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zu begreifen, daß Mehmed-Ali es sich angelegen seyn läßt, so viel als möglich sich seiner Unterthancn zu bedienen und sich von der Art von Vormundschaft zu befreien, unter welcher Aegypten stand, so lange es nöthig war, Europa uni fast Alles zu bitten. Dieses patrio tische Streben ist lobenswcrth: dennoch glaube ich, daß es zu weit getrieben worden ist. Man muß sich nichr verhehlen, daß, wenn man ric neuen Einrichtungen sichern, vie gewonnenen Resultate dauernd erhalten und neue Forlichritte machen will, der Beistand der Euro päer noch lange nolhwendig und unerläßlich scyn wird. (Fortsetzung folgt.) E n g l a n d. Robert Owen und sein Social-System. (Schluß.) Als eine staatswirthschastliche Träumerei hat der Socialismus nirgends Glück gemacht und kann es nirgends machen. Er ist in dieser Hinsicht bei all ssiner Abgeschmacktheit im Grunde ziemlich harmlos, denn es kann nur Lächeln erregen, daß Herr Owen sich cinbildct, durch Acticn-Gesellschaften, die keine höhere und bessere Macht kontrolirt, als ihre eigene, den Verderbnissen unseres jetzigen Fabrikwcsens eia Ende machen, die Habsucht vertilgen, die Anhäufung von Kapitalien in einigen wenigen Händen verhindern und den Handwerker von einein bloßen Plackhol; zu einem wohlhabtndcn und unabhängigen Manne erheben zu können. Aber diese staatswirth- schaftliche Seite des Systems ist eine bloße Maske, unter der die Owcnschc Sekte sich vor den Augen des Gesetzes ihr Antlitz verbirgt. Sie rühmen sich, daß ihre Statuten untersucht worden scyen, und daß man nichts Gesetzwidriges darin gesunden habe. Es heißl darin unter Anderem: „Tie Zwecke dieser Gesellschaft sind, Fonds zu ge genseitiger Hülfe, Unterstützung und Erziehung aufzubringen, welche Fonds zum Ankauf oder zur Pacht von Land verwendet werden sollen, um darauf passende Wohnhäuser und andere Gebäude zu errichten, >.n denen die Mitglieder einander durch vereinte Arbeit erhallen und dir Kräfte der Produzirung, der Vcrtheidigung, dcS Verbrauchs und des Unterrichts so oroucn sollen, daß in den Mitgliedern Gefühle reiner Liebe und geselliger Zuneigung zu einander enlsprießcn, und daß uuier ihnen im wahren Sinuc des Worts das Panier „Friede am Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen" aufgepflanzt werde." Und es ist dies nicht etwa bloß eine Englische, sondern eine Univcr- sal-Gcsellschaft, die fich über die ganze Welt verbreiten will, bis jetzt indcß wohl noch nicht weiter als bis Frankreich gelangte. Nach ihren: Gesetzbuch ist Großbrftanicn in vierzehn Haupt-Distrikte gethcilt. Jährlich versammelt sich ein Kongreß, der fich gesetzgebende Gewalt mmaßt und das ganze Treiben des Vereins leitcl. Dieser Kongreß kömmt jedes Zahr an einem anderen Ort zusammen. ES werden zu demselben von allen Orten, an denen sich Zweig-Vereine der Gesell schaft befinden, und deren Zahl nicht weniger als Kl beträgt, zwei Abgeordnete gesandt. Außerdem giebt es auch einen vollziehenden Körper, den Central-Gerichtshof, der stets in Bereitschaft ist, sich zu versammeln. Diese Behörde beaufsichtigt die Bildung der Zweig- Vereine im ganzen Lande und ernennt Missionäre für jeden der vier zehn Distrikte, in welche die Gesellschaft das Vereinigte Königreich gctheilt bat. Nicht weniger als 350 Städte werden regelmäßig von diesen Missionären besucht. Die Summen, welche die einzelnen In dividuen zur Besoldung derselben beisteuern, find sehr gering. Jedes Mitglied zahlt drei oder zwei Pence oder noch weniger. Aber die Zahl der Mitglieder ist so groß, daß die Subscriptien doch 30 Shil ling wöchentlich für jeden Missionär ergiebt, waS, mit anderen Ne- benvorthcilcn, eine solche Stellung für Leute in ihrer Lage zu einer sehr bedeutenden macht. Diese Missionäre besuchen alle Arten von öffentlichen Versamm lungen, um dem Volke ihre Lehren