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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränunieratlon«- Preis 22 h Sgr. Thtr.) vierteljäbrliik, 3 Ihlr. für da» ganze Jahr, ahne Er höhung, in alten Theilen der Preußischen Monarchie. a g a z i n für die Man pränumerirl auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrich-str. Nr. 72); in ter Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. des Auslandes. 67. Berlin, Mittwoch den 3. Juni 1840. Frankreich. Die Französischen Kolonieen. °) Es ist nicht zu leugnen, daß seit 1816 die Koloniccn, welche Frankreich verblieben sind, sich in jeder Beziehung bedeutend gehoben haben: die Bevölkerung hat sich vermehrt, die Kultur des Bodens hat große Fortschritte gemacht, zmd auch der Handel ist nicht zurück geblieben. Ma» würde indeß scbr irren, wenn man darin die Folgen einer naturgemäßen Entwickelung sähe; es ist vielmehr alles Mögliche gcthan worden, um diese durch'Tarife, willkürliche Beschränkungen, Prämien u. s. w. aufzuhalten. Wenn der Bau des Zuckerrohrs in einer Kolonie auf eine gewinnreiche Weise betrieben wird, so ist dies einzig die Folge der Differenzial-Zolle, wenn das Mutterland einer anderen Waarcn in sehr hohem Betrage zusendct, so rührt dies bloß daher, daß die Kolonie ihre Einkäufe nicht in den benachbarten Län dern machen darf, welche sie zu einem weit billigeren Preise liefern würben. Nach den jetzigen Verhältnissen, welche auf einer durchaus künstlichen Grundlage beruhen, erscheint bas Mntterlanb etwa wie ein reicher Grundbesitzer, der zu Paris wohnte und der seinen Pächtern in Burgund und Touraine nicht erlaubte, ihre Produkte in den be nachbarten Städten zn verkaufen und dort ihre Bedürfnisse cinzu? kaufen, sondern sie zwänge, das Holz und Getraivc seiner Besitzungen nach Paris zu bringen, um deren Werth zu steigern. Führt man das Monopol-System der Koloniccn so auf seincn einfachsten Aus druck zurück, so crschcint cS fast lächerlich. Freilich hat die erzwun gene Verschiffung, der Kolonial-Waarcn nach dem Muttcrlande und umgekehrt die Folge, daß Matrosen gehalten werden, welche im Falle eines Krieges aus der Flotte dicncn müssen; aber wer wollte wobl den Bcwcis führen, raß diese Art, Matrosen zu bilden, die beste und wohlfeilste sey? Zum mindcstcn scheint bas Beispiel Ruß- lanvs und der Vereinigten Staaten gegen kiese Ansicht zn streiten, denn die Marine beider Staatcn ist in beständigem Zunehmcn be griffen, und doch haben sie keine Koloniccn. Die Französischen Koloniccn gedeihen trotz aller Hemmnisse, trotz der schwachen Bevölkerung, welche nicht durch neue Einwande rungen ergänzt wird, trotz dcr Sklaverei, »nd sogar trotz der nahe bevorstehenden und unvermeidlichen Emancipation der Sklaven, welche die Gcmüthcr mit Bcsorgniß erfüllt und alle schlechte Leidenschaften erweckt. Dcr Friede ist cs allein, dcr ssc erhält, dcr Friede, Venen Wohlthaten in diesen entfernten Niederlassungen, welche nur durch ihre Beziehungen zum Muttcrlande leben, einen noch höheren Werth haben muß als anderwärts. In dieser Beziehung bietet die Ge schichte der Französischen