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Dekurionat wahlfähig find. Sie werden auS den Grundbesitzern, Mansleuten und Handwerkern genommen, welche ein Einkommen von einigen hundert Frayken haben. Der König wählt auS dieser Liste die Dekurionen der Gemeinden, welche mehr als KAM Einwohner haben; für die nicht so stark bevölkerten übernimmt der Inogo-ronente (Vice-König) diese Verpflichtung. Die Kandidaten zu den Acmtern des Syndikus und Adjunktus wurden vom Dekurionat auS der Liste der Wahlfähigen gewählt. In den Gemeinden Palermo, Messina mid Catania hat der König das Recht, diese Stellen zu besetzen. In den Gemeinden, die weniger al» »uM Bewohner, zählen, übt der luogo- tLnenrv dasselbe, in Len anderen die Intendanten. Konflikte zwischen der Gerichtsbarkeit und der Verwaltung entscheidet der luogo-toneinv, und die Appellationen gegen die Entscheidungen der Intendanz-' Räthe in Verwaltungs-Angelegenheiten gehen an den Rechnungs- Hof zurück, der auch die Rechnungen aller Verwaltungs-Behörden prüft. Doch kehren wir wieder zu dem Tempel der Minerva, der jetzt dem Dienste des wahren Gotteö geweiht ist, und von dem wir uns schon zu lange entfernt haben, zurück. Der Tempel hat sich im gan zen Glanze seiner schönen Verhältnisse erhalten. Er ist zu groß für das jetzige Syrakus und würde nötbigenfallS die ganze Bevölkerung aufnehmen. Nähert man sieb demselben durch eine enge Straße, so sieht man eine geschmacklose Fa-mde. Oie christlichen Architekten einer barbarischen Zeit, haben wahrscheinlich geglaubt, daß ein edles anti kes Pronaon nicht als Vorhalle einer rechtgläubigen Kirche dienen könne. Glücklicherweise haben sie das graziöse und regelmäßige Paral- l ellogramm des alten Gebäudes nicht ganz verunstalten können. Die Seiten waren mit herrlichen kannclirten Säulen im einfachen Dori schen Style geschmückt. Da die modernen Baukünstlcr die Säulen nicht niederreißen konnten, so haben sic dieselben in dicke Mauern cingeschlossen. Im Inneren der Kirche haben sie dagegen auS den glatten Wänden der antiken Cella Pfeiler und Bogcnwölbungen aus gehauen. Endlich ist der untere Theil des Tempels in die Erde ge sunken, und von den fünf Stufen, welche zum Heiligthum der Mi nerva hinaufsührten, sind nur noch zwei zu sehen. Dasselbe ist wenig stens auf eine würdige Weise gefallen. Der Konsul Marcellus, der die Sprakusancr während der Libationen und Ausschweifungen des Festes der Minerva überfiel, legte zuerst Hand an die Schatze des Tempels. Die Bas-ReliefS von Elfenbein, die goldenen Thürangcln und Nägel, die Bildnisse der Tyrannen, die Statuen gingen bei der Plünderung der Stadt verloren, und was Marcellus übrig ließ, fiel «Väter in die Hände des PrätorS Verres, den Cicero's bcredtc Prosa seit Jahrhunderten der jugendlichen Entrüstung aller Schulen über liefert hat. Geht man nach dem Walle zu, so findet man auf der äußersten Spitze der Insel, nicht weit vom Tempel der Minerva, einen in der Geschichte nicht weniger berühmten Ort, die Quelle der Arethusa. Wer hat nicht im Ovid und im Lucian die allerliebste Geschichte der furchtsamen Nymphe Arethusa gelesen, welche unschuldig und glück lich in den Gefilden von' Elis lebte, als ein frecher unh liedc- entbranntcr Flußgott, dcr ungestüme Alpheus, sie unter ihren Schwe stern bemerkte und sic verfolgte t Diana erbarmte sich ihrer und ver wandelte sie in eine Quelle, als der Flußgott sie in seine Arme schloß: Arethusa floh weiter, um den Fluthen zu entgehen, die der verliebte Gott ausschüttete und die er mit ihren Wellen vereinigen wollte. Alpheus, immer hinter ihr her, stürzte bei Olympia unter die Erde und setzte ihr im Meere nach, bis zur Jusel Ortygia, wo Arethusa eine Zuflucht fand. Dcr Alvhcus fließt in geringer Entfernung vom großen Hafen von SyrakuS, in welchen die Quelle Arethusa sich ergießt. Die Reinheit der Arethusa hat furchtbar gelitten, zunächst durch