aufzndringcn, und man rechnet, daß sie über MO,000 Mitglieder unter ihren Zuhörern habcn. Ihre Grundlchre ist die Leugnung Gottes und eines künftigen LcbcnS, dies sagen sie ganz nackt und frei heraus, ohne Zweideutigkeit oder philosophische Hülle. Wo Vorlesungen gegen ihr System gehalten werden, da suchen sic eifrigst Disputationen zu veranlassen. Sie erstatten regelmäßige Berichte über ihr Wirken und vcrtbcilen eine gewaltige Menge wohlfeiler und nicht ungrammatikalisch geschriebener 'Traktätchen. Es sind meist regsame und praktische Leute, die einige Bildung genossen und sich schon im Organifiren anderer Lokal-Vereine versucht haben, und da sie nur in individueller Eigenschaft auftretcn, so können sie die geheimen Grnndsätze der Gesellschaft in der kühnsten Forni vortragen, ohne die Gesellschaft selbst zu kompromittiren. Dies Proxaiganbeuwescn gegen die Religion lag allerdings nicht in OwemS ursprünglicher Absicht; cS kam erst hinterher, aber cs scheint am Ende dir ursprüngliche Absicht, ganz verschlungen zu haben. Owen schloß anfangs die Religion von seinem System nur unter dem Verwandt aus, daß er alle Religionen znlasscn wolle; aber in dem AusschUeßcn lag schon die Verwerfung. Man wird nnn fragen, was denn eigentlich die Lehren dieser „Vernunft-Religion" scyen. Atheismus? O nein. Atheismus ist etwas so Unmögliches als an unser eigenes Dascyn nicht zu glauben, denn cs kann Niemand sich bewußt seyn, daß er eristirt, ohne sich bewußt zu scyn, daß noch ctwas Anderes außer ibm eristirt, nach welchem er fich richten muß, welches cine Macht außer und über ihm ist, und woraus cr fich seinen Gott macht, lind doch ist das Bckcnni- niß Owcn'S so gut wie Atheismus, denn die materielle Well ist feine Gottheit. „Man hat unS aufgefordcrt", so heißt cs im zweiten Bande der „Neuen moralischen Welt" von Robert Owen, „unsere Memung über >ene Macht zu äußern, welche die Atome ordnet und die zu sammengesetzte Natur beheecrkcht, die aber jetzt noch ein Geheimniß für uns ist. Wir antworten, daß die menschliche Einsicht nicht weit genug vorgeschritten ist, nm in Stande zu seyn, über diesen Gegenstand etwas mehr als wahrscheinliche Mulbmaßungen zu hegen, die ans den uns bekannten Naturgesetz-en geschöpft sind. Aus diesen Gesetzen leiten wir folgende Mnlhmaßungen, als Wahrscheinlichkeiten, ab: l) Daß ein ewiges, uransanglichcs Wesen immerdar das Weltall erfüllt hat, also allgegenwärtig ist. 2) Daß dieses ewige, nranfängliche, allge- gcnwärtige Wesen die Kraft besitzt, die Atonie zu ordnen und die zusammengesetzte Natur zu beherrschen, mit anderen Worten: die Welt so zu regieren, wie sie regiert wirb. 3) Daß diese Kraft, als ewig und uncnblicd, dem Menschen unbegreiflich ist. 4) Daß diese ewige und un endliche Kraft vermuthlich nichts Anderes ist als jene Naturgesetze, nach denen zu allen Zeiten und an allen Orten das Triebwerk der Welt unaufhörlich seinen Gang geht. 5) Daß nichts darauf ankömmt, mit welchem Namen man dieses ewige, nranfängliche, allgegenwärtige Wesen benennt, weil solche Namen nichts ändern und nichts erklären, und weil der Mensch die Formen und Eigenschaften dcr ihn mnge- bcnden Dinge nur insoweit kennt, als cr ne mit seinen Sinnen wabr- genommmcn Hal. 6) Daß, wenn diese Macht die Natur ihres We sens dem Menschen hätte offenbaren wollen, sie ihn in den Stand gesetzt haben würde, sie ohne Gehcimniß und Zweifel zu begreifen. 7) Daß, da diele Einsicht dem Menschen noch nicht gegeben und auch nicht von itm erreicht worden, dieselbe für sein Glück und Wohlscyn nicht wesentlich nolhwendig ist. kl) Daß dcr Mensch das zu scyn be stimmt ist, wozu diese Macht ihn gebildet hat, und daß der Zweck seines Dascyns darin besteht, Glückseligkeit zu erreichen. 