Koloniccn manche nützliche Lehren. Unter allen Regierungen, von Ludwig XN . an bis auf unsere Zeit, wicdcr- holcn sich dieselben Erscheinungen; so oft das Mutterland sich eines zehn- ovcr funfzebnjährigen Friedens erfreute, nahmen die Kolonial- Unterncbmuugcn einen neuen Aufschwung, die Marine und die Kolo niccn kamen in blühende Verhältnisse; sobald aber die Französischen Koloniccn ciucn gewissen Grad des - Wohlstandes erlangt hatten, brach jedesmal Krieg aus, entweder mit Holland oder mit England. Dabci kamen-die Koloniccn immer am schlechtesten weg; sie wurden erobert und wicdcrcrobert und beim Friedensschlüsse dem Mutter land«: in einem ganz zerrütteten Zustande zurückgcgcbcn; einige gingen sogar ganz verloren. Zn solchen Zeiten rechtete sich die Lhättgkcit dcr Kolonieen bnrchans auf den Krieg; sic vcrtheidigtcn tapfcr ihr Ge biet, rüsteten Kapcrschilfc aus, und nach einer Reihe rühmlicher Thate» waren sic verarmt und hatten die Lust am Laudbau verloren. Andererseits hatte das Mutterland sie aus den Augcit verloren; cs regierte sic schlecht, weil die gntcn Traditionen in Vergcsscnhcit gc- rathcn waren. Endlich, nach so vielen Wechselfällen, drang auch die Revolution über das Meer, und St. Domingo, die Königin der An tillen, ging verloren. Wir wollen jetzt die Bcvölkcrungs- und Handels-Verhältnisse, so wie dcn Zustand dcr Bodcnbenutzung in den einzelnen Kolonieen, betrachten. Martinique. Im Jahre 1790 belief sich die Bevölkerung auf 99,284 Seelen, im Jahre 1835 auf 116,031. Die weiße Bevölkerung chatte sich von *1 Nach len ,^8otice« «tatisti-jue* -ur le* Oolouie« ötraugai*««, »mptim«,« par Oritro «tu situier« Ne !a mariue et Ne« Ooloute«; Partie« 1, 2 et z. 1837-liW- 10,600 auf 9000 vermindert, die Sklaven-Bevölkerung von 81,414 auf 78,076. Dagegen war die Bevölkerung der freien Farbigen und dcr Mischlinge bedcutcnd gewachsen; im Jahre 1790 betrug sie 5235, 1835 aber 29,000. Die freien Farbigen besaßen 1835 dcn nennten Theil des Grund- Eigcmhums der Insel und 13^,85 Sklaven. Von 1830 —1836 waren 17,579 Freilassungen erthcilt worden. Die Bodcnbcnutzung hat seit dcr Restauration Fortschritte gemacht; 1816 rechnete man 28,404 Hektaren bebauten Landes, 1835 schon 38,320. -Die Ausfuhr von Martinique nach Frankreich hatte 1790 einen Werth von 30,400,000 Livres. Im Jahre 1816 war sie auf 15,400,000 Fr. gesunken. Im Jahre 1835 war sie wieder auf 16,200,000 Fr. gestiegen. Die Zunahme ist sehr geringfügig, trotz der Einführutig des Pflnges beim Bau des Zuckerrohrs. Die Zuckerproduktion hatte im Vergleich mit 1790 um ein Drittheil, im Vergleich mit 1818 um ein Viertheil zugenommcn. Der Verbrauch dcr Nahrungsstoffc ist seit dcr Restauration fast auf das Doppelte, die Ausfuhr der Farbe- hölzcr fast auf das Zehnfache gestiegen; sie beträgt jetzt 1,300,000 Fr. Aber der Anbau der Tasia, des Kaffces, der Baumwolle und des Kakao bat abgenommcn. Im Jahre 1818 wurden 805,000 Ki logramme Kaffee, im Jahre 1835 nur 298,000 Kil. ausgcführt. In der glänzendsten Zeit dcr Kaffee-Kultur auf Martinique, im Jahre 1789, wurden 6006 Hektaren dazu verwenvet, jetzt