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392 Medaillen, die, wenn man dem Zcugniß mehrerer Geschichtschreiber glauben darf, einen großen Antheil an dem Kriege hatten, der im April 1672 zwischen Frankreich unv Holland auübrach. Diese Me daillen, welche im Jahre 1671 auf Bcscbl der General-Staaten ge schlagen wnrven, vervieurn eine kurze Beschreibung. Die erste stellt die Republik dar, wie sic die Zwietracht mit Füßen tritt. Nichts scheint einfacher und unschuldiger. Sieht mau aber genauer hin, so erkennt inan die Züge des Königs, welchen die Schmeichelei den schönsten Mann seines Reiches nannte. Bedenkt mau nun noch, daß dieses schöne und starke Weib Holland vorstellt, so ist das Aäthscl gelöst. Auf der Rückseite sicht man ciucn Löwen, dcr eine Kanone in seinen Klauen halt, mit der Unterschrift: „8i<: line« no->ie<>x ,u- tamnr <>r n»,U>." Ich fragte meinen Gefährten, ob dies nicht heiße: „So schützen wir unsere Gränzcn und Wogen." Er bejahte. „Nun wokl!" sägte ich, „cs thut mir leid, cs sagcn zu müfscn, aber diese Inschrift scheint mir unvankbar zu sepn." — „Undankbar! und gcgcn wenk" — „Gegen Ihre Wogen. Sic behauptet, die Kanonen vcr- theidigtcn Ihre Gränzcn und Wogen. Das ist ein Jrrthum, denn die Wogen pcrthcidigcn Ihre Gränzcn und Kanonen. Man muß gkgcn Jevermann gerecht sepn, auch gegen den Ocean." Mein chrenwerther Freund wußte hicrauf nichts zu antworten. Er suchte dem Gespräch eine andere Wendung zu geben und sagte: „Sehru Sie diese Medaille; dieselbe wird dem Holländischen Gesand ten van Benningen zugcschricbcn, dem Unterhändler des Friedens von St. Germain." Ich betrachtete sic. Sie stellte einen Mann vor, der dic Sonne in ihrem Hauf anfhirlt. „Das ist leicht zu ver stehen", sagte ich, „Josua hält die Sonue auf. Ist diese Medaille der Bibel zu Ehrrn geschlagen k Oder lebte in Npmwcgcu ein Sohn deS Hcbräischcn Fcwbcrrnk" — „Sie sind nicht auf dem richtigen Wege. Bemerke» Sic gefälligst, daß derjenige, den Sic für Josua haltrn, in Holländischer Tracht erscheint." -- „Dennoch fasse ich nicht den Sinn." — „Das ist nicht schwer, der vorgebliche Josua ist Nie mand anders als van Benningen." — „Und was hat die Sonne mit Herrn van Benningen zu schaffen?" — „Sie wollen nicht verstehen. Bcachtcu wir zuerst die Unterschrift: „.-amie llug> v ->»>." — „DaS heißt: „deshalb stand dic Cm ne still." — „Gut! der Grund, wes halb dic Sonue still stand, ist van Benningen." — „Dic Sonue ist also?" „Luvwtg XIV." — Aus dem Mimz-Kabinet traten wir in den Saal, wo 1678 zwi schen Holland, Frankreich und Spanien dcr Fricve von Nymwcgcn geschlossen wurde. Dort fielen nicinc Augen auf ein Portrait. ES war cinc schöne und edle Gestalt, mit kaltem und gcmefscucm AuS- druck, hoher Stirn, cincr Adlernase unv stammendcn Augen. Ich wendete mich fragens zu meinem ehrcnwcrlhen Freunde. Dieser nahm seinen dreieckigen Hut ab und sagte: „Dies ist Wilhelm III. von Oranicn. Er war 22 Jahr alt, als Holland scine Zuflucht zu ihm «abm. Hnnderttauscnv Franzosen übcrschwcmmten den vaterlän dischen Boden. Sir hatten die Over-Assel überschritten und standen nur noch vier Meilen von Amsterdam. Wilhelm, der in cincm schwachen Körper dic kalte Entschlossenheit seines schweigsamen Ahn herrn beherbergte, unternahm cS, fast ohne Armee dem mächtigsten Könige cntgcgcnzntrrtrn. Um Holland zu verll ewigen, seyle er cS unter Wasser. Dann brachte er zuerst Spanten und Oesterreich, später Brandenburg, Däncmark, das Deutsche Reich, fast ganz Europa gcgcn Frankrcich unter dic Waffen. Auf beiden Seiten slößtc rin Kampf, der blutiger als ruhmvoll zu werde» drohte, Bc- sorgniß ein. Ludwig XIV. wünschte eincn Vergleich; er übergab Karl ll. den Auftrag, den jungen und schon furchtbaren Wilhelm auSzuholcn. Buckingham wurde zum Bcrmilllcr