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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«' Preis 22; Sgr. 3M.) vierteljährlich, Z Thlr. jür das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man »ränumerirt auf diese« Literatur-Dia« in Berlin in der Exveditio» der Allz. Pr. StaalS-Zeilung (Friedrichs,är. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbi. Poff - Aemlcrn. Literatur des Auslandes. litt Berlin, Freitag den 11. September 184tt Spanien. Espartero und die heutigen Zustände Spaniens. Spaniens Geschick ist gegenwärtig in die Hände Eines Mannes gegeben. Die mächtige Monarchie Philipp's ll., deren Boden seit fast einem Jahrhundert von Ideen unterwühtt worden, die sie lange genug von sich abgehalten, ist endlich an einem Wendepunkte ange langt, wie er in revolutionairen Ländern früher oder später immer eintritt: die alte Gesellschaft ist zufammengestürzt, und die neue hat sich noch nicht befestigt. Die Gewalt allein kann einige Ordnung in diese Verwirrung der Prinzipien, der Gesetze, der Parteien und der Sitten bringen. Ein glücklicher Soldat ist jetzt mit der schrecklichen Macht des Säbels bekleidet; die Zukunft des Landes hängt davon ab, wie er sich derselben bedient. Sicht man ihn auf solcher Höhe stehen, daß die Bliche eines ganzen Volkes aus ihn gerichtet sind, und daß jede seiner Handlungen der Geschichte verfallen muß, so fühlt man sich unwillkürlich zu der Frage angeregt, wer er ist, und welches Licht seine Vergangenheit auf sein zukünftiges Benehmen fallen läßt. Don Baldomero Espartero, Graf von Luchana, Herzog von Bitoria, Herzog von Morella, Spanischer Grand erster Klaffe, Gencrai-Capitaiu der Armee, Generalissimus der Spanischen Armee, Eommandeur der äußeren") Königlichen Garde, Ritter des goldenen Vließes, Groß kreuz der Orden Karl'S III., Jsabclla'S der Katholischen, des St. Ferdinands- und St. Hermeuigildcn-Ordens, Großkreuz der Fran zösischen Ehrenlegion, des Portugiesischen Thurm- und Schwert- Ordens, so wie jetzt auch des Englischen Bath-Ordens, wurde 1702 zu Granatula, einem kleinen Flecken in der Nähe von Almagro in der Provinz la Manch«, geboren. Der junge Baldomero wurde zum geistlichen Stande bestimmt. Sein ältester Bruder, Manal Espartero, der damals Franziskaner-Mönch in einem Kloster zu Ciudad-Rcal war, nahm ihn zu sich, sobald er etwas hcrangcwach- sen war. Er war I6 Jahr alt, als die Franzosen 1808 in Spanien ein- drangcn. Er schloß sich der allgemeinen Volksbewegung an und trat als gemeiner Soldat in ein Bataillon, das fast nur aus Studenten und Seminaristen bestand und deshalb das heilige, el 8ngr:>üo, hieß. Die meisten Freiwilligen des Bataillons traten nach und nach in die Regimenter. Espartero erhielt durch die Verwendung einer alten Marquise, bei welcher sein Bruder eine Zuflucht gefunden, die Ver günstigung, daß er in die Kriegs-Schule auf der Insel Leon aus genommen wurde. Er verließ dieselbe als Unter-Lieutenant, aber der Krieg gcgen Napolcon war zu Ende. ES sollte damals gerade eine Erpcdition nach den empörten Spanischen Koloniccn abgchcn. Da Espartero nicht wußte, was er anfangen sollte, so meldete er sich bei dcm Befehlshaber der Erpcdition, dem General Pablo Mo rillo, um Theil an derselben zu nehmen. Wie alle andere Offiziere, stieg Espartero, sobald er den Fuß an Bord setzte, um einen Grad; überdies wußte er sich während der Ucbcrfahrt dem General Morillo bemerklich zu machen, der ihn in seinen Gencralstab ausnahm. Espartero, der von Natur tapfer war, fand in diesem Kriege reichliche Gelegenheit, sich hcrvorzuthuu. An die Spitze eines Ba taillons gestellt, nahm er 1817 an dem Treffen von Supachui Theil. Znm Oberst-Lieutenant befördert, schlug er >818 den Jnsurgentcn- Hanfen Rueto'S in der Ebene von Majocapo. Im Jahre 1810 er wies er sich thätig bei der Unterwerfung dcr Provinz Cochabamba und verfolgte mit dem General Seoane die Insurgenten dieser Pro vinz L6 Tage lang. Im Jahre 182.1 wurde er Oberst und wohnte «IS solcher dcm Treffen von Morata bei, in welchem er zwei schwere Wunden erhielt. Der größte Theil feiner Zeit war indcß dem Spiel geweiht; dieses trug ihm ein ansehnliches Vermögen ein. Die Spielwuth war das herrschende Laster in dcr Amerikanischen Armee. Espartero war der nobelste und glücklichste Spieler. Viele höhere Offiziere und Generale waren ihm auf ihr Wort bedeutende Summen schuldig geblieben und fühlten sich feincr Schonung zu Dank ver pflichtet. Man erzählt, cr habe dem General Cantcrac an einem Abend 16,000 Gold-Unzen, mehr als eine Million Franken, abge wonnen. Als Beide das Spielhaus verließen, sagte Cantcrac zu ihm: „Ich diu Ihnen 16,000 Gold-Unzen schuldig'; ich werde für Ihre Bezahlung sorgen." — „Sie waren mir diese Summe schuldig", '> I» Spanien «lebt es zwei Königliche Garden- die