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WsckknNick «rschilnen »rri Nummern. Pränumkrslisn«- Prn« 22^ Sgr. (j Th!r.) vikrteliäbrMll, 3 Ttzlr. iük da« ganze Jahr, ahne Er tz Shu ng, in allen Ttzeilen tzer Preußischen Monarchie Magazin für die Man »rinnmenr« aus Hirse« Littrslnr-Blatt in Berlin in der Expeditien der Mg. Pr. Slaalr-Zeitung szricdrichtsir. Nr. 72); in der Provinz so wie in» Ausland« bei den Wohllöbl. Post-Armiern. Literaturdes Auslandes. 64 Nerlin, Mittwoch den 27. Mai 184« Frankreich. Ludwig XVI. vor seiner Thronbesteigung. Von Alfred de Fallour. Der Herzog von Choiscul, dessen Kredit unaufhörlich bedroht War, faßte natürlich den Plan, sich eine Stütze für die Zukunft zu sichern. Er wußte, in welchem Grave er während seines langen Ministeriums, namentlich durch die Vertreibung der Jesuiten, sich vie Ungnade des verstorbenen Dauphin zugezogen; er wußte, daß die Kindesliebe vcS iungen Dauphin die Antipathiccn seines Vaters geerbt hatte, und der gewandte Minister, indem er an die Vermählung des Prinzen ein persönliche- Interesse knüpfte, wollte durch die Zustanvc- vringung einer glänzenden Verbindung bei Zeiten eine Abneigung besiegen, über die er doch nie Herr ward. Auch wünschte er, der steigenden Macht Rußlands und Englands das Gegengewicht einer engen Allianz mit Oesterreich cnrgcgcnzustcllcn. Er warf also die Augen auf den Wiener Hof und erlangte die Hand der Maria An toinette Josephe Johanna von Lothringen, Erzherzogin von Oester reich, Tochter Franz von kothriiigcn's und der Kaiserin Maria The resia. Maria Antomette war geboren am 2. November t7S3, rem Allcrseelcntage und dem Tage des Lissaboner Erdbebens. Ihre Ge burt zog den Verlust einer Wette dem Herzog von Tarucka zu, welcher mit der Kaiserin gewettet hatte, daß sie einen Sohn zur Welt bringen würde. Als er seine Schuld abtragen sollte, ließ er eine Porzcllanfigur anfertigcn, die eine Tafel vor sich hielt, auf welcher Metastasio folgende Verse geschrieben: Die Erzherzogin war sieben Jahr alt, als ihr Vater auf einer Reise in Tyrol starb- Maria Theresia hatte nun allein die Last des Reichs zu tragen. Sic war in zu bedeutende politische Kämpfe ver wickelt, um sich den Muttcrpflichtcn ganz hingcben zu können, und die erste Erziehung Maria Antoincttcn's ward vernachlässigt; aber die glückliche Wahl der Gräfin von Brandeis, welcher die letzten Jahre ihrer Kindheit anvcrtraut wurden, glich ihre Erziehung mit den Ansprüchen ihres Ranges und ihrer seltenen Fähigkeiten wieder auö. Sic machte rasche Fortschritte bei Metastasio und sprach das Jtaliänische mit großer Anmuth. Das Französische schrieb sie nickt korrekt, sprach cs abcr leicht und mit Vorliebe. Um ihre Kenntnisse in einer Sprache, welche vie ihres Vaterlandes werden sollte, zu vervollkommnen, schickte ihr der Herzog auf die Bitte der Kaiserin den Abb« de Vcrmond, welcher auf seinen Zögling als Königin großen Einfluß gewann. Ihre neue Hofhaltung kam ihr bis an dic Gränze entgegen. Man hatte bei Kehl einen doppelten Pavillon erbaut, als Bild der beiden Reiche, dic sich mit einander verschwägern sollten. Im Fran zösischen Pavillon