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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumeraiionS> Preis 22^ Szr. f; ^btt.) viertcljöbrii», 3 4blr. für brs ganze Zadr, ohne Ür- HSHuno, in allen ^heilen der PrenSischen Monarchie. für die Man vrännmerirt auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Exvcbicion der AUq. Pr. Staate Heilung sFriedrichSgr. Re. 72); in der Provinz so Ivie im Auslände hei den Wehllödl. Post - üemtern. Literatur des Auslandes. i W. Berlin, Mittwoch den 19. August Italien. Daö heutige literarische Venedig. Rhapsodische Bemerkungen eines Vcnctianrrs. i. WaS für Leute die Vcnciianischcn Patrizier noch im vorigen Jahrhundert gewesen, das ersehen wir ans einer erst kürzlich ge druckten Urkunde« „Erhzo'S Bericht über seine GesandtschaftS-Mise nach Spanien." Kür die eine Seite des Buches, woraus Ser Mac- guiS de la Paz geschildert ist, wurde ich ein halbes Buch von Bembo, eine ganze Neve von Casa und viele Briese Annibal Caro'S hingeben. Selbst der gewaltige Machiavelli ist in seinen Erzählungen zu viel Florentiner, währenv mancher Vcuctianische Politiker von der Vevctta des San Maeco-Lhurmes ganz Europa mit Einem Blicke umfaßt. Wenn also der fleißige Quellenforscher und Zusammensteller Vene- tianisch.r GrsauvlschaflS-Berichte, Eugenio Alberi, alle bis seht »»gedruckte stteise- nnd (ÄcsanvtschaftS Relationen der Venetianer an das Licht stellt, so erhalten wir gewiß eine große historische Galerie von Meisterhänden, einen Gcmälve-CykluS, vor welchem alle Farben pracht der rhetorischen Geschichtschreiber verbleichen wird. Nicolo Erizzo brachte dem Senate seiner Vaterstadt ein mit Diamanten besetztes Bilvniß des Kon gS von Spanien; aber kost barer noch ist die Skizze dieses Fürsten, Vie er selbst mit schmucklosen Worten entwarf. Jenes ist verkauft worden — wo nnd auf welche Artk das weiß Keiner; die Skizze in Worten bleibt uns. Redet mir nicht von Diamanten! ll. Redet mir lieber von den „Edelsteinen" des Signor Luigi Carrce. °) Wie Wenige fragen nach diesem Buche, das schon bei nahe zwei Jahre in unseren fänden ist! Wir würdigen es keiner Erwähnung, weil wir an Ruhm so überschwänglich reich sind, unp weil unsere Zeitschriften Niemanden loben, der nicht sich seiest zu loben versteht, tzilf Dir selber, und die Journale werden Dir helfen! Rühme Dich zuerst, wenn Du gerühmt und endlich be rühmt werden willst! Uno doch liest sich dieses Buch, seinem größten Theile nach, so angenehm wie ein Roman; und doch handelt es mit Liebe von Venedig und von Dingen, die Benevig betreffen; und doch hat Ve nedig leit GaSpara Stampa keinen Dichter gehabt, wie Carrer. Er hat sich als einzig würdigen Dolmetsch der tiefen Seele Vieser edeln unglücklichen Frau erwiesen. Hättest Dn geahnt, o Unglückliche, welche Ehrenach beinahe Vrei Jahrhunderten Dir bcschieden war, Du würvcst Dich wohl nicht so ganz verrathen uns verlassen gefühlt haben! .Freilich sinvcn wir bei Herrn Carrer keine blasphemische Reden: die betrogene Geliebte seufzt, sie knirscht nicht, nnd ihr Weinen ist kein Geheul. Auch läßt es Herr Euerer dahin gestellt sepn, ob Collatinv'S Hclmbusch, wenn der Ritter zu Noß war, an der rechten Seite herabwallte, over an der linken; ob Collatino das Wort rvgnlüi,;, ,„it großem oder klencm U schrieb u. s. w. Unser Autor kennt die lokale Färbung nicht; historische Wahrheit und Wahr heit der Gcmüihsbewcgungen zirknlireu wie lebendiges und beleben des Blut in seinen frischen Bildern; sic erzeugen keine Mutter male, keine Hitzblattern - aber in den Hitzblattern ist ja be kanntlich das Leben, Vie Kunst und das ganze Gcheimniß der reinen Objektivität!! Kennt Ihr übrigens die Frau Marquise Giulia Torclla von Moutechiarugolos — Nein. — Ich auch nicht; aber ich erfahre aus CarredS Buche, vast sie vrei Jahre nach Gaspara Stampa'S Tove Collatino s Gemahlin wurde. Recht so! eine GaSpara ist geschaffen, um zu sterben, und ein Collatino, um eine Torclla von Monte- chmrugolo zu helratben! Du aber, Unglüäliche, lebst in Deinen Liedern und in dem Werke dessen, der »nt erbarmender Liede Deiner Asche sich annahm. lll. So will ich sie Patrizier haben! Ein Mann von Geist und edlem Willen giebt uns Briese seines erlauchten Ahnherrn in die Hand. Herr Agostino Sagrevo ist der Meinung, daß Einer, ^'"Uu «li xemmo, n n la zur» »itorilt. (Der Ntnq mit ne"«" Sttmc», oder tiencdig nnd icine Geschichte.) Vctracbmnsrn und Ph.uitam'cn