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3M raktcrS, seine Rechtlichkeit, welche Achtung abzwingt, und seine echte Leidenschaft für das Kriegshandwerk sind mehr wcrlb als alle schön klingende Gcmelnpläye. An Leven und Interesse fehlt cS in keinem Falle, und man wird so leicht nicht, auf der Leinewand oder in Büchern, Schlachtgcmälde von treffenderer Achnlichkcit finden. Dieser Mann des Mittelalters, den seine Geburt zwischen die Feuoalität unv die Monarchie hineinschleuderte, zwischen Ludwig XIV. und Wilhelm von Oranicn, zwischen Wien und Versailles, dieser Ritter ter Vergangenheit und Taktiker der Gegenwart, dessen Muth und Geschicklichkeit an seiner verhängnißvolie» Stellung zerschellten, der außerhalb der beiden Kreise stand, welche der kalholischc Ludwig XlV. und der protestantische Wilhelm von Oranicn beherrschten, Vieser Freund Wilhclm's und Katholik, dieser Katholik, der Oesterreich be kämpfte, war iu einer Lage, deren Mißbehagen er nur im Schlachten- gctümmel, wenn die Schwerter klirrten, die Streitrosse wieherten und die Sonne hell auf die vergoldeten Panzer schien, abschiitteln konnte. Dann ging seine Seele wieder auf, dann athmete er wieder freier. Er liebte den Krieg nm des Krieges willen, mochte die Ent scheidung nun ausfallcn wie sie wollte, wenn nur keine Fehler ge macht wurden. Einen Fehler aber verzeiht er nicht, und dadurch gehört er der neuere» Zeit an, welche den Krieg zu einer Kunst ge macht hat. Sonst fällt er dem Mittelalter zu. Er hat die Augen des Dichters, die Gluth der Liebe für das Rcuergeschwader, welches in gerader Linie aufmarschirt ist, für Vas Schlachtfeld, welches von Piken unv Musketen erglänzt. Darin liegt das große Fntcrcsse, das romantische Interesse dieses Werks. Es gicbt epische Geister, und der Gras von Mörobt ist ein solcher. Es bleibt immer ein großes Vergnügen, in manchen unbe fangenen Büchern, w.e in diesem, den Berührungspunkt aufzufinden, wo der Mensch und der Schriftsteller zusammentreffen. Bel solchen Schriftstellern, die nicht Schriftsteller find, geht die Große und Un- hcfangenl cit der That in die Kraft unv Wärme des Styls über, ohne daß die Kunst der Rede oder die Rachal mung der großen Meister daran Antheil dritten. Sie suche» nicht die Bewegung der Phrase; sie finden Vie Phrase der Bewegung. Man weiß nicht, wie sie es machen, um große Schriftsteller zu werden. Sie erinnern an Bossuct und Tacitus, weil sie eine große Seele haben. TaeitnS, hätte ihn das Schicksal zum Kaiser gemacht, würve groß gehandelt haben; in Corneille lag ver Stoff zu eimm StaatSmanuc; Bossuct würve alS Paust Europa erschüttert haben. In de» Memoiren ves Grascn von Merode findet man außer vielen Nachrichten über die letzte» Jabrc Luvwig'S XiV. ein muco Zcugmß dieser ltteranicheu Wahrheit, welche auch eine moralische ist. Einzelne Acußcrungen, welche ibm t» feiner Uubcfangenheit entschlüpfen, erinnern au die schönste» Stelle» Fcuclon'S, cr weiß gar nicht, daß er Dichier ist. Wenn ver poetische Geist im Pnlvcrdampsc über ihn kömmt, so hält cr sich tiir einen Krieger, Fewmarschall, Fürsten, aber weiter nichts. Die Schlacht von Hochstävi sollte beginnen. „Man kann sich", sagte er, „kein schöneres Schauspiel venkcn. Die bciven Armeen in Schlachtordnung stanem sich so nahe, daß daS Gcschmetter Ler Trompkten hinüber und herüber klang. Wenn die unsrigcn auf- hörtcii, fingen Vic ihrigem an. DicS ging so fort, bis ihr rechter Flügel seinen Marsch bcenvet niid auf ihrem linken Flügel alle Vor- dereitimgen getroffen waren, nm das Dors anzugreifc». D>e Waffen der bciven Ärmecn, Vic in dcr Ebene cufgcsttbl waren, glänzten im schönsten Sonnenschein. Man konnte auf beiden Setten Vic Abzeichen der Regimenter erkennen. Eine Menge General-Offiziere und Ad jutanten sprengten hin und her; cs war ein prächtiger und unbe- schritbltcher Anblick. Das äuvcnr sich aber bald, a!S die feindliche Artillerie verrückte und an ver Spitze ihrcr