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488 Cm betäubendes Jubelgeschrcl: „Hoch lebe der Kaiser! Hoch lebe der König von Rom!" drang äuS den Reihen der Garde. Ein Wink Napoleon's hemmte den Strom der Begeisterung; dann sprach der Kaiser, zu den Knaben gewendet: „Und Ihr, meine Kinder, in dem ich Euck meiner Garde attachire, gebe ich Euch eine schwere Pflicht zu erfüllen; aber ich zähle auf Euch und hoffe, daß man einst sagen werde: diese Kinder find ihrer Väter würdig!" Wiederum ertönte ein ohrenzerreißender Jubel, nur dieses Mal aus kleineren Kehlen. Hierauf befahl der Kaiser seinem Adjutanten, dem Grafen Lvbau, die Truppen dcfilircn zu lasten, und das Corps der Garde-Zöglinge marschirte an der Spitze der alten Garde takt fest und in schönster Ordnung vorüber. Kaum waren die Trommler des ersten Grenadier-Regiments in der Parallele des Kaiserlichen GencralstabeS angekommen, als ein Soldaten-Knabe, der ungekähr zehn Jahre zählen mochre, etwas ängstlich auf den Kaiser zutrat und ihm in gewisser Entfernung sei» Polizeimützchcn reichte, auf dem eine Bittschrift lag. „Aha!" sprach Napoleon lächelnd; „da kommt Einer, der schon Ehrgeiz hat! Das heißt früh ansangen." Darauf sagte er zu einem seiner Adjutanten: „DuroSnel, fragen Sie einmal, was der Kleine will." Dieser näherte sich dem Knaben, nahm die Supplik, wechselte einige Worte mit ihm und kehrte zum Kaiser zurück. „Sire, es ist eine Waise." — „„Eine Waise k"" unterbrach ihn Napoleon; „„dann geht die Sache mich an: geben Sie mir das Blatt."" Er entfaltete Lie Petition eigenhändig und las Zeigendes: An Seine Majestät den König von Rom, in seiner Behausung in de» Tuilericen, in Paris. Sire! Pierre MouScavet, eilf Campagnen alt, ausschließlicher Eigenthümer von fünf Wunden und Grenadier zu Fuß im ersten Regiment der alten Garde Ihres hochvcrebrtcn Vaters, der den Unterzeichneten im Lager zu Boulvgne mit eigener Hand dekorirt hat, ist so frei, Ihnen anzuzeigcn, daß er einen Neffen überkommen hat, auS dem er nichts zu machen weiß. Sire, mein besagter kleiner Neffe ist provisorisch nnr ein Beiläufcr von der Suite und schon jetzt einer Ihrer größten Bewunderer. Er hat eine blonde Consti tution, mißt l Metre ZZ EentimetreS und ist in bester Form geimpft worden. Der Postulant wird zweifelsohne einen guten Soldaten abgcben. Er kann lesen, schreiben und besitzt Kenntniß von dem Respekte, den man seinen Chefs und insonderheit dem mnth- maßlichcn Erben des großen Napoleon verschuldet. Weswegen ich, der Reklamant, Sie bitte, die Gewogenheit zu haben, meinen Neffen Francois Mouscadet, Ueberbringer dieses Schreibens, bcstmüglichst iu das Corps der Garde-Zöglinge zu infinuiren, deffen Depot be kanntlich in Versailles sich befindet. — Sie werden verzeihen, Sire, wenn ich nur mit ein paar Kreuzen unrerschreibc — ich kann cs nicht besser. Im Uebrigen erkundigen Sie sich meinetwegen bei Ihrem Herrn Vater, unserem würdigen Kaiser, von rem ich so obenweg gekannt zn sevn die Ehre habe. Ich ersterbe ». s. w. PPP Handzeichen des Pierre Mouscadet. Beim Lesen dieser Supplik hatte Napoleon öfter Mühe, sich des Lachens zu erwehren. Dann las er »och einmal die Adresse: „An Seine Majestät den König von Nom", zuckte die Achseln nnd sprach: „Dieser Brief ist aber nicht an mich!" Der Kleine stand da, wie ein armer Sünder. Napoleon winkte ihm und sagte: „Komm näher, Bürschchen. Du heißest also Francois und bist ein Nesse de- Pierre Mouscadet, der als Grenadier in meiner Garde dientk" — „„Ja, Eure Majestät"", antwortete der Knabe zitternd und rollte dabei sein Polizeimützchen in den kleinen Händen. — „Nun, so sage Deinem Oheim, er seh' ein Einfaltspinsel." — „„Ja, mein Kaiser"", sprach der Kleine mit niedergeschlagenen Augen. — „Und sag' ihm ferner, daß cp, wenn er hinkühro wieder um etwas bitten will, an mich allein sich zu wenden hat. Hörst Du?" — „„Ja, mein Kaiser."" — „Dessenungeachtet", fuhr Na