von vmgi C irrer- Vemd g, »iUS. der von berühmten Vorfahren abstammt, auch dahin streben müsse, sie kennen zu lernen und Anvcre mit ihnen bekannt zu machen; und ich gebe ihm vollkommenen Beifall. Wer, ans den Trophäen einer Vergangenheit faul hingestrcckt, an dem Ruhme seiner Väter sich weidet, ser kommt mir vor, als frühstückte und dinirte er von altem Pergamente. Giovanni Sagrcdo raisonnirl in diesem brieflichen Nachlaß über die Franzosen uns macht sich auf ihre linkosten ein bischen lustig; aber er thut cs mit Geist und llrthcil. Die Witzeleien, welche unscle Gallischen Nachbarn gegen uns sich erlauben, verwunden manchmal, verkünden aber keine Liefe res UrthcilS; cs geht mit ihren Bon- mots, wie mit ihren Kanonen: sie machen großen Lärm und lassen dann Alles, wie cs gewesen ist. Möchte uns der Herausgeber noch recht viel aus den hinterlassenen Papieren seines Ahnherrn mittheilen, over, noch besser, möchte cS ihm gefallen, in Verbindung mit Anderen eine möglichst vollständige Sammlung ungebruckter vater ländischer Dokumente herauszngebhn! Das Geld zn einem solchen Unternehmen läßt sich noch erschwingen; fehlt cs uns doch nicht an Mitteln, ein abgebranntes Theater wieder aufbauen zu lassen! Greift in Cure Taschen, Mitbürger, und opfert einmal dem Ruhme Eurer Vätcr unv Eurer cigcncn Ehre eine Summe, bic Ihr sonst an Logen und Schaubühnen verwenden würdet. Die Pfähle, auf denen Venedig ruht, werven vom Wasser und vom Zahne ver Zeit endlich zerstört werden; darum errichtet Denkmäler, die den Ruhm des Vaterlandes in allen Zonen verkünvcn unv in jevem Zeitalter jugendlich wieder auflcben lasse». IV. Emmanuele Cicogna hat seit vielen Jahren auf die Gräber Venedigs sein Augenmerk gerichtet.") Mit dem Eifer eines SohneS, der nach Gegenständen forscht, die das Anvcnken an seine verstorbene Mutter erneuern, sucht und sammcit cr, bald im Sonnenlicht, bald mit einer Kerze in vcr Hanv, Worte dcr Erinnerung aus einem Zeitalter, das nicht wicderkehrt. Seine Untersuchungen geben unS Aufschluß über alle Personen, die auf jencn Inschriften Vorkommen, und über ihre Verwandle» und Freunde dazu. Fast jede Silbe gicbt ihm Gelegenheit, viele Citate ans Büchern und Handschriften beizu bringen - Ciiatc, die nur einem Unwissenden oder für die Vergangen heit Unempfindlichen zur Last werden. Wie groß muß der patriotische Eifer sepn, vcn die Lust so vieler Gräber unv so langwierige, oft sehr trockene Forschungen in ver ganzen Vcnctianischen Geschichte nicht abkühlcn; wie groß die Bescheidenheit, die cdle Selbstverleug nung, welche, obwohl von den leiblichen Söhnen der uralten Mutter so schlecht anerkannt unv belohnt, vielsäbrigen, wenn auch nur lite- raciichcn Beschwervcn sich nnlerziehcn kann! Sv lange aber die Stavt Vencvig nur Einen Sohn Vieser Art besitzt, wird sie nicht ganz ohne Leben,seyn. Wohl magst Du, entthronte Königin der Meere, Denier alten Herrlichkeit Dich rühmen können, wenn auf den Gräbcrn dcr Deinigen solche Spuren von ihr geblieben sind» wenn ein Menschenalter dazu gehört, um die Namen Deiner ver dienten Lürgcr zu verzeichnen! V. Frederico Zinclli, ein junger Geistlicher von vorzügliche« Talenten, der jetzt eine „Bibliothek für Priester" heranSgiebt, hat schon durch manche Arbeit von kleinerem Umfang von seiner tiefen Gelehrsamkeit nnd geistigen Originalität Beweise geliefert. Ich ge denke hier mir seines Artikels über „Dantc'S religiösen Geist", zn welchem alle Schöpfungen des großen Florentiners Beweisstellen ge liefert haben. Herr Zinelli erklärt in diesem Artikel mehrere Stellen der Göttlichen Komödie anders, als bisher geschehen, und die Art, wie cr über poetische Begeisterung philosophirt, gicbt ihn als wür digen Dolmetsch des unvergleichlichen Dichters zu erkennen. ES ist cin Hoher Genuß, zu sehen, wie seit fünf Jabrhundcrtcn so viele treffliche Köpfe an diesem großartigsten Denkmal unserer Poesie und un seres Glaubens ihren Scharfsinn erproben, und wie Jeden die von ihm gemachte Entdeckung erhebt und beseligt, obschon cs Keinem ver gönnt ist, den hehren Riesenbau vollständig zu beleuchten. Ja, er „verbirgt sich selber mit seinem Lichte", jener wunderbare Genius, der mit solch einer Welt von Ideen solch eine Welt von GcmüthS- Regungen, so vicl Liebe mit so viel Zorn, so viel Oekonomie mit so überschwenglichem Rcichthum, so viele mystische Symbole mit so ') I»cci»io-! u«rn«-ri« l^ccoilc o iNu»Ir-l- <1, L. ä. Oroxo?.