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für die 71). Berlin, Mittwoch den 10. Juni I8W. und NN WM 97!an prünumcnrt auf d:csee Literatur-Blatt in Berlin in der (Expedition der Allg. Pr. Ctaal^-Zeitung (Zriedrul Ssir. Nr. 72); in der Provinz so wie im Änslande bei den Wobllöbl. Post-Aemtern. Uebcr das Leben und den Tod des Dimitri, letzten Großherzogs von Moskau. '> ist cm großer vornehmer Herr — Magnat. KO Das »n wird auSgesvrochen >vie z im Französischen tu» °te. Monarchen die Gewohnheit hatten, diese Feierlichkeit bis zum >. September zu verschieben, von welchem Tage man das neue Jahr an zu rechnen begann. Dringende Gründe schienen ihn jedoch zn veranlassen, diele Ecrcmonie zu beschleunigen. (rr hatte für seine Person anch einige Deutsche Hellebardircr Di mitgebracht, welche ihm aus Polen zugeführt worden waren. Da dies jedoch bei den anderen in der Stadt regierenden Fürsten niemals Sitte und Brauch gewesen war, so 'wurden dieselben so fort des Dienstes enclaffen und demnach auch alle übrige aus ländische Soldaten verabschiedet, was jedoch so Plötzlich und so regellos geschah, daß viele derselben sehr unzufrieden wurden, indem man ihnen nicht das Versprochene zukomnicn ließ und sie sich schlecht behandelt und kärglich belohnt sahen für ihre vielen guten Dienste. Namentlich befand sich unter diesen ein gewisser k Adam Wischnewezky, Magnat und Fürst von Weiß-Rußland, welcher in seinem Klageschreibcn angab, daß er dem gedachten Ms Dimüri während seines Aufenthaltes m Polen gegen 80,MM Rubel geliehen habe, und den man jetzt entfernte, ohne ihm weder sein Geld, noch die geringste Befriedigung gewährt zu haben. Bald aber ging das Gerücht, daß er sich mit einer großen Bande an der Gränze herumtrecbc und als Uebelgesinnter raube und plün dere, so viel er könne. W^b-cutllH ersmelncn drei Nummern. Pränumerations» Preis 22 i 2gr. (r Thtr.) oierkeljödrUck, 3 Thw. für das ganze Jahr, ohne Sc- Höhung, in allen Theilen der Prcußißöen Monarchie. Wtz das Heer, größtcutheils aus Deutschen bestehend, zum Prinzen Ms Dimitri überging, welcher sich mit jedem Tage der Hauptstadt "^des Landes immer mehr näherte, während auf seinem Wege Mes ihm entgegen kam und er auf diese Weise den 20. Juni in die Stabt Moskau cinzog. Am 28. Juni aber traf auch die alte Fürstin daselbst ein, welche für die Mutter des Dimitri Iwanowitsch s) gehalten wurde und während der Zeit ihres W Witwenstandes bisher in ein kleines Kloster, hundert Meilen von der Stadt, wie eine unglückliche Gefangene eingcsperrt gewesen war. Und vorgenannter Fürst, ihr Sohn, kam jhr unverzüglich W entgegen, begleitete mit entblößtem Haupte und zn Fuß ihre elende Kutsche und setzte sich nicht wieder zu Pferde, bis sie in die Stadt eingezogen waren, wo seine obengedachte Mutter abermals in einem Ktoster, aber in einem der ersten absticg, in welchem die vornehmsten Frauen dcö Landes sich befanden und wo sie von dem Augenblick ihrer Ankunft an wie eine Fürstin oder Zarin, Witwe und Nachfolgerin des Zaren gehalten und verpflegt wurde. Jener Dimitri aber zögerte nicht lauge und hatte sich be reits am 21. Juni die Krone aufgesetzt, obgleich die Russischen ') Im Jahre 1MK erschiene» in Amsterdam in Form eines Briefes au» Moskau höchst interessante Notizen über den falsche» Demetrius von einem Zeitgenossen dmelben, welche neuerdings wieder aufaesundcn und >m Jahre IM aus Veraumssung des hochgcschnylen Russischen Arckmo- gravhen, Fürsten M. A- Obolcmkl, in Moskau neu gedruckt und treu uderseyt wurden. Der hier folgende Aunay ist eine wörtlich genaue Ucder- setzung des tn dem Russisten Journal 8x»u (Sohn des Vaterlandes!, Februar-'Heft rksa, enthaltenen AbdrnckeS jener historisch interessanten Abhandlung. . . „ l „Die Stadl" bedeutet hier stet» Moskau. Bojar heißt der RciUie, Vornehme. fj Witwe von Iwan Wassiljewitsch. Zu Anfang der Negierung dieses Dimitri sanden sich Biele, unter denen besonders ein vornehmer Herr und ein Mönch waren, welche in den Häusern und öffentlich aussagten, daß Jener gar nicht der wahre Thronerbe, Regent oder Fürst dcS Landes sep. Gedachter Mönch wurde jedoch balo aufgcgriffcn und verschwand, jener Welmoshc °) aber, Namens Wassilii Iwanowitsch Schuiski, welcher gegenwärtig in diesem Lände regiert, wurde auf dem Marktplatz vor ein Gericht geführt und war bereits entblößt, um durch das Beil den Kopf zu verlieren, als er zu