0) Daß die Macht, welche den Menschen geschaffen bat, durch die Bitten »nd Ge bete cmes uu Vergleich mit dem Weltall und seinem Triebwerk so ge ringen und unbedeutenden Wesens, wie dcr Mensch ist, auch nicht um cin Haarbreit aus ihrer ewigen Bahn gerückt werden kann. 10) Daß aller Streit unter den Menschen über diese rein spekulativen Dinge dcr größte Zrrtbum ist, in welchen die Menschheit je verfallen, nnd daß cr jetzt das furchtbarste Hindcrniß bildet, welches der Erreichung ihrer Glückseligkeit, diesem Endzweck ihrer Natur, im Wege steht. l>) Daß es zur Bcqucnllichkcit im Sprechen nothwenvig ist, irgend einen kurzen Ausdruck zur Bezeichnung dieser ewigen, uränfänglichcn, allgegenwärtigen Macht anzunchmcn, daß a» dem Ausdruck „Gott" für diesen Zweck wohl so wenig anSzusctzcn ist, wie an irgend einem Wort, dessen man sich sonst dazu bedienen könnte, und daß derselbe noch den allgemeinen Gebrauch als Empfehlung für sich hat. 12) Daß also diese ewige, uranfängliche, unendliche, unbegreifliche Macht im tausendjährigen Reiche vermuthlich Gott genannt werden wird." „Die nächste an uns gerichtete Frage ist: Welches sind diegcsamm- tcn Pflichten des Menschen gegen diese Macht? Wir antworten, daß des Mcnschcn gesummte Pflichten sind, den Zweck seines Dascyns zu erreichen, welcher darin besteht, selbstglück lich zu scyn, scine Mitmenschen glücklich zn machen und sich zu bemühen, daS Dascyn Aller, die dazu geschaffen sind, Lust und Schmerz zu empfinden, so erquicklich zu machen, als es seine Einsicht nnd Macht und ihre Natur zulassen. Wie! — so werben die Abergläubigen unb Unvernünfti gen ausruscn, — keine gezwungene, kcinc Staats-Religion, keine Formen unb Ccrcmonicn, keine Tempel, keine Gebete, kein Dunkel, kein Trübsinn, keine Ertöbcung von Fleisch und Geist, kein Aergcr unb keine Verfolgung wegen anderer Rcligionsmcinungcn? Was! Freundschaft nnd Wohlwollen und Liebe gegen Juden und Hcivcn? Was! Nichts weiter zur Ehre Gottes von Seiten dcS Menschen zu thun, als sich und alle andere lebende Wesen so glücklich als möglich zu machen? Das ist ja geradezu Gvtteslästcrnng und Unglauben! Ja, so werben die sagen unb benken, welche in ben Begriffen der alten unmoralischen Welt auferzogen sind: es ist die Sprache der Unvernunft und Verrücktheit, und da dic Menschen bisher zu Unver nünftigen und Verrückten erzogen worben sinb, so können sie natür lich auch nicht anbers denken nnd fich auöbrückcn. Aber in dem Llaaie dcS lauscndjährigen Reichs wird dic cinzige Ncligion des Mcnschcn darin bestchcn, Glückseligkeit zu erzeugen, nnd man wird Golt dadurch verehren, daß man thätiacS Wohlwollen und nützliche Betriebsamkeit zeigt, baß man sich Kenntnisse erwirbt, daß'man Einer wie der Andere die Sprache dcr Wahrheit spricht, und daß man dic freudigen Gefühle knndgiebt, die ein mit der Natur und Wahrheit übereinstimmendes Leben erwecken muß. So wird eine Religion begründet seyn, die keinen Empfindlichen verletzen känn; cs werben fich zuerst die Einsichtsvollen unv Vernünftigen aller Sckien in allen Länbern bazu bekennen, unv dann das ganze Men schengeschlecht, und es wird dann nur Cine Ration, nur Ein Volk seyn, mit Einer Sprache und Einem Interesse, und die Wahrheit ober die Erkenntniß des Herrn wird die Erde bedecken wie die Ge wässer daS Meer." Und was wird man zn folgender Anwendung dcr Lehre von der Nichtverantwortlichkeil sagen, die in den Socialistcn-Vcrsaminlnngen öffentlich sogar für den Mörder Lord Norbury's tcincs Irländischen Gutsbesitzers> und für dic Chartisten Frost und Williams (bekannt lich dic Anstifter der Unruhen in Newport) in Anspruch genommen wurde: „Ein Wort zur rechten Zeit an die Geschworenen." „Einwürfe gegen die Vcrurthcilung wegen Vergehungen, die ihren Ursprung in dcr schlechten Regierung nnd in den üblen Ein wirkungen und Anordnungen haben, die Niemand leugnen kann, die aber entweder der Gesellschaft und den Handhaben; dcr Gesetze unbekannt sind, ober denen sic nicht cntgcgenzuwirkcn und die sie