bcsanvcn sich dic Gräfin von Noailles, als Ehrcn- dame, die Herzogin von Coffö, als Putzdame, vier Palastdamcn, der Graf von Saulr-TavanneS als Ehrenrittcr, der Graf von Tessü, erster Stallmeister, und der Bischof von Chartres, erster Almosenier. In dem anderen Salon schmückten die Oesterrcichischcn Damen, welche die Erzherzogin begleitet hatten, diesclbc mit ganz Französischen Kleidern, die man aus Paris geschickt hatte. Die Thüren össnctcn sich: die junge Dauphinc trat vor, suchte mit dem Blick dic Gräfin von Noailles und stürzte sich mit der Lebendigkeit eines fünfzehn jährigen Alters und Deutscher Offenheit in ihre Arme; dann bat sic sic untcr Seufzer» und Thränen um ihre Freundschaft und Rath. Maria Antoincttc zog über Straßburg °°) in Frankreich ein und begab sich von hier nach Eompiögnc, wo sie am >8. Mai aukam. Der König, der Dauphin und dic Prinzessinnen, die Töchter des Königs, hatten sich schon dahin begeben. Ein Brief Maria Thcrc- sia's war ihr zuvorgekommen: „Ihre Gattin, lieber Dauphin", , ') Ack Halle verloren- die erhabne Tochter Kat mm Zahlen mich »nur- thcilt; doch ist cS wahr, das ne Euch ähnlich ist, dann hat die game Welt gewonnen. ") Der Kardinal Rohan stellte der Dauphine eine Il>S Jahr alte Frau vor, die ule krank gewesen. „Pi'Mjcfnm, sagic diese Krau zu ihr aus Deutsch, „ich stehe zum Himmel, »au Sie eben so lange icllc» alS ich und gleich irci von >edsr Unpahlichkeil." — ,,Jck wumsu es", antwortete die Dauphine, „wenn es das Wohl Frankreich« besördeet", und nachdem ßc ihr die Hand ium Knucn gereicht, ließ sie ihr eine Summe Geldes nistenen. ^lcrcuro üe krano, Juni >770.) schrick sic, „hat sich so ebcn von mir getrennt. Sic war meine Wonne; ich boffc, daß sie Sie glücklich machen wird. Ich habe sie zu dieser Bestimmung erzogen, da ich schon seit langer Zeit vorher wußte, daß sie Ihr Geschick theilcn sollte. Ich habe ihr die Liebe zu ihren Pflichte» gegen Sic, cine innige Anhänglichkeit an Ihre Person und das Bestreben, zu crsinncn und zu thu», was Sic erfreuen kann, eingcflößt; ich habe ihr besonders sorgfältig Furcht und Liebe zu dem Herm der Könige empfohlen, in der Ücberzeu- gung, daß man für vas Wobl der Völker, die uns anvertraut siiw, schlecht sorgt, wenn man von dem abfällt, der dic Sccpter zer bricht und vic Throne umstürzt, wie cS sein Wille ist. Licken Sic alw Ihre Pflichte» gegen Gott, ich sage eö Ihnen, lieber Dauphin, ich sage cs meiner Tochter; bccifcrn Sic sich, die Völker zu beglücke», über die Sie immer zu früh herrschen werden; lieben Sie den König, Ihren Großvater; scpcn Sie so gut wie cr; bleiben Sie stets zu gänglich den Unglücklichen. ES ist unmöglich, daß Sie nicht glücklich scpen, wenn Sic sich so benehmen. Meme Tochter wird sic licbcn, ich bin übcrzcugt davon, wcil ick sic kennc; abcr je mehr ich Ihnen für ihre Liebe und ihr Bestreben, Ihnen zu Gefallen zu leben, bürge, desto mehr empfehle ich Ihnen, ihr dic aufrichtigste Treue zu widmen. Adicu, mein lieber Dauphin, seyen Sic glücklich; ich bin in Thränen aufgclvst. Maria Theresia." Von Cvmpiegnc begab sich ver Hof nach Saint-Dcnis und stieg in dem Kloster