das Eindringen dcS MccrwasscrS, welchem die vielen Erdstöße lausend untecirvische Zugänge zu dcr Quelle eröffnet haben, und wodurch deren Fluthen einen salzigen Geschmack angenommen haben. Geht man rasch vor einigen schlechten Häusern vorüber, vor denen sich Nymphen zeigen, die nicht würdig find, an einem Orte zu leben, welcher dcr Diana geweiht wgr, so gelangt man zu einer hohen, dalbciugcstürzteu Brustwehr und zu einem Graben voll schlammigen Wassers. Man fühlt sich versucht, rasch weiter zu eilen, aber dcr Führer erlaubt es nicht, Venn diesen Ort haben Pindar, Bion, Mo schus und Virgil besungen. Es ist ein schrecklicher Anblick; hier weichen Gerber ihre Jelle, hier reinigen die Wäscherinnen ihre fchmntzige Wäsche. Setzen wir unseren mythologischen Ausflug fort, so stoßcn wir ans eine andere eben so verwanvclte Nymphe. Diese lebte in den Gefiwen des Aytu», wo Pluto die Prvserprna raubte. Cyane war eine Gefährtin der Proserpina; sie wollte sich deren Entführung widersetzen und machte sich dein Räuber so lästig, daß er sie in eine Quelle verwandelte. Wie sic von den Höhen von Castrogiovanni an dieses Ende dcr Insel gelangte, weiß man nicht, aber man kann sie jeden Tag sich ^e Arme des Flusses Anapo stürzen und mit ihm dem Meere zucilcn sehen. In der Nähe sind einige Säulenrcsie, die einzigen Ncbcrbleibsel des Tempels des Iuviter UriuS-, den die Syrakusaucr an vcr Stelle errichteten, wo sie die Karthagenicnser schlu gen. DaS Wasser des Anapo ist von großer Klarheit, und der Schatten dcr Bäume, welcher auf denselben nicderfällt, verleiht ihm eine solche Durchsichtigkeit, daß man den Sand und die Kiesel ans dem Boden wabrnimmt. Fährt man den Anapo weiter hinauf, so ficht man ihn sich in zwei Arme lheilen. Der kleinste wird durch die alte Cyane gebildet, die das Volk die PiSmätta nennt. Hier findet man eine Uebcrraschung. Ein Wald langer, zarter und grüner Pflanzen steigt auS dem Wasscr aul; die Stengel find dreieckig; die einen tragen kleine Iwicbcln von ovaler Gestalt, die anderen runde, anSgchohiie Blüthcnstanddn, welche in goldfarbene Spitzen von un endlicher Zanheit auSlausen. Diese Pflanzen, welche schon u Fuß groß scyn müssen, um an die Oberfläche des Wassers zu gelangen, überragen dieselbe oft noch um 10 Fuß. Diese Riesenpflanze ist die Papyrus-Staude. Man glaubt, daß dieselbe durch Ptolemäus Phi. ladelphus nach Sicilien geschickt wurde, und zwar zur Zeit des Hicro. Der Ritter Landolina hat aus den Papyrus-Pflanzen des Flusses Cyane Papier gemacht und auf dieses ein Cirkular an die Euro päischen Gelehrten geschrieben. Ich verließ Syrakus, wo die Ruinen und Erinnerungen mich fast zu sehr intcressirten, und machte mich nach Noto auf den Weg. Die Ruhe war in Sicilien wieder ziemlich hergestellt, und es blieb nur noch ein Hecrd deS Aufruhrs in dem Thale Modica, in welches sich der Marchcsino von San-Ginliano geflüchtet haben sollte. In diesem kleinen Thale hatte sich eine Guerilla-Bande gebildet. Der Wunsch, das Ende dieses Aufstandes zu sehen, zog mich dorthin. Ich durchwanderte die sandige und unfruchtbare Ebene, welche sich längs des Meeres bis Noto 'hinzieht. Ohne mich hier aufzuhalten, setzte ich den Weg durch das Gebirge nach Modiva fort. Modiva ist eine schöne Stadt mit schönen Kirchen und vielen Klöstern. Die Gemülher waren aufgeregt, die Stadt ruhig. Man befürchtete die Bewegungen im Thale, aber ich konnte mich bald überzeugen, daß diese Besorgnisse ungcgründet waren, denn als ich bei der Landspitze von Aiga änlangte, segelte eine Speronare, beladen mit Flüchtlingen, ab. Seitdem haben in Sicilien keine Unruhen stattgefundcn, und es hängt nur von der Negierung ab, die Ordnung fest zu begründen. <u. ö. u. >i) Frankreich. Die letzten Camisards. (Fortsetzung.) Dc l'Cstrade warf sich auf den Ersten, den er vor sich sah, und ohne sich seines Degens zu bedienen, gab er ihm einen heftigen Faust