äußere, welche zur Armee gehöre, und dir innere, welcher die cigemliche Wache des Herrschers vdliegt. antwortete Espartero, „als wir an Yem Spieltische saßen; jetzt sind Sie mir nichts mehr schuldig." — Dieses abenteuerliche Leben ist vielleicht nicht ohne Einfluß auf seinen Charakter geblieben, in dem sich Kraft, Apathie und Verschlagenheit, wie bei allen Spielern von Profession, dic Wage halten. Dem Spiele verdankte er vielleicht auch seine große Geschicklichkeit in jeder Waffenübung, da cr wohl wußte, welchen Gefahren ihn sein ungewöhnliches Glück aussetzte. Mit den militairischcn Wissenschaften beschäftigte er sich gar nicht, und er konnte nur Anspruch auf den Ruf eines guten Kavallerie- Offiziers machen. Alle Offiziere, welche an dcm Amerikanische^ Kriege Theil ge nommen, bildeten bei ihrer Rückkehr nach Europa eine Art Ver brüderung. Fast alle Generale, die seitdem zu Bedeutung gelang ten, ValdeS, Rodil, Maroto, Canterac, Seoane, Carratala, Lopez, Narvacz, Fcrraz, Villalobos, Alair, Araoz, Aldama u. f. w., sind aus ihnen hervorgegangen. Man nannte sie spottweise in Spanien die ApacuchoS, wegen der unheilvollen Capitulation von Ayacucho, welche dcr Spanischen Herrschaft in Süd- Amerika ein Ende machte. Obgleich sic nun eben nicht Grund haben, auf ihre gemeinschaftlichen Erinnerungen sehr stolz zu sepn, so hielten sic doch immer eng zu sammen, wenn sie auch zu entgegengesetzten Parteien übertraten. Darin finden viele Ereignisse aus dcm Leben Esparteros, auch die Convention von Bergara, ihre Erklärung. Don Baldomero hatte also, als er nach Europa zurückkehrte, den Grad eines Obersten und ein bedeutendes Vermögen. Da cr die eroberten Fahnen zurückbrachte, so erhielt cr den Grad eines Brigadiers. Sodann wurde cr in das Depot von Logro«o geschickt, wo er die Bekanntschaft der reizenden Se«ora Jacinta, der einzigen Tochter und Erbin eines reichen Grundcigenthümers, Herrn Santa- Cruz, machte und sie wider den Willen ihres Vaters heirathete. Als Eommandeur des Regiments von Soria ging er sodann nach Palma, wo cr mehrere Jahre blieb, von wo er jedoch zuweilen nach dcm Festland mit seiner Gemahlin hcrübcrkam, deren Schönheit und Anmuth in Barcelona zu hohem Ruft gelangten. In Barcelona schloß er auch einen FrcundschaftSbund mit Elio. Nach dcm Tove Ferdinand's Vll. erklärte er sich sür die Königin Isabella II., und als der Krieg ausbrach, bcgab cr sich als General- Capitain der Provinz BiScaya zu dcr Nord-Armcc. Espartcro war nicht glücklicher als die anderen constitutionellen Anführer. Unter Anderem wurde er bei Villarcal von einer Abthcilung Zumala- carregup's aufs Haupt geschlagen. In dieser Zeit bestand er nur ein glückliches Gefecht gegen Gomez. Da er indcß seine Person nicht schonte, so befestigte cr seinen verdienten Ruf der Tapferkeit. So lange dic Armee dcm Karlistischen Helden Zumalacarregup gegen über stand, richtete sie nichts gegen die Jnsurrcction ans. Sechs Ober-Anführer waren ans einandcr gefolgt, Saarsficld, Quesada, Rodil, ValdeS, Mina, Cordova, und alle waren gescheitert; dic Jn- disziplin und die Demoralisation griffen immer weiter um sich, und man konnte sagen, daß die Königin keinc Armee mehr habe. Als die Ereignisse von la Granja eintratcn, legte Cordova den Ober befehl nieder und ging nach Frankreich. In dcr ganzen Armee war nur Ein Mann, der seine Stelle cinnchmen konnte, und dieser war Espartero. Ein Dekret vom 17. September 1836 ernannte ihn zum Oberbefehlshaber dcr Norv-Armce, Vice-König von Navarra und General-Capitain der Baskischen Provinzen. Hier dürste wohl der Ort sepn, Espartero'S militairische Geltung zu prüfen. Erwägt man die Resultate, so kann die Prüfung nur zu seinem Vorthcilc auSfallcn. Aus einer geschlagenen und fast auf gelösten Armee hat er eine mächtige und siegreiche gebildet; er hat einen Krieg geendet, der dic Kräfte des constitutionellen Spaniens aufgezchrt hatte. Solche Resultate setzten schon eine bedeutende Tüchtigkeit voraus; indcß läßt sich auch nicht leugnen, daß die Umstände ihm sehr zu Statten gekommen sind. Er trat in einem Augenblick auf, wo die Einheit, welche Zumalacarregup der Jnsurrcction verliehen, sich lockerte; die Eifersüchteleien und'die Uneinigkeit im Hauptquar tiere des Don Carlos waren seine ersten Bundesgenossen. Dann sand er bei seiner eigenen Partei Unterstützungen, die seinen Vor gängern gefehlt hatten. Das revolutionaire Spanien hatte sich an fangs wenig um dcn Karlistischen Aufstand gekümmert und nicht recht an dessen Ernst glauben wollen. Als Espartcro Obcranführcr wurde, war diese Täuschung geschwunden; man sah endlich ein, daß dcr Kampf gegen Don Carlos die vornehmste Aufgabe dcr Negierung der Königin scp, und man war jetzt fest entschlossen, diesem alle Kräfte zu widmen. Dennoch brauchte Espartero vier Jahre, um die