derselben Zeit, durch die Fürbitte des Kanzlers Athanasii Iwanowitsch Wlaßjcff, Verzeihung und das Leben geschenkt erhielt, hierauf aber zu großen W Ehren gelangte, und bis jetzt laufen «och viele Gerüchte um von M Verrath und verschiedenen Umtrieben, welche schwere Folterqualen, LcibeSstrafcn, Achtserklärungen, Verbannungen, Eonfiscativncn, Einziehungen von Gütern und Einkünften veranlaßten, so daß cs sogar schrecklich ist, nur davon zu hören. Diese bösartige Race und verderbte Schlangenbrut hörte aber während der ganzen Negierung des fremden Fürsten nicht auf, ihre tyrannischen Plane ins Werk zu setzen. WaS Dimitri'S Person anbetraf, so hielt er sich majestätisch; er war nicht groß von Gestalt, schwarzbrann von Farbe, jähzornig, besänftigte sich jedoch bald wieder, brach manchen Stab, indem, er Behörden und Offiziere für die geringste Pflichtvcrsäumniß zum Tode verurthcilte, saß gut zu Pferde und ritt gern und oft auf dic Jagd, war schnell, gab Allen Befehle nnd ordnete die ge ringsten Dmgc mit außerordcntlichcm Scharfsinn an, war sehr unternehmend und kühn und bildete sich ein, daß das ganze, Moskauer Land nicht hinrciche, ihnz einen wcitschallenden Ruhm zu verschaffen, so daß ihm noch nach anderen Ländern und Reichen gelüstete. Anfangs war er sehr leutselig und ließ die geringsten Leute zu sich; da er aber anfing, den Trug der Russen zu er fahren und selbst zu bemerken, so umgab er sich von neuem mit einer starken Wache von Liesländern, so wie später auch von Deutschen und anderen Ausländern unter drei Hauptleuten, einem Franzosen, einem Engländer und einem Schotten. Unter dem Befehl des Französischen Capitains Jacob Margaret standen hun dert Lanzcnträger, in reicher Kleidung von Gold- oder Silber stoff und Sammet; unter dem Engländer Matthew Kuetson stan den hundert Hellebardirer, und unter dein Schotten Albert Lantia ebenfalls hundert dergleichen, in Kleidern von feinem Tuch mit breiten Sammet-Aufschlägen, an Feiertagen aber von dunkclrothem Sammet. Die Lanzcnträger erhielten größtentheils jährlich 70 Rubel und außerdem die Einkünfte von gewissen Gütern, von dcncu sic sich ernähren konnten; die Hellebardirer erhielten außer den Einkünften von cingezogcnen Gütern ao Rubel und zwei Be- Nachdem im Februar >605 einer der größten und tapfersten Bojaren, Namens Peter Feodorowitsch Baßnmnoff, mit Gepränge in die Stadt (Moskau) cingezogen und von Boris Feodorowitsch Godunoff, dem damaligen Fürsten von Rußland, für die groß- A herzige und hartnäckige Verchcidigung des Schlosses von Nvwo- Z Mtrgorotz gegen die Macht des Duuicri Iwanowitsch sehr ehren voll empfangen und für so tapfere Thaten von genanntcm Fürsten große und reiche Geschenke erhalten hatte, rrug es sich zu, daß am >3. April 1605 jener Boris Feodorowitsch Godmwff plötz lich starb, und zwar nicht ohne Verdacht, Gift gcnvmmcn zu H haben, am folgenden Tage aber schon begraben wurde. Die trostlose Witwe und der Sohn desselben, Feodor Borissowitsch, wurden hierauf unverzüglich auf den Thron gesetzt und von Jedermann in der Stadt und dem Lande „Fürstin und Fürst" , genannt und ihnen Ehre und Schwur der Treue, des Gehorsams und der Unterthänigkeit geleistet. Hierauf wurde der obengc- dachte P. F. Baßmimoff als Ober-Befehlshaber allcr Truppen in das Lager geschickt, um dieselben, wie cS Sitte nnd Brauch war, in Eid und Pflicht zu nehmen, welches auch mit dem größten Theil derselben geschah. Da sich aber der Fürst Dimitri Iwanowitsch täglich der Stadt °°) mchr näherte und seine, Macht sichtbar immer mehr anwuchs, sowohl durch eine Menge tüchtiger Krieger und Kricgs- Bölkcr, welche ihm aus Polen zugesandt wurdcn, als durch die sich immer mehr und mehr ihm anschließenden Einwohner Les unteren Landes, besonders da nach dem Willen der Vorsehung alle Welt zu glauben und sich zu überzeugen anfing, daß er der wahre Nachfolger und Erbe der Krone sey, so daß auch schon viele Bojaren °°°) und sogar Viele von Ler Partei des Boris Feodorowitsch Eodunöff, welche dessen Macht nicht recht ver- AA trautcn, ihm gern Gehör schenkten, so cmschlvß sich auch ein be deutender Theil des KricgsvolkeS, um so mehr die ausgehende Sonne anzubctcn, als dies auch der obengenannte Baßmimoff that, um sich so bald als möglich der Gnade des ncucn Fürsten zu versichern, so daß endlich das ganzc Lager sich empörte vaS Heer, gröhtenthcils a»S Deutschen bestehend, zum Pri