schlag; Navancl, denn er war cs, machte betäubt einen Schritt rück wärts und fragte den Offizier nach dcr Ursache dieses sonderbaren Angriffs; zugleich rief Barnier: „Laßt ihn nicht los, Herr von l'Cstrade, cs ist Ravancl." — „Nun ja, ich bin Navancl", sagte dcr Camisard; „ist das so viel Lärmens wcrth?" Indem er dies sprach, wollte er nach seinen Waffen springen, aber de l'Cstrade und Bar nier ließen ihni keine Zeit dazu, und über ihn herfallend, warfen sie ibn nach einem Kampfe von vier bis fünf Minuten nieder, während dessen man auch seine zwei Gefährten festgenommen hatte; alle Drei wurden sogleich nach dem Fort geführt, wo man sie streng bewachte. Der Marquis von Sandricourt sandte sogleich einen Courier ab, uni den Herzog von Berwick und Herrn von Baville von dem wichtigen Fang, den er gemacht, in Kenntniß zu setzen, und Beide hatten darüber eine so große Freude, daß sie am folgenden Tage in NimcS cintrafen. Sie fanden die ganze Bevölkerung in Aufregung; jede Straßenecke wurde von Soldaten mit vorgestrecktem Bajonett bewacht, und die Hausthürcn und Stadtthore waren ge schloffen; ohne schriftliche Erlaubniß Sandricourt's durfte sic Niemand verlassen. Während des Lösten und in dcr ganzen Nacht vom Lüsten zum Listen verhaftete man mehr als fünfzig Gefangene, unter ihnen Alison, den Kaufmann, bei welchem man Ravanel, Jonquct und Villas gefunden, Delacroir, Alison's Schwager, der, als er den Lärm bei Ravanel'S Verhaftung hörte, sich auf das Dach geflüchtet, wo man ihn erst am folgenden Tage fand, Jean Lauze, welcher an- gcklagt war, Navancl'ö Essen bereitet zu haben, die Mutter dieses Lauze, eine Witwe, Tourelle, ihre Magd, den Wirth vom „goldenen Becher" und einen Prediger, genannt la Jeunesse. Aber so groß auch die Freude des Marschall Berwick, des Mar quis von Sandricourt und des Herrn von Baville war, sie war nicht vollständig; der gefährlichste der Rebellen fehlte noch: Catinat, dessen Schlupfwinkel zu entdecken nicht gelungen war. Da erließ der Marschall Berwick eine Bekanntmachung, worin er dem, dcr Catinat auSliefern oder seine Gefangennchmung bewirken würde, hundert LouiSd'or versprach, zugleich dem, der ihn bisher verborgen, Gnade zusagend, wenn er ihn vor der allgemeinen Durchsuchung, die in allen Häusern vorgenommen werden sollte, angebe, während nach angefangcner Untersuchung der Herr des Hauses, in welchem man ihn fände, auf dcr Stelle an seiner Thür aufgehängt, seine Familie eingekerkert, seine Güter konfiszirt und sein Haus ohne weitere Prozeßform niedcrgcriffen werden sollc. Diese Proklamation wirkte: denn scy es, daß dcr Herr des Hansel, das Catinat zur Zuflucht diente, eingeschüchtert durch diese Bekanntmachung, ihn bat, cs zu verlassen, odcr daß Catinat selbst lie ber versuchen wollte, die Stadt zu verlassen, als daselbst cingeschlossen bleiben, eines Morgens trat er in einen Barbicrladcn, ließ sich rafircn und das Haar ordnen nach der Art dcr Edclleutc, deren Kleid er trug; dann auS dem Laden mit wunderbarer Sicherheit herauS- schrcitend, durchstreifte er dic Stadt, und den Hut in die Augen ge drückt, ein Papier in der Hand, näherte er sich dem Thore Saint- Antoine; er war nahe daran, cs zu pasfircn, als ei» Garde-Capitain, Namens Charreau, durch einen seiner Kameraden aufmerksam ge macht, dcr mit ihm plauderte und, als er Catinat kommen sah, arg wöhnte, daß dieser Mensch fliehen wolle, ihm den AuSgang versperrte: Catinat fragte ihn, waS.cr ihm zu sagen odcr mit ihm abzumachcn habe; Charreau antwortete, er werde ihm in dcr Wachc antworten, wenn er sich die Mühe geben wolle emzutrelcn: da jede Erklärung Catinat unangenehm seyn mußte, so suchte er mit Gewalt durchzu- kommcn; aber Charreau ergriff ihn beim Kragen, der andere Offizier leistete ihm Beistand, und Catinat,-als er sah, daß jeder Widerstand nicht bloß unnütz, sondern ihm noch schädlich werden könne, ließ sich in dic Wachlstube fuhren.