrichtungen der Polizei übertragen wurden, standen in Abhängigkeit von der Munizipalität und hatten nur wenige Beziehungen zu den Häuptern der Regie rung; auch fehlte es ihnen an den nöthigen Geldmitteln. Unter diesen Umständen war eine politische Polizei unmöglich. Wie hätte wohl die Polizei während der Schrcckcnszeit die Ordnung aufrecht erhalten können? Wie hätte sie wohl politische Verbrechen verhüten sollen, da die Gewalthaber selbst Tausende von Bürgern hinwiirg- Sv eben find in P.uiS dir Memoiren LcS -h-maligen Polstci-Prmekt-n GiSguct erschienen, Lee nicht minder durch seine icchSnihrige AnnSsnhrimg wie Lurch seine skandalösen Pro-ene bekannt geworden >N. Wie man auch üder die Moratitat des Mannes urtheiten möge, so wird man doch nicht Le- «reiren tonnen, daß ihm die »elegenhcit geboten wurde, einen reichen Schay von Trfahrungen iu sammeln, Ler in Lieien Memoiren mederzelegt ist. tcn? Es läßt sich also nicht anders sagen, als daß zur Zeit der Republik die Polizei sich nur mit städtischen Angelegenheiten be schäftigte. Als vas Direktorium ans Ruder kam, erhielten alle Zweige der öffentlichen Verwaltung eine übereinstimmende Leitung; die Einheit kam wieder zum Vorschein, und im Gange der untergeordneten Ge walten trat wieder Regelmäßigkeit und strenge Scheidung ihrer Verrichtungen ein. Da die Regierung die politische Gewalt, die bis dahin zwischen den Mitgliedern des Konvents getheilt gewesen war, wieder in sich konzenlrirt batte, so war sic auch wieder vcn Angriffen der Parteien ausgesetzt; sic war der gemeinschaftliche Feind, gegen den sich alle Anstrengungen richteten. Das Bedürfnis), die Feinde der neuen Regierung zu beaufsichtigen, führte auf die Noth- wenvigkeit hin, wieder eine politische Polizei zu errichten, damit sie die uene Ordnung oer Dinge schützen könne. Aber das Werk blieb nuvollstänrig: die Polizei wurde dem Central-Comitö anvertraut, welches aus drei Mitgliedern bestand, wodurch ein Theil der frühe ren Uebelstände beiveballcu wurde. Die Polizei kann nur gute Dienste leisten, wenn sic von Einem Manne geleitet wird. Unter dem Konsulat wurde endlich diese fehlerhafte Einrichtung a-mgeboben durch die Ernennung eines Polizei-Präfekten. Die Be aufsichtigung, die er übte, hatte vorzüglich die Sicherheit des StaatS- Oberhauptcs zum Ziele. DaS Konsulat und das Kaiserreich folgten einer vierzchnhundertjäbrigcn Monarchie und einer Republik, die immer fanatische Anhänger gezählt hatten. Alle Emigranten und die meisten Republikaner nährten Gefühle des Hasses gegen den wun derbaren Mann, in dem sie einen Usurpator oder einen Tprannen sahen. Die Lage, in welcher sich der Kaiser befand, bot einige Achn- lichkcit mit der Ludwig Philipp's dar, jedoch mit dem Unterschiede, daß vaS Kaiscrthum nur zwei Klassen von Gegnern zählte, während der Juli-Regierung alle diejenigen feindlich waren, die den Grund sätzen der verschiedene» vorau'gcgangencu Regierungen huldigten. Rnhlsveflormmgcr hat die Polizei unter dem Kaisertbum viele Kom plotte verhütet und denn Staats-Oberhaupt große Dienste geleistet. Nicht nur hatte sie die Umtriebe dcr Republikaner und Royalisten zu beaufsichtigen, sondern sie mußte auch auf viele Militairs, deren Ehrgeiz und Einfluß zu fürchten waren, ein wachsames Auge haben. Die Feinds deS Kaisers waren in den höheren Klaffen der Gesell- schäft zu suchen: der ehemalige Adel, die Notabilitäten der Republik, viele ehemalige Waffengefährten Bonaparte'S konnten eifersüchtige Empfindungen nicht unterdrücken. Die Masse des Volks war ihm dagegen ganz ergeben. Wenn Napoleon der geheimen Polizei zu weilen eine Beaufsichtigung von miudercm Belang übertrug, wenn er das Betragen der Mitglieder seiner Familie kennen lernen wollte, so that er dies immer zu einem moralischen Zweck und im Interesse ihrer eigenen Würde, nie, um eine eitle Neugierde zu befriedigen. Man hätte erwarten sollen, daß die Aufgabe der Polizei unter dcr Restauration noch schwieriger sepn würde, da das Kaiscrthum so viele glorreiche Erinnerungen hinterlassen hatte, aber die Trümmer der alten Armee fügten sich in ihr Schicksal und verstanden nicht die Kunst, zu verschwören. Daher ist cs zu erklären, weshalb dcr ältere Zweig der Bourbonen, trotz der allgemeinen Abneigung, die er ein- flofite, von so wenigen Umtrieben bedroht wurde. Das Laud berei tete ihre» Sturz vor, aber aus gesetzlichem Wege. Dann ist auch nicht zu vergessen, daß in der ersten Zeit ISllM" fremde Bajonncttc die Bourbonen schützten, und daß die Gesetzgebung außergesetzliäre Mittel zur Verfügung der Gewalt stellte, um die Anstrengungen der Jünger der Freiheit zu lähmen. Ueberdies standen ihr eine strenge Eensur, die Unerbittlichkeit dcr Gerichtshöfe, welche Preßvergcbcn zu richten hatten, und die Verletzung des Brief-Geheimnisses helfend zur Seite und gaben ihr Vic Macht, ihre cutschlvsscustcn Gegner cinzuschüchtcrn. Aber die Fortschritte, welche die Lchrcn dcr unab hängigen Opposition machten, flößten Besorgnisse ein; die Polizei erhielt also den Auftrag, die Entwürfe der Liberalen zu entdecken und zu vereiteln. Diese Ausgabe war keine leichte, wegen der großen Zahl von Feinden, welche die Restauration zählte, und thcilweise auch wegen der ehrenvollen Stellung, in welcher sich die Führer der nationalcn Partei befanden. Der Restauration stand noch etwas Anderes im Wege; sic war zwischen zwei Klippen gestellt: auf der einen Seite die Abneigung der Mehrzahl der Bürger, auf der aude rcn die übertriebenen Ansprüche dcr Emigration. Da sie die Theorie deS göttlichen Rechts nicht immer in ihrer ganzen Strenge in Aus führung bringet! konnte, ,so kehrte sich der übertriebene Eifer einer