Armcc ein furchtbares Feuer auf uns eröffnete. Unsere Artillerie antwortete bald mit eben solchem Lärm, während die Franzosen, nach ihrer löblichen Gewohn heit, die Dorier, Käufer und Mühlen vor der Front unseres Lagers in Brand steckte», von denen vcr Dampf zu vcu Welken aufsticg. Wir standen immer »och vor unsern» Lager, dessen,Zelte noch auf- gespanut waren. Die Fanfaren bliesen immer lustig fort, während daü Geschüp große Veuvästungen in den Ziethen anrichtete, ei» Um stand, der 'dies Schauspiel noch grosian ger hätte machen müsse», wenn mau cS von einem Kirchtturme tzältc an'el en können." — So gehts sechs Seite» lang, dann fährt er fort: „Wer auf rincm Kirch- thnrme stand, hätte mehrmals sehen können, wie in Viesen lchöncn Ebene» die Feinde auf einer Seite vertriebe» wurden, während sic uns auf der andere» wegdränglcn, wie vir Wogen des MeercS; zu gleicher Zeit ei» Handgemenge beider Armeen, waS ziemlich selten ist. Dies sand statt wäbrend des schrecklichen Feuers vcr Infanterie unv verschiedener Angriste auf die Dörfer im Ccutrum unsercr Fronte. Dieses Schauspiel an einem schöne» Tage mußte schon für den zu betrachten sei», der cs mit kaltem Blute arischen konnte." Die politisch!» Resultate, dir man hier findet, lassen sich in einer traurige» Bemerkung zusammenfassni: man sieht den Despotismus Luvwig'S X! V. sich m seiner Einsamkeit nufzehrcn. Die großen Ge nerale sterben und werden nicht erseht; die große» Verwaltungs- Talente trete» ab, n»v LouvoiS bleibt zu den Füßen seines Herrn, der in ibm de» KuechtSinm liebt. Die Fähigkeit, Vie Freiheit, die Geschäftsgewandthtit Luvwig'S XIV. verleugnen sich nicht; vielleicht gewinnt er sogar mit dem Alter. Aber daS ungeheure Ich, welches Eluooa überfiuthc- hatte, nimmt euch zu. In dieser schrecklichen Persön'ichftii ist der ProtestmttiSmuö, ist Spanien, Oesterreich und Italien init.rgcgangeu I» Gr hat sich ver Iawcnismns aufgczchrt, dcr aas seinen legte» Verschanzungen vertrieben wnrde, die znm EtilNchwcmen oervammlc» Parlament«, die dem gemeinen Gesetze unterworfenen Edellcutc und die zur Speichelleckerei gezwungene Literatur. Weser Karl der Große noch Karl V. haben das Beispiel eines menschlichen Willens hinterlasse», der so viele Interessen, Lei denschaften, Erinncrnngcn, Gesetze und Völker verschlang. Man hat gesagt, Ludwig X1V. habe so die große Einheit vorbereitet, welche Vie Französische Revolution begründete, das ist wahr. Aber zwischen der Einheit des Despotismus und dcr Freiheit, welche wesentlich individuell unv mannichfaltig ist, bat die Französische Revolution immcr noch nicht des richtige Maß findcn können. Mannigfaltiges. — Die Jtaliäncr und ihre Darsteller. Was das Volk der Touristen und deren Reiscbilder betrifft, wovon wir erst i» unserer letzten Nummer ciu neues Pröbchcn kennen gelernt, so sind die Jtaliäncr noch vicl schlimmer daran, alS wir Deutsche. Nus weuigstcuü beschreiben doch keine Italiäner; die Iraliäuer dagegen werden nicht bloß wie wir, von Franzosen und Engländern, sondern obcndrciu auch noch von Deutschen beschrieben. Aber statt dadurch abgestumpft zu werden gegen die Neckereien des Auslandes, sind die Jtaüäpcr im Gegeuthcil noch vicl empfindlicher, als wir. In unserem philosophischen Gleich- mulh lächelu wir über die Trivialttälcn, Vie irgend ein dicker Beef steak-Esser als X Door Group» tlcnmmv herauüqiebt, oder wir zucke» die Achtel», wenn cincr dcr j»ngc» Französischen Profcssorcn übcr Deutsche Werke liest, die er selbst nicht lesen kann. Die Jtaliäncr aber sind cm vicl leichter gereiztes und dabei unversöhnliches Volk. Noch heut tragen sie unserem LandSmanue, Gustav Nicolai, eine Sünde nach, die in seinem Vaterlande schon längst vergessen ist. „tGella i><üugue<tta npora", heißt cs in dem diesjährigen Juli-Hefte vor lüuropoa von dem Buche „Italien, wie cS wirklich.ist", ,ö un llbru piou» üei pm orrvri, üoilo piü mcreüibcki ux^urmiu, cüo ->i pon^uiio imm-giimeo." „Wenn