nur 3000. Die Unfälle, welche im Gefolge der Revolution hereinbrachcn, und die Kriege haben vorzüglich diese Verminderung verschuldet; theilwcise mag auch die Verschlechterung des Bodens und der Umstand, daß der Kaffecbaum erst am Ende des vierten Jahres anfängt, Früchte zu tragen, darauf eingewirkt haben. Die Ausfuhr nach fremden Ländern ist immer so unbedeutend, daß sie kaum in Betracht kömmt. Im Jahre 1790 betrug sie 1,200,000 livre-t tum-noi«; 1835 1,600,000 Fr., worunter nur 600,000 Fr. für Erzeugnisse dcr Insel selbst. Die Einfuhr aus Frankreich ist seit 1790 von 10 Mill, auf fast 17 Mill, gestiegen. Darunter mehr als 11 Mill, für Manufaktur-Waarcn. Die Ein fuhr aus andere» Ländern beläuft sich nur auf 3z Mill., und. dar unter noch I Mill, aus Französischer, Kolonieen. Die Zunahme der Bevölkerung seit 1790, welche vorzüglich der Vermehrung der freien Farbigen zuzuschrciben ist, hat die Folge ge habt, daß dcr Anbau dcr Nahrungs-Substanzen zugenommcn, der Anbau dcr Kolonial-Waarcy aber sich vermindert hat oder wenig stens auf demselben Punkte geblieben ist, wie vor 40 Jahren. Die Freilassung der Sklaven hat eine Vermehrung der Bevölkerung zur Folge, welche nun aber großentheils vom Ertrage kleiner Besitzungen lebt und höchstens an die ankommenden Schiffe Nahrungsmittel ver kauft, aber wenig für dcn eigentlichen Handel produzirt, weil sie weniger Manufaktur-Waarcn bedarf und man in einem heißen Lande nicht gern arbeitet. Die Geschichte dcr Englischen Koloniccn zcigt übrigens dieselbe Erscheinung, welche zugleich bestätigt, daß der Bau der Runkelrübe nicht die vorzüglichste Ursache dcr Abnahme der Kolonialwaaren-Production ist. Die Ausfuhr aus den Englischen Antillen erreichte 1828 das Marimum im Betrage von 9,496,950 Psd. Sterl. Die Erörterungen über die Emancipation dcr Sklaven und das Durchgehen dcr Bill 1833 blieben nicht ohne Einfluß. Im Jahre 1833 betrug die Ausfuhr 8,008,248 Pfd. Im folgenden Jahre stieg sie wieder etwas; 1835 sank sic auf 7z Mill. Pfd.; 1836 betrug sic wieder 8,072,048 Pfv. Das Kapital, welches in dcn landwirthschaftlichcn Untcrnchmungen auf Martinique steckt, wird auf 230j Mill, angeschlagen; davon kommen 51 Mill, auf das bebaute Land, 34 Mill, aus Weiden, Wälder und Brachland, 49f auf Gebäude und Material, 12z Mill, auf Bich und 83z Mill, auf Sklaven, deren Werth zwischen 1000 und 1500 Fr. schwankt. Die örtlichen Ausgaben werden durch Abgaben gedeckt, welche 2,20t»,000 Fr. betragen. Die militairischen Ausgaben fallen dein Mutterlande zur Last und belaufen sich auf 2,122,000 Fr. Die Aus gaben für den Unterricht nehmen keine bedeutende Stelle in dem Bud get der Kolonie ein, denn sic bclaufcn sich nur auf 20,000 Fr. Eine dcr größten Ausgaben ist für die Zölle, denn es wird ein Bcamtcn- Pcrsonal von 100 Personen unterhalten, welche die Kolonie bezahlen muß. Für die Kolonial-Ausgaben hat Frankreich ein sehr einfaches System angenommen; cs bestreitet nur die militairischen Ausgaben, welche sich für alle Kolonieen auf 6 Mill. 6 — 700,000 Fr. jährlich be- taufen. Weiter thut das Mutterland nichts, außer daß cs einigen