der Karmclitcrinncn ad, wo Madame Louise, Tochter Ludwig's XV., ihr Noviziat ablegte. Der König stellte die Erzher zogin seiner Tochter vor, und die junge Prinzessin überreichte der Karinelucren einen anderen Brief von der Kaiserin ihrer Mutter. Maria Theresia rmpsahl ihr dringend ihr Kind und bat für ihre Jugend uni den Schutz dieser wegen ihrer Frömmigkeit allgemein verehrten Dame. Lon Saint-Denis begab fick die Erzherzogin mit ihrem Gefolge auf das Schloß La Muette, während der König mit dem Dauphin nach Versailles zurückkchrte. Am folgenden Morgen, I«. Mai, kam dic Dauphinc an, und die Ehclcutc wurden in dic Kapelle geführt. Der Groß Almosenier, Kardinal de la RochcApmon, gab ihncu den hochzeitlichen Segen. Dic Hoffeste waren glänzend, noch glänzendcr die von Paris. Dic Ankündigung derselben hatte in allen Provinzen zirkulirt; vie Jahreszeit war günstig, der Geschmack an Vergnügungen bei allen Klassen verbreitet: daher sah man auch eine zahllose Masse von Neu gierigen neick Paris und Versailles zusammcnströmcn. Aber cben dieser Zudrang wurde bald eine Ursache der Trauer, und die Königlichen Freuden wurden noch einmal durch unglückbe- vcutcnve Vorzeichen getrübt. In dem Augenblick, wo die Menge, welche den Platz Ludwig's XV. bedeckte, nach dem Feuerwerk in Masse aukorach, um sich über Vic neu angelegte und noch nicht in ihrer ganzen Breite gepflasterte ,Ruc Ropale nach bem Boulevard zu begebe», machte die Ungleichheit des Bodens mehrere Personen straucheln, »uv ihr Fall zog den vieler Anderen nach sich. DaS klägliche Geschrei der Gefallenen, die vom vordrängcndcu Haufen mit Füßen getreten werden, steigert die Unordnung; Taschendiebe suchen sich dies zu Nutze zu machen und tragen vollends dazu bei, der bestürzten Menge jede Geistesgegenwart zu nehmen. Viele werden von den Füßen der Pferde, von den Nädern ter Wagen zertreten, und Einige stürzen in dic Seine. Man schätzt die Zahl der Opfer auf fünfhundert; einige Be richte geben zwölfhunvcrt an. Das Parlament verordnete eine Un tersuchung. Man bekam weiter nichts heraus, als daß, alten An sprüchen zufolge, die Leitung der Polizei an diesem Tage auö den Händen des gewöhnlichen Beamten in die des Vorstehers der Kaufleute, NamcnS Jörümc Bignon, übcrgcgangcn war, der mit Spottlicdern davonkam, nachdem man ihn verwünscht. Niemand ward von diesem Ereigniß schmerzlicher getroffen, als der Dauphin. Als mau ihm am folgenden Tage, den >. Juni, seine Pension von E«) Livres brachte, schrieb er sofort an Herrn von Sartines folgendes Billet: „Ich habe von dcm Unglück gehört, das sich in Paris bei meinem Feste ereignet hat; ich bin untröstlich darüber. Ma» bringt mir in diesem Augenblicke, was mir der König monat lich bewilligt; es ist Alles, worüber ich verfügen kann; ich schicke cS Ihnen; lmterstützc» Sic die Unglücklichsten. Sie kennen mcine Ach tung für Sic. Ludwig August-", Die Dauphinc war nicht weniger bekümmert. Als eine ihrer Damen, um diesen Kummer zu lindern, ihr erzählte, daß unter den Todten eine große Menge Diebe mit volle» Taschen gefunden worden wären, crwicderte Mana Antoincttc: „Was thut das zur Sache? sie