poleon fort, „soll sein Brief pünktlich bestellt werden; denn es wäre doch nicht in der Ordnung, wenn Du für die Albernheit Deines Oheims büßen solltest." Darauf übergab er seinem Adjutanten die Bittschrift und sagte: „Lauriston, führen Sie den kleinen Bittsteller gleich zu dem Könige von Rom, und bringen Sie ihn dann wieder." Der General führte den kleinen Francois in das Zimmer der halbjährigen Majestät, die, von Wärterinnen nmgcben, in ihrer Wiege schlummerte. Frau von Montesauiou legte das Papier ehrerbietigst zu den Füßen des Kindes, das alsvald voll übler Laune nnd mit großem Geplärr erwachte. Jetzt faßte der General, der seinen Anurag genugsam erfüllt zu haben glaubte, den kleinen Francois bei der Hand nnd brachte ihn wieder zur» Kaiser, der eben die leichte Artillerie vorbei- dcfiliren sah. „Nnn, Herr Supplikant", fragte Napoleon, „ist Alles gcthan worden, was ich gesagt badet" — „„Ja, Sire."" — „Was hat deim Seine Kaiserliche, Königliche und Römische Majestät geant- wortetk" — „„Seine Maiestat hat nichts geantwortet"", versetzte Francois mit unsicherer Stimme. — „Auch gut", bemerkte Napoleon lächelnd; „wer nichts sagt, der willigt ein. Lauriston, Sie werden mir diese Supplik heute Abend wieder vorlcgen, damit ich sie fignire. Du aber, Francois MonSeadct, geh' wieder zu Deinen Kameraden nnd sich Dich vor, daß Dn nicht unter die Pferde der Chevanrlegers geräthst, die ich da unten aukommen sehe." Francois lief, was er laufen konnte, und war bald im Gcwühle verschwunden. Unmittelbar nach dieser Musterung begannen die Garde-Zöglinge ihren Dienst bei der Person des Königs von Rom. Die Hofdamen der Kaiserin unterhielten sich viel mit den kleinen Soldaten, die fie allerliebst fanden. Sie wogen ihte netten kleinen Gewehre in den Händen, beklagten sie wegen ihrer Strapazen und trösteten fie gar liebreich; und so oft eine abgelöste Compagnie in die Militair-Ichule zurückgekehrt war, fanden die Kleinen in ihren Tornistern neben den Kreiseln und Spielbällen, die sie sorgfältig darin verwahrten, auch Chokolade-Täfelchen, Papilloten und Bonbons von jeder Sorte. Mannigfaltiges. — Digestiv nS-Labelle. Englische medizinische Blätter ent halten nachstehende Zusammenstellung von Beobachtungen über dir Durchschnittszeit der Verdauung eines großen Theiles der Speisen, die dem Menschen als Nahrungsmittel dienen: Speisen. A r t der Zubereitun g. Zeit der Ver dauung. St- MM. Reis gekocht dgl. dgl. dgl. roh gekocht dgl. dgl. dgl. gebraten gekocht gebraten gekocht I . Sago 1 iS Gerste —, Milch — desgleichen k» lS Gasserte. . ZV Schwcinefüßc l —- Eingeweide l —- Hirn 1 iS Wildpret l ZS Knochenmark ...... 4» Puter ZU desgl 2 23 ZV Gans gebraten dgl. dgl. »B Spanferkel 2 ZV NindSlkbcr ZV Lamm dgl. frikasfirt hart weich gesotten gebacken »D Huhn 2 43 Frische Eier z ZV desgl. . z — deshl 1 z» (Eierkuchen mit Früchten) Stockfisch 43 gekocht dgl. oder gebacken gebacken 2 ZV A ZN Geräucherter ^gchs z — Frische Austern roh gebraten gekocht geröstet gekocht dgl. dgl. 2 33 dcsgl :r IS Rindfleisch z Beefsteak . z —— Pökelfleisch 4L ves^l. mit Mostrichl z ZN vcSgi. alt, trocken und eingesalzen. ^orksteak 4 13 gerostet z lS Schweinefleisch gebraten deshl. frifch eingefallen IS gekocht h vesgl. desgl. . ros) :r Hammelfleisch gebraten geröstet oder gekocht gebraten gekocht ober gebraten .r IS deSql —- Kalbfleisch 4 — Kleines Geflügel — »Hnten gebraten dgl. gekocht z desgl. wilde .ZV ZV ZN geschmolzen alt und Hari s AHfk :i ZN Rinder- und Kräutersuppe 4 —— Suppe mit Knochenmark 4 IS Suppe mit Bodnen ?e L —- ZU ;r — ZN geröstet z — ZN ^^chi n k^n gekocht Weißdrod .l ZV ÄHkplfpeifk —— Gedämpfte Aepfel — Rol e Äepsel, herbe SV I ZN Mohrrüben gekocht dgl. z 13 Steckrüben z ZN .Kartoffeln dgl. .1 ZN desgl gebraten 4^ Kohl W roh mit Essig — ZV dcSgl gekocht Herausgegeben von Ler Redaktion der Allg. Preuß. Staals-Zeitung. Siedigirt dop I. Lehmann. Gedruckt bei A. N. Hap«-