gewählt. Er sprach im Ramen Frankreichs nuv Englands und versprach Wilhelm, daß man ihm dic Souvcrainctät Holland gewährleisten wolle, wen» er um Frieden bäte. Aber Wilhelms Sinn stand hoher; er wollte nicht Nachgcbcn. Da zeigte ihm Bucktngham den unfehlbaren Untergang Hollands in der Ferne. Aber Wilhelm ließ sich nicht cinschüchtcrn und antwortete: „Ich kenne cin sicheres Mittel, den Untergang mcineS Vaterlandes nicht zu erleben; ich werde cnss bcm letzten Walle desselben sterben." - Co begann dcr Krieg wicdcr mit verdoppelter Wulh. Frankreich, welches durch Turcnne's Tod cincn so harten Schlag erlitte» hanc, schöpfte neue Kräfte anS seinem Unglück. ES hchauptctc dic Rbemgränzc. Rnplcr wurde von Duquesne geschla gen. Uebcrall gab sich dic Neigung zum Frieden kund. Nur Wil helm wollte mchtS davon Horen, reis der Friede endlich geschloffen wurde, vcrlor Holland keine seiner Besitzungen, und sein Einfluß war gewachsen. DaS war dic schöne Zeit s cllands, als cS Ludwig XlV. im Schach Hult und dem sto'zen England einen König gab! Das war eine bessere Zeit als die, wo ein Mann, um dre Holländische Rationalität zu vernichte», nur zu sagen brauchkc: „„Dir Holländi schen Provinzen bilccn einen 2heil des Französischen Reiches."" Keiner von uns halte daran grdacht, für ein Nachtlager zu sorgen. Das fiel uns jetzt aufs Herz. Co verließen wir denn eiligst das reizende Belvedere, weiches der emromautiiche Herzog von Alba hatte bauen lassen unv von welchem aus unser Blick über den Rhein, dic Waal, die Maas und dic Ack,l hmlchwciste. Wir klopften an dic Tbiircn aller Geistlose, ohne eingelassen zu werden, denn Npmwcgcu hat dcu Vorzug, daß cs nicht allc Neckende bclcrbcrgcn kau», welche während der ichoncn Jahreszeit dorthin ströme». „Warum baut man nicht mehr Gasthofes" fragte ich meinen Begleiter. — „AuS cincm gutcn Gruuvc, weil es im Winter eben solche» Mangel an Bewohnern hat, wie iin Sommer Uebcrstufi daran, so daß dic weni gen Gasthofe, welche während eines Vierteljahres übervoll sind, wäh rend dcr andere» drei Vierteljahre leer stellen." — Mcin chrcnwerthcr Freund, der mich in cincm clcndcn Gemüse« wagen, den er sein Tilbury nannte, nach Npmwcgcu gebracht hatte, schlug mir vor, mich nach Arnheim zu sichren. Hier trat aber eine unvorhergesehene Schwierigkeit ein. Ich habe scbon dcr Achnlichkeit meincs Cicerone mit dem Laird von DumbiedikcS erwähnt. Was ich abcr noch nicht angeführt habe, ist, daß das Pferd desselben i» gerader Linie von Rory abznstammcn schien, dem treuen Klcppcr des Laird, dcr von Dumbicvikcs nicht nach der Wohnung von Jcanie Deans gehen wollte. Dcr Klcppcr meines Begleiters kannte nur Eincn Weg, dcu, welchen wir am Morgen zurüctgclcgt hattcn. Als ihn sein Herr auf Arnhcim zulcnkcu wollte, sctztc der Gaul cincn unbcsicglichcn Widerstand entgegen. Dicser Widerstand war freilich kein thätiger, dessen war er nicht fähig, abcr bei jevcm Schritt wcn- dctc er dcn Kops uni, als ob er seinem Herrn hätte sagcn wollen, daß er auf falschem Wege scp. Als wir eine halbe Meile zurückge- lcgt hattcn, stand er ganz still. Vergeblich wendete mein Begleiter Ermahnungen und Pcikscheuschläge an. Da fiel mir cin, daß sich in meinem Stock ein Spicß befand, dcr noch keinem Irrende» Wcscn etwas zu Leide gcthan hatte. Ich schraubte den Knopf ab, zog unbe merkt dcn Spieß hervor, non llox üe>lmatmn manu* in u.-am, und indem ich Colette mit dcn süßesten Namen anricf, stach ich wacker auf ihren mageren Körper los. DaS half. Colette eilte im Stnrm davon. Mcin Freunv war ganz vcrwunocrt über dcu ungewöhn lichen Verstand bcS Ganics. Er wußte nicht, daß mcin Stock blutig war. Noch zwei Stunden, unv wir zogen triumphircnb in Arnhcim cin. Mannigfaltiges. — John Bull'S Deutsche Rciscbilder. Ein Engländer, Herr Wilkey, hat „Mondschein-Wanderungen an dcn Ufern der Elbe, der Donau, deS Neckars unv dcö Rheins" herausgegcbcn.