Ihnen", redet Ler Jtaliäncr varauf vcn Deutschen Vcrmsscr an, „unser Himmel und unser Klima, unsere Berge und Ebenen, unsere Städte und Frauen nicht gefallen, nun — lmu<> poop», pm- vm o umio moplm pur mü — desto schlimmer sür Sic und desto besser sür uns." Doch das ist wahrer Honigseim im Vergleiche mit dem bitteren Spott, den derselbe Italiäner über den sogenannten Bibliophilen P. L. Jacob auSgicßt, wegen dcr ungalantcn Bemerkungen, die sich derselbe über die Jtaliänischcu grauen erlaubt Hut. Da wir in Nr. iso- und, ISI des „Magazins" vom vor. Jahre Auszüge ans diese» Bemerkungen des Französckchen Schriftstellers nütgethcilt, so halten wir^eS sür billig, ja für einc Pflicht, die wir, als neutrale Partei, Vcn gekränkten Jta- liancrn schulvig sinv, hier auzusühren, daß vic Letzteren AÜeS, was dort übcr ihre Frauen gesagt wird, sür unwahr und verleumderisch erklären. — Polnische Literatur in Wilna. Auf die in dcr letzten Zeit lauc gewordenen Klagen, vaß so wenig Polnische Originalwccke aus dcr Presse hcrvorgingcn, wird von Wilna auS in einer Polni sche» Zeitschrift crwicdert, ma» werde wenigstens dort in diesem Jahre übcr einen solchen Mangel nicht zu klagen haben; cS sey unter de« Druckereien von Wilna ein so lebhafter Wetteifer cinqetretcn, nur Original-Produkte zeitgenössischer Schriftsteller zu fördern, daß unter anderen die Druckerei von Theophil Glücksberg daselbst im Jahre G4tt, mit Ausnahme dcr von Kennern allgemein gerühmten Shakespcarc-Ucbersctzung Ignaz Kefalinski'S, ihre Pressen mir mit dem Druck Poluischcc Original-Wcrkc beschäftige. Eben so cmgcie- gcntlich sorgt eine zwecke Vcrlagstaiwckmg zu Wilua, die von Adam, ehemals Joseph Zawadzki, für die Förderung der Natiönal- Litcrat» » ES wird daun ein Verzeichnis! der diesjährigen Verlags- Arnkcl jener bciscn Buchhandlungen micgeihcilt, welches in der That ansehniich genug ist uuv den Beweis liefert, vaß noch immer ein reges Lede» in ver Polnischen Literatur herrscht. Bereits erschiene» süw vort iu viescm Jahre: I) Literatur unv Kritik; von Michael Grabowski; 2 Theile, ver erste von vcr Ukrainischen Dichterschule, vcr anverc vou vcr romantischen Literatur iu Pole» handclnd. 2s Stamuca HulaypolSka, ein historischrr Roman aus vcr Zeit August's !>!., vou vcmselbcu Autor, in 4 over 8 Theilen, wovon 2 die Presse verlassen haben; ll) Erinnerungen an Poiesien, Wolhynien und Lithaucn, von I. Kraszewski, 2 Theile: cs sind vicS malerische Schilverungen dcr gcnanntcn Polnischen Provinzen. 4) Sitten- und Geschichts-Skizzen, von demselben Autor. 8) Neue Dichtungen von I. Korsak. <>) Erckmcrungcn Gustav Olizak's. 7) Gevaiikcn zur Er innerung an Frau unv Kinder, von Florian Bvchwiz. 8) Wissenschaft liche Ansichten und Untersuchungen; I2ics Heft, enthaltend: Die Poesie dcr Troubadoure; Mahomcv; Kurze Schilverung Les unter Preußi scher Herrschaft stehenden Theils von Lithaucn. Anßerdcm ist noch bci A- MarciuowSki erschienen: !>) Geschichte des Lithauiscken Volks, von T. Narbntt; 7tcr Theil; die Regierung Snigrigiella's und Sigisninnd'S enthaltend. Noch im Lauf bicscS Jahres werden ferner in vcn gcnanutc» Buchhanvlnngcn Vie Presse verlassen: >0) Wall fahrt nach vcm gelobten Lande, von Holowinski. >>) Verhältniß der Literatur zur Geschichte, vom Grafen Heinrich RzcwuSki, 2 Theilc. l2) Dramatische Versuche, vom Grafen Lleranver Przezdziezki: „Halszka von Ostrog", historisches Drama in 8 Akten, und „Vas Kapitälchen", Lustspiel iu 2 Akten. IZs Podolien, Wolhynien und die Ukraine, Orts- und Zeil-Bilder, mit geschichtlichen Dokumenten ausgcstattct, von demselben Autor, 2 The le. 14) Hans von Dykalp's Schriften vor der Ehe uud vor vcr Milzsucht, ein humoristischer Roman von I ...., dem Polnische» Ucbcrsetzer vo» Manzoni's Ver lobten. 18) Dichtungcn von Simo» Konopazki, Istcr Theil. Hc ui czctcn oon «cr Rctaciiou der Aiig. Preuß. Staats-Zeitung. Rcdigirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hahn.