°) DaS Merkwürdigste an dem Bnch ist dcr Titel: bcnn cs ist kaum zu be greifen, wie ein so cchtcr Repräsentant des reisenden JohnbullismuS zu so poetischer Anwandlung gekommen. Die Mondschein-Wande rungen an dcn schönsten Flüssen DcntschlandS hat Herr Wilkcp, wie er Mcilc für Mcilc in scmcm Buche nachwcist, auf dcr Schucllpost unv auf Ocsterrcichlschcu „Stcllw.igcn" nutcriiemmett. Wie er dinirt unv soupirt, wie er gegähnt und geschlafen, das hat Herr Wille mit gcwincnhafter Trcuc berichtet, unv zwar von dcm Augenblick an, wo cr in Hamburg anS Laud gestiegen, bis zu der glückseligen Stunde, die ihn von Rotterdam nach dcn nebeligen Küsten Alt- Englands zurückgcsührt. Um nur ci»t» kleinen Begriff von seiner großen Langweiligkeit, so wie von dcm treffenden Ürthcil zu geben, kaS dicscn Reuenden auSzcichnct, tdeclen wir hier cinc Stelle auS seinen Bemerkungen über Berlin mit: „In dein Kaffcchause unter dcn Linden sah ich auch eine Liste, gcnannt Berliner Fremden« Blatt, das die Namen dcr in den Gasthäusern loggenden Fremden enthält. Unter mcincm Gasthaus, welches das fünfte auf dcr Liste war, sand ich meinen Ramen, Stativ, Wohnort >c., ganz so, wie ich cs selbst in daS Fremdenbuch bei mcincr Ankemst cingelragcn hatte. DaS mag Alles recht schön sepn, abcr ci» Engländer kann dock nicht umhin, vabci an Spionerie zu vcnkem" — O, du weiser Daniel! Run sage man noch, daß John Bnll nicht scharfsinnig scp! Und Bücher, ungefüllt mit ganz ähulichcn Rcisedcmcrkungen über Rhciu und Donau, werden jährlich in England zu Dutzenden gedruckt und verkauft. Freilich das Volk dcr Touristen, das dcrglcichen Schriften bezahlt, nm daraus zu erfahre», wo man am wohlfeilste» auf dcm Kontinente logirt und ißt, erwartet darin nichts vom Gcist oder von dcr Wissenschaft und Kunst des frcmdcn Landes. Das ist ja auch in dcn wohlfeilen Klimatcn, Vic mau aussucht, viel zu theucr! — Al mau ach von Neu-Süd-WäleS. Ucbcr die in Syd ney erscheinenden Zeitungen ist früher schon in diesen Blätter» bc- richtct worden. Ebendaselbst kömmt bereits seit einigen Jahre» auch cin Almanach heraus, dcr von dcm dort etablirtcn Sobnc cincS der angesehensten Londoner Buchhändler, Herrn Tcgg, llcrauSgcgcbe» wirb. Er beginnt, wie unsere Kalender, mir dem zwölf Monatc» deS Jahres rind ihren Himmclsmchciuuugcn. 'Bei jedem derselben ist auch eine Ucbcrsscht der darin vorkommcndcn Feld- unv Land- wirthfchafls-Arbeitcn und sonstige» periodischen Geschäfte dcS JahrcS gegeben. Dem Europäer muß cs wunderlich klingen, wcnn cr hicc bcim Januar verzeichnet findet: „Dicser Monat ist gewöhnlich die Zeit für dic Einbringung dcr WeizcmAcrnvle und für das Sehccrcn dcr jungen Lämmer"; und bcim Fcdrnar: „In diesem Monat beginnt die Hopscu-Aerndte." Und so geht es wciicr fort, indem dic Jahreszeiten in Australien dencn in Europa gerade entgegengesetzt sind. Aus Witterungs-Prophezeiungen hat sich abcr dcr HcrauSgebcr dieses Australischcn Kalenders nicht eingelassen; cr will nicht, daß das junge cmporblühcnde Land iu dcm Vorurthcil und Aberglauben deS alten Europa auferzogcn werde. Der weitere Inhalt dcS Almanachs, der für l8M einen Band von 21M Seiten bilvct, besteht dann auS dcn aus die Kolonie Neu - Süv - Wales bezüglichen Parlamcnts- Gcsctzcu, denen die nothigcn Erläuterungen und eine Menge beleh render Notizen für Auswanderer und Ansiedler über dic Verwaltung der Kolonie, über ihren Grund unv Boden, über dic Kultur desselben und dergleichen mehr beigefügt sind. 'l «vttlk« up tlie ns KN»»», tlil» Daunln», tlie bieekar »uü tkik klüuik. Lzk XVUl.«-zk. I^ontlou, 184N. Hcrauegegcel» 00» cer Nevaenem cn Allg. K'reuß. Staals-Teilung. Retizirl von I. Lehmann. Gebrnckl bei A. W. Hahn.